Spruch:
Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.
Begründung
Rechtliche Beurteilung
Gemäß § 62 Abs 1 AußStrG ist gegen einen im Rahmen des Rekursverfahrens ergangenen Beschluss des Rekursgerichts der Revisionsrekurs nur zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage des materiellen Rechts oder des Verfahrensrechts abhängt, der zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zukommt, etwa weil das Rekursgericht von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs abweicht oder eine solche Rechtsprechung fehlt oder uneinheitlich ist. Eine solche erhebliche Rechtsfrage wird im vorliegenden Rechtsmittel nicht aufgezeigt.
Die Entscheidung, welchem Elternteil die Kindesobsorge übertragen werden soll, stellt grundsätzlich eine des Einzelfalles dar, der keine Bedeutung im Sinn der zitierten Gesetzesstelle zukommt, wenn dabei auf das Kindeswohl ausreichend Bedacht genommen wird und leitende Grundsätze der Rechtsprechung daher nicht verletzt werden (RIS-Justiz RS0007101; RS0097114 und RS0115719). Entgegen der in der Zulassungsbeschwerde vertretenen Ansicht gilt dies - wie der Oberste Gerichtshof bereits wiederholt ausgesprochen hat - auch für die ebenfalls nach pflichtgemäßem Ermessen zu treffende Entscheidung der Frage, ob den Eltern die Obsorge zu entziehen (§ 176 Abs 1 ABGB) und gemäß § 213 ABGB dem Jugendwohlfahrtsträger (JWT) zu übertragen ist, die unter den gleichen Voraussetzungen keine erhebliche Rechtsfrage darstellt (RIS-Justiz RS0007101 [T11]; RS0097114 [T9]; RS0115719 [T2]; 7 Ob 184/04s mwN; 7 Ob 269/04s).
Auch diese, stets nur auf Grund der Umstände des konkreten Falles vorzunehmende Beurteilung wäre daher nur bei einer aus Gründen der Rechtssicherheit vom Obersten Gerichtshof aufzugreifenden Fehlbeurteilung durch das Rekursgericht revisibel. Nach den Sachverhaltsfeststellungen der Vorinstanzen kann hier von einer solchen Fehlbeurteilung aber keine Rede sein; danach war nämlich davon auszugehen, dass der Verbleib des (infolge permanenter Belastung durch die Beeinflussung und den Alkoholkonsum der nicht erziehungsfähigen Eltern manipulierten, traumatisierten und hochgradig irritierten) Minderjährigen in der Obsorge eines der beiden Elternteile zu einer Gefährdung des Kindeswohles führen würde, dass also die Obsorgeübertragung an den JWT notwendig war, um - den Empfehlungen der Sachverständigen folgend - die Entwicklung des Kindes positiv zu beeinflussen und ein (weiteres) Abgleiten in eine Störung der Persönlichkeitsentwicklung mit Ängsten und sozialem Rückzug (emotionale und soziale Entwicklungsstörung) zu verhindern. Diese Beurteilung liegt im Rahmen der auch im außerordentliche Revisionsrekurs wiedergegebenen ständigen Rechtsprechung, deren leitende Grundsätze sich zusammenfassen lassen wie folgt (7 Ob 79/05a):
Die Entziehung der Obsorge ist nur bei Gefährdung des Kindeswohles vorzunehmen, ein Wechsel in den Pflege- und Erziehungsverhältnissen setzt also voraus, dass er im Interesse des Kindes dringend geboten ist. Bei der Beurteilung der Frage ist grundsätzlich ein strenger Maßstab anzulegen (RIS-Justiz RS0048699; RS0047841). Die Änderung der Obsorgeverhältnisse darf nur als Notmaßnahme angeordnet werden (RIS-Justiz RS0047841 [T 10]; RS0085168 [T5]). Der Obsorgeberechtigte muss demnach die elterlichen Pflichten subjektiv gröblich vernachlässigt oder objektiv nicht erfüllt bzw durch sein Gesamtverhalten das Wohl des Kindes gefährdet haben (RIS-Justiz RS0048633). Bei der Entscheidung ist nicht nur von der momentanen Situation auszugehen, sondern sind auch Zukunftsprognosen zu stellen (RIS-Justiz RS0048632). Die Entziehung (allenfalls auch nur Einschränkung) der Obsorge ist demnach dann geboten, wenn der das Kind betreuende Elternteil seine Erziehungspflichten vernachlässigt, seine Erziehungsgewalt missbraucht oder den Erziehungsaufgaben nicht gewachsen ist. Nur wenn gegen diese Grundsätze verstoßen und damit auf das ganz im Vordergrund stehende Kindeswohl (§ 178a ABGB) nicht ausreichend Bedacht genommen wird, ist die Entscheidung der Entziehung der Obsorge revisibel (7 Ob 79/05a).
Eine solche Fehlbeurteilung ist den vorliegenden Rechtsmittelausführungen nicht zu entnehmen:
Wenn die Revisionsrekurswerberin meint, dass schwerwiegende Gründe, die eine Obsorgeentziehung als Notmaßnahme rechtfertigten, nicht vorlägen, und dass keine sichere Prognose hinsichtlich der zukünftigen Entwicklung des Kindes getroffen worden sei, entfernt sich die Zulassungsbeschwerde von den Feststellungen der Tatsacheninstanzen. Wenn schließlich geltend gemacht wird, das Rekursgericht hätte die vom Erstgericht lediglich aufgrund der Aussage des betroffenen Kindes und des Sachverständigenbeweises getroffenen Feststellungen nicht für unbedenklich erachten dürfen, handelt es sich dabei - wie die Rechtsmittelwerberin selbst festhält - um eine Frage der Beweiswürdigung.
In § 66 Abs 1 AußStrG nF sind die Bekämpfung von Tatsachengrundlage und Beweiswürdigung aber nicht als Revisionsrekursgründe genannt; der Oberste Gerichtshof ist daher im Außerstreitverfahren auch weiterhin nicht Tatsacheninstanz, weshalb Fragen der Beweiswürdigung nicht mit Erfolg Gegenstand eines Revisionsrekurses sein können (RIS-Justiz RS0007236 [T2] = 5 Ob 203/05x).
Der außerordentliche Revisionsrekurs der Antragsgegnerin ist mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückzuweisen.
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