Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben. Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden aufgehoben; dem Erstgericht wird aufgetragen, nach Verfahrensergänzung eine neuerliche Entscheidung zu fällen.
Die Kosten des Revisionsrekursverfahrens bilden weitere Verfahrenskosten erster Instanz.
Text
Begründung
Der Gegner der gefährdeten Partei (im folgenden Antragsgegner) hat gegen die gefährdete Partei (im folgenden Antragstellerin) eine auf § 49 EheG gestützte Scheidungsklage erhoben, worauf letztere eine Widerklage verbunden mit dem Provisorialantrag, daß ihr der Antragsgegner einen monatlichen Unterhaltsbeitrag von S 5.000,-- und für die beiden ehelichen Kinder von je S 4.600,-- und S 4.200,-- zu bezahlen hat, einbrachte.
Das Erstgericht nahm im Rahmen des Provisorialverfahrens folgenden Sachverhalt als bescheinigt an:
Die Streitteile leben mit ihren beiden minderjährigen ehelichen Kindern in aufrechter Haushaltsgemeinschaft in der im Eigentum des Antragsgegners stehenden Eigentumswohnung. Die Antragstellerin führt den Haushalt. Sie hat ein durchschnittliches monatliches Nettoeinkommen von S 2.130,--; außerdem bezieht sie die Familienbeihilfe für die beiden ehelichen Söhne.
Das durchschnittliche monatliche Nettoeinkommen des Antragsgegners beträgt S 30.966,50. Er bezahlt die monatlichen Kreditraten für die Eigentumswohnung in der Höhe von S 12.000,--, die monatlichen Betriebskosten von S 3.060,-- sowie die monatlichen Stromkosten von durchschnittlich S 850,--. Er stellt der Antragstellerin ein Wirtschaftsgeld von insgesamt etwa S 6.000,-- im Monat - in Teilbeträgen - zur Verfügung, wovon die Antragstellerin die Aufwendungen für den 4-Personen-Haushalt, insbesondere für Nahrungs- und Putzmittel, bestreitet.
Die Antragstellerin stützt ihren Provisorialantrag auf eine vom Antragsgegner begangene Unterhaltsverletzung; die vom Antragsgegner geleisteten Zahlungen entsprächen nicht dem ihr gemäß § 94 ABGB zustehenden angemessenen Unterhalt. Der Antragsgegner, der es im übrigen stets verabsäumt habe, in partnerschaftlicher Weise die Finanzen offenzulegen, versuche offenbar durch hemmungsloses Eingehen von Schulden zu Lasten der Antragstellerin seine aufwendige Lebensführung zu finanzieren.
Der Antragsgegner beantragte die Abweisung des Provisorialbegehrens und wendete, soweit dies im Rahmen des Revisionsrekursverfahrens noch relevant ist, ein, keine Unterhaltsverletzung begangen zu haben.
Das Erstgericht gab dem Provisorialantrag vollinhaltlich statt. Der Antragsgegner habe auch unter Berücksichtigung der von ihm erbrachten Nauralleistungen und des Umstandes, daß das Wohnbedürfnis der Unterhaltsberechtigten durch das Zurverfügungstellen der Wohnung gedeckt werde - seine Unterhaltspflichdt verletzt. Der haushaltsführenden Antragstellerin würden unter Bedachtnahme auf die weiteren Sorgepflichten des Antragsgegners für die beiden ehelichen Söhne grundsätzilch 25 % des Einkommens des Antragsgegners - d.s. S 4.742,-- (gemeint wohl: S 7.742,--) zustehen, was nach Abzug eines Viertels für die Deckung des Wohnaufwandes einen Betrag von rund S 5.800,-- ergebe.
Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Antragsgegners gegen diese Entscheidung, soweit es den Unterhaltszuspruch an die Antragstellerin betraf, Folge und wies deren Provisorialbegehren zur Gänze ab. Es erklärte die Erhebung des Revisionsrekurses nach einem Antrag nach § 402 Abs 4 EO iVm § 528 Abs 2 und § 508 Abs 3 ZPO für zulässig. Bei gemeinsamem Haushalt sei sowohl der Ehegatten- als auch der Kindesunterhalt - grundsätzlich in Naturalleistungen zu erbringen. Bei der Beurteilung, ob eine Unterhaltsverletzung vorliege, seien daher sowohl Geld- als auch Naturalleistungen des Unterhaltspflichtigen zu berücksichtigen. Bezahlte Wohnungskosten (wie Mietzins, Betriebskosten, Haushaltsversicherung) und Wohnungsbenützungskosten (wie Gas-, Strom-, Reinigungs-, Telefon-, Rundfunk- und Fernsehgebühren) seien Unterhaltsleistungen; auch durch die Übergabe von Wirtschaftsgeld an die haushaltsführende Person werde Nauralunterhalt geleistet. Natural- und Geldleistungen seien im Zweifel nach Köpfen geteilt anzurechnen.
Der angemessene Unterhaltsanspruch der haushaltsführenden Antragstellerin betrage 33 %, abzüglich der weiteren Sorgepflichten des Antragsgegners für die beiden minderjährigen ehelichen Söhne (je -4 %), sohin 25 %, d.s. S 7.742,--. Zutreffend sei das Erstgericht auch zu der Ansicht gelangt, daß unter Berücksichtigung der konkurrierenden Sorgepflichten des Antragsgegners ein Unterhaltssatz von 17 % hinsichtlich Jochen und von 15 % hinsichtlich Jörg zur Anwendung komme, d.s. S 5.264,-- (für Jochen) bzw S 4.645,-- (für Jörg). Von diesen Beträgen seien jedenfalls die festgestellten Wohnungsbenützungskosten (von insgesamt S 3.910,--) und das Wirtschaftsgeld (von insgesamt S 6.000,--) abzuziehen. Da im Zweifel davon auszugehen sei, daß diese Auslagen allen zu versorgenden Personen (einschließlich des hiefür aufkommenden und nach der Aktenlage weiterhin im Haushalt lebenden Antragsgegners) etwa gleichteilig zugute kommen, seien sie bei jedem Unterhaltsberechtigten mit einem Viertel, d.s. insgesamt mit einem Betrag von S 2.477,50, zu veranschlagen. Es verbleiben somit S 5.265,-- für die Antragstellerin.
Da die zur Beschaffung der Ehewohnung erbrachten Aufwendungen des Unterhaltspflichtigen lediglich das familienrechtliche Verhältnis zwischen den Ehegatten beträfen, scheide eine Berücksichtigung der Darlehensrückzahlungen als Naturalunterhalt für die beiden ehelichen Söhne aus. Die unterhaltsberechtigte Antragstellerin müsse sich aber diese Wohnungskosten in angemessener Weise anrechnen lassen, insbesondere auch weil der über die Wohnung verfügungsberechtigte Antragsgegner gemäß § 97 ABGB verpflichtet sei, für den Erhalt der Ehewohnung Sorge zu tragen, zumal sich die wohnungsbedürftige Ehegattin nicht auf irgendeine andere zur Verfügung gestellte Wohnung verweisen lassen müsse. Es erscheine durchaus angemessen, etwa die Hälfte dieser Rückzahlungsraten als Naturalunterhalt der Antragstellerin zu bewerten. Hiebei werde nicht übersehen, daß die Ehewohnung eine dem Antragsgegner allein gehörige Eigentumswohnung sei und durch die (weitere) Zahlung der Darlehensrückzahlungsraten eine Vermögensbildung erfolge, die allerdings in einem Aufteilungsverfahren und unter Bedachtnahme auf den im Akt erliegenden notariellen Ehepakt auch der Antragstellerin zugute komme.
Bereits unter Bedachtnahme auf diese vom Antragsgegner erbrachten und vom Erstgericht auch seiner Entscheidung zugrundegelegten Naturalleistungen liege somit keine Verletzung der Unterhaltspflicht des Antragsgegners gegenüber der Antragstellerin vor, zumal der noch für bestimmte persönliche Bedürfnisse notwendige Aufwand von der Antragstellerin aus ihren eigenen Einkünften, die im Rahmen der Unterhaltsbemessung aufgrund des exorbitanten Unterschiedes zum Einkommen des Antragsgegners zu Recht unberücksichtigt gblieben seien, befriedigt werden könne. Schon aus diesen Gründen erweise sich die Sache im Zusammenhang mit der Bestimmung eines einstweiligen Unterhalts als spruchreif im Sinne einer Aweisung des Provisorialantrages.
Rechtliche Beurteilung
Der dagegen erhobene Rekurs der Antragstellerin ist berechtigt.
Die Vorinstanzen haben zutreffend den Anteil der Antragstellerin dem Einkommen des Antragsgegners mit rund 25 % von dessen Nettoeinkommen als angemessenen Unterhalt ausgemittelt. Da das eigene Einkommen der Antragstellerin gegenüber jenem des Antragsgegners wesentlich niedriger ist, steht ihr auch nach der Familieneinkommensberechnung nur dieser Anteil zu, wobei sie sich davon ihr eigenes Einkommen nicht in Abzug bringen lassen muß (vgl Schwimann, Unterhaltsrecht 106 f). Als zutreffend erweist sich auch die kopffertige Aufteilung der Benützungsraten der Wohnung und deren Bewertung als Naturalunterhalt (vgl Schwimann aaO, 124 mwN). Anders verhält es sich aber mit den Kreditrückzahlungen für die Ehewohnung. Das Rekursgericht hat zutreffend die bisherige Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Berücksichtigung der vom Unterhaltspflichtigen allein getragenen Kreditrückzahlungen für eine Eigentumswohnung wiedergegeben, wobei aber unberücksichtigt blieb, daß sowohl im Fall EvBl 1993/161 = 7 Ob 529/93 als auch im Fall 7 Ob 550/95 sowie 7 Ob 613/95 nur mehr die unterhaltsberechtigte Antragstellerin bzw die gemeinsamen Kinder in der vom unterhaltspflichtigen Antragsgegner finanzierten Eigentumswohnung verblieben sind, während letzterer eine neue Wohnmöglichkeit gefunden hatte, sodaß die Ausnahmssituation zu beurteilen war, daß der unterhaltspflichtige Antragsgegner mit den Rückzahlungen für die Eigentumswohnung im Grunde allein den Wohnungsbedarf der unterhaltsberechtigten Antragstellerin finanzierte. Im vorliegenden Fall befriedigt der unterhaltspflichtige Antragsgegner jedoch seinen Wohnbedarf nach wie vor in der von ihm allein finanzierten Eigentumswohnung, der ohne die Begleichung der Rückzahlungsraten gefährdet wäre.
Nach der bereits zitierten Rechtsprechung betreffen die Leistungen des Unterhaltspflichtigen für die Ehewohnung das familienrechtliche Verhältnis zwischen den Ehegatten, an dem die Kinder nicht teilnehmen. Diese besondere Zurechnung wird damit begründet, daß der zur Verfügung über die Wohnung berechtigte Ehegatte gemäß § 97 ABGB alles zu unterlassen und vorzukehren habe, damit der auf die Wohnung angewiesene Ehegatte diese nicht verliere. Demgemäß sind die zur Beschaffung und Erhaltung der Ehewohnung erbrachten Aufwendungen des verfügungsberechtigten Ehegatten ausschließlich dem durch § 97 ABGB in dieser Weise konkret geordneten familienrechtlichen Verhältnis der Ehegatten untereinander zuzurechnen. Nach der Lehre, die die von den Zweitinstanzen vertretenen Rechtsauffassungen teilt (vgl Schwimann in Schwimann ABGB**2 § 94 Rz 47 mwN) sind Aufwendungen bzw ist die Schuldtilgung von Krediten des Unterhaltspflichtigen für Investitionen, die zumindest auch den Zwecken des Unterhaltsberechtigten dienen bzw ihm zugute kommen und nicht von vornherein unangepaßt hoch sind, abzugsfähig, d.h. angemessen bei Bildung der Bemessungsgrundlage zu berücksichtigen. Grundsätzlich wäre daher in der vorliegenden Situation davon auszugehen, daß die Antragstellerin sich nicht die Hälfte, sondern einen den Umständen des Einzelfalles entsprechender Anteil an den Rückzahlungsraten für die Finanzierung der Eigentumswohnung anzurechnen zu lassen hat. Das Argument, daß in einem (nach allfälliger Scheidung der Ehe) folgenden Aufteilungsverfahren mit dem Erhalt der Eigentumswohnung auch die Interessen der unterhaltsberechtigten Ehegattin gewahrt werden, trifft ebenso auf den unterhaltspflichtigen Ehegatten zu, der sich damit ebenfalls den vollen Umfang seines Aufteilungsanspruches wahrt. Vertritt man die Auffassung, daß der Unterhaltspflichtige nicht über die Grenze des eigenen notwendigen Unterhaltes hinaus belastet werden darf (vgl Schwimann aaO), so muß dies auch für den Unterhaltsberechtigten gelten, der sich nicht gefallen lassen muß, daß durch die Berücksichtigung der Kreditrückzahlungsraten sein Unterhaltsanspruch ganz empfindlich gekürzt wird während den Unterhaltsverpflichteten nach wie vor noch mehr als dem Unterhaltsberechtigten an frei verfügbaren Mitteln verbleibt. Gegen die von der Antragstellerin selbst vorgeschlagene Berücksichtigung von 25 % der Kreditrückzahlungsraten, die vom Antragsgegner tatsächlich für die Eigentumswohnung aufgewendet werden, bestehen daher keine Bedenken.
Der Einwand, die als bescheinigt angenommene Tatsache, die Rückzahlungsraten für die Eigentumswohnung betrügen S 12.000,-- monatlich, sei aufgrund eines nur mangelhaften Bescheinigungsverfahrens zustandegekommen, ist jedoch berechtigt. Tatsächlich findet sich nämlich kein Bescheinigungsmittel, daß die Rückzahlungsraten, die der Antragsgegner leistet, monatlich S 12.000,-- betragen, vielmehr weisen die Bankbelege nur einen Kreditrückzahlungsbetrag von S 6.000,-- aus. Allein aus diesem Grund waren daher die Entscheidungen der Vorinstanzen aufzuheben und dem Erstgericht die Erhebung einer für die abschließende rechtliche Beurteilung ausreichenden Tatsachengrundlage aufzutragen.
Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 401 EO iVm § 78 EO und § 52 ZPO.
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