OGH 6Ob38/95

OGH6Ob38/952.12.1995

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Schobel als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Redl, Dr.Kellner, Dr.Schiemer und Dr.Prückner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Ing. Heinz S*****, vertreten durch Dr.Ulrich Polley, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wider die beklagte Partei Eduard W*****, vertreten durch Dr. Farhad Paya, Rechtsanwalt in Klagenfurt als Verfahrenshelfer, wegen Unterlassung, Widerruf und Veröffentlichung des Widerrufs (Revisionsinteresse 290.000 S), infolge außerordentlicher Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes vom 31.Jänner 1995, AZ 1 R 249/94 (ON 16), womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt vom 3.Oktober 1994, GZ 24 Cg 76/94-10, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der außerordentlichen Revision der beklagten Partei wird Folge gegeben. Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden aufgehoben, dem Erstgericht wird eine neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufgetragen.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Der Kläger war und ist Leiter des Wasserwerkes V*****. Der beklagte Pensionist richtete an eine regionale Tageszeitung zum Zweck der Veröffentlichung einen Leserbrief, der in der Ausgabe vom 13.Februar 1994 auf Seite 4 abgedruckt wurde und unter anderem folgende Passage enthält:

"Kurioses hat sich auch in V***** zugetragen: Ausgerechnet ... (Kläger), der jahrelang zugesehen hat, wie die M***** Quelle vergiftet wurde, obwohl er für sie verantwortlich war, erhielt den Umweltpreis. Da wird ja der Hund in der Pfanne verrückt."

Der Kläger begehrte vom Beklagten, gestützt auf § 1330 Abs 1 und 2 ABGB, die Unterlassung derartiger sowie inhaltsgleicher Behauptungen, den Widerruf dieser Behauptung gegenüber der Redaktion und den Lesern und dessen Veröffentlichung, beides im redaktionellen Teil dieser Tageszeitung binnen 14 Tagen. Der Vorwurf sei unrichtig, weil die Quelle den Trinkwassernormen entspreche, auch niemals bakteriologisch beeinträchtigt gewesen sei und überdies seit Februar 1992 nicht mehr genutzt werde. Der Vorwurf sei aber auch ehrenrührig und rufschädigend. Der Beklagte habe schuldhaft gehandelt, ohne gefragt worden oder dafür kompetent zu sein und ohne sich informiert zu haben. Das Wohngebiet des Beklagten sei nicht von der genannten Quelle versorgt worden. Nitrat im Quellwasser stelle kein Gift dar, chemisch reines Wasser sei giftig. Die für Trinkwasser gesetzten Grenzwerte seien nie auch nur annähernd erreicht worden und ließen für den Konsumenten keine Schäden entstehen. Schon 1976 und in der Folge wiederholt und vergeblich habe die Stadt V***** bei der Wasserrechtsbehörde die neue Festlegung des Quellschutzgebietes begehrt. Die Atrazinbelastung rühre vom Kunstdünger und sei Grund für die Empfehlung des Klägers gewesen, die Quelle ab 1982 nicht mehr zu nutzen. Seit 1.Jänner 1994 sei die Verwendung von Atrazin verboten.

Der Beklagte wendete ein, seine Tatsachenbehauptungen seien wahr, er habe nur von seinem verfassungsmäßig gewährleisteten Recht auf freie Meinungsäußerung Gebrauch gemacht und dabei die dem Normalbürger zumutbare Sorgfalt angewendet. Er habe aufgrund zahlreicher Zeitungsartikel und der Kritik amtsführender V***** Stadträte sowie eigener Recherchen festgestellt, daß die bescheidmäßigen Auflagen und Weisungen zum Schutz der durch Herbizid, Atrazin und Nitrate verseuchten Quelle nicht eingehalten worden seien, was zu Wasserbeeinträchitgungen geführt habe. Der Beklagte wohne im Versorgungsgebiet dieser Quelle und sei in seinem Leserbrief davon ausgegangen, daß an der Quelle das Wasser vergiftet sei, nicht aber, daß es nicht den gesetzlichen Bestimmungen entsprochen habe. Eine Vergiftung könne auch ohne Überschreitung der bisher hohen gesetzlichen Grenzwerte bestehen. Trinkwasserversorgungsanlagen müßten so betrieben werden, daß jede Verunreinigung hintangehalten werde. Für die vorliegende Quelle sei seit 1942 ein Schutzgebiet verordnet worden, das weder beweidet noch - außer mit mineralischen Stoffen - gedüngt werden dürfe. Für den Vollzug dieser und der wasserrechtlichen Reinhaltebestimmungen sei der Kläger verantwortlich gewesen; während seiner Amtszeit sei das Schutzgebiet nicht eingezäunt worden, die Bauern seien - ungeachtet der Tatsache, daß sie jährliche Entschädigungszahlungen erhalten hätten - nicht gehindert worden, es als Weide zu verwenden, zu düngen und sogar Mais anzubauen. Schon 1983 seien Mißstände vom Land beanstandet worden. Der Kläger als damaliger Leiter des Wasserwerks habe schon damals die Einzäunung zugesagt, aber nicht ausgeführt und auch die Vieh- und Maiswirtschaft im Schutzgebiet nicht verhindert. Wasserproben hätten 1990 erhöhte Nitratgehalte von 40 mg/l und auffällige Atrazingehalte von 0,39 yg/l ergeben. Der Nitratgehalt übersteige den Richtwert von 25 mg/l, nicht jedoch den damaligen Grenzwert von 100 mg/l, der Atrazingehalt zwar noch nicht den damals, wohl aber den ab 1.Juli 1995 vorgesehenen Grenzwert von 01, yg/l erheblich, was auf die landwirtschaftliche Nutzung zurückzuführen sei. Dennoch habe der Kläger der wenngleich nicht grenzwertüberschreitenden Kontaminierung der Quelle durch den fortgesetzten Maisanbau zugesehen. Der Bürgermeister der Stadt V***** habe letztlich die Einbeziehung des Quellwassers unterbunden. Der Magistrat sei im Februar 1992 zum Ergebnis gekommen, daß das Wasser durch die erhöhten Nitrat- und Atrazinbelastungen als Trinkwasser für Babies und bezogen auf einen lebenslangen Genuß nicht geeignet sei. Auch wenn die damaligen Grenzwerte noch nicht erreicht seien, könne dies zu Gesundheitsbeeinträchtigungen führen. Die Richtwerte seien überschritten worden.

Das Erstgericht gab ohne weitere Beweisaufnahme dem Klagebegehren statt, weil das Beklagtenvorbringen zur Entkräftung der Klagsbehauptungen ungeeignet sei. Der vom Beklagten in seinem Leserbrief erhobene Vorwurf sei nicht in Richtung bloß erhöhter Richtwerte, sondern akuter Vergiftungsgefahren zu verstehen. Der angebotene Wahrheitsbeweis könne demnach die Richtigkeit des Vorwurfs nicht beweisen. Der Beklagte habe nach der Formulierung des Leserbriefs schuldhaft gehandelt.

Das Berufungsgericht bestätigte das Urteil des Erstgerichts und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstands 50.000 S übersteige und die Revision nicht zulässig sei.

Nach der Rechtsauffassung der zweiten Instanz bedeute "Gift" auch im alt- und mittelhochdeutschen Sprachgebrauch Gabe, Geschenk. Die heute allein übliche Bedeutung sei die Lehnbedeutung für den lateinischen Begriff "dos", der eigentlich ebenfalls Gabe bedeutete, aber auch ("Dosis") verhüllend für "Gift" gebraucht worden sei. Gift sei im allgemeinen jeder Stoff, der - dem gesunden Körper einverleibt - zufolge seiner chemischen oder physikalischen Eigenschaften mehr oder minder große Störungen im Körper veranlasse und damit Krankheiten verurache. Da aber kein Stoff unter allen Umständen und unbedingt giftig wirke, komme dem Wort "Gift" nur relative Bedeutung zu. Von "Gift" bzw vergiftetem Quellwasser könne daher nicht schon dann gesprochen werden, wenn theoretisch Beeinträchtigungen zufolge der vorhandenen Inhaltsstoffe vorkommen können, sondern frühestens dann, wenn die gesetzlichen oder verordneten Grenzwerte überschritten würden. So bedeute "vergiften" "durch Gift töten" bzw "ausrotten" und "töten". In diesem Sinn werde auch aufgrund des Gesamtzusammenhangs der durchschnittliche Leser eines Leserbriefs die Aussage, daß eine Quelle, das heißt ein Quellwasser vergiftet sei, verstehen, jedenfalls aber nicht in jener Bedeutung, in der der Beklagte nunmehr seine Aussage verstanden wissen wolle, nämlich, daß schon vor Erreichen der Grenzwerte gegebenenfalls gesundheitliche Beeinträchtigungen bei dauerndem Konsum (und für besondere Bevölkerungsgruppen) zu befürchten seien. Natürlich könne der Ausdruck "vergiften" auch im Sinn einer Einbringung von Schadstoffen ganz allgemein verstanden werden, jedoch gestehe die Berufung selbst zu, daß sich der Beklagte die für ihn ungünstigste Auslegung zurechnen lassen müsse. Der Beklagte zeige mit seinem Leserbrief vermeintliche Umweltschäden auf. Die gesetzlichen oder verordneten Grenzwerte sollten ja gerade verhindern, daß durch derartige Umwelteinflüsse der Schadstoffgehalt des Quellwassers (und der Luft etc) ein Maß annehme, von dem eine Gesundheitsstörung erwartet werden könne und müsse, daß also eben die Vergiftungsgefahr ab der entsprechenden Konzentration bestehe. Da der Beklagte selbst zugestehe, daß das Quellwasser die gesetzlichen Grenzwerte nicht übersteige, sei auch die Aussage, daß das Quellwasser vergiftet sei, eine Tatsachenbehauptung, deren Unrichtigkeit im Verfahren nicht mehr erwiesen werden müsse. Die Wiederholungsgefahr sei ebenso zu bejahen wie ein Verschulden des Beklagten, weil gerade die von ihm behauptete Sorgfaltsanwendung ihm erkennbar machen mußte, daß von einer "Vergiftung" des Quellwassers nicht gesprochen werden könne.

Rechtliche Beurteilung

Die außerordentliche Revision der beklagten Partei ist zulässig und mit ihrem Aufhebungsantrag berechtigt.

Die Klägerin stützt ihren Unterlassungsanspruch auf § 1330 Abs 1 und Abs 2 ABGB. Wenn jemandem durch Ehrenbeleidigung ein wirklicher Schaden oder Entgang des Gewinnes verursacht wurde, ist er nach § 1330 Abs 1 ABGB berechtigt, den Ersatz zu fordern. Gemäß § 1330 Abs 2 erster Satz ABGB gilt dies auch, wenn jemand Tatsachen verbreitet, die den Kredit, den Erwerb oder das Fortkommen eines anderen gefährdet und deren Unwahrheit er kannte oder kennen mußte. § 1330 Abs 1 ABGB schützt die Ehre der natürlichen oder juristischen Person, § 1330 Abs 2 ABGB auch ihren sogenannten wirtschaftlichen Ruf.

Tatsachen iS des § 1330 Abs 2 ABGB sind nach herrschender Auffassung Umstände, Ereignisse und Eigenschaften mit einem greifbaren, für das Publikum erkennbaren und von ihm an Hand bekannter oder zu ermittelnder Umstände auf seine Richtigkeit nachprüfbarem Inhalt. Der Begriff der Tatsachenbehauptung ist weit auszulegen. Werturteile sind dagegen rein subjektive, einer objektiven Überprüfbarkeit entzogene Aussagen. Sie werden von § 1330 Abs 2 ABGB nicht erfaßt, können aber als Ehrenbeleidigung gegen § 1330 Abs 1 ABGB verstoßen. Bei der Beurteilung der Frage, ob "Tatsachen" verbreitet wurden oder bloß eine wertende Meinungsäußerung vorliegt, kommt es immer auf den Gesamtzusammenhang und den dadurch vermittelten Gesamteindruck der beanstandeten Äußerungen an. Unbestritten handelt es sich bei der hier inkriminierten Äußerung des Beklagten um eine Tatsachenmitteilung. Maßgeblich bei der Beurteilung nach dem Sinngehalt einer Tatsachenmitteilung ist nicht der subjektive Wille des Erklärenden, sondern eine Äußerung ist so auszulegen, wie sie von den angesprochenen Verkehrskreisen - hier Leser einer regionalen Tageszeitung - bei ungezwungener Auslegung verstanden wird. Die Ermittlung des Bedeutungsinhalts einer Äußerung nach dem Verständnis des unbefangenen Durchschnittslesers ist im allgemeinen eine Rechtsfrage.

In der nicht veröffentlichten Entscheidung 4 Ob 82/94 hat der Oberste Gerichtshof bereits zu einer Wort-Bild-Angabe mit dem Plakattext "PVC ist Umweltgift ! Stop Chlorchemie !" dahin Stellung genommen, es liege in der Beurteilung des Berufungsgerichts keine die Rechtssicherheit gefährdende Fehlbeurteilung, daß das angesprochene Publikum die Wort-Bild-Aussage keineswegs dahin verstanden habe, daß PVC "giftig" iS des § 2 Abs 5 Z 7 ChemG und daher zu beseitigen sei, sondern daß der Wort-Bild-Angabe nur entnommen werden konnte, dieser Werkstoff sei umweltschädlich und deshalb zu beseitigen, zumal auch dem unbefangenen Durchschnittsbetrachter des Plakates die unmißverständliche Forderung "Stop Chlorchemie !" nicht verborgen bleiben konnte.

Diese Grundsätze können auch hier fruchtbar gemacht werden. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichtes über die Bedeutung der Aussage mit dem Kern "jahrzehntelange Vergiftung einer Quelle" werden die Leser der näher bezeichneten regionalen Tageszeitung die Aussage nicht dahin verstehen, die Quelle sei unter tatenlosem Zusehen des verantwortlichen Klägers von Dritten in dem Sinn "vergiftet" worden, daß der Genuß dieses Quellwassers nun tödliche, jedenfalls gesundheitsschädliche Auswirkungen nach sich zöge. Denn höchstens ein zu vernachlässigender Teil der angesprochenen Verkehrskreise wird in Österreich davon ausgehen, daß ungeachtet der Bestimmung des § 7 Abs 1 LMG 1975 (Verbot des Inverkehrbringens gesundheitsschädlicher Lebensmittel, wozu auch Trinkwasser gehört) unter den Augen der für die Trinkwasserkontrolle zuständigen, tatenlos zusehenden Behörden (Lebensmittelbehörde, Wasserrechtsbehörde etc), eine Trinkwasserversorgungsanlage jahrzehntelang mit einer im Sinne zumindest einer Gesundheitsschädlichkeit "vergifteten" Quelle gespeist wird. Die semantische Auslegung der zweiten Instanz unterstellt dem Leser den Glauben, Bürger der Stadt V***** hätten jahrzehntelang mit dieser Gefahr leben müssen. Einer solchen Bedeutungszuweisung kann der erkennende Senat nicht beitreten. Vielmehr wird der maßgebliche Leserkreis annehmen, Schadstoffe - die aber nicht notwendigerweise zu einer Überschreitung der gesetzlichen oder verordneten (jetzt etwa Trinkwasser-Nitratverordnung BGBl 1989/557, Trinkwasser-Pestizidverordnung BGBl 1991/448) Grenzwerte führen müssen, - seien durch Dritte ins Wasser der Quelle eingebracht werden. Es darf nicht übersehen werden, daß die Tatsachenmitteilung des Beklagten in seinem Leserbrief ausdrücklich auf einen dem Kläger von der Stadt V***** verliehenen Umweltpreis Bezug nimmt. Gerade im derzeit so sensiblen Umweltbereich wird von "vergiften" im Sinn von "vergifteter Luft", "vergiftetem Wasser" etc auch dann gesprochen, wenn gesetzliche oder verordnete Grenzwerte zwar eingehalten, aber wesentlich bessere Umweltstandards mit geringeren Grenzwerten wünschenswert und allenfalls in anderen Ländern vielleicht sogar schon Norm wären. Die inkriminierte Aussage kann somit von den maßgeblichen Verkehrskreisen daher nur so verstanden werden, daß der Kläger ungeachtet ihm eingeräumter rechtlicher Möglichkeiten und ungeachtet ihm auferlegter rechtlicher Pflichten in Ansehung der Quelle tatenlos zugesehen habe, wie nach der damaligen Gesetzeslage zwar nicht notwendigerweise gesundheitsschädliche, aber doch dem nahekommende Schadstoffe in der Vergangenheit ("jahrzehntelang") in die Quelle von Dritten eingebracht wurden. Ob die Quelle jetzt noch der Trinkwasserversorgung dient, ist nicht von Belang, kritisiert doch der Beklagte die Verleihung des Umweltpreises an den Kläger, weil dieser - in der Vergangenheit - jahrzehntelang zugesehen habe, wie die Quelle "vergiftet" worden sei. Der durchschnittliche Leser wird davon ausgehen, daß Umweltpreise im allgemeinen nur an Personen verliehen werden, die sich über die Einhaltung gesetzlicher oder verordneter Grenzwerte hinaus den Umweltschutz angelegen sein lassen. Die Kritik, daß in einem so lebenswichtigen Bereich wie der Versorgung einer Stadt mit dem Lebensmittel Trinkwasser der Kontrolle auf Einbringung von Schadstoffen zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt worden sei, muß gerade in dem nicht zu vernachlässigenden Zusammenhang mit der Verleihung eines Umweltpreises zulässig sein.

Ist aber damit der Sinngehalt der beanstandeten Tatsachenmitteilung nach dem Verständnis des unbefangenen Durchschnittsbetrachters in einer bestimmten Richtung klar, so kann entgegen der Meinung des Klägers schon aus diesem Grund die Anwendung der sogenannten "Unklarheitenregel" nicht mehr in Betracht kommen (4 Ob 82/94 ua).

Die Vorinstanzen haben somit von einer unrichtigen Rechtsansicht ausgehend dem Beklagten den angebotenen Wahrheitsbeweis versagt. Im fortzusetzenden Verfahren muß daher die Richtigkeit der inkriminierten Tatsachenbehauptung geprüft werden. Denn davon hängt es ab, ob der klägerische, bei Wiederholungsgefahr zu bejahende, verschuldensunabhängige Unterlassungsanspruch zu Recht besteht. Die Beweispflicht trifft den Beklagten, weil die behauptete kreditschädigende Tatsachenbehauptung unbestritten auch eine Ehrenbeleidigung iS des § 1330 Abs 1 ABGB ist.

Bei nicht erbrachtem Wahrheitsbeweis der aufgestellten Behauptungen könnte sich der Beklagte nicht auf das gemäß Art 10 Abs 1 MRK, Art 13 Abs 1 StGG 1867 jedermann verfassungsrechtlich gewährleistete Grundrecht, Meinungen einschließlich Wertungen und Stellungnahmen (Kritik) an Leistungen, Entscheidungen und Erklärungen anderer, wie etwa an wissenschaftlichen Arbeiten, Gerichtsurteilen, künstlerischen Werken oder literarischen Werken frei zu äußern, berufen, gilt doch die Meinungsfreiheit nur für wertende Äußerungen und bedeutet im besonderen keinen Freibrief für das Aufstellen unrichtiger Tatsachenbehauptungen (MR 1995, 97 mit Anm von Korn und weiteren Nachweisen).

Das Schicksal des nur bei Verstößen gegen § 1330 Abs 2 ABGB, nicht aber gegen Abs 1 leg.cit. zulässigen (ÖBl 1992, 210) Widerrufsanspruchs hängt neben der Frage der Richtigkeit (Wahrheit) der inkriminierten Tatsachenbehauptung vom Verschulden des Verbreiters, somit davon ab, ob der Beklagte auf Grund der gegebenen Umstände ausreichende Anhaltspunkte für die Richtigkeit seiner Tatsachenmitteilung hatte und sie daher mit gutem Grund als wahr ansehen konnte.

Der außerordentlichen Revision des Beklagten ist Folge zu geben. Der Kostenvorbehalt fußt auf § 52 Abs 1 ZPO.

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