OGH 7Ob229/99y

OGH7Ob229/99y1.9.1999

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Tittel, Dr. Baumann, Hon. Prof. Dr. Danzl und Dr. Schaumüller als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Franz B*****, vertreten durch Dr. Helfried Rustler, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Josef Z*****, vertreten durch Dr. Harald Szabo, Rechtsanwalt in Wien, wegen Räumung über den außerordentlichen Revisionsrekurs der beklagten Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 8. September 1998, GZ 41 R 225/98m-46, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs der beklagten Partei wird gemäß § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 528a iVm § 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Vorauszuschicken ist, daß es sich beim vorliegenden Rechtsmittel, welches nach (rechtskräftiger) Zurückweisung der Vorstellung samt Antrag auf Abänderung des Ausspruches des Rekursgerichtes gemäß § 14a AußStrG nunmehr dem Obersten Gerichtshof vorgelegt worden ist, entgegen seiner (gemäß § 84 Abs 2 ZPO nicht nachteiligen) Bezeichnung nicht um einen ordentlichen, sondern vielmehr außerordentlichen Revisionsrekurs im Sinne des § 528 Abs 3 iVm §§ 505 Abs 4, 502 Abs 5 Z 2 ZPO (Räumungsstreit) handelt (so auch Palten, Bestandverfahren Rz 198), dessen Zulässigkeit somit - ungeachtet der Höhe des Mietzinsrückstandes unter S 52.000,-- (7 Ob 631/92 = WoBl 1993, 104; 7 Ob 585/93; RIS-Justiz RS0042977; aA nur Palten, aaO) - vom Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage im Sinne des § 528 Abs 1 ZPO abhängig ist.

Gegenstand dieses Rechtsmittels ist die Anfechtung eines Beschlusses der Vorinstanzen gemäß § 33 Abs 2 letzter Satz MRG über einen vom Erstgericht für die Zeit vom Jänner bis Dezember 1995 mit S 40.024,32, vom Rekursgericht hingegen mit S 23.302,68 bestimmten Zahlungsrückstand der beklagten Partei als Mieterin eines Bestandobjektes der klagenden Partei, wobei das Rekursgericht zum zutreffenden Ergebnis kam, daß dieser Rückstand betraglich und rechnerisch eigentlich nur S 10.069,34 ausmache, die beklagte Partei in ihrem Rekurs samt Rekursantrag selbst jedoch von einem solchen in Höhe von S 23.302,68 ausgehe und lediglich den über dieser Summe gelegenen Ausspruch des Erstgerichtes angefochten habe.

Bei der Entscheidung nach § 33 Abs 2 MRG handelt es sich um einen Zwischenstreit (7 Ob 631/92; 7 Ob 585/93) über die Höhe des vom Bestandnehmer geschuldeten Mietzinsrückstandes mit alleiniger Entscheidungskompetenz des Streitrichters, also des Prozeßgerichtes (Würth/Zingher, Miet- und Wohnrecht20, Rz 30 zu § 33 MRG; auch Mayr/Fucik, Verfahren Außerstreitsachen, zählen die Entscheidung nach § 33 Abs 2 MRG nicht zu den außerstreitigen Angelegenheiten des Bestandrechts: Rz 7 zu § 1), das hiedurch nach dem gesetzlichen Auftrag der zitierten Bestimmung mit innerprozessualer Bindungswirkung eine Vorfrage des Rechtsstreites zu lösen hat (5 Ob 43/93 mwN). Die Rechtsmittelwerberin irrt daher, wenn sie für die Bekämpfung der angefochtenen zweitinstanzlichen Entscheidung (ausschließlich) Bestimmungen und Grundsätze des außerstreitigen Verfahrens für ihren Rechtsstandpunkt reklamiert. Der in § 2 Abs 2 Z 5 und 6 AußStrG verankerte Amtwegigkeits- und Untersuchungsgrundsatz (der dem Rekursgericht - so die Rechtsmittelwerberin - ein Eingehen auf die "Selbstbeschränkung im Rekursantrag" verwehren hätte müssen) ist daher hier ebensowenig anzuwenden wie auch eine Verweisung auf die "Ähnlichkeit mit dem implizierten Anklageeinspruch im gleichfalls amtswegigen Strafverfahren" in Frage kommt.

Die Überprüfungsbefugnis eines Rechtsmittelgerichtes wird durch den Rechtsmittelantrag und die Rechtsmittelerklärung begrenzt und in dieser Beschränkung durch die Verpflichtung zur Wahrung der Teilrechtskraft garantiert; der unangefochtene Teil einer Entscheidung kann daher trotz eines allfälligen Widerspruches mit der Rechtsmittelentscheidung nicht überprüft werden, weil eben sonst (bei Nichtigkeit: RS0041170; 4 Ob 297/98z) in die Teilrechtskraft des unangefochten gebliebenen Entscheidungsteiles eingegriffen würde (RS0041333). Der Rechtsmittelantrag grenzt somit die Entscheidungsbefugnis des Rechtsmittelgerichtes ab (Fasching IV 29 Anm 30), weil nur "im Umfang" der Rechtsmittelanträge (vgl §§ 466, 505 Abs 3 ZPO) die angefochtene Entscheidung nicht in Teilrechtskraft erwachsen kann (Fasching LB2 Rz 1748).

Im vorliegenden Fall hat die - übrigens von Verfahrensbeginn an anwaltlich vertretene - beklagte Partei den Beschluß des Erstgerichtes ausdrücklich (Rechtsmittelerklärung; Ausführung des Rechtsmittelgrundes der unrichtigen rechtlichen Beurteilung;

Rekursantrag) nur insoweit angefochten, als der von ihr der klagenden Partei geschuldete Betrag für das Jahr 1995 S 23.302,68 übersteigt;

der Ausspruch des Erstgerichtes, wonach ein Mietzinsrückstand zugunsten der klagenden Partei bis zu dieser Höhe besteht, blieb damit ausdrücklich unangefochten. Für das Rekursgericht war damit auch der darunter liegende Betrag gar nicht mehr "strittig" im Sinne des § 33 Abs 2 letzter Satz MRG, war doch der nicht von der Anfechtung betroffene Teilumfang des Beschlusses des Erstgerichtes insoweit bereits in formelle Rechtskraft erwachsen (5 Ob 2267/96k = MietSlg 48.645). Auch im (außerordentlichen) Revisionsrekurs bestreitet die Rechtsmittelwerberin nicht (mehr), daß sie einen (nicht unerheblichen) Zahlungsrückstand für 1995 zu vertreten hat, will diesen jedoch - mit den bereits wiedergegebenen Argumenten der Amtswegigkeit und des Untersuchungsgrundsatzes im Außerstreitverfahren - nunmehr entgegen ihrem ausdrücklichen Rechtsmittelstandpunkt im Rekursverfahren nicht bloß auf S 23.302,68, sondern S 10.069,34 herabgesetzt wissen. Da dies dem Rekursgericht jedoch nach dem Vorgesagten in Beachtung der Verfahrensgrundsätze der Wahrung der Teilrechtskraft samt diesbezüglicher Bindung an den Rechtsmittelantrag verwehrt war und dieses somit zutreffend von dem von der Rekurswerberin selbst ermittelten (und im Rekursschriftsatz mehrfach als rückständig zugestandenen) höheren Betrag auszugehen hatte, kann darin kein Verfahrensverstoß im Sinne einer erheblichen Rechtsfrage gemäß § 528 Abs 1 ZPO erblickt werden.

Der außerordentliche Revisionsrekurs war damit spruchgemäß als unzulässig zurückzuweisen.

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