Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben.
Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden aufgehoben. Die Rechtssache wird an das Erstgericht zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.
Die Kosten des Berufungs- und des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung
Die Kläger sind Mieter einer Wohnung in einem Haus der Beklagten. Diese plante einen Ausbau des über dem Mietobjekt liegenden Dachbodens und beauftragte dazu ein Bauunternehmen. Im Zuge des Dachbodenausbaus kam es zu Wasserschäden im Mietobjekt der Kläger an Fenstern, Holzverkleidungen, Tapeten und der Wandmalerei. Die Kläger haben diese Schäden bisher noch nicht beheben lassen. Sie begehren mit ihrer am 13.3.1997 beim Erstgericht eingelangten Klage den Ersatz der Sanierungskosten (Tischlerei- und Belagschlosserarbeiten; Maler- und Anstreicherarbeiten). Die Beklagte sei mehrmals vergeblich zur Schadensbehebung aufgefordert worden. Sie habe für das Verschulden der Bauunternehmung gemäß § 1313a ABGB einzustehen.
Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Das Verschulden am Schaden treffe den Werkunternehmer. Der Klageanspruch sei vor Behebung des Schadens durch die Mieter noch nicht fällig. Den Klägern fehle die Aktivlegitimation. In den Klageforderungen seien auch Erhaltungsmaßnahmen iS des § 3 MRG enthalten, die im außerstreitigen Rechtsweg durchzusetzen seien. Die geltend gemachten Ansprüchen seien überhöht. Die Kläger müßten sich einen Abzug "neu für alt" gefallen lassen.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es beurteilte den im wesentlichen schon wiedergegebenen Sachverhalt rechtlich dahin, daß der Bestandgeber gemäß § 1096 ABGB verpflichtet sei, das Bestandobjekt auf eigene Kosten in brauchbarem Zustand zu übergeben und zu erhalten und den Bestandnehmer im Gebrauch nicht zu stören. Wenn das Bestandobjekt mangelhaft werde, so habe der Bestandnehmer für die Dauer der Unbrauchbarkeit Anspruch auf Zinsminderung oder Zinsbefreiung und darüber hinaus auch einen Schadenersatzanspruch. Es gelte die Umkehr der Beweislast. Im Falle eines durch Baumaßnahmen des Vermieters herbeigeführten Schadens hafte der Bestandgeber nicht bloß verschuldensunabhängig für die Erhaltung des Gebrauchs am Mietgegenstand sondern auch für die Folgen der Unterlassung der ehestmöglichen Instandsetzung des Mietobjektes. Der Schadenersatzanspruch des Mieters setze jedoch voraus, daß ihm bereits zur Abwehr von Schäden Kosten entstanden seien. Der Schaden müsse an einem im Eigentum des Geschädigten stehenden Vermögensgut entstanden sein. Eigentümer der Liegenschaft, somit auch der Wände, Fenster und Holzverkleidung sei aber der Liegenschaftseigentümer, dies selbst dann, wenn die Malerei, die Tapeten und die Holzverkleidungen vom Mieter installiert worden seien. Solange der Mieter noch keinen geldwerten Aufwand getätigt habe, um die Nässeeinwirkungen zu beseitigen, habe er keinen eigenen Schaden erlitten. Bei ernsten Schäden des Hauses sei der Vermieter gemäß § 3 Abs 2 Z 2 MRG zu Erhaltungsarbeiten verpflichtet. Dies sei im außerstreitigen Verfahren geltend zu machen.
Das Berufungsgericht bestätigte die Abweisung des Klagebegehrens. Es teilte die Auffassung des Erstgerichtes, daß der Bestandgeber für das Verschulden des Gewerbetreibenden, dessen er sich zu Instandsetzungsarbeiten während der Bestanddauer bedient habe, gemäß § 1313a ABGB hafte. Auch das Berufungsgericht vertrat die Rechtsansicht, daß die hier geltend gemachten Schäden nicht im Vermögen der klagenden Mieter eingetreten seien. Wenn der Schaden die Substanz des Mietobjektes betreffe, trete er im Vermögen des Hauseigentümers ein. Ein Ersatzanspruch gegen den Schädiger stehe dem Mieter nur zu, wenn er den Schaden an der Substanz des Hauses bereits selbst behoben habe. Der vorliegende Fall sei mit demjenigen eines Schadens an einem Leasingobjekt zu vergleichen. Auch dort liege ein nicht ersatzfähiger Drittschaden vor. Der Leasingnehmer sei nur zum Ersatz berechtigt, wenn ihm der Leasinggeber die Ansprüche abgetreten oder aber der Leasingnehmer die Schadenersatzansprüche des Leasinggebers im Sinne des § 1422 ABGB eingelöst habe. Die Auffassung der Kläger, daß es sich hier nicht um ernste Schäden des Hauses handle, sondern um solche betreffend die Ausgestaltung des Bestandobjektes im Inneren, könne nicht geteilt werden. § 8 MRG sehe keine Erhaltungspflicht des Mieters vor. Die dort normierte Wartungs- und Instandhaltungspflicht lege nur fest, daß dem Vermieter oder einem anderen Mieter durch mangelnde Wartung von Geräten oder durch Unterlassung von dem Mieter obliegenden Reperaturen kein Schaden erwachsen dürfe. Solange der Mieter den Aufwand zur Schadensbehebung noch nicht getätigt habe, könne er nicht Schadenersatz verlangen. Der im § 8 Abs 3 MRG normierte verschuldensunabhängige Entschädigungsanspruch sei im außerstreitigen Verfahren geltend zu machen. Der Entschädigungsanspruch betreffe nur die Nachteile, die dem Mieter nicht ohnehin schon durch die Zinsbefreiung abgegolten würden. Darüberhinausgehende Nachteile müßten in der Vermögensposition des Mieters eingetreten sein.
Das Berufungsgericht sprach aus, daß die ordentliche Revision zulässig sei. Zur Rechtsfrage, in wessen Vermögen der Schaden eingetreten sei, fehle eine jüngere oberstgerichtliche Judikatur. Mit ihrer ordentlichen Revision beantragen die Kläger die Abänderung dahin, daß der Klage stattgegeben werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die Beklagte beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist zulässig. Zur Rechtsfrage, ob dem Mieter neben den sich aus der Erhaltungspflicht des Vermieters (§ 3 MRG, § 1096 ABGB) ergebenden gesetzlichen Ansprüchen ein auf Schadenersatzrecht gestützter Anspruch auf Zahlung des notwendigen Aufwands zur Sanierung des Mietobjekts vor tatsächlicher Schadensbehebung durch den Mieter zusteht, liegt eine gesicherte oberstgerichtliche Rechtsprechung nicht vor. Die Revision ist im Sinne des Aufhebungsantrages berechtigt.
Die klagenden Mieter stehen auf den Standpunkt, daß ihnen der Vermieter den durch den Dachbodenausbau verursachten Schaden an Malerei, Tapeten, Fenstern und Holzverkleidungen in der Höhe der Sanierungskosten schon vor der Behebung der Schäden zu ersetzen hätte, weil nicht "ernste Schäden des Hauses" (iS des § 3 Abs 2 Z 2 MRG) vorlägen. Die erforderlichen Ausbesserungsarbeiten gehörten nicht zur Erhaltungspflicht der Vermieterin. Die Revisionswerber rügen zu diesem Thema Feststellungsmängel. Den Revisionsausführungen ist aus folgenden Gründen zu folgen:
Im Revisionsverfahren ist nicht mehr strittig, daß die beklagte Vermieterin für die vom beauftragen Bauunternehmen verursachten Schäden einzustehen hat. Dazu kann auf die zutreffenden Erwägungen des Berufungsgerichtes verwiesen werden. Die Revisionswerber bekämpfen auch nicht die der ständigen oberstgerichtlichen Judikatur folgende Rechtsansicht des Berufungsgerichtes, daß der Mieter den Sachschaden an der vermieteten Sache gegenüber dem Schädiger nicht geltend machen kann, wenn sich der Schaden im Vermögen des Vermieters als Eigentümer des Mietobjektes ereignet hat, und daß der bloße Rechtsbesitzer nicht zur Liquidierung des Drittschadens berechtigt ist (2 Ob 533/78 u.a.), wie dies vor allem in den in diesem Punkt vergleichbaren Fällen des Sachschadens an einem Leasingobjekt ausgesprochen wurde (SZ 52/93; JBl 1985, 231 = SZ 56/199; WBl 1989, 319; 2 Ob 53/90 uva). Den nicht in seinem Vermögen eingetretenen Sachschaden des Vermieters kann der Mieter nur dann verfolgen, wenn er den Sachschaden selbst behoben hat. Er ist in diesem Fall berechtigt, vom Vermieter den Rückersatz des getragenen Aufwands zu verlangen (§ 1097 ABGB), den der Vermieter infolge seiner Erhaltungspflicht (§ 1096 ABGB; § 3 MRG) zu tätigen gehabt hätte. § 1097 ABGB ist zufolge der ausdrücklichen Gesetzesverweisung auf die Bestimmungen der § 1036f ABGB ein Fall der angewandten Geschäftsführung und berechtigt den Mieter nicht, vor der Tragung der Sanierungskosten diese vom Vermieter zu verlangen. Ein Anspruch des Mieters auf Zahlung des für die Schadensbehebung erforderlichen Kapitals kann daher nur für solche Schäden bestehen, zu deren Behebung der Vermieter grundsätzlich nicht verpflichtet ist, die also in die Vermögensphäre des Mieters fallen. Unzweifelhaft gehören dazu Schäden an den in das Mietobjekt eingebrachten Sachen des Mieters. Auch andere Schäden im Mietobjekt könnten ebenfalls einen ersatzfähigen Schadens des Mieters darstellen, wenn sie Sachen betreffen, die zwar zufolge der sachenrechtlichen Bestimmungen (Verarbeitung fremder Sachen; Verbindung von Sachen verschiedener Eigentümer) im Eigentum des Vermieters stehen, aber dennoch einen in die Mietersphäre fallenden Vermögenswert des Mieters darstellen. Zutreffend verweisen die Revisionswerber dazu auf die oberstgerichtliche Entscheidung 7 Ob 545/83, in der ein direkter Ersatzanspruch gegen den Schädiger bejaht wurde. Dieser Entscheidung lagen Umbauarbeiten zugrunde, bei denen Risse in den Mauern der Mietwohnung entstanden und zur Sanierung Maler- und Fußbodenverlegerarbeiten notwendig waren. Der 7. Senat vertrat die Auffassung, daß der Mieter nach der Verkehrssitte kleinere Ausbesserungen der Bestandssache, wie die Ausbesserung und Erneuerung der Malerei, der Tapeten und des Fußbodenbelages, selbst vorzunehmen habe. Diese Arbeiten fielen nicht unter die Erhaltungspflicht des Vermieters. In diesem Umfang trete der Schaden im Vermögen des Mieters ein. Dieser Ansicht ist zu folgen. Grundsätzlich steht es dem Mieter frei, daß Innere der Mietwohnung selbst zu gestalten und insbesondere den Fußbodenbelag, die Wandmalerei oder die Tapeten, allenfalls auch die Innenfenster frei zu wählen und herzustellen. Ein Schaden an diesen Sachen (Sachbestandteilen) tritt im Vermögen des Mieters ein. Er ist daher auch zur Schadensliquidierung berechtigt. Auch hier stellt sich aber die Frage, ob der Geschädigte den Ersatz der Sanierungskosten vor der tatsächlichen Sanierung verlangen kann. Dies ist zu bejahen, weil hier der Schaden im Entstehen eines Aufwands besteht. Ein ersatzfähiger postiver Schaden iS des § 1293 ABGB liegt immer dann vor, wenn ein bestehendes Vermögensgut in seinem Wert gemindert wird und der Betroffene einen Aufwand zu tätigen hat, um die Vermögenslage herzustellen, wie sie vor dem schädigenden Ereignis bestand. Wenn der Vermögensnachteil in einem Aufwand oder einer Verbindlichkeit besteht, ist der Schaden nicht abstrakt zu berechnen, sondern konkret zu ermitteln (Koziol/Welser, Grundriß I10 459 mwN). In der Rechtsprechung wird für die Fälle des Verzuges bei der Verbesserung eines mangelhaften Werkes oder Kaufgegenstandes die Auffassung vertreten, daß der Gläubiger Anspruch auf Bezahlung des notwendigen Aufwands für die Behebung des noch nicht behobenen Mangels hat (SZ 53/107 uva). Auch in den Fällen der Sachbeschädigung werden die fiktiven Reparaturkosten zugesprochen (SZ 43/186 uva). Nach jüngerer Judikatur wird der Ersatzanspruch auf der Grundlage fiktiver Wiederherstellungskosten mit der Höhe der objektiven Wertminderung limitiert (JBl 1995, 787 u.a.), um den von der Lehre hervorgehobenen Gefahren einer ständigen Ausdehnung des Haftungsumfanges zu begegnen (dazu Harrer in Schwimann, ABGB2 Rz 57 f zu § 1323). Die Berechtigung des Anspruchs auf fiktive Wiederherstellungskosten beruht primär auf der Verpflichtung des Schädigers zur Naturalrestitution. Daß der Schaden selbst nicht erst mit der Vornahme der Aufwendungen zur Schadensbeseitigung entsteht, ist nicht zweifelhaft und wird auch von dem Teil der Lehre, der sich gegen den Zuspruch von fiktiven Wiederherstellungskosten wendet, nicht bestritten (Apathy, Aufwendungen zur Schadensbeseitigung 75). Die angeführten Grundsätze können auch auf den Schadensfall eines Mieters angewendet werden, in dessen Mietobjekt an Sachen des Vermieters, zu deren Erhaltung dieser nicht verpflichtet ist, Schäden eingetreten sind. Daß ein ersatzfähiger Vermögensschaden des Mieters zu bejahen ist, ergibt sich neben dem Entstehen des Aufwands schon daraus, daß Investitionen des Mieters am Mietobjekt wertsteigernd sind und allenfalls bei Beendigung des Mietverhältnisses sogar einen Geldersatzanspruch des Mieters auslösen können. Die Innengestaltung einer Mietwohnung hat Vermögenswert, der den Mietern zukommt. Entscheidungswesentlich ist daher, ob die von den Klägern geltend gemachten Reperaturkosten Schäden betreffen, die nicht der Erhaltungspflicht des Vermieters unterliegen. Dem Vermieter obliegende Erhaltungsarbeiten sind solche, die zur Erhaltung der allgemeinen Teile des Hauses erforderlich sind (§ 3 Abs 2 Z 1 MRG), sowie die Arbeiten, die zur Erhaltung des Mietgegenstandes erforderlich sind, diese jedoch nur dann, wenn es sich um die Behebung von ernsten Schäden des Hauses handelt (Z 2 leg cit). Unter dem vom § 6 MG übernommenen "wertungsgeladenen" Rechtsbegriff "ernster Schaden des Hauses" sind Schäden der Bausubstanz zu verstehen. Der Einfluß des Schadens auf die Brauchbarkeit des Mietobjektes ist nicht allein ausschlaggebend. Bei Schäden innerhalb des Bestandobjektes sind nach der schon zitierten Vorentscheidung jedenfalls die nach der Verkehrssitte vom Mieter üblicherweise getragenen kleineren Ausbesserungen von der Erhaltungspflicht des Vermieters ausgenommen, nach jüngerer oberstgerichtlicher Judikatur kommt es bei der Oberflächengestaltung im Inneren des Mietobjektes (Malerei, Tapeten) auch nicht auf den Umfang des Aufwandes an. Diese Aufwendungen habe der Mieter immer zu tragen, weil es sich nicht um Schäden des Hauses handle. Bei den vom Vermieter zu behebenden Schäden müsse es sich um solche handeln, die Auswirkungen auf den Bauzustand hätten (SZ 69/137). Dieser Entscheidung lagen Verputzarbeiten wegen nachhaltiger Schimmelbildung zugrunde. In der Entscheidung 5 Ob 2151/96a waren Schäden an der Fußbodenkonstruktion (am Estrich) zu beurteilen. Der Oberste Gerichtshof gelangte zur Auffassung, daß die Erhaltungsarbeit nicht nur das Innere des Mietobjekts sondern sogar gemeinsame Teile des Hauses betreffe, wozu auch tragende Wände und andere konstruktive Teile des Hauses gehörten. Die Erneuerung falle unter die Erhaltungspflicht des Vermieters. Der erkennende Senat schließt sich den zitierten Grundsätzen der Vorjudikatur an. Danach ist die Sache noch nicht spruchreif. Es werden genauere Feststellungen über die von den Feuchtigkeitssschäden betroffenen Wände und Fenster, die Art der Schäden sowie die erforderlichen Sanierungsarbeiten zu treffen sein. Reine Oberflächenschäden fielen in die Erhaltungspflicht der Mieter, sodaß sie - nach den schon angestellten rechtlichen Erwägungen - schon vor der Sanierung den Ersatz der erforderlichen Kosten begehren könnten. Hingegen wäre der Zahlungsanspruch bei Schäden, welche die Bausubstanz betreffen, vor Tragung des Sanierungsaufwandes durch die Mieter nicht berechtigt.
Der Ausspruch über die Kosten des Berufungs- und des Revisionsverfahrens beruht auf § 52 ZPO.
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