Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die klagende Partei ist schuldig, dem Beklagten die mit S 8.370,-- (darin enthalten S 1.395,-- Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Begründung
Der Beklagte wollte einen PKW C***** kaufen und ließ sich in den Geschäftsräumen der klagenden Partei von deren Verkäufer Jörg H***** ein solches Fahrzeug zeigen. Man kam in der Folge telefonisch überein, dass vom Beklagten eine Anzahlung von S 150.000 bar geleistet und sein Gebrauchtwagen "in Zahlung genommen" werden sollte. Der Beklagte suchte am 27. 3. 1996 neuerlich die Geschäftsräume der klagenden Partei auf und einigte sich mit dem Verkäufer H***** auf einen Kaufpreis von S 485.452. Er unterfertigte ein vierseitiges Kaufantragsformular, das ua den fettgedruckten Hinweis enthielt, dass die Vertreter (Angestellte) des Verkäufers (der klagenden Partei) keine Inkassovollmacht hätten. Weiters finden sich im Kaufantragsformular die Bestimmungen, dass (von der klagenden Partei) nur Barzahlungsgeschäfte abgeschlossen würden und dass Zahlungen mit schuldbefreiender Wirkung nur bei der Kasse des Verkäufers ... bzw auf dessen Bankkonto ... oder an hiezu schriftlich ausgewiesene Bevollmächtigte erfolgen könnten. Der Beklagte übergab dem Verkäufer H***** die vereinbarte Anzahlung von S 150.000 in S 5.000-Scheinen, worauf sich H***** zu der im selben Geschäftsraum eingerichteten Kasse begab; er wurde vom Beklagten daraufhin nicht weiter beobachtet. Anschließend übergab H***** dem Beklagten einen Durchschlag des Kaufantragsformulars, auf dem der Erhalt der Anzahlung von S 150.000 mit dem Firmenstempel der klagenden Partei und einer Paraffe quittiert war. Einen Kassabeleg verlangte der Beklagte nicht. Hinsichtlich des "Eintauschwagens" des Beklagten vereinbarte man einen Kaufpreis von S 185.000. Anlässlich der Übergabe des Neufahrzeugs am 18. 7. 1996 bezahlte der Beklagte den restlichen Kaufpreis von S 150.452. Darüber wurde ihm von einer an der Kasse tätigen Angestellten der klagenden Partei, die zum Inkasso ermächtigt war, ein Kasseneingangsbeleg ausgestellt. In der Folge stellte sich heraus, dass der - bereits einschlägig vorbestrafte - Verkäufer der Klägerin Jörg H***** die vom Beklagten geleistete Anzahlung nicht an der Kasse abgegeben, sondern unterschlagen hatte. Er wurde (ua) deshalb wegen des Verbrechens der Veruntreuung rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt.
Die klagende Partei, die sich (da ihr H***** - entgegen einem ihr gegenüber abgegebenen Versprechen - den Schaden nicht ersetzt hatte) dem Strafverfahren als Privatbeteiligte angeschlossen hatte, begehrt, den Beklagten schuldig zu erkennen, ihr den unberichtigt aushaftenden Kaufpreisrest von S 150.000 zu bezahlen. Dem Beklagten habe auf Grund der mehrfachen Hinweise im Kaufvertrag bekannt sein müssen, dass H***** keine Inkassovollmacht gehabt und seine Barzahlung an H***** daher keine schuldbefreiende Wirkung entfaltet habe. Der Beklagte habe H***** als Geldbote benützt.
Der Beklagte beantragte, die Klage abzuweisen. Der Kaufpreis sei zur Gänze bezahlt. H***** sei als Erfüllungsgehilfe der klagenden Partei mit ihm in Kontakt getreten; sein Verhalten sei daher ihr und nicht ihm zuzurechnen. Im Vertragsformular sei nicht nur festgehalten, dass die Verkäufer der Klägerin keine Inkassovollmacht hätten, sondern auch, dass nur Barzahlungsgeschäfte abgeschlossen würden. Dies habe er, der Beklagte, so verstehen dürfen, dass eine Zahlung an einen Mitarbeiter schuldbefreiend wirke, wenn sie in den Räumlichkeiten der Klägerin - und nicht an einem anderen Ort, etwa anlässlich einer Auslieferung - erfolge und dieser Mitarbeiter den einbezahlten Betrag vor den Augen des Klägers zur Kasse bringe.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. H***** sei von der klagenden Partei zu Verkaufszwecken angestellt und ermächtigt gewesen, Verhandlungen, die zu einem Geschäftsabschluss führen, durchzuführen. Eine solche Vollmacht ermächtige auch zur Übernahme von Kaufpreiszahlungen, könne aber vom Unternehmer beschränkt werden. Da es sich beim Beklagten um einen Verbraucher im Sinn des Konsumentenschutzgesetzes handle, sei § 10 KSchG anzuwenden, wonach eine Vollmacht, die ein Unternehmer erteilt habe, sich im Verkehr mit Verbrauchern auf all jene Rechtshandlungen erstrecke, die derartige Geschäfte gewöhnlich mit sich brächten. Eine Einschränkung dieser Vollmacht sei dem Verbraucher gegenüber nur wirksam, wenn sie diesem bewusst sei. Der Nachweis der Kenntnis des Verbrauchers von der Vollmachtsbeschränkung sei vom Unternehmer zu führen. Der Umstand, dass die Vollmachtsbeschränkung in einem Vertragsformular oder den dem Geschäft zugrunde liegenden Allgemeinen Geschäftsbedingungen ausgewiesen sei, reiche nicht aus, die Kenntnis des Verbrauchers hinreichend darzutun. Auch wenn der Verbraucher das Vertragsformular lese, bleibe offen, ob er den jeweiligen Passus richtig verstanden habe. Zum Bewusstsein der Vollmachtsbeschränkung genüge es nicht, wenn ein Verbraucher den Vermerk über die Vollmachtsbeschränkung gelesen habe, solange er unter anderem aus sonstigem Verhalten des Vertreters geschlossen habe, dass der Vermerk in diesem Fall nicht gelte. Der Beklagte habe eine Bestätigung (seiner Anzahlung) mit Firmenstampiglie erhalten. Ob derjenige, der die Zahlungsbestätigung eingefügt habe, dazu berechtigt gewesen sei, sei für ihn nicht feststellbar gewesen. Er habe auf Grund der Bestätigung auf die Übergabe (der Anzahlung) vertrauen können.
Das Berufungsgericht bestätigte die Entscheidung der ersten Instanz. Dem Erstgericht sei darin beizupflichten, dass Jörg H***** Erfüllungsgehilfe der klagenden Partei gewesen sei, weil er dazu ermächtigt gewesen sei, für sie Verkaufsverhandlungen zu führen und Anträge entgegenzunehmen. Seine betrügerische Handlung sei daher der klagenden Partei zuzurechnen, zumal sie ihm auch eine Stampiglie zur Verfügung gestellt habe, mit der er die Anzahlung quittieren habe können. Die äußere Erscheinung des entsprechenden Teiles des Kaufantrags entspreche der einer saldierten Rechnung. Angesichts dieser Überlegungen sei nicht mehr entscheidend, ob der klagenden Partei der im § 10 KSchG geforderte Beweis gelungen sei. Dass dem Beklagten eine Beschränkung der Vollmacht bekannt gewesen wäre, wonach er die Anzahlung dem Verkäufer nicht einmal so weit anvertrauen hätte dürfen, dass dieser sie, für den Beklagten sichtbar, zur Kasse bringe, sei nach § 10 Abs 1 KSchG ohne Bedeutung. Zu prüfen sei nur, "ob die von Hick vorgenommene Rechtshandlung im Sinn des § 10 Abs 1 KSchG derartige Geschäfte gewöhnlich mit sich bringe". Mit dieser Wendung habe der Gesetzgeber ungefähr das sagen wollen, was nach § 1029 ABGB und §§ 54 ff HGB nachgiebiges Recht sei, wobei auf die objektive Erforderlichkeit abgestellt sei und nicht auf eine dahinter zurückbleibende Übung. Es könne nicht zweifelhaft sein, dass die Entgegennahme einer Anzahlung durch einen Bevollmächtigten, der sie, für den Beklagten sichtbar, zur Kasse trage, von der Bevollmächtigung eines Autoverkäufers umfasst sei. Da der Beklagte das Geschäft als Verbraucher iSd § 1 Abs 1 Z 2 KSchG geschlossen habe, müsse die klagende Partei die von ihrem Verkäufer H***** gesetzten Handlungen gegen sich gelten lassen.
Das Berufungsgericht sprach zunächst aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei, änderte diesen Ausspruch aber über Antrag der klagenden Partei gemäß § 508 ZPO dahin ab, dass es die ordentliche Revision für zulässig erklärte. Da der gegenständliche Sachverhalt der vom Berufungsgericht "vor allem zitierten" höchstgerichtlichen Entscheidung EvBl 1982/85 nicht "voll vergleichbar" sei, könnten sich nicht die gesamten rechtlichen Erwägungen des Berufungsgerichtes auf völlig passende höchstgerichtliche Judikatur stützen, sodass doch vom Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage bei Lösung des Falles auszugehen sei.
Entgegen dem abgeänderten Ausspruch, an den der Oberste Gerichtshof nicht gebunden ist (§ 508a Abs 1 ZPO), ist die Revision der klagenden Partei mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig.
Rechtliche Beurteilung
Die angefochtene Entscheidung hält sich im Rahmen der bereits von den Vorinstanzen wiedergebenen, von Rspr und Lehre zu § 10 KSchG entwickelten Grundsätze. Danach stellt die genannte Norm über den Umfang der Vertretungsmacht eine gesetzliche Vermutung auf, wobei Beschränkungen der Vollmacht nur gegenüber jenem Verbraucher gelten, der sich dessen bewusst ist. Die nach Abs 1 leg cit vermutete Vollmacht erstreckt sich im Verkehr mit Verbrauchern "auf alle Rechtshandlungen, die derartige Geschäfte gewöhnlich mit sich bringen". Die "Art" der Geschäfte wird im Gesetz nicht näher erläutert. Die Gesetzesmaterialien (RV 744 BlgNR 14. GP, 30) verweisen insbesondere auf § 54 HGB: Abs 1 wolle "ungefähr das" sagen (6 Ob 847/81 = EvBl 1982/85; 8 Ob 1564/95; RIS-Justiz RS0065571). § 54 HGB spricht von der Ermächtigung "zum Betrieb eines Handelsgewerbes oder zur Vornahme einer bestimmten zu einem Handelsgewerbe gehörigen Art von Geschäften oder zur Vornahme einzelner zu einem Handelsgewerbe gehöriger Geschäfte". Der Umfang der Vollmacht orientiert sich also am typischen Gegenstand der eingeräumten Geschäftsführungsbefugnis (vgl Krejci in Rummel2 Rz 11 zu § 10 KSchG). Dass - wie im vorliegenden Fall geschehen - bei einem PKW-Verkauf die Entgegennahme (eines Teiles) des Kaufpreises durch den für den Unternehmer tätig werdenden Verkäufer zur Einzahlung in die im selben Raum befindliche Kasse zu den vom Bevollmächtigten vorzunehmenden Tätigkeiten zu zählen ist, kann, wie das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat, nicht bezweifelt werden.
Etwas missverständlich erscheint allerdings die Ansicht der zweiten Instanz, deshalb komme es darauf, ob dem Beklagten die aus dem Kaufantrag ersichtliche Beschränkung der Vollmacht des Verkäufers bewusst gewesen sei, gar nicht an. Das Berufungsgericht wollte damit aber offenbar nur zum Ausdruck bringen, dass das festgestellte Vorgehen des Verkäufers H***** gar kein Inkasso im engeren Sinn darstellte und daher ohnehin im Rahmen der Bestimmungen des Kaufantrags lag. Ob dem zuzustimmen ist (und sich demnach mangels einer für den Beklagten erkennbaren Überschreitung der Vertretungsmacht die Frage des Bewusstseins einer solchen Überschreitung selbstredend erübrigt), hängt von den Umständen des vorliegenden Einzelfalls ab und stellt daher keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO dar.
Aber selbst wenn man entgegen der Ansicht des Berufungsgerichtes eine für den Beklagten erkennbare Vollmachtsüberschreitung durch den Verkäufer der Klägerin H***** annehmen wollte, wäre für den Standpunkt der Revisionswerberin nichts gewonnen. Um von einem "Bewusstsein" iSd § 10 Abs 1 KSchG ausgehen zu können, genügt ein "Kennenmüssen" der Beschränkung der Vollmacht nicht (EvBl 1982/85 = RIS-Justiz RS0065598; vgl Krejci aaO Rz 19 zu § 10 KSchG). Dass selbst bloße Zweifel an der Bevollmächtigung nicht ausreichen, um dem Verbraucher den Vertrauensschutz iSd Abs 2 leg cit zu nehmen, wird aus den Gesetzesmaterialien (RV 744 BlgNR 14. GP, 31) deutlich, die an die erforderliche Kenntnis strenge Anforderungen stellen. Danach fehle ein entsprechendes "Bewusstsein", wenn der Verbraucher durch AGB oder einen sonstigen vorformulierten Vertragstext auf den Mangel der Vollmacht aufmerksam gemacht wird, der Verbraucher aber "aus Erklärungen oder sonstigem Verhalten des Vertreters geschlossen hat, dass der Vermerk im konkreten Fall nicht gilt, sohin dieser Vertreter sehr wohl zu solchen Zusagen berechtigt sei".
Da der Nachweis der Kenntnis des Verbrauchers von der Vollmachtsbeschränkung bzw Überschreitung der Vollmacht im gegebenen Fall nach hM vom Unternehmer zu führen ist, hätte die klagende Partei im vorliegenden Fall nachzuweisen gehabt, dass dem Beklagten bewusst war, dass der Verkäufer H***** durch sein festgestelltes Verhalten seine Vollmacht überschritten habe. Dies hat die Klägerin aber nicht einmal behauptet. Sowohl in der Klage (AS 3) als auch im vorbereitenden Schriftsatz vom 15. 4. 1998 (AS 14) hat die klagende Partei nämlich lediglich vorgebracht, dass dem Beklagten bekannt gewesen sein musste, dass H***** seine Inkassovollmacht gehabt habe; dass dem Beklagten dies bewusst gewesen wäre, wurde von der Klägerin sohin nicht behauptet. Mangels einer solchen Behauptung mussten diesbezüglich aber auch keine Erörterungen angestellt werden, weshalb der in diesem Zusammenhang nun von der Revisionswerberin behauptete Verfahrensmangel nicht vorliegt.
Insgesamt zeigt sich, dass sich die Entscheidungen der Vorinstanzen im Rahmen der gesicherten oberstgerichtlichen Judikatur, insbesondere auch der Entscheidung EvBl 1982/85 halten, die entgegen der Ansicht der Revision sehr wohl als vergleichbar und für die gegenständliche Entscheidung daher einschlägig zu bezeichnen ist.
Alle weiteren, in der Revision aufgeworfenen Rechtsfragen sind einzelfallbezogen und daher - da von einer krassen Fehlbeurteilung durch die Vorinstanzen keine Rede sein kann - nicht revisionswürdig.
Mangels Vorliegens eines tauglichen Revisionsgrundes war das Rechtsmittel der Klägerin daher zurückzuweisen. Dabei konnte sich der Oberste Gerichtshof gemäß § 510 Abs 3 letzter Satz ZPO auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO. Der Beklagte hat in seiner Revisionsbeantwortung zwar nicht ausdrücklich die Zurückweisung des Rechtsmittels der Klägerin beantragt; er hat jedoch auf die Unzulässigkeit der Revision aus dem Grunde des § 502 Abs 1 ZPO hingewiesen.
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