Spruch:
Dem Rekurs wird Folge gegeben.
Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben und in der Sache zu Recht erkannt, dass das Urteil des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.
Der Kläger ist schuldig, der beklagten Partei die mit EUR 5.222,22 (darin enthalten EUR 698,87 USt und EUR 1.061,-- Barauslagen) bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
In den Jahren 1990/1991 baute die H*****-GmbH (im Folgenden: Baugesellschaft) als Generalunternehmerin im Auftrag des Klägers das von diesem gemietete Dachgeschoss eines Hauses in W***** aus, wodurch vier Wohnungen geschaffen wurden. Die Baugesellschaft war bis 31. 12. 1992 bei der beklagten Partei betriebshaftpflichtversichert. Dem Versicherungsverhältnis lagen die Allgemeinen und Ergänzenden Allgemeinen Haftpflichtversicherungsbedingungen (AHVB 1986 und EHVB 1986) zugrunde.
Über das Vermögen der Baugesellschaft wurde am 6. 2. 1996 das Konkursverfahren eröffnet. Seit Ende 2004 ist der Konkurs nach Schlussverteilung rechtskräftig wieder aufgehoben.
Mit Schreiben vom 29. 1. 2001 meldete der Kläger der Beklagten als (früherer) Betriebshaftpflichtversicherer der Baugesellschaft einen Schadensfall: Im Frühjahr 1999 sei hervorgekommen, dass die von der Baugesellschaft durch einen Subunternehmer errichtete Dachholzkonstruktion stellenweise durchmorscht sei. Unter Hinweis darauf, dass der Sachverhalt noch nicht hinreichend geklärt sei, ersuchte der Kläger um Abgabe eines Verjährungsverzichtes. Ferner teilte er der Beklagten mit, dass er mit gleicher Post eine Aufforderung an den Masseverwalter der Baugesellschaft richte, ihm deren Versicherungsansprüche gegen die Beklagte gemäß § 157 VersVG auf Grund des dort normierten Absonderungsrechtes abzutreten. Schließlich erklärte er, hiermit seinen Anspruch auf Behebung des noch nicht bezifferbaren Schadens dem Grunde nach anzumelden. Die Beklagte lehnte in ihrem Antwortschreiben vom 8. 2. 2001 sowohl die Abgabe eines Verjährungsverzichtes als auch die Bestätigung einer Eintrittspflicht in den Schadensfall ab.
Daraufhin brachte der Kläger am 2. 4. 2001 zu 4 Cg 78/01k des Landesgerichtes Linz gegen den Masseverwalter im Konkurs der Baugesellschaft eine (Feststellungs-)Klage ein, die sich auf Schäden im Dachaufbau bezog, der gegen die anerkannten Regeln der Baukunst durchgeführt worden und in der Folge Ursache für eine Durchfeuchtung und Durchmorschung von Teilen des Dachstuhles gewesen sei. Über diese Klage erging am 21. 5. 2001 ein Versäumungsurteil.
Ende 2003 erhob der Kläger zu 4 Cg 251/03d des Landesgerichtes Linz gegen den Masseverwalter im Konkurs der Baugesellschaft eine weitere Klage, deren Hauptbegehren wie folgt lautete:
Es wird festgestellt, dass die beklagte Partei dem Kläger gegenüber für den Schaden, der anlässlich des Ausbaues des Dachgeschosses in der Zeit vom 1. 9. 1990 bis 31. 8. 1991 in .... W***** .... dadurch entstanden ist, dass der Ausbau des Dachgeschosses entgegen den anerkannten Regeln der Baukunst und der Bauordnung für Wien ausgeführt wurde und dass dadurch insbesondere der gesetzlich und normenmäßig geforderte Schall-, Wärme- und Brandschutz nicht gegeben ist, bis zur Höhe ihrer Deckungssumme zu haften und die Kosten dieses Rechtsstreites zu bezahlen hat, durch Exekution in den Deckungsanspruch der Gemeinschuldnerin ... [Baugesellschaft] auf Grund der bis zum 31. 12. 1992 bestandenen Haftpflichtversicherung ... bei der ... [nunmehrigen beklagten Partei] und zwar dies alles binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution.
Über diese Klage erging am 27. 1. 2004 ein dem Hauptklagebegehren stattgebendes Versäumungsurteil, das in Rechtskraft erwuchs.
Im vorliegenden Prozess stellte der Kläger nach „Spezifizierung" des Urteilsantrages folgendes Urteilsbegehren:
Die beklagte Partei ist schuldig, dem Kläger aus dem Betriebshaftpflichtversicherungsvertrag ... der Baugesellschaft aus der gegen die Regeln der Bauordnung für Wien und gegen die anerkannten Regeln der Baukunst verstoßenden Durchführung des Bauvorhabens zum Ausbau des Dachgeschosses in W***** ..., in welchem unter anderem durch bauschädigende Baumaßnahmen
- der gesetzlich geforderte Feuer-, Wärme- und Schallschutz nicht eingehalten wurde,
- die statische Konstruktion des Dachaufbaues in nicht ausreichender Dimension ausgeführt wurde und
- der Liegenschaftseigentümerin ... Sachschäden, Kosten für Rettungsaufwand und Forderungen ihrer Mieter entstanden sind,
nach Maßgabe der Allgemeinen Bedingungen für die Haftpflichtversicherung (AHVB) und der Ergänzenden Allgemeinen Bedingungen für die Haftpflichtversicherung (EHVB) Schadenersatz für jene damit zusammenhängenden Schäden zu leisten und Deckung zu gewähren sowie die Kosten dieses Rechtsstreites zu bezahlen, und zwar dies alles binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution.
Der Kläger verwies dazu auf das Klagsvorbringen und Versäumungsurteil zu 4 Cg 251/03d des Landesgerichtes Linz und auf das zu 4 Cg 78/01k des Landesgerichtes Linz erwirkte Urteil. Der mit Schreiben vom 29. 1. 2001 erhobene Anspruch sei von der Beklagten nicht gemäß § 12 VersVG abgelehnt worden. Die von der Beklagten als Nebenintervenientin im Verfahren 4 Cg 251/03d unter Hinweis auf Versicherungsausschlüsse (betreffend Gewährleistung für Mängel und Erfüllung von Verträgen) vertretene Ansicht, es bestehe keine Deckungspflicht, sei unzutreffend. Sei der erforderliche Brandschutz nicht gegeben, liege nicht mehr nur eine mangelhafte, sondern auch eine schadensverursachende Ausführung vor, weil die konstruktiven Elemente des Dachstuhles dadurch einer unzulässigen Brandgefahr ausgesetzt seien und der erforderliche Brandversicherungsschutz nicht mehr gegeben sei. Weiters behaupte die Liegenschaftseigentümerin, dass die statische Konstruktion nicht ausreichend dimensioniert worden sei und dadurch eine Gefahr für das gesamte Gebäude bestehe. Schließlich sei den konstruktiven Teilen des Dachstuhles durch die zu 4 Cg 251/03d [richtig: 4 Cg 78/01k] des Landesgerichtes Linz geltend gemachte Durchfeuchtung und teilweise Durchmorschung ein Schaden zugefügt worden. Es sei daher zweifelsfrei ein Schadenersatzanspruch gegeben. Da die Befundaufnahme im Rechtsstreit 17 Cg 27/02v des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien noch nicht abgeschlossen sei und noch eine nicht abschätzbare Zeit andauern werde, könne derzeit kein Leistungsbegehren erhoben werden; dies werde erst nach Vorliegen des Gutachtens im genannten Prozess möglich sein. Seine von der Beklagten im Vorprozess 4 Cg 251/03d des Landesgerichtes Linz ebenfalls bestrittene Aktivlegitimation sei gegeben, wenngleich die Beklagte nur dann für ihre Versicherungsnehmerin einzustehen haben werde, wenn auch er, der Kläger, für die von der Liegenschaftseigentümerin gegen ihn erhobenen Schadenersatzansprüche einzustehen habe. Da die Beklagte keinen Verjährungsverzicht abgegeben habe, sei er aus Gründen der prozessualen Vorsicht zur Klagseinbringung gezwungen. Es sei ihm nicht zuzumuten, ständig aus eigenem zu beurteilen, zu welchem Zeitpunkt er im Zuge der verschiedenen Befundaufnahmen (im Rahmen der Verfahren vor den Wiener Gerichten) hinreichend Kenntnis von dem einen oder anderen Schadensbild erlangt habe.
Die Beklagte beantragte Klagsabweisung. Sie sei nicht passiv und der Kläger nicht aktiv legitimiert. Ein Deckungsanspruch des Klägers komme nicht in Betracht, weil zwischen den Streitteilen weder ein versicherungsrechtliches noch ein sonstiges Vertragsverhältnis bestehe. Sie, die Beklagte, sei erstmals durch das Schreiben des Klägers vom 29. 1. 2001 von einem angeblichen Schadensfall informiert worden und habe dem Kläger mit Schreiben vom 8. 2. 2001 mitgeteilt, dass dafür keine Deckung gegeben sei. Weder die Baugesellschaft noch deren Masseverwalter habe außergerichtlich oder gerichtlich einen Deckungsanspruch gegen sie erhoben. Da der geltend gemachte Sachverhalt unter die Versicherungsausschlüsse nach Art 7 der AHVB/EHVB 1986 falle und weit außerhalb der versicherungsvertraglich gedeckten Zeit eingetreten sei, bestehe keine Deckungspflicht gegenüber der Baugesellschaft. Es sei nicht erkennbar, auf Grund welcher Tatsachen bzw Rechtsvorgänge der Kläger hinsichtlich der von ihm dargestellten Bausubstanzmängel berechtigt sein könnte, den Klagsanspruch geltend zu machen; nach der Klagserzählung sei ihm lediglich die Mieterrolle zuzuordnen. Die Baugesellschaft habe den Dachgeschossausbau entsprechend den Einreich- und Polierplänen sowie der einschlägigen Ö-Norm hergestellt; das Werk sei von der Bauaufsicht bzw vom Planungsbüro ohne Beanstandungen abgenommen worden. Der Kläger mache in Wahrheit lediglich (von der Betriebshaftpflichtversicherung nicht gedeckte) Erfüllungsmängel geltend, ohne darzulegen, welche Schäden dadurch entstanden sein sollten. Jegliche Gewährleistungsansprüche aus Nicht- oder Schlechterfüllung seien längst präkludiert. Es sei der Klage nicht zu entnehmen, dass die Baugesellschaft ein Verschulden an den angeblichen Erfüllungsmängeln träfe. Es sei schon auf Grund des Klagsvorbringens davon auszugehen, dass der Kläger länger als drei Jahre vor Einbringung der Klage zu 4 Cg 251/03d Kenntnis vom behaupteten Schaden und Schädiger gehabt habe. Allfällige Ansprüche des Klägers gegen die Baugesellschaft seien daher längst verjährt; dasselbe gelte auch für einen allfälligen, bis zur Klagsführung zu 4 Cg 251/03d nie erhobenen Deckungsanspruch der Gemeinschuldnerin oder ihres Masseverwalters gegen die Beklagte. Der Kläger sei auch deshalb nicht aktiv legitimiert, weil bisher keine Pfändung und Überweisung allfälliger Ansprüche der Baugesellschaft bzw ihres Masseverwalters gegen sie, die Beklagte, stattgefunden habe.
Der Kläger erwiderte, er sei zur Geltendmachung des Deckungsanspruches legitimiert, weil ihm mit dem Versäumungsurteil zu 4 Cg 251/03d des Landesgerichtes Linz die Aussonderung [richtig: Absonderung] des Versicherungsanspruches der Baugesellschaft gemäß § 157 VersVG zur Befriedigung seines Schadenersatzanspruches bewilligt worden sei. Er trete sohin anstelle der Baugesellschaft als Versicherungsnehmerin auf. Gegen ihn würden von dritter Seite wegen der bauschädigenden Werkausführung Schadenersatzansprüche erhoben. Mittlerweile habe die Liegenschaftseigentümerin umfangreiche Baumaßnahmen zur Beseitigung des gesetzwidrigen und gefährlichen Bauzustandes des Dachgeschosses durchgeführt. Die dafür eingesetzten Mittel seien als Rettungsaufwand zu klassifizieren. Da die Wohnungen während der Baumaßnahmen für jeweils ein halbes Jahr nicht genutzt werden hätten können, seien der Liegenschaftseigentümerin Mietzinse entgangen und Kosten für die Beistellung von Ersatzunterkünften entstanden. Unrichtig sei, dass das gegenständliche Schadenersatzereignis zur Gänze von Risikoausschlüssen erfasst sei.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Einem Geschädigten stehe grundsätzlich kein direkter Leistungsanspruch gegen den Versicherer des Schädigers zu; einen solchen erlange er erst durch eine auf Grund eines Exekutionstitels erwirkte Pfändung und Überweisung des dem Schädiger gegen den Versicherer zustehenden Befreiungs- bzw Deckungsanspruches. Hinsichtlich dieses Anspruches besitze er im Konkurs des Schädigers gemäß § 157 VersVG ein Absonderungsrecht. Mangels eines Direktanspruches könne der geschädigte Dritte gegen den Versicherer nur eine Klage auf Feststellung der Deckungspflicht einbringen. Ein Feststellungsinteresse sei dann zu bejahen, wenn der Dritte die Auswirkungen des Ablaufes der Ausschluss- bzw Verjährungsfrist (§ 12 VersVG) abwenden wolle, wenn der Versicherer seine Eintrittspflicht verneine und der Versicherungsnehmer keine Deckungsklage erhebe oder wenn der Versicherer auf die Anfrage, ob Versicherungsschutz bestehe, keine (eindeutige) Antwort gebe oder die Auskunft verweigere. Im vorliegenden Fall habe der Kläger weder eine Pfändung und Überweisung des Anspruches des der Baugesellschaft aus dem Betriebshaftpflichtversicherungsvertrag noch eine Abtretung dieser Forderung an ihn behauptet. Die Berufung auf eine Bewilligung der Aussonderung des Versicherungsanspruches gehe schon insoweit fehl, als § 157 VersVG lediglich ein Absonderungsrecht gewähre. Mangels einer Rechtsbeziehung zwischen den Streitteilen sei das Klagebegehren bereits auf Grund des Klagsvorbringens mangels aktiver Klagslegitimation abzuweisen.
Das Berufungsgericht hob das Ersturteil auf und trug dem Erstgericht eine neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf. Es führte dazu aus:
Der letzte Abschnitt der rechtlichen Beurteilung des Ersturteiles lasse nach seinem Inhalt (vor allem auf Grund des Hinweises, dass weder eine Pfändung und Überweisung noch eine Abtretung des Deckungsanspruches der Baugesellschaft gegen die Beklagte behauptet worden sei) darauf schließen, dass das Erstgericht davon ausgegangen sei, der Kläger habe ein Leistungsbegehren erhoben. Tatsächlich sei jedoch das Klagebegehren als ein auf Feststellung der Deckungspflicht der Beklagten gerichtetes anzusehen. Es beginne zwar nicht mit der für Feststellungsbegehren typischen Eingangsformulierung „Es wird festgestellt, dass ....", enthalte aber keinen konkreten (insbesondere auf Zahlung eines bestimmten Geldbetrages abzielenden) Leistungsbefehl, sondern nur die allgemeine und grundsätzliche Aussage, die Beklagte sei schuldig, dem Kläger aus dem Betriebshaftpflichtversicherungsvertrag der Baugesellschaft für bestimmte Folgen der Bauführung Schadenersatz für die damit zusammenhängenden Schäden zu leisten und Deckung zu gewähren. Dass der Kläger damit ein Feststellungsbegehren erheben habe wollen, ergebe sich aus dem Rubrum seiner Schriftsätze, auf dem sich die Formulierung „wegen: Feststellung Streitwert EUR 36.000,- -" finde und dem in der Klage enthaltenen Vorbringen, dass wegen der noch nicht abgeschlossenen Befundaufnahmen derzeit kein Leistungsbegehren gestellt werden könne.
Dass der geschädigte Dritte bei Vorliegen eines entsprechenden rechtlichen Interesses (§ 228 ZPO) den Versicherer ungeachtet des Fehlens einer direkten Vertragsbeziehung auf Feststellung der Deckungspflicht klagen könne, habe bereits das Erstgericht festgehalten und sei in Deutschland (bei inhaltsgleicher Rechtslage) allgemein anerkannt. Ein Feststellungsinteresse werde dort insbesondere dann bejaht, wenn der Deckungsanspruch wegen Untätigkeit des Versicherungsnehmers zu verjähren oder sonst unterzugehen drohe. Dass der Kläger derartiges im Auge gehabt habe, zeige sein Vorbringen, dass er wegen drohender Verjährung (des Deckungsanspruches) zur Klagseinbringung gezwungen sei.
Das Berufungsgericht teile die Ansicht, dass der geschädigte Dritte bei Vorliegen eines rechtlichen Interesses den Haftpflichtversicherer des Schädigers auf Feststellung der Deckungspflicht klagen könne. Damit sei aber das Urteilsbegehren nicht, wie das Erstgericht meine, von vornherein zum Scheitern verurteilt, sondern möglicherweise berechtigt. Um dies beurteilen zu können, sei es zunächst erforderlich, mit den Parteien die Frage des Feststellungsinteresses zu erörtern und den Kläger zu einer Klarstellung aufzufordern, worin er ein solches Interesse erblicke. Im nächsten Schritt sei auf der Grundlage des Parteivorbringens (erforderlichenfalls auch durch Beweisaufnahmen über dazu behauptete Tatumstände) zu prüfen, ob tatsächlich ein Feststellungsinteresse des Klägers vorliege. Sollte dies zu bejahen sein, sei schließlich eine Auseinandersetzung mit der Frage nötig, ob hinsichtlich der vom Kläger geltend gemachten Schäden eine Deckungspflicht der Beklagten bestehe.
Das Berufungsgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes jedenfalls EUR 4.000,-- übersteige und der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei, weil offenbar noch keine Rechtsprechung des österreichischen Höchstgerichtes zur Rechtsfrage der Zulässigkeit einer (Direkt-)Klage des geschädigten Dritten auf Feststellung der Deckungspflicht gegen den Haftpflichtversicherer des Schädigers vorliege.
Gegen diesen Beschluss des Berufungsgerichtes richtet sich der Rekurs der beklagten Partei, die als Rekursgrund unrichtige rechtliche Beurteilung geltend macht und beantragt, in Abänderung der berufungsgerichtlichen Entscheidung das klagsabweisende erstinstanzliche Urteil wiederherzustellen.
Der Kläger beantragt in seiner Rekursbeanwortung, dem Rechtsmittel seiner Prozessgegnerin keine Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs ist zulässig und berechtigt.
Der (bei vergleichbarer Rechtslage deutscher Judikatur und Lehre folgenden) Rechtsansicht des Berufungsgerichtes, dass der geschädigte Dritte - obwohl er den Haftpflichtversicherer des Schädigers (außer in der Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung) nicht direkt in Anspruch nehmen könne - eine Klage auf Feststellung der Deckungspflicht des Versicherers erheben könne, wenn er ein rechtliches Interesse an alsbaldiger Feststellung habe, ist entgegen der Meinung der Rekurswerberin zwar grundsätzlich beizupflichten (vgl Johannsen in Bruck/Moeller/Johannsen, Komm VVG8 IV Anm B 82; Späte, Haftpflichtversicherung § 1 Rn 199; Honsell in BK § 149 Rn 148f; Römer/Langheid, VVG2 § 156 Rz 1; Voit/Knappmann in Prölss/Martin VVG27 § 156 Rz 1; BGH VersR 2001, 90). Auch sonst (keineswegs nur im Haftpflichtversicherungsrecht) muss nach herrschender Meinung das Rechtsverhältnis, dessen Bestehen oder Nichtbestehen gemäß § 228 ZPO (§ 256d ZPO) festgestellt werden soll, nicht zwischen den Parteien bestehen. Es kann auch zu oder zwischen Dritten bestehen, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse an der Feststellung gerade gegenüber dem Beklagten hat, weil sich das Rechtsverhältnis auf die rechtliche Position des Klägers auswirkt (JBl 1986, 55; Fasching in Fasching/Konecny2 III § 228 ZPO Rz 61; Rechberger/Frauenberger in Rechberger2 § 228 ZPO Rz 6; Stohanzl, ZPO15 § 228 E 117, jeweils mit Judikaturzitaten).
Der Einwand der Rekurswerberin, ein Feststellungsinteresse sei im vorliegenden Fall von vornherein zu verneinen, weil der Kläger die Möglichkeit gehabt hätte, den Deckungsanspruch pfänden und sich überweisen zu lassen, ist schon deshalb unberechtigt, weil der Kläger ja bisher lediglich die urteilsmäßige Feststellung von Ansprüchen, nicht aber einen Leistungsanspruch gegen die Baugesellschaft bzw deren Masseverwalter erwirken konnte und daher über keine taugliche Exekutionsgrundlage verfügt (vgl etwa SZ 44/15 = EvBl 1971, 436/238). Im Übrigen kann der Geschädigte selbst dann, wenn er durch die Pfändung des Leistungsanspruches des Versicherungsnehmers und dessen Überweisung in die Position des Versicherungsnehmers rückt und dessen Ansprüche gegen den Versicherer wie eigene geltend machen kann, unabhängig davon eine Klage auf Feststellung der Deckungspflicht des Versicherers erheben, sofern er ein Feststellungsinteresse im Sinne des § 228 ZPO (§ 256 dZPO) hat (Römer/Langheid aaO § 256 Rn 1). Ein solches Feststellungsinteresse besteht vor allem dann, wenn dem geschädigten Dritten der Deckungsanspruch als Befriedigungsobjekt entzogen zu werden droht, etwa durch Verjährung oder durch Ablauf der Frist des § 12 Abs 3 VersVG, die auch durch Klage des Dritten gewahrt werden kann, oder wenn der Versicherer seine Eintrittspflicht verneint und der Versicherungsnehmer nichts unternimmt (Voit/Knappmann aaO mwN; Späte aaO mwN; Römer/Langheid aaO).
Da aber zwischen dem geschädigten Dritten und dem Versicherer im allgemeinen Haftpflichtrecht keinerlei Rechtsbeziehung besteht und der Dritte daher nach herrschender Ansicht (vgl etwa Voit/Knapmann aaO) keinen direkten Anspruch gegen den Versicherer hat, kann sich die Deckungspflicht des Haftpflichtversicherers (außer nach einer allfälligen Pfändung und Überweisung des Leistungsanspruches des Versicherungsnehmers) nur auf den Versicherungsnehmer beziehen. Das Klagebegehren des geschädigten Dritten auf Feststellung der Deckungspflicht des Haftpflichtversicherers kann daher nicht auf den geschädigten Dritten selbst bezogen werden, sondern nur den Versicherungsnehmer betreffen.
Dies hat das Berufungsgericht im vorliegenden Fall übersehen. Zutreffend macht die Rekurswerberin geltend, dass das vorliegende Feststellungsbegehren nicht auf eine Deckungsverpflichtung der Beklagten gegenüber ihrer Versicherungsnehmerin abzielt, sondern die Feststellung der Haftung der Beklagten gegenüber dem Kläger bis zur Höhe der Deckungssumme zum Inhalt hat. Ein derartiger Anspruch des Klägers kann aus § 228 ZPO aber nicht abgeleitet werden. Auch nach dem zu beachtenden Klagsvorbringen, auf das sich das Begehren des Klägers stützt (SZ 27/12; EvBl 1957/258; EvBl 1958/257; 8 Ob 57/80; RIS-Justiz RS0041078 uva; RIS-Justiz RS0039357 [T 2]), lässt sich das Klagebegehren nicht dahin umdeuten, der Kläger strebe in Wahrheit die Feststellung einer Deckungspflicht der Beklagten gegenüber ihrem Versicherungsnehmer an. Da ein solches Begehren gegenüber dem von ihm tatsächlich geltend gemachten Anspruch als aliud angesehen werden müsste, stünde einem entsprechenden Zuspruch § 405 ZPO entgegen. Die vom Kläger gewählte Formulierung des Klagebegehrens fußt offenbar auf der von ihm vertretenen Rechtsmeinung, nicht mehr dem Versicherungsnehmer, sondern ihm selbst stehe der Deckungsanspruch gegen die Beklagte zu, weil ihm gemäß § 157 VersVG die Aussonderung [richtig Absonderung] des Versicherungsanspruches bewilligt worden sei. Diese Ansicht ist aber - abgesehen davon, dass das Konkursverfahren inzwischen längst beendet ist - unrichtig: In Deutschland wird zwar dem geschädigten Dritten im Falle des § 157 VersVG „entsprechend § 1282 BGB" bei Vorliegen eines Titels (allenfalls durch Eintragung zur Konkurstabelle - vgl Späte aaO § 1 Rn 202) ein direktes Klagerecht gegen den Haftpflichtversicherer zugebilligt (Johannsen aaO Anm B 103; Voit/Knapmann aaO § 157 Rn 3; Baumann aaO § 157 Rn 5 jeweils mwN). Das österreichische Recht kennt jedoch keine dem § 1282 BGB - wonach der Pfandgläubiger bei Fälligkeit seiner Forderung zur Einziehung der mit seinem Pfandrecht belasteten Forderung berechtigt ist und der Schuldner nur noch an ihn leisten kann - vergleichbare Regelung. In der österreichischen Rechtsprechung wird daher die gegenteilige Ansicht vertreten (VersR 1963, 692 [Wahle]; VersR 1965, 168 [Wahle]; vgl auch VersR 1983, 303 und VersR 2001, 87): Der über einen Leistungstitel verfügende Geschädigte muss also auch in einem solchen Fall wie außerhalb des Konkurses sich die Haftpflichtforderung überweisen lassen (Wahle, VersR 1963, 692). Die Rechtsansicht des Klägers, im Hinblick auf sein Absonderungsrecht gemäß § 157 VersVG habe er ein rechtliches Interesse an der Feststellung, dass die Beklagte ihm und nicht dem Versicherungsnehmer Deckungsschutz zu gewähren habe, ist daher verfehlt.
In Stattgebung des Rekurses der Beklagten war daher spruchgemäß zu entscheiden und das - im Ergebnis richtige - klagsabweisliche Urteil des Erstgerichtes wiederherzustellen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO. Der Kläger hat der Beklagten sowohl die Kosten des Berufungsverfahrens in Höhe von EUR 2.406,40 (darin enthalten EUR 406,40 USt) als auch die Kosten des Rekursverfahrens von EUR 2.815,82 (darin enthalten EUR 292,47 USt und EUR 1.061,-- Barauslagen), insgesamt daher EUR 5.222,22, zu ersetzen.
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