Normen
CMR Art34 ff
HGB §407 Abs1
HGB §408
HGB §425
HGB §432
HGB §433
CMR Art34 ff
HGB §407 Abs1
HGB §408
HGB §425
HGB §432
HGB §433
Spruch:
Weder nach der CMR noch nach österreichischem Recht ist der Frachtführer im Zweifel verpflichtet, die ihm übertragene Beförderung selbst durchzuführen
Für die Anwendung der Art. 34 ff. CMR ist es nicht von Bedeutung, ob der Hauptfrachtführer einen Teil der Beförderung selbst durchgeführt hat
Der Spediteur ist als Interessenvertreter des Auftraggebers auch befugt, dessen Rechte aus Schäden am Frachtgut dem Frachtführer gegenüber geltend zu machen
OGH 12. 4. 1984, 6 Ob 727/83 (OLG Wien 3 R 53/83; HG Wien 19 Cg 157/82)
Text
Die Klägerin begehrte von der Beklagten die Bezahlung von 374 643 S sA. Sie brachte vor, sie habe als "Internationales Speditionsunternehmen" von der Firma L, Papier- und Zellstoffaktiengesellschaft einen "Transportauftrag" über 33 Paletten Spezialpapier nach Großbritannien erhalten. Mit der Durchführung des Transportes habe sie die Firma Josef R Internationale Transport- und SpeditionsgesmbH beauftragt, welche sich ihrerseits der Beklagten als Frächter bedient habe. Durch einen Verkehrsunfall auf der Transportstrecke sei der Großteil der Ladung vernichtet worden. Der bei diesem Verkehrsunfall nicht unbrauchbar gewordene Teil des Gutes sei letztlich auf dem Weitertransport zum Empfänger total beschädigt worden. Auf Grund dessen habe der Empfänger einen Schaden in der Höhe von 374 643 S gegen die Firma L geltend gemacht. Diese habe die Klägerin mit einem Betrag in eben dieser Höhe weiter belastet und ihre Schadenersatzansprüche durch Aufrechnung mit Gegenforderungen der Klägerin getilgt. Die Firma R, gegen welche die Klägerin Regreß geltend gemacht habe, habe die ihr im Zuge des Transportvorganges zustehende Forderung gegen ihren Nachmann, die Beklagte, der Klägerin zahlungshalber abgetreten.
Die Beklagte beantragte, das Klagebegehren abzuweisen und wendete ein, sie habe von der Firma R den Auftrag erhalten, bei der Firma L zu laden und die Ware nach Holland zu bringen. Sie habe diesen Auftrag nicht selbst ausgeführt, sondern an Karl K weitergegeben. Dieser habe 31 Paletten Papier bei der Firma L geladen. Hievon seien 15 Paletten für die Firma N, London, und 16 Paletten für die Firma G Ltd., London, bestimmt gewesen. In der Bundesrepublik Deutschland sei der LKW-Zug des Karl K in einen Verkehrsunfall verwickelt worden, wobei der Anhänger des LKW-Zuges umgestürzt sei. Die Unfallstelle sei von einem Havariekommissar besichtigt worden. Dieser habe festgestellt, daß die neun auf dem Zugwagen befindlichen Paletten unbeschädigt geblieben seien. Die auf den restlichen 22 Paletten verladene Ware sei beschädigt und vom Havariekommissär um 5
499.44 DM verkauft worden. Die Firma L sei nicht mehr Eigentümer der Ware gewesen und habe durch deren Vernichtung keinen Schaden erlitten. Falls sie den Schaden des englischen Empfängers "übernommen" habe, stunden ihr nur die Rechte des Empfängers zu. Dieser könne aber nur den letzten Frachtführer, also Karl K, in Anspruch nehmen. Die Beklagte sei daher passiv nicht legitimiert. Dies gelte auch dann, wenn die Klägerin ihre Rechte als Absender geltend mache, weil die Klägerin in diesem Fall gemäß Art. 36 des Übereinkommens über den Beförderungsvertrag im Internationalen Straßengüterverkehr (CMR) nur Karl K hätte klagen können. Die Klägerin sei für die Firma L als Spediteur tätig geworden. Als solcher hafte sie nicht für die Verrichtungen der von ihr bestellten Frachtführer und hätte daher keinen Grund zur Schadensgutmachung gehabt. Der Klägerin fehle daher die aktive Klagslegitimation. Im übrigen hafte der Frachtführer gemäß Art. 17 CMR für den eingetretenen Schaden nicht, weil dieser durch einen Verkehrsunfall, den der Frachtführer nicht habe vermeiden und dessen Folgen er nicht habe abwenden können, eingetreten sei. Ferner werde die Forderung auch der Höhe nach bestritten und die Haftungsbeschränkung des Art. 23 Abs. 3 CMR in Anspruch genommen.
Die Klägerin gab als richtig zu, daß der Transport von Karl K durchgeführt worden sei. Sie behauptete, Verhandlungen mit dem CMR-Versicherer seien gescheitert, weil die Beklagte den "durchgehenden CMR-Frachtvertrag" nicht vorgelegt habe. Ein solcher "durchgehender CMR-Frachtvertrag" existiere zwar, sei aber von der Beklagten schuldhaft nicht weitergeleitet worden.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ohne Beweisaufnahme ab. Es führte aus, nach § 408 HGB und § 52 AÖSp hafte der Spediteur nur für ein Verschulden in der Auswahl des Frachtführers. Ein solches Verschulden sei nicht einmal behauptet worden, weshalb die Klägerin gegenüber der Firma L nicht zur Schadensgutmachung verpflichtet gewesen sei. Sie hätte sich gegen ihre Heranziehung im Wege der Aufrechnung erfolgreich zur Wehr setzen können. Die Klägerin sei daher auch nicht berechtigt, Regreßansprüche zu erheben. Die Abtretung der Ansprüche der Firma R gegen die Beklagte an die Klägerin verstoße gegen die zwingende Norm des Art. 36 CMR. Es sei unzulässig, durch Zession die Firma R als "erster Frachtführer" auszuschalten und so die Beklagte zum "ersten Frachtführer" zu machen. Die CMR sei auf den vorliegenden Transport gemäß Art. 1 jedenfalls anzuwenden, gleichgültig, ob die Beklagte den Frachtbrief weitergeleitet habe oder nicht.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin Folge, hob das erstgerichtliche Urteil unter Rechtskraftvorbehalt auf und verwies die Rechtssache zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurück. Es vertrat die Rechtsansicht, die von der Klägerin geltend gemachten Schadenersatzansprüche seien nach den Bestimmungen der CMR zu beurteilen, weil es sich um eine grenzüberschreitende Güterbeförderung auf der Straße gehandelt habe und alle in Frage kommenden Staaten Vertragsstaaten seien. Auch wenn der vorgesehene Ablieferungsort nicht in Holland gelegen, sondern London gewesen sei und eine Verladung auf ein Schiff vorgesehen gewesen wäre, sei für die verbleibende Transportstrecke auf dem Kontinent die CMR anzuwenden, wenn es hiebei zu einer Grenzüberschreitung komme. Es sei jedoch zunächst unklar, ob es sich bei dem der Klägerin erteilten Auftrag um einen Speditions- oder einen Transportauftrag gehandelt habe. Sei der Klägerin ein Speditionsauftrag erteilt worden und habe sie daher den Frachtvertrag im eigenen Namen als Absender geschlossen, so ergebe sich schon daraus ihre Legitimation zur Geltendmachung der Schadenersatzansprüche. Aber auch wenn ihr direkt ein Frachtauftrag erteilt worden sein sollte, wäre sie als Absender des von ihr mit der Firma R abgeschlossenen Unterfrachtvertrages aktiv legitimiert. Nach allgemeinen frachtrechtlichen Grundsätzen sei nämlich der auf Grund des Beförderungsvertrages Verfügungsberechtigte auch legitimiert, vertragliche Ersatzansprüche geltend zu machen. Auch wenn dieser Verfügungsberechtigte nicht der Geschädigte sein sollte, sei er berechtigt, den einem Dritten entstandenen Schaden zu liquidieren. Nach Art. 13 Abs. 1 Satz 2 CMR könne der Empfänger bei festgestelltem Verlust oder bei Lieferfristüberschreitungen analog auch bei Schädigungen die Rechte aus dem Beförderungsvertrag im eigenen Namen geltend machen. Daraus folge zwar nicht ohne weiteres, daß der Empfänger auch in anderen Fällen oder daß auch der verfügungsbefugte Absender berechtigt sei, fremde Schäden geltend zu machen. Die Zulässigkeit der Drittschadensliquidation ergebe sich jedoch in diesen verbleibenden Fällen aus allgemeinen Grundsätzen. Denn das Auseinanderfallen von formeller Berechtigung und Schaden sei bei Frachtverträgen die Folge entweder mittelbarer Stellvertretung oder einer sogenannten Gefahrenentlastung. Es handle sich mithin um Fallgestaltungen, für die die Berechtigung des formell Legitimierten zur Liquidation des Schadens Dritter auf Grund der Verknüpfung von Verfügungs- und Ersatzberechtigung allgemein anerkannt sei. Wer verfügungsberechtigt sei, ergebe sich aus der Regelung des Art. 12 CMR. Die Sachlegitimation stehe demnach grundsätzlich dem Absender bis zur Ablieferung des Gutes zu. Wenn der Verlust des Gutes feststehe, sei zudem der Empfänger nach Art. 13 Abs. 1 Satz 2 CMR legitimiert. Die Verfügungsbefugnis und Sachlegitimation des Absenders erlösche aber erst mit der Ablieferung des Gutes. Art. 13 Abs. 1 CMR gebe dem Empfänger kein ausschließliches Recht gegenüber dem Frachtführer. Sowohl Absender als auch Empfänger könnten Klagen gegen den Frachtführer erheben. Dieser sei von seinen Verpflichtungen gegenüber dem einen befreit, nachdem er jene gegenüber dem anderen erfüllt habe. Im vorliegenden Fall wäre daher die Klägerin jedenfalls als Absender des zwischen ihr und der Firma R abgeschlossenen Frachtvertrages (Unterfrachtvertrages) zur Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen Dritter gegen den Frachtführer berechtigt, unabhängig davon, ob sie vom Geschädigten in Anspruch genommen worden sei und diesem Ersatz geleistet habe. Sie bedürfe hiezu nicht der Abtretung der Rechte der Firma R gegen die Beklagte und/oder der Rechte der Beklagten gegen Karl K, weil jeder aus der Kette der beteiligten Frachtführer seinem Auftraggeber für die Handlungen und Unterlassungen der von ihm beauftragten Unterfrachtführer und deren Unterfrachtführer nach Art. 3 CMR einzustehen habe. Die aktive Klagslegitimation der Klägerin ergebe sich aber auch aus ihrem Vorbringen, sie habe dem Geschädigten Ersatz geleistet. Art. 37 CMR räume nämlich einem Frachtführer, der auf Grund der Bestimmungen der CMR eine Entschädigung gezahlt habe, Regreßansprüche gegen die anderen beteiligten Frachtführer ein. Gegenüber den von der Klägerin allenfalls berechtigterweise erhobenen Ersatzansprüchen könnte aber der Einwand der Beklagten, sie sei nach Art. 36 CMR passiv nicht legitimiert, durchschlagen. Ein Regreßanspruch der Klägerin könnte, da der Verlust oder die Beschädigung des Gutes nur von Karl K als dem den Transport tatsächlich durchführenden Frachtführer verursacht sein könnte, nur gegen diesen erhoben werden. Sollte die Haftung der Beklagten nach Art. 36 oder Art. 37 CMR auszuschließen sein, wäre allerdings noch zu prüfen, ob nicht der Fall des Art. 38 CMR (Zahlungsunfähigkeit des den Schaden verursachenden Frachtführers) vorliege. Die Frage, ob die Bestimmungen des Kapitels VI der CMR über die Beförderung durch aufeinanderfolgende Frachtführer und damit die Regelung des Art. 36 über die Passivlegitimation und die Regreßregelung der Art. 37 und 38 CMR überhaupt zur Anwendung kämen, wenn jemand als Frachtführer einen Beförderungsvertrag schließe, selbst aber nicht einmal auf einer Teilstrecke befördere, sondern die gesamte Beförderung von einem oder mehreren (Unter-)- Frachtführern durchführen lasse, werde nicht einhellig beurteilt. Das Berufungsgericht führte in diesem Zusammenhang jedoch nicht aus, welcher der Lehrmeinungen es sich anschließt. Es meinte weiter, es stehe zwar außer Streit, daß der Schaden von dem den Transport allein ausführenden, von der Beklagten bestellten Unterfrachtführer Karl K verursacht worden sei. Die Klägerin habe aber über den Inhalt des nach ihrer Behauptung ausgestellten "durchgehenden" Frachtbriefes kein Vorbringen erstattet. Ohne Kenntnis des Inhaltes des Frachtbriefes könne der Rechtsfall nicht entschieden werden. Jeder folgende Frachtführer, der durch die Annahme des Gutes und des Frachtbriefes in den einheitlichen Frachtvertrag eintrete, werde nur nach Maßgabe der Bedingungen des Frachtbriefes Vertragspartei. In diesem Belange habe die Ausstellung des Frachtbriefes, der sonst nur Beweisurkunde sei, konstitutive Wirkung. Wer die Parteien des "einzigen Vertrages" iS des Art. 34 CMR seien, ergebe sich demnach daraus, wer im Frachtbrief als Absender, als Frachtführer bzw. als Empfänger genannt werde. Nur wenn im Frachtbrief die Klägerin als Frachtführer bezeichnet wäre, könnten sie, die Firma R, die Beklagte und Karl K (sofern man die analoge Anwendung des Art. 34 CMR auf den vorliegenden Fall überhaupt in Betracht ziehe), als "aufeinanderfolgende Frachtführer" Gesamtschuldner sein. Sollte im Frachtbrief aber Karl K als Frachtführer bezeichnet sein, so könnten er und seine Vormänner in der Kette der beteiligten Frachtführer schon deshalb nicht auch als "aufeinanderfolgende Frachtführer" iS des Art. 34 CMR angesehen werden, weil dann Karl K nach dem Inhalt des Frachtbriefes nicht einem mit einem anderen Frachtführer bereits abgeschlossenen Frachtvertrag beigetreten wäre, sondern vielmehr selbst einen Frachtvertrag abgeschlossen hätte. Ob sich die Beklagte also mit Erfolg auf Art. 36 CMR berufen könne oder auf Grund der Regelung des Art. 37 CMR nicht hafte, hänge vom Inhalt des Frachtbriefes ab. Das Erstgericht werde daher im fortgesetzten Verfahren die Parteien zu einem entsprechenden Vorbringen und zu allfälligen Beweisanboten zu veranlassen haben. Sollte der Frachtbrief nicht mehr vorgelegt werden können, so werde durch andere geeignete Beweismittel zu klären sein, ob ein Frachtbrief ausgestellt worden, welcher Ablieferungsort darin genannt, wer als Absender, Frachtführer und Empfänger eingetragen gewesen sei, wer den Frachtbrief ausgestellt und schließlich wer von den beteiligten Frachtführern den Frachtbrief und/oder das Frachtgut übernommen habe. Sollte sich daraus ergeben, daß die Beklagte nach Art. 36 CMR passiv nicht legitimiert sei oder nach Art. 37 CMR dem Regreß der Klägerin nicht unterliege und auch der Fall des Art. 38 CMR nicht gegeben sei, dann werde der Einwand der Beklagten, sie sei von der Haftung befreit, weil der Schaden durch Umstände verursacht worden sei, die der Frachtführer nicht habe vermeiden und deren Folgen er nicht habe abwenden können (Art. 17 Abs. 2 CMR), zu prüfen sein.
Der Oberste Gerichtshof gab dem Rekurs der Beklagten nicht Folge.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Dem Berufungsgericht ist zunächst beizupflichten, daß die von der Klägerin geltend gemachten Ersatzansprüche nach den Bestimmungen der CMR zu beurteilen sind, und zwar gleichgültig, ob der Bestimmungsort in den Niederlanden oder in Großbritannien gelegen war. Denn selbst dann, wenn die Absicht bestanden haben sollte, die beförderten Güter vom LKW auf das Schiff zu verladen, wäre die verbleibende Beförderung auf dem Kontinent noch immer grenzüberschreitend und damit die CMR anwendbar (Helm in Groß-Kommentar HGB[3] V/2 D 439 Anm. 3 zu Art. 2). Der Schadensfall hat sich nämlich unbestrittenermaßen in der Bundesrepublik Deutschland ereignet.
Was die Frage der Aktivlegitimation der Klägerin anlangt, wäre diese entgegen der Ansicht der Beklagten nicht schon dadurch ausgeschlossen, daß die Klägerin als Spediteur tätig wurde. Die Haftung des Spediteurs gegenüber seinem Auftraggeber gemäß § 408 HGB, allenfalls nach den Bestimmungen der Allgemeinen Österreichischen Spediteurbedingungen, hat mit der Frage, ob der Spediteur im konkreten Fall berechtigt ist, Schadenersatzansprüche gegenüber dem Frachtführer geltend zu machen, nichts zu tun. Der von der Klägerin behauptete Ersatz des Schadens gegenüber der Auftraggeberin und der daraus abgeleitete Anspruch gegenüber der Beklagten könnten im Falle einer nicht bestehenden Haftung gegenüber der Vertragspartnerin der Klägerin nur dann zu einer materiellen Abweisung des geltend gemachten Anspruches führen, wenn die Klägerin in ihrer Eigenschaft als Spediteur nicht berechtigt wäre, einen Drittschaden im eigenen Namen geltend zu machen. Ob aber die Klägerin unabhängig von ihrer eigenen Haftung und dem an ihren Vertragspartner geleisteten Ersatz zur Geltendmachung des Schadens Dritter gegenüber der Beklagten berechtigt ist - ein näheres Vorbringen dazu fehlt bisher -, hängt mit ihrer allfälligen eigenen Haftung nicht zusammen. Hier muß auf Grund der Bestimmungen der CMR geprüft werden, ob und allenfalls wie lange und gegen wen sie als Absender berechtigt war, Schadenersatzansprüche geltend zu machen.
Zur Frage, wer ersatzberechtigt nach Art. 17 Abs. 1 CMR ist, bestimmt das Abkommen nichts Konkretes. In Lehre und Rechtsprechung wird diese Frage verschieden beantwortet. Loewe (Europäisches Transportrecht 552 f.) hält denjenigen für berechtigt, der mit dem Beförderer den Frachtvertrag geschlossen habe, auch wenn er selbst nicht der Geschädigte sei. Daneben sei jedenfalls in den Fällen des Art. 13 Abs. 1 CMR der Empfänger schadenersatzberechtigt. Muth-Glöckner (Leitfaden zur CMR[5] 132 f.) zitieren die Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 10. 4. 1974 (NJW 1974, 1614), wonach den Vorschriften der CMR nicht zu entnehmen sei, daß nach Übergang der frachtrechtlichen Verfügungsbefugnis auf den Emp- gung des Gutes gegen den Frachtführer geltend zu machen. Jedenfalls bleibe der Absender anspruchsberechtigt und auch klagebefugt, wenn der Empfänger zu erkennen gegeben habe, daß er gegen den Frachtführer keine Ansprüche geltend machen wolle. An anderer Stelle (S 119) wird die Rechtsprechung in Belgien und den Niederlanden zitiert, wonach Absender und Empfänger die Klage gegen den Frachtführer erheben könnten und dieser von seiner Verpflichtung gegenüber dem einen befreit werde, nachdem er gegenüber dem anderen erfüllt habe. Hingegen vertreten Heuer (Die Haftung des Frachtführers nach der CMR 178 f.) und Helm (aaO D 486 f.) die Auffassung, Ersatzberechtigung und Verfügungsbefugnis seien miteinander verknüpft. Daher könne stets der Verfügungsberechtigte die Ersatzansprüche geltend machen, denn die Bestimmungen der CMR setzten dies voraus. Insbesondere ergebe sich dies aus Art. 27 und Art. 20 Abs. 1 CMR, die ausdrücklich dem Verfügungsberechtigten einen Teil des Ersatzanspruches, nämlich die auf die Entschädigung zu zahlenden Zinsen, und ferner das Recht zubilligten, sich auf die Verlustfiktion nach Ablauf der Lieferfrist zu berufen. Noch deutlicher bestimme Art 20 Abs. 3 CMR, daß der Verfügungsberechtigte bei Wiederauffinden einer zunächst als verloren betrachteten Sendung "gegen Rückzahlung der erhaltenen Entschädigung" nachträglich deren Auslieferung verlangen könne.
Der erkennende Senat schließt sich der Ansicht von Loewe sowie Muth-Glöckner und der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes an. Wohl wurde in den Entscheidungen 6 Ob 664/81, 7 Ob 817/81 und 2 Ob 513/82 ausgesprochen, daß nach den Bestimmungen der CMR grundsätzlich die Ersatzberechtigung mit der Verfügungsberechtigung verknüpft sei. Es wurde dabei allerdings nicht entschieden, ob der Absender auch nach Erlöschen seiner Verfügungsberechtigung weiterhin berechtigt ist, neben oder an Stelle des Empfängers Schadenersatzansprüche geltend zu machen. Dies muß bejaht werden. Schon in der Entscheidung 7 Ob 817/81 wurde ausgeführt, daß zunächst der Absender, unter den Voraussetzungen des Art. 12 Abs. 2 und 3 und des Art. 13 CMR aber auch der Empfänger des Gutes legitimiert sei. Die CMR ist nach ihrer Zielsetzung dahin zu verstehen, daß alles, was sie selbst nicht regelt, nach dem nationalen Vertragsrecht der jeweiligen Länder zu beurteilen ist (SZ 49/3). Im vorliegenden Fall fehlt aber über die Anspruchsberechtigung eine ausdrückliche Regelung in der CMR. Dieser ist jedenfalls nicht ausdrücklich zu entnehmen, daß nur der jeweils Verfügungsberechtigte auch zur Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen berechtigt wäre. Aus den Bestimmungen der Art. 27 und 20 CMR kann nicht zwingend abgeleitet werden, daß die Vertragspartner des Übereinkommens eine bindende Regelung über die Anspruchsberechtigung in diesem Sinne treffen wollten. Soweit aber die CMR keine Regelung enthält, ist das nach den Grundsätzen des Internationalen Privatrechtes maßgebende nationale Recht anzuwenden.
Da sowohl die Klägerin und die Beklagte als auch die Firma L und die Firma R ihren Sitz in Österreich haben und bisher im Verfahren nicht hervorgekommen ist, daß die in Frage kommenden vertraglichen Beziehungen dem Recht eines anderen Staates unterworfen wurden, wäre gemäß § 36 IPR-Gesetz in allen Fällen österreichisches Recht anzuwenden. Nach österreichischem Recht wäre die Klägerin aber als Spediteur Absender des Gutes und als Vertragspartner zunächst berechtigt, gegenüber der Firma R Ersatzansprüche zu stellen, und zwar auch als Interessenvertreter des Auftraggebers. Der Spediteur, der mit einem Frachtführer einen Frachtvertrag als Ausführungsgeschäft des von ihm mit seinem Auftraggeber zustande gekommenen Speditionsvertrages abgeschlossen hat, kann vom Frachtführer nicht nur den Ersatz jenes Schadens verlangen, der ihm selbst dadurch entstanden ist, daß er seinem Auftraggeber verantwortlich ist, wenn der Frachtführer einen Schaden am Frachtgut verursacht hat. Da der Spediteur die Beförderungsverträge, wenn auch im eigenen Namen, so doch für fremde Rechnung, eingeht (§ 407 Abs. 1 HGB), ist er als Interessenvertreter des Auftraggebers auch befugt, dessen Rechte aus Schäden am Frachtgut dem Frachtführer gegenüber geltend zu machen (EvBl. 1963/273; Schröder in Schlegelberger HGB[5] VI 478 und Geßler, ebendort 759; Helm in Großkommentar HGB[3], V/1, §§ 407 bis 409 Anm. 7; vgl. auch Hämmerle-Wünsch, Handelsrecht[3] III 312). Auch daß der Empfänger nach § 435 Satz 1 HGB nach Ankunft des Gutes am Ort der Ablieferung berechtigt ist, die durch den Frachtvertrag begrundeten Rechte im eigenen Namen gegen den Frachtführer geltend zu machen, ändert nichts an der weiteren Berechtigung des Spediteurs als Absender gegenüber dem Frachtführer zur Geltendmachung von Ersatzansprüchen (Helm aaO V/2 § 429 Anm. 35; Geßler aaO 759).
Ob die Klägerin gegen die Beklagte solche Ansprüche geltend machen kann, hängt zunächst davon ab, ob sich letztere mit Erfolg auf die Bestimmungen des Art. 36 CMR berufen könnte. Dies würde voraussetzen, daß die von den aufeinanderfolgenden Frachtführern durchgeführte Beförderung Gegenstand eines einzigen Beförderungsvertrages ist (Muth-Glöckner aaO 182; Heuer aaO 168 f.; Precht-Endrigkeit, CMR-Handbuch 122 f.;Aisslinger, Die Haftung des Straßenfrachtführers und die Frachtführerhaftpflichtversicherung 102). In diesem Falle wird jeder Frachtführer gemäß Art. 34 CMR durch die Annahme des Gutes und des Frachtbriefes nach Maßgabe der Bedingungen des Frachtbriefes Vertragspartei. Danach können aber gemäß Art. 36 CMR Ersatzansprüche nur gegen den ersten, den letzten und denjenigen Frachtführer geltend gemacht werden, der den Teil der Beförderung ausgeführt hat, in dessen Verlauf das Schadensereignis eingetreten ist. Daher könnte die Beklagte, welche nicht unter diese Frachtführer fiele, nicht mit Erfolg in Anspruch genommen werden. Daß sich die Klägerin von der Firma R deren Ansprüche abtreten ließ, ändert daran nichts, weil dadurch die Beklagte nicht zur ersten Frachtführerin gemacht werden konnte.In diesem Zusammenhang muß allerdings die vom Berufungsgericht offen gelassene Frage geprüft werden, ob die Anwendung des Kapitels VI der CMR (Art. 34 ff.) davon abhängig ist, daß der Hauptfrachtführer einen Teil der Beförderung selbst übernimmt. Den Materialien ist dazu nichts zu entnehmen (166 BlgNR IX. GP). Der Text des Übereinkommens für sich allein betrachtet ("wird die Beförderung ... von aufeinanderfolgenden Straßenfrachtführern ausgeführt") spräche dafür, daß auch der Hauptfrachtführer einen Teil der Beförderung selbst ausführen muß. Diese Ansicht wird auch von Loewe (aaO 589) vertreten. Hingegen vertritt Heuer (aaO 168 und FN 586) die Ansicht, die Art. 34 ff. CMR seien auch dann anzuwenden, wenn der Hauptfrachtführer die gesamte Beförderung einem Unterfrachtführer übertragen habe. Helm (aaO V/2 D 520) meint, in einem solchen Fall sei an eine analoge Anwendung des Art. 34 CMR zu denken. Muth-Glöckner (aaO 182) geben kommentarlos eine Entscheidung des Oberlandesgerichtes Karlsruhe wieder, wonach für die Anwendung des Art. 34 CMR nicht Voraussetzung sei, daß der Hauptfrachtführer einen Teil der Beförderung selbst übernehme. Diese Meinung teilen Groth (Übersicht über die Internationale Rechtsprechung zur CMR 101, FN 144) und offensichtlich auch Aisslinger (aaO 102 und FN 110 im Zusammenhang mit 43 und 49 f.). Auch der erkennende Senat vertritt die Ansicht, daß es für die Anwendung der Art. 34 ff. CMR nicht von Bedeutung ist, ob der Hauptfrachtführer einen Teil der Beförderung selbst durchgeführt hat. Für eine Anwendung dieser Bestimmungen spricht, daß die Art. 34 ff. CMR nicht nur das Ziel haben, die Rechtstellung des Anspruchsberechtigten durch eine Beteiligung mehrerer Frachtführer nicht zu verschlechtern (166 BlgNR IX. GP 41; Muth-Glöckner, aaO 181), sondern auch Regreßansprüche im Interesse der beteiligten Beförderer dadurch zu vermeiden, daß die Klage von vornherein (auch) gegen den für den Schaden verantwortlichen Frachtführer gerichtet werden kann, die Ausgleichspflicht unter den Gesamtschuldnern besonders geregelt wird und weder nach der CMR noch - im Falle der Anwendbarkeit - nach österreichischem Recht der Frachtführer im Zweifel verpflichtet ist, die ihm übertragene Beförderung selbst durchzuführen (Heuer aaO 167; Geßler aaO 778 f.). Alle diese Erwägungen treffen aber auch in den Fällen zu, in denen von mehreren beteiligten Frachtführern nur einer den Transport tatsächlich durchgeführt hat Lag dagegen kein Fall des § 34 CMR vor und auch kein Fall des § 432 Abs. 2 HGB, der gleichfalls voraussetzt, daß dem nachfolgenden Frachtführer das Gut mit durchgehendem Frachtbrief übergeben wurde (SZ 45/59), dann könnte sich die Klägerin - ohne Forderungsabtretung - nur an ihren unmittelbaren Vertragspartner, also an die Firma R, halten.
Soweit das Berufungsgericht die Legitimation der Klägerin auch aus Art. 37 CMR ableitet, wäre eine solche nur gegeben, wenn die Klägerin als Frachtführerin tätig wurde und auf Grund der Bestimmungen der CMR eine Entschädigung gezahlt hat.
Wenn aber die Klägerin Frachtführerin gewesen wäre, kämen im Falle der Anwendung der Art. 34 ff. CMR für den Rückgriffsanspruch der Klägerin nicht die Bestimmungen des Art. 36, sondern ausschließlich jene der Art. 37 und 38 CMR zur Anwendung. Ob danach die Beklagte gemäß Art. 37 lit. a CMR zur Haftung nicht herangezogen werden könnte und ob allenfalls eine Haftung nach Art. 38 gegeben wäre, müßte geprüft werden. Wären jedoch die Art. 34 ff. CMR nicht anwendbar, dann hätte die Klägerin dennoch gegenüber der Absenderin die Haftung für die von ihr zugezogenen Unterfrachtführer getroffen, und zwar auch dann, wenn der nachfolgende Unterfrachtführer gemäß § 432 Abs. 2 HGB in den Frachtvertrag eingetreten wäre. In diesem Fall hätten die Klägerin und der Unterfrachtführer dem Absender gegenüber als Gesamtschuldner gehaftet (Helm, aaO V/2 § 432 Anm. 23; Schröder aaO 783 f.). Allfällige Regreßansprüche könnte die Klägerin gegen die Beklagte im Fall des § 432 Abs. 2 HGB nur nach § 432 Abs. 3 HGB geltend machen. Wenn aber auch kein Fall des Eintrittes in den Frachtvertrag nach § 432 Abs. 2 HGB vorliegen sollte, könnte sich die Klägerin nur an ihren unmittelbaren Vertragspartner halten, allenfalls die von diesem ihr abgetretenen Rechte gegenüber der Beklagten geltend machen.
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