OGH 6Ob630/85

OGH6Ob630/8528.8.1985

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Samsegger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Resch, Dr. Schobel, Dr. Zehetner und Dr. Riedler als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dipl.Ing. Erich A, Architekt, Salzburg, Franz-Josef-Straße 1 a, vertreten durch DDr. Hans Esterbauer, Rechtsanwalt in Salzburg, wider die beklagte Partei Walter B, Dachdeckermeister, Salzburg,

Teisenberggasse 41, vertreten durch Dr. Dietmar Lirk, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen Widerrufes (Teilstreitwert 40.000 S) und Unterlassung (Teilstreitwert 40.000 S), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 2. April 1985, GZ 4 R 18/85-23, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 5. November 1984, GZ 4 Cg 350/81-15, in Ansehung des Widerrufsbegehrens abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Der Kläger ist schuldig, dem Beklagten die mit 3.549,75 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten an Barauslagen 720 S und an Umsatzsteuer 257,25 S) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Der Beklagte hatte als Bauherr ebenso wie sein Grundnachbar den Kläger als Architekten mit der Planung und der Bauaufsicht seines Bauvorhabens beauftragt. Am 5. März 1981 fand auf der Baustelle des Grundnachbarn des Beklagten eine Besprechung statt. Bei dieser Gelegenheit äußerte der Beklagte in Gegenwart des Klägers, seines Grundnachbarn und dessen nunmehriger Ehefrau, seiner eigenen Gattin und eines Baumeisters anläßlich der Erörterung von Baumängelbeanstandungen unter anderem, der Kläger vertrete nicht die Interessen des Bauherrn, sondern jene des Baumeisters. Der Kläger behauptete, dieser Vorwurf sei unrichtig und gefährde seinen Kredit, seinen Erwerb und sein Fortkommen. Er begehrte die Verurteilung des Beklagten, seine öußerung 'zu widerrufen' und solche öußerungen in Zukunft zu unterlassen.

Das Prozeßgericht erster Instanz gab sowohl dem Unterlassungsbegehren als auch dem Widerrufsbegehren statt. Das Berufungsgericht bestätigte das Urteil in Ansehung des Unterlassungsbegehrens, änderte es aber in Ansehung des Widerrufsbegehrens im klagsabweisenden Sinne ab. Dazu sprach es aus, daß der von der Stattgebung betroffene Wert des Streitgegenstandes 15.000 S, nicht aber 300.000 S übersteigt und die Revision hinsichtlich des Widerrufsbegehrens zulässig sei.

Das Berufungsgericht wertete zwar die festgestellte öußerung des Beklagten nicht nur als üble Nachrede, sondern gleichzeitig auch als eine nach § 1330 Abs 2 ABGB zu qualifizierende Tatsachenbehauptung, erachtete aber das Widerrufsbegehren mangels Bezeichnung der Personen, denen gegenüber die Widerrufserklärung abzugeben sei, als nicht hinreichend bestimmt.

Der Kläger ficht das Berufungsurteil in dessen abweisendem Ausspruch zum Widerrufsbegehren mit einem auf Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung gerichteten Abänderungsantrag und einem hilfsweise gestellten Aufhebungsantrag an. Er stellt seine Revisionsausführungen ausdrücklich unter den von ihm so bezeichneten Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung 'gemäß § 503 Abs 1 Z 4 ZPO'.

Der Beklagte weist in seiner Revisionsbeantwortung in erster Linie auf die Unzulässigkeit der Revision hin.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision gegen einen berufungsgerichtlichen Ausspruch im sogenannten Zulassungsbereich ist auf die Geltendmachung eines nach § 503 Abs 2 ZPO qualifizierten Anfechtungsgrundes beschränkt. Die Revision ist auch nach ihrem Inhalt nicht als Ausführung eines solchen Anfechtungsgrundes zu werten.

Materiell ist ein Anspruch auf Widerruf einer rechtswidrig geäußerten Erklärung nur insoweit anzuerkennen, als die inhaltliche Rücknahme der abgegebenen Erklärung geeignet ist, dieser sinnvoll entgegenzuwirken. In diesem Sinne wird das Widerrufsbegehren nicht nur nach dem Inhalt der zu widerrufenden öußerung, sondern auch dadurch wesentlich bestimmt, welcher individuell bezeichneten Einzelperson oder welcher nach konkreten Merkmalen bestimmten Personengruppe die Widerrufserklärung zuzugehen habe, um nach der im konkreten Einzelfall erfolgten Verbreitung des zu widerrufenden Erklärungsinhaltes dem Zweck, der geäußerten Erklärung sinnvoll entgegenzuwirken, gerecht zu werden.

Vor diesem materiellrechtlichen Hintergrund vertritt die Rechtsprechung in verfahrensrechtlicher Hinsicht zum Widerrufsbegehren nach § 7 Abs 1 UWG seit Jahrzehnten unverändert und ohne Widerspruch der Lehre den wegen der Gleichartigkeit der Probleme auch auf ein Widerrufsbegehren nach § 1330 Abs 2 ABGB anzuwendenden (vgl. ÖBl. 1981, 45) Leitsatz, daß der Kläger - bei sonstiger zur Klageabweisung führenden Unbestimmtheit des Begehrens - anzugeben habe, wem der Widerruf zu erklären sei

(SZ 33/105 = ÖBl. 1961, 29; ÖBl. 1968, 84; ÖBl. 1969, 8; ÖBl. 1969,

86; SZ 47/23 = ÖBl. 1974, 111; ÖBl. 1976, 16; ÖBl. 1981, 45 u.a.).

Das prozeßrechtliche Erfordernis der Bestimmtheit des Klagebegehrens gemäß § 226 Abs 1 ZPO und die Bindung des Gerichtes an das gestellte Begehren gemäß § 405 ZPO sind von dem im Zwangsvollstreckungsfall anzuwendenden Exekutionsmittel unabhängig. Nach dem Inhalt und dem Zweck des geschuldeten Verhaltens besteht kein inhaltlicher Widerspruch darin, bei einem Begehren auf Unterlassung einer - jedermann gegenüber unzulässigen Erklärung - unter dem Gesichtspunkt der Bestimmtheit des Klagebegehrens auf die Bezeichnung des Erklärungsgegners zu verzichten, andererseits aber beim Begehren auf Widerruf einer bereits geäußerten Erklärung unter dem Gesichtspunkt der Bestimmtheit des Klagebegehrens darauf zu bestehen, daß die Person oder die Personen bezeichnet werden, denen gegenüber der Widerruf zu erklären sei. Entgegen der vom Revisionswerber vertretenen Ansicht kann es keinesfalls dem Titelberechtigten im Vollstreckungsfall überlassen bleiben, einseitig die Person oder Personengruppe zu bestimmen, der gegenüber die titelmäßig umschriebene Erklärung abzugeben sei, weil eine solche blankettartig unbestimmte titelmäßige Verpflichtung nicht nur der erwähnten notwendigen Inhaltsbestimmung des materiellen und verfahrensrechtlichen Widerrufsanspruches, sondern in gleicher Weise auch dem Bestimmtheitserfordernis nach § 7 Abs 1 EO zuwiderliefe. Die Revisionsausführungen erschöpfen sich darin, die den dargelegten Grundsätzen entgegenlaufenden Thesen zu vertreten, ohne aber eine die eigene Ansicht stützende Lehre oder Rechtsprechung, Gegensätzlichkeiten in der Rechtsprechung oder eine fehlende Rechtsprechung aufzeigen zu können.

Mangels schlüssiger Ausführung eines nach § 503 Abs 2 ZPO zulässigen Anfechtungsgrundes war die Revision zurückzuweisen. Der Beklagte hat in seiner Revisionsbeantwortung zutreffend auf diese Unzulässigkeit des Rechtsmittels hingewiesen. Er hat daher Anspruch auf Ersatz der Kosten seines Schriftsatzes.

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