European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2022:0070OB00011.22A.0428.000
Spruch:
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Der Antrag auf Zuspruch der Kosten der Revisionsbeantwortung wird gemäß § 508a Abs 2 Satz 2 ZPO abgewiesen.
Begründung:
[1] 1. Die Kläger behaupten, die von den Beklagten hergestellten und gelieferten Sandwich‑Paneele zweiter Wahl (2A‑Ware) seien wegen fehlender Leistungserklärungen sowie fehlender CE‑Kennzeichnung mangelhaft und fordern Verbesserung durch Übergabe der entsprechenden Urkunden. Sie stützen ihr Begehren einerseitsauf die Verordnung 305/2011/EU zur Festlegung harmonisierter Bedingungen für die Vermarktung von Bauprodukten und zur Aufhebung der Richtlinie 89/106/EWG des Rates (BauproduktenVO) und andererseits auf eine mit den Beklagten getroffene Vereinbarung.
Rechtliche Beurteilung
[2] 2.1. Bauprodukt gemäß Art 2 Z 1 BauproduktenVO ist jedes Produkt oder jeder Bausatz, das/der hergestellt und in Verkehr gebracht wird, um dauerhaft in Bauwerke oder Teile davon eingebaut zu werden, und dessen Leistung sich auf die Leistung des Bauwerks im Hinblick auf die Grundanforderungen an Bauwerke auswirkt. Will ein Hersteller sein entsprechend den Anforderungen einer harmonisierten Norm oder einer Europäischen Technischen Bewertung hergestelltes Bauprodukt unionsweit in Verkehr bringen, hat er gemäß Art 4 Abs 1 BauproduktenVO eine Leistungserklärung zu erstellen, womit er die Verantwortung für die Konformität des Produkts mit der erklärten Leistung übernimmt (vgl 9 Ob 64/16a). Diesfalls ist der Hersteller nach Art 8 f BauproduktenVO – zusammengefasst – auch verpflichtet, zum äußeren Zeichen der Konformität des Bauprodukts auf diesem die CE‑Kennzeichnung anzubringen (4 Ob 36/18z).
[3] 2.2. Die von der Erstbeklagten über konkreten Auftrag eines Kunden produzierten Sandwich-Paneele gelten als 1A‑Qualität und werden sowohl mit einer CE‑Kennzeichnung als auch mit einer Leistungserklärung verkauft. Eine Ware zweiter Wahl kommt teilweise am Anfang und am Ende des Produktionsprozesses der 1A‑Ware zustande. Die 1A‑Ware wird zur 2A‑Ware, wenn einzelne oder mehrere Parameter nicht in Ordnung sind. Dies kann optische Parameter (zB Farbe) oder technische Parameter (Inhalt der Paneele, zB Schaum, Mineralwolle) betreffen. Im letzteren Fall können die Paneele nicht mehr in Baukonstruktionen eingesetzt werden. Die 2A‑Ware wird von den Mitarbeitern der Erstbeklagten standardmäßig auf sechs Meter Länge gekürzt und ohne Differenzierung in optisch und technisch von der 1A‑Qualität abweichende Produkte neu verpackt. Für die 2A‑Ware ist weder eine CE‑Kennzeichnung noch eine Leistungserklärung vorgesehen. Die Kläger erwarben etwa seit 2010 Sandwich‑Paneele sowohl erster als auch zweiter Qualität. Die an die Kläger paketweise verkaufte 2A‑Ware musste von diesen manipuliert und neu sortiert werden.
[4] 2.3. Die Rechtsansicht des Berufungsgerichts, die Beklagten seien nicht zur Übergabe von Leistungserklärungen samt CE‑Kennzeichnungfür die an die Kläger paketweise verkauften Sandwich‑Paneele zweiter Wahlverpflicht, ist nicht korrekturbedürftig, weil nach den getroffenen Feststellungen die in den Paketenenthaltene2A‑Ware nicht durchgehend für den Einsatz in Baukonstruktionen geeignet war, damit von der Erstbeklagten gerade nicht entsprechend den Anforderungen einer harmonisierten Norm in Verkehr gebracht wurde, und daher auch nicht zu kennzeichnen war (4 Ob 36/18z).
[5] 3. Die von den Klägern geltend gemachten sekundären Feststellungsmängel in Bezug auf die behauptete Vereinbarung liegen nicht vor. Es steht nämlich fest, dass die Übersendung von (insbesondere) CE‑Zertifizierungen und Leistungserklärungen bei 2A‑Ware nicht vorgesehen war und dass diese Urkunden bei Lieferung von 2A‑Ware an die Kläger in Einzelfällen lediglich irrtümlich mitübersendet wurden. Aus diesen Feststellungen ergibt sich deutlich, dass die Übermittlung von Leistungserklärungen samt CE‑Kennzeichnungen bei 2A‑Ware von den Erstbeklagten nicht zugesagt und daher auch nicht vereinbart war. Die darüber hinaus von den Klägern begehrten ergänzenden Feststellungen sind nicht rechtserheblich.
[6] 4. Ein Vorabentscheidungsersuchen ist nicht erforderlich, weil sich keine Fragen der Auslegung von Unionsrecht stellen.
[7] 5. Der Oberste Gerichtshof hat den Revisionsgegnern die Beantwortung der Revision nicht freigestellt (§ 508a Abs 2 Satz 1 ZPO). Die dennoch erstattete Revisionsbeantwortung gilt daher gemäß § 508a Abs 2 Satz 2 ZPO nicht als zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig (8 ObA 86/12).
[8] 6. Dieser Beschluss bedarf keiner weiteren Begründung (§ 510 Abs 3 ZPO).
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