OGH 4Ob341/60

OGH4Ob341/604.10.1960

SZ 33/105

Normen

Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb §7
Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb §7

 

Spruch:

Zur Frage des Widerrufs und dessen Veröffentlichung nach § 7 UWG.

Entscheidung vom 4. Oktober 1960, 4 Ob 341/60.

I. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz; II. Instanz:

Oberlandesgericht Graz.

Text

Das Erstgericht erkannte den Beklagten im Sinne des Begehrens des klagenden Landwirteverbandes schuldig,

1.) nachstehende Behauptungen und deren Verbreitung zu unterlassen:

"Schon aus der gelieferten Menge an Futter, die für eine Mast (von Schweinen) von vier Monaten (20 bis 100 kg) ausreichen soll, geht hervor, daß die Rentabilität (der Futterkreditaktion) gegenüber der Perovitmast zurückbleibt; es ist mehr als fraglich, ob die Masse der Landwirtschaft in der Zukunft an der Futtermittelkreditaktion teilnehmen wird. Der finanzielle Vorteil der Aktion für die Landwirtschaft ist mehr als problematisch, wenn man sich vor Augen hält, daß unter Umständen das Milchgeld beispielsweise vier Wochen ausbleibt, womit die Kreditierung kompensiert erscheint. Dadurch ist die Genossenschaft bereits in der Lage, die Mittel für die Kreditaktion bereitzustellen";

2.) diese in einem Rundschreiben für Steiermark und Burgenland vom 29. Jänner 1957 enthaltenen Behauptungen zu widerrufen und diesen Widerruf auf seine Kosten mit vorgeschriebenem Wortlaut in einer Tageszeitung zu veröffentlichen.

Auf Berufung beider Teile bestätigte das Berufungsgericht das Ersturteil hinsichtlich der Stattgebung des Unterlassungsbegehrens, änderte es aber hinsichtlich des Begehrens auf Widerruf und Veröffentlichung des Widerrufes ab und wies diese beiden Begehren der klagenden Partei ab.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der klagenden Partei nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Richtig ist, daß in der Rechtslehre die Rechtsnatur des Widerrufes nach § 7 UWG. bzw. § 1330 Abs. 2 ABGB. sehr umstritten ist (vgl. Ehrenzweig in AnwZ. 1933 S. 44, Choloney in AnwZ. 1983 S. 145, Zimbler in JBl. 1934 S. 523, und die dort angeführten zahlreichen Literaturbelegstellen). Strittig ist auch, ob der Anspruch auf Widerruf und dessen Veröffentlichung nach den genannten Gesetzesstellen ein unbedingter Anspruch ist. In der Rechtsprechung (z. B. EvBl. 1957 Nr. 188) wurde der Anspruch auf Widerruf seinem Wesen nach als ein Anspruch auf Aufhebung oder Minderung des durch die rechtswidrige Verbreitung verursachten Schadens angesehen. Die in AnwZ. 1933 S. 45 veröffentlichten Entscheidungen haben den Anspruch auf Widerruf ausdrücklich als einen mit dem Unterlassungsanspruch verbundenen Beseitigungsanspruch bezeichnet, der insoweit gegeben ist, als in Interessentenkreisen ein dem Verletzten nachteiliger Zustand, im Falle des § 7 UWG. eine fortwirkende abträgliche Meinung entstanden ist, die verletzenden Behauptungen sich dem Gedächtnis Dritter eingeprägt haben; die Art der Veröffentlichung ist der Art der Verbreitung anzupassen.

Der Oberste Gerichtshof hält an diesen Entscheidungen weiterhin fest. Im vorliegenden Fall ist nach den Feststellungen der Untergerichte der Inhalt des Rundschreibens des Beklagten nur den zirka vierzig Subvertretern des Beklagten und einigen wenigen dritten Personen bekanntgeworden. Ein echtes Rechtsschutzbedürfnis auf Widerruf des Inhaltes des Rundschreibens gegenüber den Subvertretern des Beklagten oder gegenüber den Angestellten der klagenden Partei besteht nicht, dies behauptet nicht einmal die klagende Partei. Das Begehren auf Widerruf schlechthin und die Veröffentlichung eines so allgemein gehaltenen Widerrufes in einer Tageszeitung geht über den der klagenden Partei nach § 7 UWG. zustehenden Beseitigungsanspruch weit hinaus. Der Oberste Gerichtshof hält auch weiterhin an seiner in JBl. 1980 S. 283 erklärten Rechtsansicht fest, daß das Klagebegehren auf Widerruf erkennen lassen müsse, wem gegenüber zu widerrufen sei. Dazu kommt im gegenständlichen Fall, daß das Rundschreiben vom 29. Jänner 1957 und die Schweinemastaktion der klagenden Partei, auf die sich das Rundschreiben bezieht, schon mehr als drei Jahre zurückliegen. Bei der vielfältigen Werbung, der heute jedermann ausgesetzt ist, kann nicht angenommen werden, daß der tatsächliche Inhalt des Rundschreibens auch heute noch fortdauernde Wirkungen bei den Schweinemästern der Steiermark und des Burgenlandes erzeugt hat, soweit der eine oder andere von ihnen Kenntnis vom Inhalt des Rundschreibens erhalten haben sollte. Das Berufungsgericht hat daher das Begehren auf Widerruf schlechthin und die Veröffentlichung des Widerrufes in einer Tageszeitung mit Recht abgewiesen.

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