Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben.
Das Urteil des Berufungsgerichtes wird dahin abgeändert, daß das Ersturteil wiederhergestellt wird.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit insgesamt S 49.845,80 (darin enthalten S 6.099,30 USt und S 13.250,-- Barauslagen) bestimmten Kosten des Berufungs- und Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Klägerin ist als Ehefrau des Thomas S***** aufgrund dessen mit der beklagten Partei geschlossenen Rechtsschutzversicherungsvertrages mitversichert. Dem Versicherungsverhältnis liegen die allgemeinen Rechtsschutzbedingungen (ARB) 1994 zugrunde. Vertragsgemäß ist auch Rechtsschutz für arbeitsrechtliche Streitigkeiten zu gewähren. Als Versicherungssumme wurde der Betrag von S 340.000,-- vereinbart.
Nach Art 6 Punkt 1. der ARB 1994 übernimmt der Versicherer im Fall seiner Leistungspflicht die Kosten gemäß Punkt 6. dieses Artikels, soweit sie für die Wahrnehmung der rechtlichen Interessen des Versicherungsnehmers notwendig sind. Gemäß Artikel 6 Punkt 3. sind die Kosten notwendig, wenn die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung zweckentsprechend und nicht mutwillig ist und hinreichend Aussicht auf deren Erfolg besteht. Artikel 6 Punkt 6. bestimmt, daß die Versicherung unter anderem die angemessenen Kosten des für den Versicherungsnehmer tätigen Rechtsanwaltes bis zur Höhe des Rechtsanwaltstarifsgesetzes oder, sofern dort die Entlohnung für anwaltliche Leistungen nicht geregelt ist, bis zur Höhe der autonomen Honorarrichtlinien zu zahlen hat. Laut Art 8 Punkt 1. 4. hat der Versicherungsnehmer alles zu vermeiden, was die Kosten unnötig erhöht oder die Kostenerstattung durch Dritte ganz oder teilweise verhindert.
Das Dienstverhältnis der Klägerin zum Magistrat der Stadt Wien wurde vorzeitig aufgelöst. Die Klägerin beabsichtigte, beim Arbeits- und Sozialgericht Wien eine Klage auf Feststellung des aufrechten Dienstverhältnisses sowie auf Zahlung fälliger Entgelte einzubringen, weil die Entlassung ihrer Meinung nach ungerechtfertigt gewesen sei. Die beklagte Partei sagte ihr mit Schreiben vom 26. 11. 1996 Deckung im Rahmen des Rechtsschutzversicherungsvertrages für das Verfahren erster Instanz zu, ersuchte jedoch unter Hinweis auf Art 8 Punkt 1.
4. der ARB 1994, das Feststellungsbegehren mit S 60.000,-- zu bewerten. In dem daraufhin vom Klagevertreter an die beklagte Partei übermittelten Entwurf der Klage wurde das Feststellungsbegehren aber mit S 500.000,-- bewertet. Der Grund für diese Bewertung lag darin, daß die Klägerin ein monatliches Bruttoeinkommen von S 25.000,-- erzielt hatte und in der Entscheidung des Obersten Gerichtshofes 9 ObA 1005/93 ausgesprochen wurde, daß sich der Wert des Streitgegenstandes bei einem Feststellungsbegehren betreffend den aufrechten Bestand eines Dienstverhältnisses bei dessen unbestimmter Dauer nach dem 10-fachen Jahresentgelt richte. In der nachfolgenden Korrespondenz blieb die beklagte Partei bei ihrer Forderung, daß das Feststellungsbegehren mit S 60.000,-- zu bewerten sei und verwies auf die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes 7 Ob 42/94. Der Vertreter der Klägerin hielt dem die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes entgegen, daß sich die Bewertung nach dem 10-fachen Jahresgehalt richte. Die Klägerin brachte in der Folge die Klage beim Arbeits- und Sozialgericht Wien ein, wobei sie ihr Feststellungsbegehren mit S 500.000,-- bewertete.
Im gegenständlichen Verfahren begehrt die Klägerin, die Beklagte schuldig zu erkennen, ihr in dem vor dem Arbeits- und Sozialgericht Wien gegen das Magistrat der Stadt Wien, Allgemeines Krankenhaus, geführten Verfahren wegen 1. Feststellung, Streitwert S 500.000,-- und 2. Leistung, Streitwert S 14.070,29 sA, Gesamtstreitwert S 514.070,29 sA, aufgrund des aufrechten Versicherungsverhältnisses aus der Rechtsschutzversicherung Deckung zu gewähren. Nach der zitierten Entscheidung des Obersten Gerichtshofes 9 ObA 1005/93 sei ein Streitwert für das Feststellungsbegehren von ca S 3,5 Mio anzunehmen gewesen. Auf Basis der Allgemeinen Honorarrichtlinien ergebe sich noch immer ein Streitwert von etwas mehr als S 1 Mio. Die Klägerin habe sich ohnehin auf eine Bewertung mit S 500.000,-- beschränkt, um die Kostenbelastung der Rechtsschutzversicherung geringer zu halten. Das der Klägerin eingeräumte Recht auf freie Anwaltswahl werde bei einer nicht gesetzeskonformen Bewertung beeinträchtigt. Der Anwalt sei auch aus standesrechtlichen Gründen verpflichtet, tarifkonform zu verrechnen, wozu auch die korrekte Bewertung des Streitgegenstandes gehöre.
Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und wendete ein, daß der Versicherungsnehmer insbesondere aufgrund des Art 8 Punkt 1. 4. ARB 1994 verpflichtet sei, die Kosten zu minimieren. Der Klägerin erwachse bei der Durchsetzung ihrer Ansprüche kein Nachteil, wenn das Feststellungsbegehren mit S 60.000,-- bewertet werde. Der volle Instanzenzug sei auch bei dieser Bewertung gewährleistet. Aus § 56 JN lasse sich keine Verpflichtung zu einer höheren Bewertung ableiten. Die Pflicht des Rechtsanwaltes zur tarifkonformen Verrechnung beziehe sich nicht auf die Bewertung des Streitgegenstandes.
Das Erstgericht erkannte im Sinn des Klagebegehrens. Es stellte zusätzlich zum eingangs wiedergegebenen Sachverhalt noch fest, daß das Anbot der beklagten Partei, eine Bewertung des Streitgegenstandes mit S 300.000,-- vorzunehmen, vom Klagevertreter abgelehnt worden sei. Das Erstgericht vertrat die Rechtsansicht, daß bei einer Bewertung des Feststellungsbegehrens nach dem RATG von einem 10-fachen Jahresgehalt auszugehen sei. Die Klägerin habe daher mit einer Bewertung mit S 500.000,-- anstatt mit S 3,5 Mio ihrer "Minderungspflicht" entsprochen. Es könne vom Versicherungsnehmer nicht verlangt werden, daß er die über den "offiziellen Streitwert" hinausgehenden Kosten aus eigener Tasche tragen müsse.
Das Berufungsgericht änderte dieses Urteil im Sinne einer Abweisung des Klagebegehrens ab. Es sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000,-- übersteige und daß die ordentliche Revision zulässig sei. Da die beklagte Partei im Verfahren erster Instanz nicht vorgebracht habe, daß die Klägerin den Deckungsanspruch ohne Zustimmung ihres Ehemannes als Versicherungsnehmer nicht geltend machen könne, verstoße diese nunmehrige Behauptungen gegen das Neuerungsverbot und sei daher unbeachtlich. Im übrigen folgte das Berufungsgericht jedoch der Argumentation der beklagten Partei. Gemäß § 4 RATG richte sich die Bemessungsgrundlage mangels anderer Bestimmungen im RATG nach den Vorschriften der §§ 54 bis 59 JN. Es sei hier § 56 Abs 2 JN maßgebend. § 58 Abs 1 JN beziehe sich auf Leistungs-, nicht aber auf Feststellungsklagen. Die dem Kläger gemäß § 56 Abs 2 JN eingeräumte Freiheit bei der Bewertung von Feststellungsklagen werde durch die Bestimmung des Art 8 Punkt 1. 4. ARB eingeschränkt. Im Hinblick auf die umfassenden Rechtsmittelmöglichkeiten nach dem ASGG insbesondere in der Fassung der ASVG-Novelle 1994 könne eine Bewertung des Feststellungsbegehrens mit S 60.000,-- anstelle von S 500.000,-- keine Nachteile mit sich bringen. Die Entscheidung 9 ObA 1005/93 beziehe sich erkennbar auf die Einräumung der Revisionsmöglichkeit nach § 45 Abs 1 ASGG in der vor der ASGG-Novelle 1994 geltenden Fassung, nicht aber auf die nach § 4 RATG anzunehmende Bemessungsgrundlage. Das Recht auf freie Anwaltswahl werde nicht eingeschränkt, weil in dem von der Klägerin vor dem Arbeits- und Sozialgericht angestrengten Verfahren lediglich die relativ einfache Beweisfrage zu klären sei, ob sie den behaupteten Entlassungsgrund (Entnahme von Suchtgift aus dem Suchtgiftschrank, ohne dieses an Patienten zu verabreichen) gesetzt habe. Die Auseinandersetzung mit schwierigen Rechtsfragen sei nicht zu erwarten. Es könne daher nicht gesagt werden, daß sich im Raum Wien kein zumindest durchschnittlich qualifizierter Anwalt finden werde, der die Vertretung im arbeitsgerichtlichen Verfahren bei einem Streitwert von S 60.000,-- übernehmen werde. Selbst das besondere Feststellungsverfahren nach § 54 Abs 1 ASGG sei gemäß § 10 Z 6a RATG mit höchstens S 300.000,-- zu bewerten. Auch unter diesem Gesichtspunkt könne das Begehren der beklagten Partei, das Feststellungsbegehren der Klägerin mit S 60.000,-- zu bewerten, nicht als unbillig angesehen werden. Da somit die Klägerin mit der Bewertung des Feststellungsbegehrens mit S 500.000,-- gegen die sie nach Art 8 Punkt 1. 4. ARB 1994 treffende Obliegenheit vorsätzlich verstoßen und damit bewußt in Kauf genommen habe, daß die beklagte Versicherung für sie mehr Prozeßkosten zu ersetzen habe als zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig seien, sei die Deckungspflicht der beklagten Partei für die von der Klägerin begehrte Klageführung abzulehnen.
Die Revision sei zulässig, weil sich der Oberste Gerichtshof in diesem Zusammenhang bisher noch nicht mit der Verpflichtung des Versicherers zur Zahlung der "angemessenen Kosten" auseinandergesetzt habe und in der Rechtsprechung teilweise die Ansicht vertreten werde, daß für die Bewertung des Begehrens auf Feststellung des aufrechten Bestandes eines Arbeitsverhältnisses § 58 Abs 2 JN sinngemäß anzuwenden sei.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision der Klägerin ist zulässig und berechtigt.
Der erstmals in der Berufung der beklagten Partei gegen das Klagebegehren erhobene und in der Revisionsbeantwortung aufrechterhaltene Einwand, daß die Klägerin als mitversicherte Person gemäß Art 5 Punkt 2. ARB 1994 ihren Deckungsanspruch gegenüber dem Versicherer nur mit Zustimmung des Versicherungsnehmers geltend machen könne, daß aber eine solche Zustimmung nicht vorliege, wurde vom Berufungsgericht im Ergebnis zutreffend als unbeachtlich qualifziert. Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes brauchen die Parteien zwar nur den rechtserzeugenden oder rechtsvernichtenden Sachverhalt vorzutragen. Das Gericht hat sodann den in diesem Rahmen festgestellten Sachverhalt nach allen rechtlichen Gesichtspunkten zu prüfen, wenn nicht der Anspruch ausschließlich auf einen bestimmten Rechtsgrund gestützt wird. Für das Versicherungsrecht folgt aus diesem Grundsatz, daß in Fällen, in denen sich die Leistungsfreiheit aus dem Gesetz selbst ergibt, nur ein Sachverhalt im Rahmen dieser Gesetzesbestimmung behauptet und der Anspruch bestritten werden muß. Bei vereinbarter Leistungsfreiheit hat der Versicherer darüber hinaus auch die besondere Vereinbarung zu behaupten und zu beweisen (SZ 50/136; VR 1984, 178; 7 Ob 2077/96h ua). Daß sich die beklagte Partei im Verfahren erster Instanz nicht auf die Bestimmung des Art 5 Punkt 2. ARB 1994 berufen hat, wonach mitversicherte Personen Deckungsansprüche gegenüber dem Versicherer nur mit Zustimmung des Versicherungsnehmers geltend machen können, vermag für sich allein der beklagten Partei hier nicht zu schaden, weil die direkte Inanspruchnahme des Versicherers seitens des Versicherten, der nicht zugleich Versicherungsnehmer ist, schon nach der Gesetzesbestimmung des § 75 Abs 2 VersVG die Zustimmung des Versicherungsnehmers (oder den Besitz des Versicherungsscheines) voraussetzt. Die diesbezügliche Aktivlegitimation ist daher grundsätzlich vom klagenden Mitversicherten, der nicht zugleich Versicherungsnehmer ist, zu behaupten. Allerdings ist § 75 Abs 2 VersVG (ebenso wie die entsprechende, in den Versicherungsbedingungen enthaltene Bestimmung) nachgiebiges Recht (ZVR 1967/198 ua). Nach den Behauptungen der Klägerin und den diesen folgenden Feststellungen des Erstgerichtes war die beklagte Partei vor der Auseinandersetzung betreffend die Bewertung des Feststellungsbegehrens grundsätzlich damit einverstanden, der Klägerin in dem von ihr angestrebten Arbeitsgerichtsprozeß Deckung zu gewähren, ohne daß die Frage der Zustimmung des Versicherungsnehmers releviert wurde. Da die Klägerin auch in weiterer Folge nicht darauf hingewiesen wurde, daß für die direkte Geltendmachung ihrer Ansprüche gegenüber der beklagten Partei die Zustimmung ihres Mannes als Versicherungsnehmer erforderlich sei, konnte die Klägerin das Verhalten der beklagten Partei insgesamt nur dahin verstehen, daß auf das Erfordernis der Zustimmung des Versicherungsnehmers - sollte eine solche Zustimmung nicht ohnehin vorgelegen sein - verzichtet wurde. Bei diesem besonderen Sachverhalt erübrigt sich daher die Prüfung der Frage, ob der Versicherungsnehmer die Zustimmung zur Geltendmachung der Deckungsansprüche durch die mitversicherte Klägerin erteilt hat.
Wie das Berufungsgericht weiters insoweit in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des erkennenden Senates ausgeführt hat, stellt die in den ARB enthaltene Verpflichtung, alles zu vermeiden, was die Kosten unnötig erhöht, eine Obliegenheit dar, die unter den Voraussetzungen des § 6 VersVG zur Leistungsfreiheit des Versicherers führt (Art 8 Z 2 ARB 1994; vgl 7 Ob 42/94). Nach § 6 Abs 3 VersVG tritt Leistungsfreiheit des Versicherers aber nur ein, wenn der Versicherungsnehmer (oder die diesem gemäß Art 5 Z 1 ARB 1994 gleichgestellte mitversicherte Person) die Obliegenheit vorsätzlich oder grob fahrlässig verletzt hat. Selbst bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit kann der Versicherungsnehmer die Leistungsfreiheit ganz oder teilweise durch den Kausalitätsgegenbeweis abwenden. Er kann den Nachweis führen, daß die Verletzung weder auf die Feststellung oder den Umfang des Versicherungsfalles noch auf die Feststellung oder den Umfang der dem Versicherer obliegenden Leistung Einfluß gehabt hat. Die Kausalität der Obliegenheitsverletzung ist nur dann ohne Bedeutung, wenn der Versicherungsnehmer (Mitversicherte) mit dem Vorsatz handelte, die Leistungspflicht des Versicherers zu beeinflussen oder die Feststellung solcher Umstände zu beeinträchtigen, der erkennbar für die Leistungspflicht des Versicherers bedeutsam sind (Täuschungsvorsatz).
Daraus folgt für den vorliegenden Sachverhalt, daß die beklagte Partei jedenfalls insoweit deckungspflichtig ist, als in dem von der Klägerin geführten Arbeitsgerichtsprozeß Kosten auf der Basis von S 60.000,-- auflaufen. Insoweit wäre selbst die von ihr behauptete Verletzung des Art 8 Punkt 1. 4. ARB 1994 für die Deckungspflicht nicht kausal. Ein Täuschungsvorsatz der Klägerin im Sinn des § 6 Abs 3 VersVG ist nämlich nach den Feststellungen der Vorinstanzen auszuschließen, weil der Grund für die Bewertung des Feststellungsbegehrens mit S 500.000,-- die Ansicht der Klägerin bzw ihres Rechtsvertreters war, daß die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes über die Bewertung derartiger Feststellungsklagen mit dem 10-fachen Jahreseinkommen vorzunehmen und die diesbezügliche Judikatur auch auf den vorliegenden Sachverhalt anzuwenden sei. Selbst wenn ein diesbezüglicher Rechtsirrtum vorläge, wäre die Klägerin bzw ihr Vertreter jedenfalls vom Vorwurf des Täuschungsvorsatzes - der darin läge, daß die Obliegenheit vorsätzlich verletzt und bewußt in Kauf genommen worden wäre, daß die beklagte Versicherung für die Klägerin mehr an Prozeßkosten zu ersetzen habe als zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig wäre (7 Ob 42/94) - enthoben. Dem Begehren auf Gewährung der Kostendeckung auf Basis eines Streitwertes von S 60.000,-- für das Feststellungsbegehren im arbeitsgerichtlichen Rechtsstreit ist daher selbst bei Zugrundelegung der Ansicht der beklagten Partei, daß die Feststellungsklage nicht höher bewertet werden dürfe, jedenfalls berechtigt.
Aus der Formulierung des Klagebegehrens im Zusammenhang mit dem Klagevorbringen ergibt sich aber, daß die Klägerin nicht bloß die Feststellung der Kostendeckungspflicht der beklagten Partei im arbeitsgerichtlichen Verfahren im allgemeinen, sondern (auch) im besonderen für Kosten auf der Basis von S 500.000,-- für das Feststellungsbegehren anstrebt. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichtes ist das auf Feststellung der Deckungspflicht der beklagten Partei gerichtete Klagebegehren auch in diesem (weiteren) Umfang berechtigt.
Der der Entscheidung 7 Ob 42/94 (in der der erkennende Senat eine Bewertung eines Feststellungsanspruches mit S 100.000,-- als überhöht angesehen und darin eine Verletzung der "Abstimmungsobliegenheit" im Sinn des (damaligen) Art 6 Abs 5 ARB 1965/82 angesehen hat) zugrundeliegende Sachverhalt ist mit dem hier vorliegenden Sachverhalt nicht vergleichbar. Im dortigen in Frage stehenden arbeitsgerichtlichen Rechtsstreit waren Valorisierungsbeträge einer Mietaufwandentschädigung für den Zeitraum November 1991 bis März 1993 im Ausmaß von insgesamt S 12.484,-- und die Feststellung, daß der Arbeitgeber auch in Zukunft zur Zahlung der Valorisierungsbeträge verpflichtet sei, Inhalt des Klagebegehrens. Im hier maßgebenden arbeitsgerichtlichen Verfahren ist hingegen über die berufliche Zukunft der Klägerin zu entscheiden. Die Bedeutung des Feststellungsbegehrens kann daher weder in ihren persönlichen noch in ihren wirtschaftlichen Auswirkungen mit jenem Feststellungsbegehren verglichen werden, dessen Bewertung in der Entscheidung 7 Ob 42/94 zu prüfen war.
Die in der zitierten Entscheidung zum Ausdruck gebrachten Grundsätze sind jedoch insoweit auch auf den vorliegenden Fall übertragbar, als Art 8 Punkt 1. 4. ARB 1994 (ehedem Art 6 Abs 5 ARB 1965/82) eine auf die spezifischen Bedürfnisse der Rechtsschutzversicherung zugeschnittene Ausprägung der an sich schon nach § 62 VersVG bestehenden Schadensminderungsobliegenheit des Versicherungsnehmers darstellt, die entstehenden Rechtskosten so gering wie möglich zu halten. Bei der Festlegung des Streitwertes in Arbeitsrechtssachen ist in diesem Zusammenhang grundsätzlich auch zu beachten, daß das arbeits- und soziagerichtliche Verfahren keine Zweiteilung der ersten Instanz in bezirks- und landesgerichtliche Verfahren und einen weitergehenden Rechtsmittelzug als die ZPO vorsieht.
Dessen ungeachtet hat sich der Versicherer in Art 6 Punkt 6. 1. ARB 1994 verpflichtet, die "angemessenen" Kosten des für den Versicherungsnehmer tätigen Rechtsanwaltes bis zur Höhe des Rechtsanwaltstarifgesetzes oder - sofern dort die Entlohnung für anwaltliche Leistungen nicht geregelt ist - bis zur Höhe der Autonomen Honorarrichtlinien zu zahlen.
Allgemeine Versicherungsbedingungen sind wie Verträge, demnach nach §§ 914 und 915 ABGB auszulegen. Die Auslegung ist nach dem Maßstab eines verständigen durchschnittlichen Versicherungsnehmers vorzunehmen. Unklarheiten gehen zu Lasten des Versicherers. Es ist stets der bei einem objektiven Betrachter erkennbaren Zweck einer Klausel zu berücksichtigen (VR 1992/277, 7 Ob 2021/96y ua).
Die Anwendung dieser Auslegungsgrundsätze auf die Bestimmung des Art 6 Punkt 6. 1. insbesondere auch im Verhältnis zur Art 8 Punkt 1. 4. ARB 1994 führt zu dem Ergebnis, daß die Verursachung "angemessener", in den Bestimmungen des RATG Deckung findende Kosten (sofern sie für Tätigkeiten anfallen, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig sind), keine Verletzung der Obliegenheit zur Kostenminimierung im Sinn des Art 8 Punkt 1. 4. nach sich ziehen kann und daß der Versicherer ungeachtet der Pflicht zur Vermeidung "unnötiger" Kosten die dem RATG entsprechenden Kosten zu ersetzen hat. Verzeichnet demnach der Rechtsanwalt für eine Klage und für sein weiteres Einschreiten im Verfahren, soweit dieses unbedingt notwendig ist, seine Kosten auf Basis eines dem RATG entsprechenden Betrages, dann sind diese Kosten gemäß Art 6 Punkt 6. 1. ARB 1994 als "angemessene" Kosten vom Versicherer zu ersetzen. Da das Anwaltshonorar unmittelbar vom Streitwert und bei freier Bewertungsmöglichkeit von der gewählten Bewertung abhängt, ist im letzteren Fall die Frage nach den "angemessenen Kosten" untrennbar mit der Frage der "angemessenen Bewertung" verbunden.
Wie das Berufungsgericht insofern zutreffend ausgeführt hat, ist der Kläger gemäß den §§ 3, 4 RATG und § 56 Abs 2 JN bei der Bewertung einer Feststellungsklage grundsätzlich an keine zwingenden Bewertungsvorschriften gebunden. Die subsidiäre Bestimmung des § 14 RATG, wonach unter anderem in Rechtssachen vor dem Gerichtshof, die vom Senat zu entscheiden sind, ein Wert von S 300.000,-- zugrundezulegen ist, wenn sich die Bemessungsgrundlage nicht nach den "vorherigen Bestimmungen" ermitteln läßt, ist nicht maßgebend, weil die Bestimmungen der §§ 3 und 4 RATG unter anderem auf § 56 Abs 2 JN verweisen. Der "Zweifelsstreitwert" des § 56 Abs 2 letzter Satz ZPO von S 30.000,-- ist infolge vorgenommener Bewertung durch die Klägerin nicht heranzuziehen. Die Ausnahmeregelung des § 10 Z 6 RATG (Feststellungsklagen von parteifähigen Organen der Arbeitnehmerschaft nach § 54 Abs 1 ASGG) ist auf den vorliegenden Fall ebenfalls nicht anzuwenden.
In arbeitsrechtlichen Streitigkeiten hat der Oberste Gerichtshof jedoch auf Klagen auf Feststellung des aufrechten Bestandes des Arbeitsverhältnisses § 58 JN analog angewendet, wenn die Frage der sich nach dem Streitwert richtenden Zulässigkeit der Revision zu entscheiden war. Es wurde vom Obersten Gerichtshof wiederholt ausgesprochen, daß sich der Wert des Streitgegenstandes bei derartigen Feststellungsklagen bei einer unbestimmten Dauer des Dienstverhältnisses nach dem 10-fachen Jahresentgelt richte (ArbSlg 9408 ua). Soweit das Berufungsgericht bei seiner gemäß § 45 Abs 2 ASGG (in der vor der ASVG-Novelle 1994 anzuwendenden Fassung) vorzunehmenden Bewertung gegen die sinngemäße Anwendung dieser Bewertungsvorschrift verstieß, wurde sie als nicht beigesetzt gewertet (so etwa 9 ObA 1005/93 mwN).
Ob diese Rechtsprechung beizubehalten und auch auf die für die Kostenbemessung nach dem RATG maßgebende Bewertung übertragbar ist, kann hier dahingestellt bleiben, weil die Klägerin ihr Feststellungsbegehren ohnehin nicht mit ihrem 10-fachen, ja nicht einmal mit dem 3-fachen Jahreseinkommen - geht man von dem vom Erstgericht unbekämpft angenommenen monatlichen Einkommen der Klägerin von S 25.000,-- brutto aus - bewertet hat. Die zitierten Entscheidungen zeigen aber deutlich auf, welcher Stellenwert der Frage nach der Beendigung oder nach dem Weiterbestand eines Arbeitsverhältnisses für den betroffenen Arbeitnehmer nach Ansicht des Obersten Gerichtshofes einzuräumen ist.
Darauf, ob im Einzelfall mit besonderen rechtlichen oder sonstigen Schwierigkeiten bei der Prozeßführung zu rechnen ist, wird in den die Streitwertbemessung im allgemeinen regelnden Vorschriften nicht abgestellt. Der sich in Schwierigkeitsstufen und Vertretungsdauer niederschlagende Vertretungsaufwand wird vielmehr in den einzelnen Tarifposten schablonenhaft berücksichtigt.
Der "Wert" des Interesses des Klägers an einer bestimmten Feststellung muß zwar nicht unbedingt mit dem Wert der dahinterstehenden Geldforderung übereinstimmen. Er richtet sich aber in erster Linie auch nicht nach prozessualen Erwägungen, nämlich ob dem Kläger erst ab einem bestimmten Streitwert oder unabhängig davon die Ausschöpfung des Instanzenzuges ermöglicht wird und welches Gericht sachlich zuständig ist. Die im RATG einerseits und in der JN andererseits festgesetzten "Zweifelsstreitwerte" können ebenfalls nicht mit den jeweils bei Feststellungsklagen anzunehmenden Interesse des betroffenen Klägers gleichgesetzt werden, ist doch die wirtschaftliche und persönliche Bedeutung solcher Klagen höchst unterschiedlich. Dieselben Erwägungen treffen auch auf die nicht weiter differenzierende Bestimmung des § 10 Z 6a RATG zu.
Der Verlust des Arbeitsplatzes ist grundsätzlich ein gravierende Einschnitt sowohl in wirtschaftlicher als auch in persönlicher Hinsicht. Das Interesse am Aufrechtbleiben des Arbeitsverhältnisses wird in der Regel nicht weniger wiegen als das Interesse am Aufrechtbleiben eines Bestandverhältnisses, hinsichtlich dessen § 58 JN eine konkrete Regelung vorsieht. Nicht zuletzt geben auch die AHR - obgleich sie im vorliegenden Fall nicht anzuwenden sind - einen Hinweis darauf, welche Bedeutung den dienstrechtlichen Auseinandersetzungen zukommt, wird doch bei Vertretungen in dienstrechtlichen Belangen ein Honorar auf der Bemessungsgrundlage von drei Jahresbezügen als angemessen angesehen (§ 5 Z 8 AHR).
Der Bewertung des Klagebegehrens auf Feststellung des Fortbestandes des Arbeitsverhältnisses mit S 500.000,-- hält sich demnach im vorliegenden Fall insgesamt noch in angemessenen Grenzen, auch wenn das Interesse des Versicherers an der Kostenminimierung und die grundsätzliche Verpflichtung des Versicherungsnehmers, diesen Interessen Rechnung zu tragen, in die Erwägungen einbezogen wird.
Letztlich ist das Kostendeckungsrisiko des Versicherers ohnehin durch die vereinbarte Versicherungssumme begrenzt (vgl Art 6 Punkt 7. 1. ARB 1994).
Die Feststellung des Erstgerichtes, daß die Klägerin (anstatt wohl richtig: die beklagte Partei) eine Bewertung des Feststellungsbegehrens mit S 300.000,-- abgelehnt habe, ist für die aufgezeigte rechtliche Beurteilung ohne Belang, sodaß auf die diesbezügliche Rüge der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens nicht weiter einzugehen ist.
Aus den aufgezeigten Erwägungen war daher das der Klage stattgebende Ersturteil wiederherzustellen.
Die Entscheidung über die Kosten des Berufungs- und Revisionsverfahrens gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO.
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