Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 7.605,-- (darin S 1.267,50 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu bezahlen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Eltern des im Zeitpunkt des Schadensereignisses noch nicht 25 Jahre alten Klägers haben bei der beklagten Partei im Rahmen einer Bündelversicherung auch eine Haushaltsversicherung, die wiederum eine Privathaftpflichtversicherung einschließt, abgeschlossen. Dieser Haushaltsversicherung liegen die Allgemeinen Bedingungen für die Haushaltsversicherung, Fassung 1989 (ABH 1989), zugrunde, welche in ihrem Art.11 Z 2 normieren, daß die Versicherung sich auch auf gleichartige Schadenersatzverpflichtungen der mj. Kinder des Versicherungsnehmers erstreckt, wobei diese Kinder darüber hinaus bis zur Vollendung des 25.Lebensjahres mitversichert bleiben, sofern und solange sie über keinen eigenen Haushalt und kein eigenes regelmäßiges Einkommen verfügen.
Mit dem zu 23 Cg 214/91 des Landesgerichtes Klagenfurt am 4.6.1992 abgeschlossenen Vergleich verpflichtete sich der Kläger gegenüber Giovanna R***** zur Bezahlung von S 110.000,-- zuzüglich Verfahrenskosten, weil er am 3.12.1989 einen Schiunfall zumindestens mitverschuldete, bei dem Giovanna R***** schwere Verletzungen erlitten hat. An Verfahrenskosten hieraus treffen den Kläger insgesamt ca. S 60.000,-.
Die Eltern des Klägers haben der gegenständlichen Klagsführung zugestimmt. Der Kläger war im Wintersemester 1989/90 an der Technischen Universität Graz inskribiert. Er schloß im Oktober 1989 mit dem Institut für Nachrichtentechnik dieser Universität einen bis 31.10.1990 wirksamen Werkvertrag gegen ein monatliches Nettoeinkommen von S 10.500,-- zuzüglich zur staatlichen Studienbeihilfe. Dieser Werkvertrag wurde vom Kläger per 31.7.1990 gekündigt. Der Kläger lebt bislang - mit einer Unterbrechung von etwa einem dreiviertel Jahr nach dem Schadensereignis - im Haushalt seiner Eltern, hat für die Wohnversorgung nichts zu bezahlen und wird von den Eltern verköstigt.
Der Kläger begehrt gegenüber der Beklagten die Feststellung, daß ihm diese für den Schiunfall vom 3.12.1989 aus der Haushaltsversicherung seiner Eltern Deckung zu gewähren hat. Er verfüge über keinen eigenen Haushalt und über kein eigenes regelmäßiges Einkommen. Der Versicherungsschein befinde sich in seinen Händen.
Die beklagte Partei beantragte die Klagsabweisung und bestritt die Aktivlegitimation des Klägers, weil er nicht Vertragspartner der Beklagten sei. Der Kläger habe am 3.12.1989 über ein eigenes regelmäßiges Einkommen verfügt. Der gesamte Versicherungsfall finde überdies in einem bei der E***** Versicherungs-AG vom Kläger abgeschlossenen Haftpflichtversicherungsvertrag volle Deckung.
Der Kläger replizierte, daß die Versicherungssumme aus der genannten Haftpflichtversicherung schon ausgeschöpft sei, daß die Ansprüche der Geschädigten aber noch nicht voll gedeckt seien; außerdem bestünden gegen den Kläger noch Prozeßkostenforderungen.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Der Kläger sei aufgrund der Zustimmungserklärung seiner Eltern zur vorliegenden Klagsführung aktiv legitimiert. Er habe aber im Zeitpunkt des Schadensereignisses über ein regelmäßiges Einkommen verfügt, das über dem Richtsatz für die Gewährung der Ausgleichszulage nach § 293 Abs 1 ASVG gelegen sei. Dem Kläger mangle es auch am Rechtsschutzinteresse, weil der Schaden in der von ihm bei einer anderen Versicherung abgeschlossenen Haftpflichtversicherung volle Deckung finde.
Das Berufungsgericht bestätigte mit der angefochtenen Entscheidung dieses Urteil. Aus dem Ausspruch über die Zulässigkeit der ordentlichen Revision ist zu entnehmen, daß das Berufungsgericht den Wert des Entscheidungsgegenstandes als mit S 50.000,-- übersteigend bewertete. Es bejahte das Feststellungsinteresse des Klägers. Aus dem Akt ***** des Landesgerichtes Klagenfurt ergebe sich, daß Regreßansprüche des Dienstgebers der vom Kläger verletzten Schifahrerin und deren Krankenversicherung nicht mitverglichen worden seien. Entgegen der Rechtsansicht des Erstgerichtes ergebe sich aus den vorliegenden Urkunden, daß der Kläger aus dem vorliegenden Schadensfall zur Bezahlung von S 210.000,-- verpflichtet und daß somit die Versicherungssumme aus seiner privaten Haftpflichtversicherung erschöpft sei, was ein Interesse des Klägers an der Inanspruchnahme aus der gegenständlichen Haushaltsversicherung indiziere. Auch die Aktivlegitimation des Klägers sei zufolge der Zustimmung seiner Eltern zur Klagsführung und der Überlassung der Polizze an ihn gegeben. In den dem gegenständlichen Versicherungsvertrag zugrundeliegenden Bedingungen sei die Regelung des § 75 VersVG nicht abbedungen worden. Daß auf das gegenständliche Versicherungsverhältnis die Allgemeinen Bedingungen für die Haftpflichtversicherung - die in ihrem Artikel 10 vorsehen, daß die Ausübung der Rechte aus dem Versicherungsvertrag ausschließlich dem Versicherungsnehmer zusteht - anzuwenden seien, habe die Beklagte nicht behauptet. Es bestehe jedoch kein Deckungsanspruch, weil der Kläger nicht die Voraussetzungen des Art.11 Z 2 der ABH 1989 erfülle. Eine Mitversicherung in der Haushaltsversicherung bei den Eltern als Versicherungsnehmern bestehe nur dann, wenn das "Kind" mit diesen sowohl im gemeinsamen Haushalt lebe, als auch über kein eigenes regelmäßiges Einkommen verfüge. Im Zeitpunkt des Schadensfalles habe der Kläger aber über ein laufendes Entgelt für ein Jahr von monatlich S 10.500,-- 14mal verfügt. Damit könne nicht mehr von Einkünften über einen unerheblichen Zeitraum hin gesprochen werden.
Rechtliche Beurteilung
Die gegen diese Entscheidung erhobene Revision des Klägers ist nicht berechtigt.
Die Aktivlegitimation des Klägers wurde von den Vorinstanzen zutreffend bejaht. Die Rechte aus dem Versicherungsvertrag werden vom Gesetz zwischen dem Versicherungsnehmer und dem Versicherten verteilt. Zwar stehen dem Versicherten nach der Generalklausel des § 75 Abs.1 VersVG alle Rechte aus dem Vertrag - mit Ausnahme des Rechts auf Aushändigung des Versicherungsscheins - zu; die Verfügung über diese Rechte steht jedoch grundsätzlich nicht dem Versicherten, sondern dem Versicherungsnehmer zu. Die Versicherung für fremde Rechnung entspricht damit eher dem Modell eines "unechten Vertrages zugunsten Dritter". Diese Spaltung der Rechtsposition zwischen materieller Rechtsträgerschaft und formeller Verfügungsberechtigung dient vor allem dem Schutz des Versicherers: Für ihn soll klargestellt sein, daß er sich in allen Angelegenheiten des Versicherungsfalles nur mit dem Versicherungsnehmer und nicht mit dem - ihm vielleicht namentlich gar nicht bekannten - Versicherten auseinandersetzen muß (vgl. SZ 28/199). Für die Verfügungsbefugnis des Versicherungsnehmers bestehen einige Beschränkungen (§ 76 Abs.2 und 3 VersVG). So darf der Versicherungsnehmer die Zahlung der Versicherungssumme nur dann verlangen, wenn er entweder im Besitz des Versicherungsscheines ist, oder der Versicherte zustimmt. Auch die AVB können vorsehen, daß der Versicherer nicht direkt an den Versicherungsnehmer schuldbefreiend bezahlen kann. Dieselben Einschränkungen bestehen auch für die Übertragung der Rechte gegen den Versicherer. Der Versicherte selbst ist dann verfügungsberechtigt, wenn der Versicherungsnehmer zustimmt oder wenn er im Besitz des Versicherungsscheines ist, den er allerdings nur mit Zustimmung des Versicherungsnehmers erhalten kann (§ 75 Abs.1 und 2 VersVG). Verfügungsberechtigt ist der Versicherte weiters, wenn dies schon in den AVB vorgesehen ist, und nach herrschender Ansicht auch dann, wenn der Versicherungsnehmer die Ansprüche des Versicherten nicht verfolgen will (vgl. Schauer, Einführung in das österreichische Versicherungsvertragsrecht2, 116 f). Ansonsten ist auf die zutreffende Begründung des Berufungsgerichtes zu verweisen (§ 510 Abs.3 ZPO).
Auch das Feststellungsinteresse des Klägers wäre - läge nicht ein anderer Abweisungsgrund vor - gegeben. Ein Feststellungsinteresse liegt nach der ständigen Rechtsprechung immer dann vor, wenn ein Leistungsstreit nicht all das bringen kann, was mit dem Feststellungsbegehren erreicht werden könnte, oder wenn über das Leistungsbegehren hinausgehende Forderungen nach menschlichem Ermessen nicht auszuschließen sind und sohin das rechtliche Interesse an der alsbaldigen Feststellung der Deckungspflicht zu bejahen ist (vgl. zuletzt 7 Ob 2/94). Ob Ansprüche des Krankenversicherungsträgers der vom Kläger verletzten Schifahrerin bzw. solche ihres Dienstgebers bereits verjährt sind, kann erst nach Prüfung der entsprechenden Einwendung beurteilt werden. Die vom Berufungsgericht ohne mündliche Berufungsverhandlung getroffene zusätzliche Feststellung, daß die Versicherungssumme aus der Privathaftpflichtversicherung des Klägers bereits erschöpft ist und er darüber hinaus noch Rechtsanwaltskosten zu bezahlen hat, blieb von der Beklagten unbekämpft. Allein aus diesem Grund wäre das Feststellungsinteresse zu bejahen.
Richtig ist, daß zu Art.11 Z 2 der ABH 1989 bisher noch keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes ergangen ist und daß der Auslegung dieser Klausel über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt. Die deutsche Rechtslage kann zufolge anderslautender Versicherungsbedingungen nicht herangezogen werden (vgl. Kuwert-Erdbrugger, Privathaftpflichtversicherung2 Rz 4037 ff).
Nach der nunmehr in der Bundesrepublik Deutschland herrschenden Praxis ist die Auslegung aller nicht im Verordnungsweg erlassenen Versicherungsbedingungen am Maßstab eines verständigen durchschnittlichen Versicherungsnehmers vorzunehmen, weshalb die Unklarheitsregel des § 5 des (deutschen) Allgemeinen Geschäftsbedingungengesetzes (AGBG) anzuwenden sei, wenn die objektive Auslegung zu keinem Ergebnis führe (vgl. Prölss-Martin VVG25, 32 ff). Eine derartige Auslegungsregel nähert sich weitgehend der Regelung der §§ 914 f ABGB. Nach objektiven Gesichtspunkten als unklar aufzufassende Allgemeine Versicherungsbedingungen müssen daher so ausgelegt werden, wie dies der durchschnittlich verständige Versicherungsnehmer verstehen mußte, wobei Unklarheiten zu Lasten des Versicherers gehen. Zu berücksichtigen ist in allen Fällen der einem objektiven Betrachter erkennbare Zweck einer Bestimmung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (vgl. Prölss-Martin aaO, EvBl. 1982/94, VersE 1472 ua, zuletzt VR 1991, 77 und 7 Ob 4/94). Aus dem Gebrauch der Worte "sofern und solange...." in Art 11 Z 2 der ABH ist allein schon abzuleiten, daß die Erfüllung beider Voraussetzungen, nämlich die aufrechte Haushaltsgemeinschaft und das Fehlen eines eigenen regelmäßigen Einkommens, Voraussetzung für die Mitversicherung volljähriger Kinder in der Haushaltsversicherung ihrer Eltern ist. Die letztgenannte Voraussetzung erfüllte der Kläger im Zeitpunkt des Schadensereignisses nicht.
Das Interesse des Versicherungsnehmers an der Einbeziehung seiner minderjährigen Kinder in den Haftpflichtversicherungsschutz liegt auf der Hand; für den Haftpflichtversicherer bedeutet andererseits die Mitversicherung minderjähriger Kinder ein besonderes Risiko; denn erfahrungsgemäß richten gerade Kinder oft größeren Schaden an. Diese Gefahr ist indessen geringer, wenn und solange die Kinder unter der unmittelbaren und dauernden Aufsicht ihrer Eltern stehen (VersR 1970, 1099).
Die Mitversicherung von Kindern des Versicherungsnehmers auch über die Zeit der Minderjährigkeit hinaus bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres unter den in Artikel 11 Z 2 der ABH 1989 bestimmten Voraussetzungen bedeutet eine erhebliche weitere Vergrößerung dieses Risikos. Die Erfüllung der in den ABH angeführten Voraussetzungen für eine Mitversicherung auch volljähriger Kinder - eine zumindest in gewisser Weise fortbestehende Aufsicht der Eltern durch den gemeinsamen Haushalt, Mangel eines eigenen regelmäßigen Einkommens, das zum Ersatz eines etwa angerichteten Schadens herangezogen werden könnte - ist daher entsprechend deren Zweck sorgfältig zu prüfen.
Daß der Kläger gerade zur Zeit des Schadensfalls mehrere Monate hindurch nicht im Haushalt seiner Eltern gewohnt hat, wurde von der beklagten Partei nicht als Ausschluß von der Mitversicherung gewertet. Es ist daher auf diesen Umstand nicht einzugehen.
Was aber den Ausschluß wegen eines eigenen regelmäßigen Einkommens betrifft, steht fest, daß der Kläger zur genannten Zeit ein monatliches Einkommen von S 10.500,--, 14mal jährlich, aufgrund eines (zunächst - AS 33) für ein Jahr abgeschlossenen Werkvertrages (Dienstvertrages - AS 33) hatte und sich im Zug des Strafverfahrens dementsprechend auch selbst als "Vertragsbediensteter" bezeichnete. Ein derartiges Einkommen hätte nach der ständigen Rechtsprechung zum Erlöschen des Unterhaltsanspruches des Klägers gegenüber seinen Eltern wegen erlangter Selbsterhaltungsfähigkeit geführt. Daß der Kläger selbst dieses Vertragsverhältnis vorzeitig gelöst hat, vermag daran nichts zu ändern. Regelmäßige Bezüge aus einem Dienstverhältnis für die Dauer von zumindest einem Jahr erfüllen aber bereits die Voraussetzung eines "eigenen regelmäßigen Einkommens" für den Ausschluß von der Mitversicherung, wie dies auch der Ansicht der Vorinstanzen entspricht.
Der Revision war daher ein Erfolg zu versagen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO.
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