Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die beklagten Parteien haben der klagenden Partei Marktgemeinde S***** die mit 399,74 EUR (darin enthalten 66,62 EUR Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung zur ungeteilten Hand binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Begründung
Hält der Oberste Gerichtshof entgegen dem ihn nach § 508a Abs 1 ZPO nicht bindenden Ausspruch des Berufungsgerichtes die Revision mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage gemäß § 502 Abs 1 ZPO für nicht zulässig, kann sich die Zurückweisung der ordentlichen Revision auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 510 Abs 3 letzter Satz ZPO).
Das Rekursgericht begründete seinen gemäß § 508 Abs 3 ZPO nachträglich abgeänderten Zulässigkeitsausspruch damit, dass keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zu einem gleichgelagerten Sachverhalt vorliege; eine Fehlbeurteilung des Berufungsgerichtes, dass aufgrund der Zusage der Lastenfreiheit seitens der klagenden Gemeinde anlässlich des Verkaufes ihres Grundstückes, auf dem sich der hier strittige Weg fortgesetzt habe, auf die fehlende Redlichkeit geschlossen werden könne, sei zumindest denkmöglich. Damit wird aber keine Rechtsfrage, deren Lösung über den vorliegenden Anlassfall hinausgehende Bedeutung zukäme, aufgezeigt:
Rechtliche Beurteilung
Zur Ersitzung einer Dienstbarkeit zugunsten einer Gemeinde ist der gute Glaube ihrer "Machthaber" (§ 337 ABGB) während der gesamten Ersitzungszeit erforderlich (RIS-Justiz RS0010298). Der für die Ersitzung erforderliche gute Glaube fällt weg, wenn der Ersitzungsbesitzer entweder positiv Kenntnis erlangt, dass sein Besitz nicht rechtmäßig ist oder wenn er zumindest solche Umstände erfährt, die zu Zweifel an der Rechtmäßigkeit seines Besitzes Anlass geben (RIS-Justiz RS0010184). Bei der Beurteilung der Frage, ob die Redlichkeit, also der gute Glaube an die Rechtmäßigkeit der Besitzausübung vorliegt, sind die Umstände des Einzelfalles maßgebend. In der Ansicht des Berufungsgerichtes, dass die Beklagten den ihnen obliegenden (RIS-Justiz RS0034251) Beweis der Unredlichkeit der klagenden Gemeinde nicht erbracht haben, kann eine aufzugreifende Fehlbeurteilung des vorliegenden Einzelfalles nicht erblickt werden. Nach den Feststellungen der Vorinstanzen wurde der strittige Weg von den Gemeindebewohnern und Touristen schon vor dem Verkauf des Nachbargrundstückes durch die klagende Gemeinde und vor Errichtung der Wohnhausanlage begangen, und zwar einerseits, um zu diesem benachbarten Grundstück zu gelangen, zB um dort einen Arzt aufzusuchen. Zu diesem Zweck wird der Weg auch heute noch benützt. Seit zwischen den beiden Grundstücken ein öffentlicher Weg angelegt wurde, wird der strittige Weg auch als Verbindung zur südlich gelegenen Hauptstraße begangen. Der Umstand, dass die Repräsentanten der klagenden Gemeinde anlässlich des Verkaufes des Nachbargrundstückes davon ausgingen, dass dieses unbelastet sei und daher der Käuferin Lastenfreiheit zusicherten, hat somit keinen zwingenden Bezug zur Frage, ob die klagende Gemeinde redlicherweise von einem im Gemeingebrauch stehenden Gehweg auf dem Grundstück der Beklagten ausgehen durfte. Ein beliebiges Überqueren des verkauften Grundstückes wurde durch die Schaffung des öffentlichen Weges an dessen Westgrenze und dessen Neubebauung und Umgestaltung ohnehin unterbunden. Der Zugang zu den zunächst weiterhin auf diesem Grundstück vorhandenen, von Gemeindebürgern und Touristen frequentierten Einrichtungen sollte, wie sich aus dem Kaufvertrag ergibt, trotz Zusage der Lastenfreiheit erhalten bleiben. In der Revision wird weiters als erhebliche Rechtsfrage geltend gemacht, dass eine klare Stellungnahme des Obersten Gerichtshofes zur Frage der Notwendigkeit eines Weges für die Allgemeinheit, die bei Ersitzung eines Wegerechts zugunsten einer Gemeinde erforderlich sei, fehle. Der Oberste Gerichtshof hat sich jedoch bereits in einer Vielzahl von Entscheidungen mit dieser Frage befasst (RIS-Justiz RS0011698; SZ 54/154; SZ 72/136; 5 Ob 106/97t; 2 Ob 104/98b; 2 Ob 232/01h ua; M. Bydlinski in Rummel ABGB³ § 1460 Rz 5 mwN), deren wesentliche Grundsätze vom Berufungsgericht zutreffend wiedergegeben wurden. Ob diese Voraussetzung vorliegt, hängt ebenfalls von den jeweiligen besonderen Umständen ab, sodass eine richtungsweisende Entscheidung, die die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Notwendigkeit eines Wegerechts um allgemein bedeutsame Aspekte erweitern könnte, in diesem Einzelfall nicht zu erwarten ist. Allein der Umstand, dass ein weiterer Weg in Ost-West-Richtung verläuft, zwingt noch nicht dazu, die Notwendigkeit im Sinn der vom Berufungsgericht aufgezeigten Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes im konkreten Fall zu verneinen, ergibt sich doch aus den Feststellungen der Vorinstanzen, dass die ursprünglich vorhandene diagonale Verbindung der beiden Wege wegfiel, beide Wege seit jeher frequentiert wurden und die Wege nach einer längeren, verbindungslosen Strecke - der andere Weg im Bereich einer gefährlichen Kreuzung - in die Ortsstraße einmünden. Auch insoweit liegt daher eine aufzugreifende Fehlbeurteilung durch die Vorinstanzen nicht vor.
Soweit in der Revision Verfahrensmängel gerügt werden, ist darauf hinzuweisen, dass angebliche Mängel des Verfahrens erster Instanz, deren Vorliegen vom Berufungsgericht verneint wurde, im Revisionsverfahren nicht mehr geltend gemacht werden können (RIS-Justiz RS0042963).
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41 und 50 Abs 1 ZPO. Aufgrund der Ausführungen in der Revisionsbeantwortung zur Unzulässigkeit der Revision mangels erheblicher Rechtsfrage ist der Schriftsatz als zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig anzusehen und daher zu honorieren.
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