Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung
Das Stammkapital der Gesellschaft beträgt 2,5 Mio S und wurde zur Gänze einbezahlt. Stichtag für den Jahresabschluss ist der 31. März. Das Erstgericht forderte mit Beschluss vom 8. 11. 1999 die Geschäftsführer erfolglos auf, die Unterlagen gemäß den §§ 277 bis 279 HGB (den Jahresabschluss und Bericht bzw die Bilanz mit Anhang) offenzulegen und die Merkmale für die Einordnung in die Größenklassen gemäß § 221 HGB für das Geschäftsjahr 1997/1998 binnen 14 Tagen einzureichen.
Mit dem angefochtenen Beschluss verhängte das Erstgericht über die beiden Geschäftsführer wegen Nichtoffenlegung des Jahresabschlusses für das Geschäftsjahr 1997/1998 eine Zwangsstrafe von je 10.000 S und forderte die Geschäftsführer neuerlich zur Einreichung der Unterlagen binnen zwei Wochen auf, widrigenfalls eine weitere Zwangsstrafe in der Höhe von je 20.000 S verhängt werde.
Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Gesellschaft und der beiden Geschäftsführer nicht Folge.
Seit der Neufassung des § 283 HGB durch das EU-GesRÄG sei das Zwangstrafenverfahren nicht mehr antragsabhängig, sondern von Amts wegen durchzuführen. Für alle Geschäftsjahre nach dem 30. 6. 1996 seien die Offenlegungs- und Veröffentlichungspflichten zwingend. Mit der Gesetzesänderung sei das europäische Richtlinienrecht in Österreich umgesetzt worden. Relevant seien die "Publizitätsrichtlinie" (Erste gesellschaftsrechtliche Richtlinie des Rates vom 9. 3. 1968, 68/151/EWG, ABIEG L 65 vom 14. 3. 1968, 8) und die Bilanzrichtlinie (Vierte gesellschaftsrechtliche Richtlinie des Rates vom 25. 7. 1978, 78/660/EWG, ABIEG L 222 vom 14. 8. 1978, 11). Die Richtlinien beruhten auf Art 44 Abs 2 lit g EGV und dienten dem Ziel der Niederlassungsfreiheit. Nach der Präambel der Ersten Richtlinie komme der Koordinierung der einzelstaatlichen Vorschriften über die Offenlegung bei Kapitalgesellschaften besondere Bedeutung zum Schutz der Interessen Dritter zu, weil die Gesellschaften für diesen Schutz lediglich das Gesellschaftsvermögen zur Verfügung stellten. Nach der Präambel der Ersten Richtlinie sei es auch erforderlich, dass hinsichtlich des Umfangs der zu veröffentlichenden finanziellen Angaben in der Gemeinschaft gleichwertige rechtliche Mindestbedingungen für miteinander im Wettbewerb stehende Gesellschaften hergestellt werden. Richtlinien seien für die Mitgliedsstaaten verbindlich und in Gesetze umzusetzen. Der österreichische Gesetzgeber habe den Weg zu wählen, der dem österreichischen Verfassungsrecht entspreche. Wenn der Gesetzgeber keinen Spielraum habe und eine Richtlinie nur unter Verletzung von verfassungsrechtlich gewährleisteten Rechten umsetzen könne, sei er trotzdem zur Umsetzung verpflichtet. Eine Schranke finde dies nicht schon an einem "integrationsfesten Verfassungskern", sondern erst an den Grundprinzipien der Verfassung. Die Umsetzung der Bilanzrichtlinie habe in Deutschland eine rechtspolitische Diskussion ausgelöst. Der EuGH habe auf Grund eines Vorabentscheidungsersuchens des OLG Düsseldorf zum Ausdruck gebracht, dass Deutschland seine Verpflichtung zur Durchsetzung der Offenlegung von Jahresabschlüssen unzureichend umgesetzt habe, weil das Registergericht bei Verletzung der Offenlegungsverpflichtung in Deutschland nur auf Antrag eines Gesellschafters, Gläubigers oder des Betriebsrates der Gesellschaft einzuschreiten habe. Der EuGH habe ausgeführt, dass die Pflicht zur Offenlegung dem Bestreben diene, die offenzulegenden Informationen jeder interessierten Person zugänglich zu machen, weshalb die Einschränkung auf die Gläubiger, die Gesellschafter und den Betriebsrat als antragsberechtigte Gruppen für die Umsetzung unzureichend sei. In Österreich werde überwiegend die Auffassung vertreten, dass die innerstaatlichen Regeln den gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben entsprechen würden. Die Verpflichtung zur Offenlegung der Jahresabschlüsse der Kapitalgesellschaften werde nicht in Zweifel gezogen. In Deutschland bestehe eine Diskussion darüber, dass für kleine und mittlere Gesellschaften durch eine weitgehende Offenlegung ihrer Unternehmenslage Wettbewerbsnachteile im Vergleich zu Großunternehmen entstehen könnten. Entgegen der Auffassung der Rekurswerber mache eine nicht effektive Umsetzung von Richtlinien in einem anderen Mitgliedsstaat die österreichische Regelung weder gemeinschaftsrechts- noch verfassungswidrig. Die Rekurswerber relevierten die Verletzung von verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten (Gleichbehandlung vor dem Gesetz, Grundrecht auf Privatautonomie, Erwerbsfreiheit, Unverletzlichkeit des Eigentums, Recht auf Privatsphäre, Freiheit der Erwerbsbetätigung, Geheimnisschutz und Datenschutz). Die Richtlinienregelungen verstießen gegen Primärrecht der Europäischen Gemeinschaft. Dem stelle das Rekursgericht entgegen, dass in Österreich eine richtlinienkonforme Umsetzung vorgenommen worden sei. Der verhältnismäßig detaillierte Regelungsgehalt der Bilanzrichtlinie habe den Spielraum des österreichischen Gesetzgebers bei der Umsetzung beengt. Im Hinblick auf die Umsetzungsverpflichtung des österreichischen Gesetzgebers und auf die Rechtsprechung des EuGH unterlägen die hier maßgeblichen Bestimmungen des HGB nicht einer innerstaatlichen Kontrolle durch den Verfassungsgerichtshof. Ein Verstoß gegen Grundprinzipien der Verfassung werde nicht aufgezeigt. Es läge auch keine Verletzung von Grundrechten als Teil allgemeiner Rechtsgrundsätze des Gemeinschaftsrechts vor. Der EG-Vertrag enthalte keinen geschlossenen Grundrechtskatalog. Nach der Rechtsprechung gehörten die Grundrechte zu den allgemeinen Rechtsgrundsätzen, die die Gemeinschaftsgerichte zu wahren hätten. Im Unionsvertrag werde festgehalten, dass die Grundrechte, wie sie in der EMRK gewährleistet seien, geachtet werden. Nach den Entscheidungen des EuGH in den Rechtssachen "Daihatsu" und "Kommission/Deutschland" erblicke der EuGH in den Bestimmungen der Ersten und der Vierten gesellschaftsrechtlichen Richtlinie über die Offenlegungspflicht ganz offenkundig keinen Verstoß gegen das Primärrecht. Die hier relevanten Fragen des Gemeinschaftsrechts seien bereits vom EuGH entschieden worden. Auch der Oberste Gerichtshof habe schon ausgesprochen, dass der EuGH in der "Daihatsu"-Entscheidung klargestellt habe, dass die in Österreich umgesetzten Richtlinien nicht gegen gesatztes oder ungesatztes Primärrecht verstießen (6 Ob 307/99m).
Das Rekursgericht sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei, weil eine oberstgerichtliche Entscheidung zu einem vergleichbaren Sachverhalt vorliege.
Mit ihrem außerordentlichen Revisionsrekurs beantragen die Gesellschaft und ihre Geschäftsführer eine Abänderung durch ersatzlose Behebung der verhängten Zwangsstrafen.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist zulässig, aber nicht berechtigt.
Die Revisionsrekurswerber stützen ihr Rechtsmittel ausschließlich auf die Verfassungswidrigkeit der österreichischen Offenlegungsvorschriften und auf die Grundrechtswidrigkeit der Ersten Richtlinie 68/151 EWG des Rates vom 9. 3. 1968 und der Vierten Richtlinie 78/660/EWG des Rates vom 25. 7. 1978. Die Bilanzoffenlegungsrichtlinie sei mit den bekämpften österreichischen Offenlegungsvorschriften der §§ 221, 277, 279, 283 HGB und § 24 FBG zwar richtlinienkonform umgesetzt worden. Das Sekundärrecht verstoße aber gegen das Primärrecht der Europäischen Gemeinschaft. Die Rekurswerber regen dazu die Vorlage folgender Fragen an den EUGH (nach Art 234 EG) zur Vorabentscheidung an:
"1. Ist die allgemeine Verpflichtung zur Offenlegung des Jahresabschlusses jeder Gesellschaft entsprechender Grösse, ganz unabhängig von deren wirtschaftlichen Verhältnissen, wie sie die Erste, Vierte und Siebte Richtlinie vorzusehen scheinen, mit den im Folgenden dargestellten gemeinschaftsrechtlich gewährleisteten Grundrechten, Grundfreiheiten und allgemeinen Rechtsgrundsätzen der Mitgliedstaaten, insbesondere jenen auf Datenschutz, auf Privatsphäre, auf Schutz des Geschäfts- und Betriebsgeheimnisses, auf Eigentum und auf Erwerbsfreiheit, auf Privatautonomie und auf Beachtung des Sachlichkeitsgebots (der Verhältnismässigkeit) vereinbar?
2. Gebieten die dargestellten Grundrechte nicht die Einrichtung eines Verfahrens, in dem eine betroffene Gesellschaft in einem gerichtsförmigen Verfahren ohne drohende Zwangsstrafen in Frage stellen kann, dass ein öffentliches Bedürfnis zur Veröffentlichung der konkreten Bilanz besteht?
3. Könnte es allenfalls geboten sein und eine richtlinienkonforme Umsetzung darstellen, die Verpflichtung zur Offenlegung von Gesellschaftsdaten auf jene Unternehmen zu beschränken, für die unabhängige Wirtschaftsprüfer die Problematik bestimmter Unternehmenskennzahlen und damit ein besonderes Informationsbedürfnis der Öffentlichkeit festgestellt haben?
4. Besteht ein legitimer Unterschied zwischen veröffentlichungspflichtigen und nicht veröffentlichungspflichtigen Gesellschaftsformen?
5. Ist den beiden Richtlinien mit ihrer bedingungs- und ausnahmslosen Verpflichtung zur Offenlegung bei gänzlicher Verneinung jeden Nichtoffenlegungsinteresses der betroffenen Gesellschaften bzw bei völligem Fehlen eines Mechanismus zur Prüfung der Verhältnismässigkeit der Offenlegung oder legitimer Geheimhaltungsinteressen allenfalls materiellrechtlich durch die technische Entwicklung, durch spätere Normen des Gemeinschaftsrechts und durch die Entwicklung der allgemeinen Rechtsgrundsätze der Mitgliedstaaten als Grundwerten der Europäischen Gemeinschaft materiell dahingehend derogiert, dass keine Offenlegungspflicht mehr besteht, ja dass aus Gründen des gemeinschaftsrechtlichen Datenschutzes und des gemeinschaftsrechtlichen Anspruchs auf Geheimhaltung von Geschäftsgeheimnissen ein gemeinschaftsrechtlich gewährleisteter Geheimhaltungsanspruch besteht?
6. Sind die Offenlegungspflichten der Ersten und Vierten Richtlinie mit Aspekten modernen gemeinschaftsrechtlich gewährleisteten Datenschutzes vereinbar oder wegen Unvereinbarkeit mit dem Datenschutz nichtig?"
Die Revisionsrekurswerber regen ferner einen Gesetzesprüfungsantrag beim Verfassungsgerichtshof nach Art 89 Abs 2 B-VG an (diese Anregung wird offenbar nur irrig an das Oberlandesgericht gerichtet). Der Verfassungsgerichtshof möge die behauptete Verfassungswidrigkeit der Umsetzungsbestimmung des § 277 Abs 1 und 4 HGB (zur Gänze, hilfsweise nur einzelne Teile dieser Gesetzesstelle) und hilfsweise der Bestimmung des § 283 Abs 1 HGB (die Wortfolge "277 bis") sowie des § 24 FBG (die Wortfolge "oder eine Einreichung von Schriftstücken") im Bezug auf die schon angeführten Grundrechte prüfen.
Dem ersten und überwiegenden Teil der Revisionsrekursausführungen zur Prüfungskompetenz des EuGH und des Verfassungsgerichtshofes ist durchaus zuzustimmen. Die Anregungen zur Einholung einer Vorabentscheidung des EuGH bzw zur Einleitung des Gesetzesprüfungsverfahrens beim Verfassungsgerichtshof setzen aber voraus, dass gegen die relevierten Gesetzesstellen Bedenken bestehen, dass der im Stufenbau der Rechtsnormen vorgesehene Einklang verletzt erscheint. Der erkennende Senat hat zu dieser Frage in jüngster Zeit die auch hier relevierten Rechtsfragen zu behandeln gehabt und ist nicht nur im vom Rekursgericht zitierten Zurückweisungsbeschluss 6 Ob 307/99 zur Auffassung gelangt, dass gegen die österreichischen Offenlegungsvorschriften keine relevanten Bedenken bestehen, so dass ein Normprüfungsverfahren eingeleitet werden müsste. In den Entscheidungen 6 Ob 5/00d und 6 Ob 14/00b war ebenfalls über Zwangsstrafen zu entscheiden, die über die Geschäftsführer einer Gesellschaft mbH wegen Verletzung der Offenlegungsvorschriften verhängt worden waren. Da die zitierten Entscheidungen erst jüngst ergangen und noch nicht veröffentlicht sind, kann die Zulässigkeit des vorliegenden Revisionsrekurses hier noch bejaht werden. In der Sache ist aber auf die Begründung der Vorentscheidungen (einschließlich der dort eingangs behandelten Rechtsfrage zur Zulässigkeit der Verhängung von Zwangsstrafen über jeden einzelnen von mehreren Geschäftsführern) zu verweisen:
"Der Revisionsrekurs macht geltend, die Verhängung einer Zwangsstrafe über jeden einzelnen Geschäftsführer benachteilige Gesellschaften mit mehreren vertretungsbefugten Organen und führe so zu einer nicht zu rechtfertigenden Ungleichbehandlung. Selbst unter der Annahme, dass eine Geschäftsverteilung für die Verpflichtung zur Rechnungslegung nicht maßgeblich sei, dürfte bei verfassungskonformer Interpretation der insoweit nicht eindeutigen Regelung nur eine Strafe verhängt werden.
Nach Lehre und Rechtsprechung wirkt sich eine unter mehreren Geschäftsführern vorgenommene Geschäftsverteilung nur im Innenverhältnis auf die Verantwortlichkeit der einzelnen Organe aus (SZ 66/40), sie kann diese jedoch nicht von zwingenden gesetzlichen Verpflichtungen befreien (RIS-Justiz RS0023825; Koppensteiner, GmbHG2 Rz 12 zu § 21). Wenngleich es ausreicht, dass die Einreichung des Jahresabschlusses beim Firmenbuchgericht durch die Geschäftsführer in der vertretungsbefugten Anzahl erfolgt (Geist in Jabornegg, HGB Rz 4 zu § 275), richten sich die zwingenden Offenlegungsvorschriften der §§ 277 ff HGB an die gesetzlichen Vertreter von Kapitalgesellschaften, somit an alle Geschäftsführer. Unterbleibt die Offenlegung, sind nach § 283 Abs 1 HGB auch die Vorstandsmitglieder bzw Geschäftsführer zur Befolgung der Offenlegungsvorschriften durch Zwangsstrafen anzuhalten. Schon diese Formulierung weist als Adressaten der Zwangsstrafenandrohung alle Mitglieder eines kollegialen Vertretungsorganes aus. Auf die für das Innenverhältnis maßgebliche Geschäftsverteilung kommt es dabei nicht an (Geist aaO Rz 3 zu § 283; Zehetner, Folgen der Nichtoffenlegung des Jahresabschlusses ecolex 1998, 482 ff). Im vorliegenden Fall berufen sich sämtliche Geschäftsführer darauf, dass die Offenlegung aus Gründen der Unzumutbarkeit und Verfassungswidrigkeit nicht erzwungen werden dürfe. Sie machen damit aber deutlich, dass keiner von ihnen versucht hatte, dem gesetzlichen Auftrag nachzukommen oder den durch die (im Übrigen auch nicht konkret dargestellte Geschäftsverteilung) intern dazu verpflichteten Mitgeschäftsführer dazu zu bestimmen. Sie können daher aus einer allfälligen Geschäftsverteilung keine Rechtfertigungs- oder Schuldausschließungsgründe ableiten.
Entgegen der Auffassung der Revisionsrekurswerber führt die Verhängung von Zwangsstrafen gegen jeden der Geschäftsführer weder zu einer gleichheitswidrigen Benachteiligung von Gesellschaften mit mehreren Geschäftsführern, noch übt das Gericht damit unverhältnismäßigen Zwang aus. Der verfassungsrechtliche Gleichheitssatz ist nicht darauf gerichtet, alle in der menschlichen Gesellschaft oder im Wirtschaftsleben auftretenden Ungleichheiten zu vermeiden; er soll vielmehr verhindern, dass die Rechtsordnung in unsachlicher Weise differenziert und Rechtsfolgen gleicher (vergleichbarer) Sachverhalte unterschiedlich gestaltet (Berka, Die Grundrechte, Grundfreiheiten und Menschenrechte in Österreich Rz 890 ff). Angesichts der durch die Offenlegungsvorschriften verfolgten Ziele, die Informationsinteressen Dritter zu schützen, denen nur das Gesellschaftsvermögen zur Deckung ihrer Ansprüche zur Verfügung steht, entbehrt die alle Geschäftsführer einer Kapitalgesellschaft treffende gesetzliche Verpflichtung, für die Offenlegung des Jahresabschlusses zu sorgen, und die aus der Nichterfüllung dieser Pflicht resultierende, gleichfalls jeden von ihnen treffende Zwangsstrafe weder einer sachlichen Rechtfertigung, noch kann sie als Ausübung unverhältnismäßigen Zwanges angesehen werden. Erst das empfindliche Instrument der gegen alle Geschäftsführer auch wiederholt zu verhängenden Zwangsstrafe eröffnet die Möglichkeit, die Offenlegungsverpflichtungen auch tatsächlich zu erzwingen und damit den europarechtlichen Vorgaben Rechnung zu tragen (vgl Zehetner, Zur Erzwingung der Offenlegung des Jahresabschlusses - kein Anpassungsbedarf, NZ 1998, 200). An der Verhältnismäßigkeit der bei Umsetzung der Richtlinie geschaffenen Regelung besteht daher kein Zweifel, sodass sich das vom Revisionsrekurs angeregte Vorabentscheidungsersuchen erübrigt.
Dass die Offenlegung wegen der vom Revisionsrekurs befürchteten Folgen (Preisdruck von Seiten der durch die Offenlegung über die geschäftlichen Verhältnisse des Erzeugers informierten Händler) unzumutbar wäre, ist nicht zu erkennen, liegt doch gerade die Information Dritter, die die finanzielle Situation der Kapitalgesellschaft nicht hinreichend kennen, im unmittelbaren Zweckbereich der Offenlegungsvorschriften. Die durch das GesRÄG 1996 getroffenen innerstaatlichen Regelungen erfolgten in Umsetzung der 1. und 4. gesellschaftsrechtlichen Richtlinien (1. Richtlinie 68/151/EWG des Rates vom 9. März 1968 - Publizitätsrichtlinie; 4. Richtlinie 78/660/EWG des Rates vom 25. 7. 1978 - Bilanzrichtlinie), die ihrerseits auf Art 44 Abs 2 lit g EG beruhen. Danach liegt der Zweck in der Koordination von Schutzbestimmungen, die den Gesellschaften in ihren Mitgliedstaaten im Interesse der Gesellschafter sowie Dritter vorgeschrieben sind, um diese Bestimmungen gleichwertig zu halten. Art 6 der 1. Richtlinie verpflichtet die Mitgliedstaaten, geeignete Maßnahmen für den Fall anzudrohen, dass die in Art 2 Abs 1 lit f der Richtlinie vorgeschriebene Offenlegung der Bilanz und der Gewinn- und Verlustrechnung unterbleibt. In Auslegung dieser Bestimmung hat der Europäische Gerichtshof bereits erkannt (EuGH vom 4. 12. 1997 Slg 1997 I - 6843 - Daihatsu), dass die Offenlegung des Jahresabschlusses hauptsächlich der Unterrichtung Dritter dient, die die buchhalterische und finanzielle Situation nicht hinreichend kennen oder kennen können. Art 3 der Richtlinie, der die Führung eines öffentlichen Registers, in das alle offenzulegenden Urkunden und Angaben einzutragen sind, sowie für jedermann die Möglichkeit vorsieht, Abschriften der Jahresabschlüsse zugesandt zu bekommen, bestätigt das Bestreben, diese Informationen jeder interessierten Person zugänglich zu machen. Dieses Bestreben kommt auch in den Begründungserwägungen der 4. Richtlinie zum Ausdruck, in denen auf das Erfordernis hingewiesen wird, hinsichtlich des Umfangs der zu veröffentlichenden finanziellen Angaben in der Gemeinschaft gleichwertige rechtliche Mindestbedingungen für miteinander in Wettbewerb stehende Gesellschaften herzustellen (Erwägungsgrund 22). Für die vom Revisionsrekurs angestrebte Abwägung der Interessen Dritter an der Information gegenüber jenen der Gesellschaft an deren Geheimhaltung anhand besonderer Marktsituationen bleibt damit kein Raum.
Der Revisionsrekurs vertritt die Auffassung, die Offenlegungspflicht der §§ 277 ff HGB wie auch die Vorschreibung von Zwangsstrafen verletze verfassungsgesetzlich gewährleistete Rechte, wie jenes der Freiheit der Erwerbsbetätigung, der Unverletzlichkeit des Eigentums, das Grundrecht auf Datenschutz und den Gleichheitssatz. Die hier angesprochenen Bestimmungen des HGB wurden durch das EuGesRÄG 1996 in Umsetzung der 1. und 4. gesellschaftsrechtlichen Richtlinie formuliert. Richtlinien richteten sich gemäß Art 249 Abs 3 EG an die Mitgliedstaaten und sind hinsichtlich des zu erreichenden Zieles verbindlich; sie überlassen es den innerstaatlichen Organen, Form und Mittel ihrer Umsetzung zu bestimmen, wobei der jeweils zuständige Gesetzgeber nach Maßgabe des von der Richtlinie offengelassenen Spielraumes eine verfassungskonforme Regelung zu schaffen hat, die den Zielsetzungen der Richtlinie entspricht. Ist aber die Umsetzung einer Richtlinie wegen des fehlenden Spielraumes nur unter Verletzung von Grundrechten möglich, ist der nationale Gesetzgeber dessenungeachtet zur Umsetzung verpflichtet und - solange nicht die Grundprinzipien der Verfassung berührt werden - an die Grundrechte nicht gebunden. Das so erlassene Gesetz ist demnach nicht als verfassungswidrig zu beurteilen (Berka aaO Rz 332; Mayer, Die österreichische Grundrechtsordnung nach dem EU-Beitritt AnwBl 1996, 152 ff [157]). Überdies besteht der Anwendungsvorrang des Gemeinschaftsrechts auch gegenüber österreichischem Verfassungsrecht (Berka aaO Rz 332; Mayer aaO 154), sodass Gemeinschaftsrecht auch dann anzuwenden ist, wenn seine Regelungen innerstaatlichen Grundrechten widersprechen (vgl Thun-Hohenstein/Cede, Europarecht 88 f).
Die detaillierten Regelungen der 1. und 4. gesellschaftsrechtlichen Richtlinien ließen dem nationalen Gesetzgeber einen nur sehr geringen Umsetzungsspielraum; er hat auch dafür zu sorgen, dass die Einhaltung der Offenlegungsverpflichtungen durch wirksame, verhältnismäßige und abschreckende Sanktionen abgesichert wird (Gruber, Bilanzpublizität für jedermann, Überlegungen zum "Daihatsu"-Urteil des EuGH RdW 1998, 525 ff mwN). Die Gestaltung dieser Sanktionen überlassen die Richtlinien dem nationalen Gesetzgeber, sodass nur unverhältnismäßige und damit unsachliche Strafen auch nach innerstaatlichem Recht unzulässig wären (Berka aaO Rz 337). Dass das EuGesRÄG 1996 die Bestimmungen über die Offenlegung bei Kapitalgesellschaften und deren Erzwingung richtlinienkonform umsetzte, unterliegt keinem Zweifel (Zehetner, Zur Erzwingbarkeit der Offenlegung des Jahresabschlusses - kein Anpassungsbedarf NZ 1998, 200; ders ecolex 1998, 482; Gruber aaO RdW 1998, 525 sieht nur insofern einen Anpassungsbedarf, als die Richtlinie die Zusendung der Rechnungslegungsunterlagen an jedermann über Verlangen vorsehe, dies aber erst nach elektronischer Erfassung der Urkundensammlung technisch auch möglich wäre).
Schon das Rekursgericht verwies zutreffend auf die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes vom 4. 12. 1997 Slg 1997 I-6843 - Daihatsu, in welchem der EuGH eindeutig zum Ausdruck gebracht hat, dass die Pflicht zur Offenlegung dem Ziel diene, die offenzulegenden Informationen jeder interessierten Person zugänglich zu machen, und dass dieser Gedanke auch der Umsetzung in das österreichische Recht zugrundeliege. Die Auffassung des Revisionsrekurses, es müsste eine Interessenabwägung stattfinden, wobei der Öffentlichkeit nur ein sehr begrenztes Interesse an einer Offenlegung zukomme, lässt diesen schon in Art 44 Abs 2 lit g EG zum Ausdruck kommenden Grundsatz des Schutzes der Interessen Dritter und auch die Zielsetzungen der 1. und 4. gesellschaftsrechtlichen Richtlinien außer Acht, durch die Offenlegung des Jahresabschlusses jene dritten Personen zu informieren, die die buchhalterische und finanzielle Situation der Gesellschaft nicht ausreichend kennen bzw kennen können.
Die in Umsetzung der Richtlinie vom österreichischen Gesetzgeber getroffene Regelung ist auch dann nicht unverhältnismäßig, wenn die Zwangsstrafe zufolge fortgesetzter Nichteinhaltung der gesetzlichen Verpflichtungen mehrmals gegen alle Geschäftsführer verhängt wird. Erst diese für die Betroffenen empfindliche Sanktion stellt die Befolgung des gesetzlichen Auftrages zur Offenlegung einigermaßen sicher. Mit den vom Revisionsrekurs angestrebten gelinderen Zwangsmitteln könnten die von den Richtlinien angestrebten Zielsetzungen nicht erreicht werden. In diesem Sinn hat auch der Europäische Gerichtshof in seinem Erkenntnis Daihatsu in Übereinstimmung mit der Stellungnahme des Generalanwalts die Sanktion einer Zwangsstrafe (nur) dann als geeignete Maßregel angesehen, wenn sie auch abschreckend ist (siehe Gruber aaO RdW 1998, 525 ff FN 11; ZIB 1997, 1234 [1236]).
Dass die über alle zur Offenlegung Verpflichteten (und diese Verpflichtung ausdrücklich verweigernden) Geschäftsführer verhängte Zwangsstrafe (20 % der möglichen Höchststrafe) im vorliegenden Fall genausowenig unangemessen ist wie die der Erzwingung dienende angedrohte Steigerung, hat schon das Rekursgericht zutreffend erkannt.
Der Revisionsrekurs macht schließlich noch geltend, selbst wenn der nationale Gesetzgeber mangels eines durch die Richtlinien eingeräumten beschränkten Spielraumes zur grundrechtskonformen Umsetzung diese nur unter Verletzung nationaler Grundrechte habe umsetzen können (in welchem Fall nach der Lehre ein Verstoß gegen die nationale Grundrechtsordnung nicht geltend gemacht werden könne), dürfe nicht übersehen werden, dass auch das Gemeinschaftsrecht einem Grundrechtskatalog verpflichtet sei. So wende auch der EuGH die EMRK als System allgemeiner Rechtsgrundsätze an und sei zur Überprüfung vom Gemeinschaftsrecht auf seine Übereinstimmung mit dieser zuständig. Es müsse daher im vorliegenden Fall geprüft werden, ob die beiden gesellschaftsrechtlichen Richtlinien mit den Grundrechten der Gemeinschaft vereinbar seien.
Der erkennende Senat hat in seiner E 15. 12. 1999, 6 Ob 307/99m unter Hinweis darauf, dass der EuGH als den für das Gemeinschaftsrecht allgemein gültigen Maßstab nicht nur Vertragsrecht, sondern auch allgemeine Rechtsgrundsätze im Sinn der den mitgliedstaatlichen Verfassungstraditionen innewohnenden Rechtsprinzipien zur Beurteilung heranzieht (wozu insbesondere auch die Grundrechte und das Verhältnismäßigkeitsprinzip gehörten) ausgesprochen, dass das Urteil "Daihatsu" keine Zweifel darüber offen lasse, dass der EuGH die in der 1. und 4. Richtlinie normierten Offenlegungspflichten als vertrags- und grundrechtskonform ansehe. Diese Auffassung wird aufrechterhalten, wobei zu den Argumenten des Revisionsrekurses ergänzend Stellung genommen wird:
Wenngleich das Gemeinschaftsrecht keinen kodifizierten Grundrechtskatalog umfasst, ist in Lehre und Rechtsprechung des EuGH anerkannt, dass die durch die EMRK und ihre Zusatzprotokolle gewährleisteten Grundfreiheiten und Menschenrechte den Kernbestand der Gemeinschaftsgrundrechte bilden (Berka aaO Rz 347 ff mwN aus Lehre und Rechtsprechung). So hat der EuGH einen allgemeinen Gleichheitssatz anerkannt, der Ungleichbehandlung verbietet, wenn diese nicht durch das Vorliegen objektiver Umstände von einigem Gewicht gerechtfertigt ist (Berka Rz 348; EuGHSlg 62, 655 - Glöckner Werke AG). Soweit der Revisionsrekurs in der Gleichbehandlung von Gesellschaften mit beschränkter Haftung mit Aktiengesellschaften eine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes erblickt und meint, Gesellschaften mit beschränkter Haftung müssten in der Frage der Offenlegung den Personengesellschaften gleichgestellt werden, übersieht er den allein maßgeblichen Grund für die in den Richtlinien und deren Umsetzung vorgenommene Gleichbehandlung von GmbHs mit Aktiengesellschaften: Beide Gesellschaftsformen gehören den Kapitalgesellschaften an und sind durch eine massive Einschränkung der Haftung der Gesellschafter für Verbindlichkeiten der Gesellschaft Dritten gegenüber gekennzeichnet. Während der persönlich haftende Gesellschafter von Personengesellschaften mit seinem gesamten Vermögen auch für Verbindlichkeiten der Gesellschaft haftet, steht den Gläubigern von Kapitalgesellschaften nur das Vermögen der Gesellschaft als Haftungsfonds zur Verfügung. Indem nun die Richtlinien verschärfte Bestimmungen über die Offenlegung bei Kapitalgesellschaften vorsehen und dabei GmbH und Aktiengesellschaft gleich behandeln, tragen sie dem schon in Art 44 Abs 2 lit g EG angesprochenen Schutz des Dritten Rechnung. Es ist somit sachlich gerechtfertigt, dass die Richtlinien und deren Umsetzung Gesellschaften mit beschränkter Haftung in der Frage der Offenlegung nicht gleich den Personengesellschaften behandeln. Von einer Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes kann daher keine Rede sein. Der Umstand, dass die Zwangsstrafe gegen alle Geschäftsführer verhängt werden kann, findet seine sachliche Rechtfertigung in der jeden Geschäftsführer der GmbH unabhängig von einer allfälligen Geschäftsverteilung treffenden Pflicht zur Rechnungslegung, deren Überprüfung und Unterfertigung.
Nach der hier maßgeblichen Rechtsprechung des EuGH dürfen auch die Grundrechte des Eigentumsschutzes und der Berufsfreiheit im öffentlichen Interesse bestimmten Beschränkungen unterworfen werden, wenn diese nicht unverhältnismäßig sind und den Wesensgehalt dieser Rechte nicht antasten (Berka aaO Rz 349 mwN). Dass die in Bilanz- und Publizitätsrichtlinie vorgesehene Offenlegung wesentlicher Urkunden der Gesellschaft (zu denen auch die Bilanz samt Gewinn- und Verlustrechnung und Anhang gehören) und deren Erzwingung dem öffentlichen Interesse an der Offenlegung der Dritten nicht bekannten buchhalterischen und finanziellen Situation der Gesellschaft zum Schutz Dritter sowie zur Sicherstellung eines funktionierenden Wettbewerbs dient, ist evident und bedarf keiner weiteren Begründung. Eine Unverhältnismäßigkeit der dabei angewendeten Mittel ist - wie bereits ausgeführt - genausowenig zu erkennen wie ein Eingriff in den Wesensgehalt dieser Rechte.
Dass die angestrebte Information in Einzelfällen auch auf andere Weise erlangt werden könnte (der Revisionsrekurs nennt beispielsweise bei der Gesellschaft oder Gesellschaftern einzuholende Auskünfte oder Anfragen bei Banken), nimmt der vorgesehenen Regelung nicht die sachliche Rechtfertigung, zumal derartige Auskünfte das Informationsinteresse nur unzureichend erfüllen.
Der Anspruch auf Geheimhaltung personenbezogener Daten bezieht sich nicht nur auf den Privat- oder Familienbereich, sondern auch auf wirtschaftsbezogene Informationen, wobei den Letzteren dann nur eingeschränkter Schutz zukommt, wenn sie mit gewichtigen Gegeninteressen abgewogen werden müssen (Berka aaO Rz 481). Der Anspruch auf Geheimhaltung setzt in jedem Fall ein schutzwürdiges Interesse voraus. Dem gegenüber sind Beschränkungen des Geheimhaltungsanspruches aus den in Art 8 Abs 2 EMRK genannten Gründen, so auch zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer, wie auch zur Wahrung berechtigter Interessen eines anderen zulässig (Berka Rz 483). Die in den Richtlinien vorgesehene Offenlegung bezieht sich auf Wirtschaftsdaten der Gesellschaft, denen nach den dargelegten Grundsätzen und angesichts des dagegen abzuwägenden Interesses von Dritten an deren Offenlegung von vornherein nur eingeschränkter Schutz zukommt. Beschränkungen des Schutzes sind aber auch aufgrund von Gesetzen zulässig, die aus den in Art 8 Abs 2 EMRK genannten Gründen (hier Schutz der Rechte und Freiheiten anderer) notwendig sind. Gerade dies ist hier der Fall, dient doch die gesetzliche Regelung der Offenlegungspflicht ausschließlich dem Schutz der Rechte Dritter (vor allem Gläubiger oder Vertragspartner der Gesellschaft), um ihnen die in aller Regel sonst nicht zugängliche Information über die finanzielle Lage der Gesellschaft zu ermöglichen.
Soweit nun die Rekurswerber schließlich meinen, die Umsetzung des österreichischen Gesetzgebers diskriminiere österreichische Gesellschaften gegenüber solchen aus anderen Staaten, die mangels vollständiger Umsetzung der Richtlinie nicht denselben strengen Offenlegungsvorschriften unterliegen, sie seien deshalb im Wettbewerb jenen gegenüber benachteiligt, machen sie einen - unzulässigen - Anspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht geltend. Ein Anspruch auf Gleichbehandlung mit Gesellschaften, deren Rechtsordnung zu Unrecht Richtlinien noch nicht umgesetzt hat, kann im Rahmen des Diskriminierungsverbotes nicht geltend gemacht werden."
Der erkennende Senat sieht sich im vorliegenden Fall auf Grund der Revisionsrekursausführungen nicht veranlasst, den Anregungen auf Einleitung eines Normprüfungsverfahrens stattzugeben. Auch hier steht die Frage der Einhaltung des Sachlichkeitsgebots und der Verhältnismäßigkeit der gesetzlichen Offenlegungsvorschriften im Vordergrund. Die Revisionsrekurswerber streben dazu gesetzliche Regelungen an, die den Besonderheiten der Gesellschaften, wie sie sich aus den jeweiligen Umständen der offenlegungspflichtigen Unternehmen in ihrer rechtlichen und wirtschaftlichen Position auf dem Markt präsentieren, Rechnung tragen. Nur eine derart differenzierende Richtlinie bzw ein differenzierendes umsetzendes nationales Gesetz wäre mit den relevierten Grundrechten in Einklang zu bringen. Das diesbezügliche Rekursvorbringen vermag den erkennenden Senat aber nicht zu überzeugen. Bei Kapitalgesellschaften besteht keine persönliche Haftung der Gesellschafter für Gesellschaftsschulden. Strenge Kapitalerhaltungsvorschriften sollen die Gläubiger vor negativen Entwicklungen der Gesellschaft schützen (6 Ob 4/99b). Dem selben Zweck dienen die Offenlegungsvorschriften. Diese dienen nach der Rechtsprechung des EuGH ganz allgemein dem Schutz jedes Dritten, also auch derjenigen Personen, die mit den Kapitalgesellschaften noch gar nicht kontrahiert, aber dennoch ein Interesse daran haben zu erfahren, welcher Haftungsfonds für allfällige Ansprüche zur Verfügung steht. Der Informationsanspruch, wie er in den Richtlinien und den nationalen Umsetzungsvorschriften statuiert ist, kollidiert mit den von den Rekurswerbern relevierten Grundrechten, wobei es aber immer dem Gesetzgeber überlassen sein muss, wie er einen Kollisionsfall regelt. Eine Überschreitung der Befugnisse des Gesetzgebers kann allerdings in einem Verstoß gegen die Gebote der Sachlichkeit und der Verhältnismäßigkeit liegen. Die dazu aufgezeigten Umstände erzeugen jedoch keine relevanten Zweifel an der gemeinschaftsrechtlichen Zulässigkeit der Richtlinien. Im Wesentlichen werden von den Rekurswerbern nur die wirtschaftlichen Interessen gegen die Offenlegungspflicht ins Treffen geführt. Selbstverständlich kann "die Wirtschaft auch ohne Offenlegungspflicht" existieren. Der gemeinschaftsrechtliche Gesetzgeber hätte auf eine generelle Offenlegungspflicht für Kapitalgesellschaften verzichten können. Daraus ist aber für den eingetretenen gegenteiligen Fall noch nicht abzuleiten, dass in der Beschränkung des von den Gesellschaften gewünschten Geheimnisschutzes ein Verstoß gegen Grundrechte oder Grundwertungen vorläge. Wenn das Gemeinschaftsrecht Beschränkungen vorsieht, die der österreichische Gesetzgeber umsetzt, andere Vertragsstaaten aber nicht, kann dies zwar zu den von den Rekurswerbern befürchteten negativen wirtschaftlichen Folgen führen, kausal dafür ist aber die mangelnde Umsetzung in den anderen Vertragsstaaten und nicht die Gemeinschaftsrechtswidrigkeit der Richtlinien. Mit dem auf eine Grundrechtsverletzung gestützten gleichen Argument könnte auch gefordert werden, dass sich eine einheitliche Steuergesetzgebung im Gemeinschaftsrecht an dem niedrigsten Steuersatz zu orientieren hätte, der in irgend einem Staat existiert. Dass eine derart weitgehende Einschränkung der Gesetzgebungsbefugnisse des Gemeinschaftsrechtsgesetzgebers nicht existiert, liegt auf der Hand. Mit der behaupteten Unzumutbarkeit der Offenlegung der Bilanzen aus wirtschaftlichen Erwägungen können Bedenken gegen die "Primärrechtskonformität" der Richtlinien und ihrer Umsetzung im österreichischen Recht nicht erzeugt werden.
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