European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2019:0070NC00006.19W.0304.000
Spruch:
Der Antrag der klagenden Partei, anstelle des Landesgerichts Linz das Landesgericht Wiener Neustadt, in eventu das Handelsgericht Wien zur Verhandlung und Entscheidung in der Rechtssache zu bestimmen, wird abgewiesen.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei und der Erstnebenintervenientin deren mit jeweils 745,92 EUR (darin 124,32 EUR USt) bestimmten Kosten ihrer Äußerungen zum Delegierungsantrag binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Begründung:
Der in Wien ansässige Kläger nimmt die in Linz ansässige Beklagte beim Landesgericht Linz wegen mangelhafter Anlageberatung in Anspruch. Er beantragt die Feststellung der Haftung der Beklagten für „alle Schäden, Folgen und Nachteile“ aus der Zeichnung eines kreditfinanzierten Pensionsvorsorgemodells.
Die Beklagte und die auf ihrer Seite beigetretenen Nebenintervenienten bestreiten eine mangelhafte Anlageberatung und wenden Mitverschulden und Verjährung ein.
Beim Landesgericht Linz sind eine Vielzahl von Verfahren gegen die Beklagte anhängig, die dasselbe Anlageprodukt betreffen. Das vorliegende Verfahren hatte geruht und war danach bis zur rechtskräftigen Erledigung eines Parallelverfahrens zwischen denselben Parteien– betreffend eine andere Zeichnung desselben Produkts (1 Ob 153/18h) – unterbrochen worden. Personalbeweisaufnahmen haben noch nicht stattgefunden.
Nach Fortsetzungsantrag im November 2018 (vgl RIS‑Justiz RS0036654 [insbes T3]) beantragte der Kläger, die Sache dem Landesgericht Wiener Neustadt, in eventu dem Handelsgericht Wien, zu übertragen. Der Kläger wohne in Wien; fünf Zeugen seien im Sprengel des Oberlandesgerichts Wien ansässig (davon zwei im Sprengel des Landesgerichts Wiener Neustadt), der Kanzleisitz der Parteien- und der Nebenintervenientenvertreter liege in Wien.
Die Beklagte und die auf ihrer Seite beigetretene Erstnebenintervenientin sprachen sich gegen die Delegierung aus. Sie verweisen auf die beim Landesgericht Linz anhängigen Parallelverfahren und von der Beklagten beantragte Zeugen, die im Sprengel des Oberlandesgerichts Linz wohnen würden; auch einer der vom Kläger genannten Zeugen wohne nicht im Sprengel des Oberlandesgerichts Wien.
Das Landesgericht Linz äußerte sich dahin, dass eine Delegierung eine Verbilligung des Verfahrens bewirken und zweckmäßig erscheinen könnte.
Rechtliche Beurteilung
Der Delegierungsantrag ist nicht berechtigt.
1. Eine Delegierung kommt nur in Betracht, wenn überwiegende Zweckmäßigkeitsgründe dafür sprechen. Kann die Zweckmäßigkeit nicht eindeutig zu Gunsten aller Parteien beantwortet werden und widerspricht eine der Parteien der Delegierung, so hat die Delegierung in der Regel zu unterbleiben (RIS‑Justiz RS0046589).
2. Im vorliegenden Fall sind fünf von der Beklagten beantragte Zeugen im Sprengel des Landesgerichts Linz ansässig; ein vom Kläger beantragter Zeuge hat seinen Hauptwohnsitz in Mariazell. Damit kann keinesfalls gesagt werden, dass die Gründe für eine Delegierung nach Wiener Neustadt oder Wien überwiegen.
Der Oberste Gerichtshof hat zudem bereits mehrfach ausgesprochen, dass die Konzentration von Parallelverfahren bei einem einzigen Gericht eine Delegierung begründen könne (8 Nc 39/03g mwN). Das spricht umgekehrt gegen eine Delegierung, wenn sie – wie hier – eine solche Konzentration gerade verhindern würde und jüngst bereits eine Vielzahl von gleichartigen Delegierungsanträgen in Parallelverfahren gegen die Beklagte abgewiesen wurden (zB 4 Nc 4/19d, 10 Nc 6/19d, 2 Nc 5/19d, 6 Nc 3/19x, 10 Nc 27/18d, 1 Nc 1/19s, 2 Nc 1/19y).
Der Antrag ist daher abzuweisen.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 41 ZPO.
Der erfolglose Delegierungswerber hat dem Gegner und der Erstnebenintervenientin die notwendigen Kosten einer ablehnenden Äußerung zum Delegierungsantrag unabhängig vom Ausgang des Rechtsstreits zu ersetzen, allerdings nur nach TP 2 RATG (RIS-Justiz RS0036025 [T1]).
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