OGH 7Ob140/18s

OGH7Ob140/18s26.9.2018

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Kalivoda als Vorsitzende und die Hofrätinnen und Hofräte Dr. Höllwerth, Dr. E. Solé, Mag. Malesich und MMag. Matzka als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei K* S*, vertreten durch Dr. Helene Klaar, Dr. Norbert Marschall, Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei t* GmbH, *, vertreten durch Dr. Hans Kulka, Rechtsanwalt in Wien, wegen 60.000 EUR sA und Räumung, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Teilurteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 21. Februar 2018, GZ 40 R 237/17z‑30, ergänzt durch den Beschluss des Berufungsgerichts vom 6. Juni 2018, GZ 40 R 237/17z‑40, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2018:E123151

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Der Antrag auf Zuspruch der Kosten der Revisionsbeantwortung wird gemäß § 508a Abs 2 Satz 2 ZPO abgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

I.1 Mit der Rechtsmittelentscheidung des Berufungsgerichts vom 21. 2. 2018 wurde der in das Teilurteil des Erstgerichts aufgenommene Beschluss gemäß § 33 Abs 2 MRG über den bestehenden Mietzinsrückstand aufgehoben und die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen. Der Rekurs gegen diesen Beschluss wurde gemäß § 527 Abs 2 ZPO für jedenfalls unzulässig erklärt. Weiters wurde der Berufung der Beklagten teilweise Folge gegeben, das angefochtene Teilurteil des Erstgerichts über das Zahlungsbegehren im Ausmaß von 30.000 EUR samt Zinsen sowie hinsichtlich des Ausspruchs, die Gegenforderung bestehe nicht zu Recht, bestätigt. Im Übrigen wurde das Teilurteil des Erstgerichts aufgehoben und die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Gegen das Teilurteil des Berufungsgerichts vom 21. 2. 2018 erhob die Beklagte am 17. 4. 2018 Revision. Die Klägerin erstattete am 17. 5. 2018 Revisionsbeantwortung.

Mit Beschluss vom 6. 6. 2018 berichtigte das Berufungsgericht sein Teilurteil vom 21. 2. 2018 dahingehend, dass es dieses um den Ausspruch, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei, ergänzte. Weiters trug es dem Erstgericht auf, die Revision der Beklagten gemäß § 507b Abs 3 ZPO dem Obersten Gerichtshof direkt vorzulegen. Der gemäß § 500 ZPO erforderliche Ausspruch für das (bestätigende) Teilurteil sei irrtümlich unterlassen worden. Die Revision sei mangels erheblicher Rechtsfragen nicht zulässig.

Mit Schriftsatz vom 18. 7. 2018 beantragte die Beklagte die Berichtigung dieses Beschlusses dahingehend, dass ihr Gelegenheit gegeben werde, binnen vier Wochen ihr Rechtsmittel durch die Gründe, warum entgegen dem Ausspruch des Berufungsgerichts die Revision als zulässig erachtet werde, zu ergänzen.

2. Jeder Partei steht nur eine einzige Rechtsmittelschrift oder Rechtsmittelgegenschrift zu. Weitere Rechtsmittelschriften oder Rechtsmittelgegenschriften, Nachträge oder Ergänzungen sind auch dann unzulässig, wenn sie innerhalb der gesetzlichen Frist eingebracht werden (RIS‑Justiz RS0041666). Nur im Umfang der erweiterten Verbesserungsmöglichkeiten (§ 84 Abs 3 ZPO) ist der Grundsatz der Einmaligkeit des Rechtsmittels eingeschränkt worden (RIS‑Justiz RS0041666 [T28, T30]).

Auf eine derartige Verbesserung ihres Rechtsmittels zielt der sich auf die Entscheidung 10 ObS 56/04i stützende „Berichtigungsantrag“ der Beklagten auch tatsächlich ab. Der dort offenbar erkannte Verbesserungsbedarf liegt hier aber nicht vor, releviert die Beklagte in ihrem Rechtsmittel doch ohnedies mehrere als erheblich angesehene Rechtsfragen. Das Rechtsmittel kann daher auch den gesetzlichen Voraussetzungen entsprechend als außerordentliche Revision behandelt werden, sodass seine Ergänzung unzulässig wäre und der Berichtigungsantrag die Entscheidung über die Revision nicht hindert.

II.1 Ob im Hinblick auf den Inhalt der Prozessbehauptungen eine bestimmte Tatsache als vorgebracht anzusehen ist, ist eine Frage des Einzelfalls, der zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung grundsätzlich keine erhebliche Bedeutung zukommt (RIS‑Justiz RS0042828). Da demnach die Frage, ob eine im Berufungsverfahren unzulässige Neuerung vorliegt, in ihrer Bedeutung über den Einzelfall nicht hinausgeht, begründet sie – vom Fall unvertretbarer Fehlbeurteilung abgesehen – keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO (RIS‑Justiz RS0042828 [T35]).

Die Beurteilung des Berufungsgerichts, die erstmalige Behauptung der Beklagten im Berufungsverfahren, auch die gesonderte Vereinbarung über die Tragung der Betriebskosten stelle ein unzulässiges In-Sich-Geschäft dar, sei nicht von dem ausdrücklich zum Mietvertrag erstatteten Vorbringen umfasst, ist jedenfalls vertretbar. Überdies hat die Beklagte nicht einmal begründet behauptet, dass der Mietvertrag in seiner Gesamtheit, insbesondere auch die nicht unübliche Betriebskostenvereinbarung, für die Beklagte nachteilig ist.

2. Nach der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs können, wenn in der Berufung nur in bestimmten Punkten eine Rechtsrüge ausgeführt wurde, andere Punkte in der Revision nicht mehr geltend gemacht werden, jedenfalls wenn es um mehrere selbständig zu beurteilende Rechtsfragen geht (RIS‑Justiz RS0043573 [T43]). Die Frage eines Verstoßes gegen das Formgebot im Mietvertrag bei der Betriebskostenvereinbarung hat die Beklagte nicht zum Inhalt ihrer Berufung gemacht.

3. Dieser Beschluss bedarf keiner weiteren Begründung (§ 510 Abs 3 ZPO).

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