OGH 6Ob87/09a

OGH6Ob87/09a2.7.2009

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Pimmer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler, Univ.-Prof. Dr. Kodek sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Tarmann-Prentner als weitere Richter in der Pflegschaftssache des mj Alexander C*****, geboren am 1. April 2001, vertreten durch die Mutter Michaela C*****, diese vertreten durch Leuthner Rechtsanwalts GmbH in Wien, über den Revisionsrekurs des Minderjährigen, gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 17. Oktober 2008, GZ 45 R 328/08f-U-157, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Fünfhaus vom 24. April 2008, GZ 15 P 215/05x-U-145, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Die Unterhaltsverpflichtung des Vaters betrug zuletzt aufgrund des Beschlusses des Erstgerichts vom 18. 9. 2006 monatlich 270 EUR. Dieser Unterhaltsberechnung lag ein monatliches Durchschnittsnettoeinkommen des Vaters von 1.939,22 EUR zugrunde. Mit Beschluss vom 24. 4. 2008 erhöhte das Erstgericht die Unterhaltsverpflichtung für die Zeit vom 1. 4. 2007 bis 31. 1. 2008 auf monatlich 285 EUR und ab 1. 2. 2008 auf monatlich 305 EUR. Das Mehrbegehren von monatlich 110 EUR für den Zeitraum 1. 4. 2007 bis 31. 1. 2008 und monatlich 90 EUR ab 1. 2. 2008 wies es ab.

Das Erstgericht ging dabei von folgendem Sachverhalt aus:

Die Ehe der Kindeseltern ist seit 2006 geschieden; die Obsorge für den mj Alexander steht der Kindesmutter zu. Am 15. 1. 2008 wurde ein Antrag auf Übertragung der Obsorge gestellt.

Der Kindesvater ist als Hausbesorger bei der Stadt Wien - Wiener Wohnen beschäftigt. Sein Durchschnittsnettoeinkommen inklusive anteiliger Sonderzahlungen, Sachbezug, Gewerkschaftsbeitrag/ Betriebsratsumlage, exklusive der Hälfte des Materialkostenersatzes sowie exklusive der Kranken- und Urlaubsvertreterentschädigung beträgt monatlich 1.653,85 EUR. Das jährliche Bruttoeinkommen ohne Sonderzahlungen für das Jahr 2007, welches für die Steuerbemessung maßgeblich ist, beträgt 37.345,88 EUR.

Der Kindesvater hat weiters aus der Arbeitnehmerveranlagung im Jahr 2007 aus dem Einkommensteuerbescheid 2006 einen Betrag von 1.698,84 EUR und im Jahr 2008 aus dem Einkommensteuerbescheid 2007 einen Betrag von 1.444,10 EUR erhalten.

Das Erstgericht legte seiner Entscheidung ein monatliches Einkommen von 1.775 EUR zugrunde. Der Kindesvater hat zwei weitere Sorgepflichten für Nicole C*****, geboren am 5. 9. 1986, und Sascha C*****, geboren am 15. 3. 1989, welche jeweils Lehrlingsentschädigung beziehen. Beide Minderjährigen wohnen im Haushalt des Vaters. Rechtlich würdigte das Erstgericht diesen Sachverhalt dahingehend, dass bei Änderung der für die Unterhaltsbemessung maßgeblichen Verhältnisse eine neue Entscheidung zu treffen sei. Die mj Nicole sei seit 31. 1. 2008 selbsterhaltungsfähig. Damit ergebe sich für die Zeit vom 1. 4. 2007 bis 31. 1. 2008 ein Unterhaltsanspruch des Minderjährigen von 16 % und ab 1. 2. 2008 von 17 %. Als Unterhaltsbemessungsgrundlage sei das nach spezifisch unterhaltsrechtlichen Gesichtspunkten ermittelte tatsächliche Nettoeinkommen des Geldunterhaltspflichtigen heranzuziehen. Steuerzahlungspflichten im angemessenen Umfang würden daher die Bemessungsgrundlage reduzieren, Steuerrückzahlungen sie erhöhen. Lohnsteuerrückvergütungen seien als Einkommen des Unterhaltspflichtigen anzusehen. Sie erhöhten seine Leistungsfähigkeit in dem Jahr, in dem sie zugeflossen seien. Die kostenlose Überlassung der Dienstwohnung schlage in dem vom Dienstgeber angerechneten Sachbezug zu Buche. Die Kranken- und Urlaubsvertreterentschädigung habe der Hausbesorger gemäß § 17 HausbesorgerG (HbG) zur Gänze seinem Vertreter abzuführen. Somit sei diese Entschädigung bei der Unterhaltsbemessungsgrundlage abzugsmindernd zu berücksichtigen.

Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung. Für die Ermittlung der Bemessungsgrundlage seien die aktenkundigen monatlichen Dienstgeberauskünfte maßgeblich, aus denen sich die ausbezahlten Beträge im Detail ergäben. Soweit in diesen Beträgen Entschädigungen für Kranken- bzw Urlaubsvertreter enthalten seien, handle es sich dabei um Ersatzbeträge im Sinne des § 17 HbG. Nach § 17 HbG sei der Hausbesorger grundsätzlich verpflichtet, auf eigene Kosten Ersatz zu stellen, und erhalte sodann die Vertretungskosten im Umfang dieser Gesetzesstelle ersetzt. Die diesbezüglich vom Kindesvater erhaltenen Ersatzbeträge stellten daher lediglich Durchlaufposten dar. Ausgehend von der vom Erstgericht zutreffend ermittelten Unterhaltsbemessungsgrundlage erweise sich die vorgenommene Unterhaltsberechnung als zutreffend.

Mit Beschluss vom 18. 2. 2009 ließ das Rekursgericht in Abänderung seines ursprünglichen Zulässigkeitsausspruchs den ordentlichen Revisionsrekurs zu. Es würden Einwendungen gegen die Ermittlung der Unterhaltsbemessungsgrundlage geltend gemacht, denen die Qualifikation des § 62 Abs 1 AußStrG nicht abzusprechen sei.

Rechtliche Beurteilung

Hierzu hat der Oberste Gerichtshof erwogen:

Der Revisionsrekurs ist entgegen dem - den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (RIS-Justiz RS0107859) - Ausspruch des Rekursgerichts nicht zulässig.

1. Grundsätzlich ist die konkrete Unterhaltsbemessung immer eine Einzelfallentscheidung und stellt damit keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 62 Abs 1 AußStrG dar (RIS-Justiz RS0053263). Nur wenn erkennbar gesetzliche Bemessungsfaktoren unbeachtet gelassen oder bei deren Beurteilung gegen den Willen des Gesetzgebers verstoßen wurde, rechtfertigt dies eine Anrufung des Obersten Gerichtshofs mit Revisionsrekurs.

2. In der Auffassung der Vorinstanzen, die bezogene Krankenvertreter- und Urlaubsvertreterentschädigung sei in die Bemessungsgrundlage nicht einzurechnen, ist eine vom Obersten Gerichtshof im Interesse der Rechtssicherheit aufzugreifende Fehlbeurteilung nicht zu erblicken. Gemäß § 17 Abs 2 HbG hat der Hauseigentümer dem Hausbesorger in den Fällen der Dienstverhinderung durch Krankheit oder Unfall (§ 14 HbG) und Urlaub (§ 15 HbG) die Kosten für die Vertretung bis zum Höchstmaß des dem Hausbesorger sonst für diesen Zeitraum gebührenden durchschnittlichen monatlichen Bruttoentgelts zu ersetzen. Dieser Kostenersatz gebührt im Nachhinein gegen Nachweis der Auslagen des Hausbesorgers für die Bestellung eines Vertreters, der es übernommen hat, die für die Zeit der Abwesenheit des Hausbesorgers erforderlichen Arbeiten im Auftrag des Hausbesorgers zu verrichten (Tades, Hausbesorger- und Hausbetreuerrecht5 [2001] § 17 HbG E 7; LGZ Wien MietSlg 26.418). Das Urlaubsvertretungsgeld ist daher aus der Unterhaltsbemessungsgrundlage auszuscheiden (EFSlg 50.638; EFSlg 45.203).

3. Zutreffend haben die Vorinstanzen auch erkannt, dass die Beurteilung der Leistungsfähigkeit sich im Unterhaltsrecht in erster Linie nach dem Gesamteinkommen des Unterhaltspflichtigen nach Abzug von Steuern und öffentlichen Abgaben ergibt; maßgeblich ist die tatsächliche wirtschaftliche Lage, somit die Summe der dem Unterhaltsschuldner tatsächlich zufließenden verfügbaren Mittel. Die Steuerbemessungsgrundlage ist daher erforderlichenfalls nach unterhaltsrechtlichen Grundsätzen zu korrigieren (RIS-Justiz RS0013386).

4. Der Einwand, das Erstgericht hätte erheben müssen, ob der Kindesvater seinerzeit Vertreterentschädigungen erhalten habe, wurde im Rekursverfahren nicht geltend gemacht. Ein im Rekursverfahren nicht geltend gemachter Verfahrensmangel bildet in der Regel jedoch keinen Revisionsrekursgrund (RIS-Justiz RS0030748 [T3]). Außerdem wurde bereits anlässlich der letzten Unterhaltsbemessung von den Vorinstanzen festgestellt und eingehend begründet, dass der Kindesvater keine zusätzlichen Einkünfte aus Vertretungstätigkeit bezieht (S 6 in ON U-86). Im Übrigen hat das Erstgericht umfangreiche Erhebungen angestellt (U-4, U-5, U-7, U-43, U-57, U-61, U-81, U-82). Die Frage, ob noch weitere Beweise aufzunehmen gewesen wären, gehört aber zur im Revisionsverfahren nicht überprüfbaren (RIS-Justiz RS0043414) Beweiswürdigung. Dies gilt auch für die im Revisionsrekurs angeschnittene Frage, ob der Vater die Weitergabe der Entschädigungen nachgewiesen habe (vgl RIS-Justiz RS0006737, RS0043371). Auch die Beurteilung, ob der Unterhaltsschuldner seiner ihm obliegenden Mitwirkungspflicht nachgekommen ist, kann stets nur anhand der Umstände des Einzelfalls erfolgen (RIS-Justiz RS0047430 [T3]) und bildet daher keine erhebliche Rechtsfrage.

5. Der Revisionsrekurs vermag daher entgegen dem Zulassungsausspruch des Rekursgerichts keine Rechtsfragen der in § 62 Abs 1 AußStrG geforderten Qualität aufzuzeigen, sodass er spruchgemäß zurückzuweisen war.

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