Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Der Kläger ist schuldig, der Beklagten und der Nebenintervenientin die mit jeweils 2.011,68 EUR (darin 335,28 EUR Umsatzsteuer) bestimmten Kosten ihrer Revisionsbeantwortungen binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Begründung
Rechtliche Beurteilung
Entgegen dem ‑ den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 508a Abs 1 ZPO) ‑ Ausspruch des Berufungsgerichts ist die ordentliche Revision nicht zulässig:
Das Berufungsgericht hat seinen Zulässigkeitsausspruch damit begründet, es fehle Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Frage, ob ein Gesellschafter einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung, der aus in seiner Sphäre gelegenen Gründen an der Generalversammlung nicht teilgenommen und deshalb auch keinen Widerspruch gegen einen dort gefassten Beschluss erhoben hat, die Nichtbeachtung eines vorgesehenen Präsenzquorums mittels Anfechtungsklage nach § 41 GmbHG geltend machen kann.
1. Es entspricht der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs, dass ein in der Generalversammlung gefasster Beschluss auch bei Nichtbeachtung eines vorgesehenen Präsenzquorums weder ein rechtlich unbeachtlicher Scheinbeschluss noch ein absolut nichtiger Beschluss ist (8 Ob 233/99v; 4 Ob 241/03z). Er bedarf daher der Anfechtung nach § 41 GmbHG.
2.1. Nach § 41 Abs 2 GmbHG ist klageberechtigt jeder Gesellschafter, der in der Versammlung der Gesellschafter erschienen ist und gegen den Beschluss Widerspruch zu Protokoll gegeben hat, sowie jeder nicht erschienene Gesellschafter, der zu der Versammlung unberechtigterweise nicht zugelassen oder durch Mängel in der Berufung der Versammlung am Erscheinen gehindert worden ist. Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor: Der Kläger wurde ordnungsgemäß zur Generalversammlung geladen. Er ist dennoch nicht erschienen und hat demgemäß auch keinen Widerspruch erhoben. Damit fehlt es ihm aber an der Klagslegitimation; die Vorinstanzen haben seine Anfechtungsklage zu Recht abgewiesen.
2.2. Dies hat der Oberste Gerichtshof bereits ausgeprochen. In der Entscheidung 6 Ob 515/88 hat der 6. Senat ausdrücklich klargestellt, dass es einem Gesellschafter an der Berechtigung zur Anfechtungsklage mangelt, wenn „er trotz gehöriger Ladung zur Generalversammlung […] dort nicht erschienen ist“. Auch in der Entscheidung 8 Ob 233/99v hielt der 8. Senat „die Einbringung einer Nichtigkeitsklage [des nicht erschienenen Gesellschafters nach § 41 GmbHG] im Hinblick auf die ordnungsgemäße Einberufung der Generalversammlung [für] nicht erfolgversprechend“.
Damit liegt aber zu der vom Berufungsgericht als erheblich bezeichneten Rechtsfrage hinreichend Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs vor, weshalb die Revision des Klägers zurückzuweisen war (§ 502 Abs 1 ZPO).
2.3. Die Auffassung Reich‑Rohrwigs (Das österreichische GmbH-Recht [1983] 382), auch ein gehörig geladener, nicht erschienener Gesellschafter könne einen Generalversammlungsbeschluss anfechten, wenn gesetzliche oder gesellschaftsvertragliche Mindestanwesenheitsquoren verletzt wurden, habe doch der Gesellschafter auf die Einhaltung dieser besonderen Beschlussvoraussetzungen in seiner Abwesenheit vertrauen dürfen, lehnte der Oberste Gerichtshof in der Entscheidung 6 Ob 515/88 ab; diese Ansicht „[stehe] mit dem Wortlaut des § 41 Abs 2 GmbHG nicht in Einklang“.
Stern (Präsenzquoren für Hauptversammlungen einer Aktiengesellschaft ‑ versteckte Vetorechte? GesRZ 1998, 196 [202]) vertritt für die Aktiengesellschaft die Ansicht, mangels Anfechtungsrechts des nicht erschienenen Gesellschafters „würde jedes Präsenzquorum ad absurdum geführt, da sich die in der Hauptversammlung anwesenden Aktionäre praktisch sanktionslos darüber hinwegsetzen könnten“. Schmidt-Pachinger (in Doralt/Nowotny/Kalss, AktG² [2012] § 121 Rz 17) meint daran anknüpfend, bei der GmbH liege der Schutzzweck in der Absicherung des Individualrechts des Gesellschafters auf Teilnahme.
Diesen Überlegungen kann nicht gefolgt werden, weil der Wortlaut des § 41 Abs 2 GmbHG eindeutig ist und eine planwidrige Lücke nicht vorliegt. Rechtspolitisch Erwünschtes ist keine ausreichende Grundlage für eine ergänzende Rechtsfindung (RIS‑Justiz RS0103694). Auch eine teleologische Reduktion der Bestimmung um die Fälle des zwar ordnungsgemäß geladenen, jedoch nicht erschienenen Gesellschafters erscheint nicht zwingend, würde dies doch dem einzelnen Gesellschafter insbesondere bei einem Präsenzquorum von 100 % die Möglichkeit zu einer (unter Umständen gesellschaftsschädigenden) Verzögerung notwendiger Beschlussfassungen eröffnen; dafür besteht jedoch keinerlei Bedarf.
3. Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO. Die Beklagte und die Nebenintervenientin haben in ihren Revisionsbeantwortungen auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen. Der Schriftsatz ist daher als zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendig anzusehen.
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