Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 559,15 EUR (darin enthalten 93,19 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Klägerin ist Straßenfrächter. Auch die Beklagte betreibt das Frachtgeschäft. Sie bietet unter anderem LKW-Transporte auf der „Rollenden Landstraße" der Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB) an. Über telefonischen Auftrag der Klägerin nahm sie am 23. 11. 2005 den Transport eines LKW (Zugmaschine samt Auflieger) auf der „Rollenden Landstraße" von W***** nach B***** vor. Dabei wurde der LKW durch einen Stromüberschlag beschädigt. Die Klägerin begehrt von der Beklagten 6.868 EUR an Reparaturkosten und Verdienstentgang. Die Beklagte habe aus dem Vertragsverhältnis dafür zu sorgen gehabt, dass während des Transports kein Schaden am LKW entstehe.
Die Beklagte beantragte Klagsabweisung. Sie hafte nicht, da der Schade von der Klägerin dadurch selbst verschuldet worden sei, dass hinter dem Dachspoiler des LKW Sachen nicht ordnungsgemäß gelagert gewesen seien. Im Übrigen seien die Bestimmungen des Eisenbahnbeförderungsgesetzes (EBG) anzuwenden. Danach sei sie von der Haftung befreit, da eine Beförderung im offenen Wagen erfolgt sei und eine mangelhafte Verstauung der Transportgüter offensichtlich für den Eintritt des Schadens verantwortlich gewesen sei.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es traf im Wesentlichen noch folgende Feststellungen:
Der LKW, der mit Steinen beladen war, wurde in W***** nach Anleitung des ÖBB-Personals auf einen offenen Wagen verladen. Auf der Strecke kam es zu einem Stromüberschlag von der Fahrleitung zum LKW, wodurch Schmauchspuren am Führerhaus und ein Elektronikdefekt entstanden. Von den ÖBB wurde der Schaden unmittelbar nach dem Versuch, den LKW vom Waggon zu fahren, aufgenommen und dazu festgehalten, dass ein Fahrleitungskurzschluss vermutlich durch Teile einer Ladung, die hinter dem Dachspoiler gelagert gewesen sei, verursacht worden sei. Zum Zeitpunkt des Transports war der Spoiler des Führerhauses aufgestellt. Dieser Spoiler ist immer fix montiert und kann in der Höhe nicht einfach verstellt werden. Darunter lagerte ganz hinten ein altes Paar Schuhe. Ferner waren unter dem Spoiler die (beim Betrieb mit Sattelauflieger nicht erforderlichen) Radabdeckungen aus Kunststoff gelagert, die mit Gummibändern „im Führerhaus unten, somit nicht oben am Spoiler" befestigt waren; diese Gummibänder sind ca 20 cm lang, haben keinerlei Metallteile und überragen, selbst wenn sie sich lösen und „frei herumflattern", nicht den Spoiler und das Führerhaus. Der LKW war im hinteren Drittel der „Rollenden Landstraße" aufgestellt. Die anderen transportierten LKW wiesen keine Schäden auf. Der Auflieger war, gemessen von der Oberkante, 4,05 m hoch, die Zugmaschine 3,86 m. Zu Stromüberschlägen kann es kommen, „wenn Annäherungen an Spannung führende Teile mit einer Nennspannung von 15 Kilovolt der Fahrdrahtleitung auf eine Distanz von weniger als etwa 15 cm auftreten". Äußere Umstände, wie Verschmutzung, Nässe und möglicherweise eine Eisschicht, setzen die Isolierfähigkeit herab, sodass bei einem Unterschreiten dieses Abstands ein Stromüberschlag möglich ist. Zu einer Vergrößerung der Funkenstrecke von 15 cm kann es dadurch kommen, dass die Fahrdrahtspannung einen höheren Wert als die Nennspannung 15 Kilovolt erreicht; zu einer Vergrößerung der Funkenstrecke können auch atmosphärische Einwirkungen, wie Feuchtigkeit, Ionisation durch Luft etc, führen. Bei einem Transport auf der „Rollenden Landstraße" steht der LKW auf einer Plattform. Im Normalfall hat die Oberleitung eine durchschnittliche Höhe von 5,50 m, diese kann auf bis zu 5 m abgesenkt werden. Auf der Strecke am B***** ist eine Stelle vorhanden, wo die Oberleitung auf 4,5 m abgesenkt wird. Aufgrund der Möglichkeit von Fahrdrahtspannungsschwankungen kann der von den ÖBB gefahrene Nennwert von 15 Kilovolt um 20 % überschritten oder um 30 % unterschritten werden. Eine weitere Erhöhung der Fahrdrahtspannung ist technisch möglich. Die konkrete Ursache des Stromüberschlags kann nicht festgestellt werden. Dass Stromüberschläge durch die herumwirbelnde Radabdeckung oder durch die unter dem Spoiler gelagerten Schuhe oder die Gummibänder, mit denen die Radabdeckungen unter dem Spoiler befestigt waren, verursacht wurden, ist auszuschließen. Theoretisch wäre es möglich, dass die Plane auf dem Auflieger flatterte und es daher zu einem Funkenüberschlag vom Fahrdraht auf den Auflieger und von dort auf das Führerhaus kam. Dies kann jedoch im Nachhinein nicht mehr festgestellt werden.
Die Klägerin führte im Jahr 2006 rund 2.300 Transporte auf der „Rollenden Landstraße" über die Beklagte durch.
Gemäß Artikel 8.3 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) der Beklagten finden auf deren Haftung und auf die Einschränkungen der Haftung die Bestimmungen des EBG Anwendung, wenn festgestellt wird, dass der Verlust oder die Beschädigung zwischen Annahme und Auslieferung der Ladeeinheit durch das beteiligte Eisenbahnunternehmen eingetreten ist.
Rechtlich führte das Erstgericht im Wesentlichen aus: Ob die AGB der Beklagten, in denen auf das EBG verwiesen werde, vereinbart worden seien, könne dahingestellt bleiben, weil das EBG auf die Beklagte als Beförderer im Sinn dieses Gesetzes (jedenfalls) anzuwenden sei. Das EBG sehe eine Haftungsbefreiung unter anderem dann vor, wenn die Beschädigung durch eine Beförderung im offenen Wagen entstanden sei (§ 94 Abs 3 EBG). Dies sei hier zu bejahen. Durch die Beförderung im offenen Wagen könne die Gefahr eines Funkenüberschlags nicht ausgeschlossen werden. Durch den Schaden habe sich gerade die bei einer Eisenbahn immer bestehende Betriebsgefahr in Verbindung mit dem Transport in einem offenen Wagen verwirklicht.
Das Berufungsgericht bestätigte die Entscheidung der ersten Instanz. Ob die AGB der Beklagten und damit die Geltung des EBG vereinbart worden seien, sei nicht entscheidungswesentlich, weil § 453 HGB in der hier anzuwendenden Fassung (vor dem Inkrafttreten des UGB) bestimme, dass für die Beförderung von Gütern auf allen dem öffentlichen Verkehr dienenden Eisenbahnen das Frachtrecht des HGB nur anzuwenden sei, sofern nicht das EBG besondere Bestimmungen enthalte. § 1 Abs 1 EBG ordne demgemäß die Anwendung des EBG auf die Beförderung von Gütern mit öffentlichen Eisenbahnen Österreichs an. Die eisenbahnfrachtrechtlichen Haftungsvorschriften des EBG seien zwingender Natur. § 94 EBG regle die eisenbahnrechtliche Haftung für Güterschäden während der Obhutszeit. Diesbezüglich werde zwar lediglich von der Haftung der „Eisenbahn" gesprochen. Ungeachtet dessen bestimme sich auch die Haftung des Frachtführers, der selbst nicht „Eisenbahn" im Sinn des EBG sei, nach § 94 EBG, weil § 453 HGB ausdrücklich auf die eisenbahnrechtliche Haftungsordnung verweise. Das Erstgericht stütze die Haftungsbefreiung der Beklagten auf die Beförderung im offenen Wagen gemäß § 94 Abs 3 lit a EBG. Diesbezüglich sehe § 95 Abs 2 EBG vor, dass die Eisenbahn darzulegen habe, dass der Verlust oder die Beschädigung nach den Umständen des Falles aus einer oder mehreren der in § 94 Abs 3 EBG angeführten besonderen Gefahren entstehen habe können. Für diesen Fall werde vermutet, dass der Schaden daraus entstanden sei. Der Berechtigte habe jedoch das Recht nachzuweisen, dass der Schaden nicht oder nicht ausschließlich aus einer dieser Gefahren entstanden sei. Die im § 95 Abs 2 EBG normierte Vermutung setze die konkrete Glaubhaftmachung durch die Eisenbahn voraus. Es genüge nicht, dass die Eisenbahn bloß die rein theoretische Möglichkeit der Schadensentstehung aus einer der im § 94 Abs 3 EGB angeführten Ursachen glaubhaft mache; sie müsse vielmehr die praktische Möglichkeit einer derartigen Schadensentstehung dartun. Der Transport im Huckepackverkehr, bei dem der LKW-Sattelzug einen Teil des Ladeguts darstelle, sei als Transport im offenen Wagen im Sinn des § 94 Abs 3 lit a EBG anzusehen. Als Gefahren, denen Güter im offenen Wagen besonders ausgesetzt seien, gälten in erster Linie die Einwirkungen der Witterung (Nässe, Hitze, Kälte, Frost, Wind), ferner äußere Einwirkungen (zB Funkenflug, Rauch, Staub, Darauffallen von Gegenständen) sowie die Gefahr des Herausfallens einzelner Stücke. In einer Entscheidung des Obersten Gerichtshofs sei ein Stromüberschlag von der Oberleitung als eine derartige Gefahr angesehen worden. Es stehe fest, dass der Schaden auch im vorliegenden Fall durch einen Stromüberschlag von der Fahrleitung zum LKW entstanden sei. Der Gegenbeweis, dass der Schaden aus einer anderen Ursache entstanden sei, sei der Klägerin nicht gelungen. Für den Haftungsauschluss des § 94 Abs 3 lit a EBG sei ohne Belang, dass nicht festgestellt habe werden können, welche konkrete Ursache den Stromüberschlag herbeigeführt habe, weil nach der Regelung des § 95 Abs 2 EBG für die Haftungsbefreiung die bloße Möglichkeit der Schadensentstehung aus dieser Ursache ausreiche. Demnach sei eine Haftung der Beklagten zu verneinen.
Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei, weil zur Frage der Anwendbarkeit der eisenbahnrechtlichen Haftungsbestimmungen des § 94 EBG auf Frachtführer, die selbst keine Eisenbahn im Sinn des Eisenbahngesetzes seien, keine oberstgerichtliche Judikatur bestehe und angesichts der vereinzelten Entscheidungen zur Haftung bei Transport im offenen Wagen von einer gefestigten Judikatur (insbesondere beim Transport im Huckepackverfahren) nicht gesprochen werden könne.
Gegen die Entscheidung des Berufungsgerichts richtet sich die Revision der Klägerin, die unrichtige rechtliche Beurteilung geltend macht und beantragt, die Urteile der Vorinstanzen dahin abzuändern, dass dem Klagebegehren stattgegeben werde. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die Beklagte beantragt in der Revisionsbeantwortung, das Rechtsmittel ihrer Prozessgegnerin als unzulässig zurückzuweisen oder ihm keine Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist aus den vom Berufungsgericht genannten Gründen zwar zulässig, aber nicht berechtigt.
Die Ausführungen der Revisionswerberin können nicht überzeugen, während die damit bekämpften Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils sowohl im Ergebnis als auch in der methodischen Ableitung zutreffend sind. Gemäß § 510 Abs 3 zweiter Satz ZPO reicht es daher aus, grundsätzlich auf die Richtigkeit der Entscheidungsbegründung der zweiten Instanz zu verweisen. Bezugnehmend auf die Rechtsrüge der Klägerin ist ergänzend auszuführen:
Die Einwände der Revisionswerberin lassen sich dahin zusammenfassen, dass weder die AGB der Beklagten noch die Bestimmungen des EBG anwendbar seien. Vielmehr hafte die Beklagte aufgrund des Beförderungsvertrags für den in ihrem Verantwortungsbereich entstandenen Schaden, da ihr der gemäß § 1298 ABGB obliegende Beweis, dass sie kein Verschulden treffe, nicht gelungen sei. Eine Haftung der Beklagten sei selbst für den Fall, dass die Anwendung des EBG zu bejahen wäre, nach § 94 Abs 1 EBG gegeben, da sich die Beklagte nicht auf die Befreiungstatbestände des § 94 Abs 2 und 3 EBG berufen könne.
Dem ist zunächst entgegenzuhalten, dass das Bundesgesetz über die Beförderung von Personen, Reisegepäck und Gütern mit der Eisenbahn (Eisenbahnbeförderungsgesetz - EBG), BGBl 1988/180, die Beförderung von Personen, Reisegepäck und Gütern auf allen dem öffentlichen Verkehr dienenden Eisenbahnen regelt und nach dem (hier noch anzuwendenden) § 453 Abs 1 HGB insoweit die Bestimmungen des HGB verdrängt. Zutreffend hat das Berufungsgericht daraus abgeleitet, dass bei Durchführung eines Gütertransports mittels einer dem öffentlichen Verkehr dienenden Eisenbahn, insbesondere auch auf der „Rollenden Landstraße" der ÖBB, (jedenfalls) die Haftungsbestimmungen des EBG anzuwenden sind (vgl 4 Ob 127/99a). Diese stellen - wie aus § 2 EBG folgt - zwingendes Recht dar, soweit das Gesetz nicht Abweichungen zulässt (RIS-Justiz RS0112077). Richtig haben die Vorinstanzen demnach erkannt, dass auf den von der Beklagten mittels der „Rollenden Landstraße" durchgeführten Transport die Bestimmungen des EBG unabhängig davon anzuwenden sind, ob die (die Anwendung des EBG für solche Eisenbahntransporte ausdrücklich vorsehenden) AGB der Beklagten Vertragsinhalt wurden.
Nach § 94 Abs 1 EBG (und den im Wesentlichen gleichlautenden Bestimmungen der Artikel 27 § 1 CIM 1975, Artikel 36 § 1 CIM 1980 und Artikel 23 § 1 CIM 1999; vgl auch § 425 Abs 1 dHGB) hat die Eisenbahn (und haben andere Beförderer im Sinn des EBG - hier die Beklagte) verschuldensunabhängig zu haften (7 Ob 807/79 SZ 53/21; 2 Ob 507/93; vgl Fremuth in Fremuth/Thume, Transportrecht, § 425 Abs 1 dHGB Rn 1 und 9 ua). Dieser Haftungsverschärfung (im Sinn einer Gefährdungshaftung) stehen aber aufgrund gesetzgeberischer Wertung in Abs 2 und 3 leg cit normierte Haftungsbefreiungstatbestände (vgl §§ 2 und 3 der Artikel 27 CIM 1975, 36 CIM 1980 und 23 CIM 1999; vgl auch § 427 dHGB) gegenüber, die einen gewissen Interessen- und Haftungsausgleich bezwecken (vgl Fremuth aaO, § 427 dHGB Rn 1). Während die allgemeinen Haftungsbefreiungstatbestände („nicht bevorrechtigte Haftungsausschlussgründe" - s Schütz in Straube, HGB I3, § 453 Anh EBG § 94 Rz 5) des Abs 2 leg cit das Risiko für Beschädigungen, die aufgrund eines Verschuldens des „Berechtigten" (Versender) oder Mängel des Frachtguts verursacht werden, dem Versender überbürden, ist für die besonderen Haftungsbefreiungstatbestände („bevorrechtigte Haftungsausschlussgründe" - s Schütz aaO) des Abs 3 leg cit charakteristisch, dass sich daraus Gefahren für das Transportgut ergeben, die nicht dem Verantwortungs- und Risikobereich der Eisenbahn (des Beförderers) zuzurechnen sind. Dazu zählt nach Abs 3 lit a leg cit die Beförderung im offenen Wagen. Nach herrschender Meinung ist im Sinn dieser Bestimmung jeder Eisenbahnwagen als „offen" anzusehen, der nach seiner Bauart nicht überall abgeschlossen ist (Spera, Internationales Eisenbahn-Frachtrecht 36.10 Anm 18; Wick, Das internationale Eisenbahnfrachtrecht, 247 Anm 18). Wie der Oberste Gerichtshof in der Entscheidung 2 Ob 507/93 RdW 1993, 333 = EvBl 1994, 97/16, RIS-Justiz RS0073579, ausgesprochen hat, stellt der Transport eines LKW im „Huckepackverkehr" beziehungsweise mittels „Rollender Landstraße" eine solche Beförderung im offenen Wagen dar; unerheblich ist dabei nämlich, dass der Einsatz gedeckter Wagen bei dieser Beförderungsart gar nicht in Betracht kommt (vgl auch Koller, Transportrecht6, Artikel 23 CIM Rz 7 mwN). Dies wird auch in der Revision grundsätzlich nicht in Frage gestellt. Die Revisionswerberin bestreitet vielmehr in diesem Zusammenhang allein die Ursächlichkeit des Transports im offenen Wagen für die Beschädigung ihres LKW. Der Beklagten sei der ihr nach § 95 Abs 1 EBG obliegende Beweis nicht gelungen. Dabei wird von der Revisionswerberin übersehen, dass die genannte Gesetzesstelle der Eisenbahn (dem Beförderer) die Beweislast dafür auferlegt, dass die Beschädigung durch eine der in § 94 Abs 2 EBG angeführten Tatsachen verursacht wurde. Auf diese Gesetzesstelle haben sich die Vorinstanzen aber nicht gestützt, sondern den Haftungsausschließungsgrund nach § 94 Abs 3 lit a EBG herangezogen. Gemäß § 95 Abs 2 EBG wird, wenn die Eisenbahn (hier die sich der Eisenbahn bedienende Beklagte) darlegt (glaubhaft macht), dass die Beschädigung nach den Umständen des Falls aus einem oder mehreren der in § 94 Abs 3 EBG angeführten besonderen Gefahren entstehen konnte, vermutet, dass der Schaden daraus entstanden ist. Dieser Rechtsvermutung liegt die Erwägung zugrunde, dass es sich bei diesen Haftungsbefreiungsgründen um besondere Gefahren handelt, aus denen leicht, sogar wahrscheinlich, ein Transportschaden entstehen kann, der Nachweis des ursächlichen Zusammenhangs aber nur schwer zu erbringen ist. Die Gründe dieser Rechtsvermutung liegen daher in der besonderen Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts und in der Schwierigkeit der Beweisführung (2 Ob 507/93).
Wie das Berufungsgericht erkannt hat, besteht also keine Vermutung dahin, dass eine Beförderung im offenen Wagen ohne weiteres (schlechthin) eine Gefahr für das beförderte Gut bedeute. Vielmehr muss die Eisenbahn (der Beförderer), wenn auch nur mit den an einen prima facie-Beweis zu stellenden Anforderungen, das Vorhandensein einer sich aus den Haftungsausschlussgründen des § 94 Abs 3 EBG ergebenden besonderen Beförderungsgefahr beweisen (vgl 2 Ob 32/64 SZ 37/38 ua); hier also, dass sich eine der Beförderung im offenen Wagen immanente Gefahr verwirklicht habe. Mit anderen Worten muss man davon ausgehen können, dass der Schaden bei Einsatz eines gedeckten Wagens nicht (oder nicht in diesem Umfang) entstanden wäre (Koller aaO, Art 23 CIM Rz 7 mwN). Wie der Oberste Gerichtshof in der Entscheidung 2 Ob 507/93 ausgeführt hat, stellt nun ein Stromüberschlag auf das Transportgut (hier den LKW) eine solche mit dem Transport im offenen Wagen verbundene Gefahr dar. Es ist ohne weiteres einsichtig, dass ein im offenen Wagen transportiertes Gut durch Stromüberschlag wesentlich mehr gefährdet ist als in einem geschlossenen beziehungsweise gedeckten Wagen.
Da feststeht, dass die Beschädigung des LKW der Klägerin durch einen Stromüberschlag verursacht wurde, hat die Beklagte ihrer Beweispflicht nach § 95 Abs 2 erster Satz EBG genügt. Hat sie doch damit die praktische Möglichkeit einer Schadensentstehung nach § 94 Abs 3 lit a EBG dargetan (vgl 2 Ob 507/93 mwN). Dass die Ursache des Stromüberschlags selbst nicht feststellbar war, kann daran nichts ändern; entgegen der Ansicht der Revisionswerberin oblag der Beklagten unter den festgestellten Umständen keineswegs der Beweis, dass der Schaden aus einem Verschulden des Versenders resultierte.
Nach § 95 Abs 2 zweiter Satz EBG wäre es daher an der Klägerin gelegen, nachzuweisen, dass ihr Schaden dennoch nicht oder nicht ausschließlich aus der vermuteten Ursache entstanden sei (vgl Wick aaO, 260 mwN ua). Dies, also der Nachweis, dass der offene Transport mittels „Rollender Landstraße" für die Beschädigung durch Stromüberschlag nicht ursächlich gewesen sei, ist der Klägerin aber nicht gelungen. Frei von Rechtsirrtum haben die Vorinstanzen daher erkannt, dass die Beklagte gemäß § 94 Abs 3 lit a EBG von der Haftung für den während des Transports am LKW der Klägerin entstandenen Schaden befreit ist.
Die Revision muss daher erfolglos bleiben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41 und 50 ZPO.
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