OGH 7Ob151/22i

OGH7Ob151/22i23.11.2022

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Solé als Vorsitzende und die Hofrätinnen und die Hofräte Mag. Dr. Wurdinger, Mag. Malesich, Mag. Pertmayr und Dr. Weber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei S* GesmbH, *, vertreten durch Dr. Robert Wiesler, Rechtsanwalt in Graz, gegen die beklagte Partei Univ.‑Prof. Dr. E* T*, vertreten durch Dr. Karin Prutsch, Mag. Michael F. Damitner, Rechtsanwälte in Graz, wegen 109.683,80 EUR sA und Feststellung (Streitwert 10.000 EUR), über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 21. Juli 2022, GZ 15 R 100/22v‑55, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2022:0070OB00151.22I.1123.000

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

[1] 1. Die behaupteten Mängel des Berufungsverfahrens wurden geprüft, liegen jedoch nicht vor (§ 510 Abs 3 Satz 3 ZPO).

[2] 2.1. Nach ständiger Rechtsprechung haftet ein Sachverständiger, der im Prozess ein unrichtiges Gutachten abgibt, den Parteien gegenüber persönlich nach dem objektiven Sorgfaltsmaßstab des § 1299 ABGB (vgl RS0026319 [T5]; RS0026316). Er kann aufgrund eigener deliktischer Haftung direkt belangt werden (RS0026353 [T3]; RS0026337 [T4, T5]). Ein gerichtlich bestellter Sachverständiger, der in einem Zivilprozess schuldhaft ein unrichtiges Gutachten abgibt, haftet demnach den Prozessparteien gegenüber für die Folgen dieses Versehens. Ob einer Prozesspartei durch ein solches schuldhaftes Fehlverhalten des Sachverständigen ein Schaden entstanden ist, ist danach zu beurteilen, ob die Entscheidung im Vorprozess für sie günstiger ausgefallen wäre, wenn der Sachverständige dort ein in allen von ihm begutachteten Fragen richtiges Gutachten abgegeben hätte (RS0026360).

[3] 2.2. Sofern der Revisionswerber vorbringt, er habe im Vorprozess kein unrichtiges Gutachten erstattet, entfernt er sich vom festgestellten Sachverhalt, sodass die Revision nicht gesetzmäßig ausgeführt ist (RS0043312 [T12, T14]). Die vom Beklagten ins Treffen geführte Entscheidung 3 Ob 60/21a ist nicht einschlägig. Der Revisionswerber legt nicht dar und ist auch nicht ersichtlich, inwiefern die hier zu beurteilende postoperative Nachbehandlung – insbesondere die Häufigkeit der Wundkontrolle – eine Frage unterschiedlicher medizinisch‑wissenschaftlicher Methodik wäre. Dem Beklagten wurde von den Vorinstanzen auch nicht die Wahl einer ungeeigneten Methode zum Vorwurf gemacht.

[4] 2.3. Die Rechtsansicht der Vorinstanzen, wonach die Haftung des Beklagten zu bejahen sei, ist nicht korrekturbedürftig, weil die Gerichte des Vorprozesses das Unterliegen der Klägerin in rechtlicher Hinsicht mit der unrichtigen gutachterlichen Ansicht des Beklagten begründet haben, dass mangels früherer, engmaschiger postoperativer Kontrollen ein Unterschreiten des medizinischen Standards feststehe.

[5] 3. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).

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