Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die beklagte Partei hat der klagenden Partei die mit 9.451,80 S (darin 1.575,30 S Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Begründung
Der Beklagte errichtete für den Kläger im Jahr 1991 ein Schwimmbecken. Seine auf die Bezahlung von 193.358,56 S gerichtete Klage wurde 1994 mangels Fälligkeit des Werklohns abgewiesen. Der beklagte Besteller (hier der Kläger) hatte erfolgreich Mängel einer gelieferten Gegenstromanlage eingewendet. Der Kläger zahlte nach Behebung von Mängeln den Werklohn, nicht aber (mit dem Einwand der Verjährung) die Forderung von 19.000 S für die Gegenstromanlage. Er machte im Jahr 1995 einen Vergleichsvorschlag über 9.500 S. Der Rechtsvertreter des Beklagten antwortete, dass aus wirtschaftlichen Erwägungen der Vorschlag akzeptiert werde, "um die Angelegenheit ein für alle Mal aus der Welt zu schaffen". Wörtlich hieß es weiter: "Mit der Bezahlung von S 9.500 ... sind somit sämtliche wechselseitigen Ansprüche bereinigt". Daraufhin bezahlte der Kläger 9.500 S. Der Kläger bemerkte im Jahr 1997 einen Wasserverlust im Schwimmbecken. Die von einem Subunternehmer des Beklagten durchgeführten Verspachtelungsarbeiten waren mangelhaft. Der Sanierungsaufwand betrug 154.000 S.
Mit der am 31. 10. 1997 eingebrachten Klage begehrte der Kläger den Ersatz des Sanierungsaufwandes und stellte ein später wieder fallen gelassenes Feststellungsbegehren. Das Leistungsbegehren betrug zuletzt 154.000 S. Der Kläger stützte sich auf Gewährleistungs- und Schadenersatzrecht. Der Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Gewährleistungsansprüche seien verjährt. Der Kläger könne keinen Schadenersatz wegen der Bereinigungswirkung des abgeschlossenen Vergleichs verlangen.
Der Kläger replizierte, dass sich der Vergleich nur auf die schadhafte Pumpe bezogen habe. Ein Verzicht auf Gewährleistungs- und Schadenersatzansprüche sei gemäß den §§ 937, 879 ABGB und § 9 KSchG nichtig.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Seine über den schon wiedergegebenen Sachverhalt hinausgehenden Feststellungen brauchen nicht wiedergegeben zu werden, weil im Revisionsverfahren nur die Bereinigungswirkung des zwischen den Parteien im Oktober 1995 geschlossenen Vergleichs strittig ist. Das Erstgericht ging von einem nach § 9 KSchG unwirksamen Verzicht auf Gewährleistung und Schadenersatz aus.
Das Berufungsgericht gab der Berufung des Beklagten nicht Folge. Es qualifizierte die Gewährleistungsansprüche als gemäß § 933 ABGB verfristet, bejahte aber den Schadenersatzanspruch des Klägers, weil dem abgeschlossenen Vergleich gemäß § 1389 ABGB keine generalbereinigende Wirkung zukomme. Wenn in einem Prozess bestimmte Mängel eines Werkes geltend gemacht werden, umfasse der Vergleich nicht auch weitere, bis dahin nicht vorhandene oder nicht zu erwartende Mängel (3 Ob 41/87). Das Berufungsgericht sprach zunächst aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei, änderte diesen Ausspruch auf Antrag des Beklagten aber ab und erklärte die ordentliche Revision für zulässig.
Mit seiner Revision beantragt der Beklagte die Abänderung dahin, dass das Klagebegehren abgewiesen werde, hilfsweise die Aufhebung zur Verfahrensergänzung.
Der Kläger beantragt, die Revision als unzulässig zurückzuweisen, hilfsweise, ihr nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Berufungsgerichtes nicht zulässig. Der Auslegung von Vergleichen kommt grundsätzlich keine über den Rechtsstreit hinausgehende Bedeutung zu, es sei denn, die Entscheidung des Berufungsgerichtes beruhte auf einer wesentlichen Verkennung der Rechtslage, sodass die Revision aus Gründen der Einzelfallgerechtigkeit für zulässig zu erachten wäre (7 Ob 74/99d). Bei der Auslegung von Verträgen ist nicht am buchstäblichen Sinn des Ausdrucks zu haften. Entscheidend ist die Parteiabsicht (§ 914 ABGB), die aus den Umständen des Einzelfalls erschlossen werden muss. Das Auslegungsergebnis des Berufungsgerichtes ist vertretbar. Die Formulierung im Vergleichsanbot des Beklagten, dass "sämtliche wechselseitigen Ansprüche bereinigt" sein sollen, wäre nur bei einer am Wortlaut haften bleibenden Auslegung dahin zu verstehen, dass auch den Parteien völlig unbekannte Mängel und erst künftig auftretende Schäden nicht mehr geltend gemacht werden dürften. Es bestehen zumindest Zweifel, dass die Parteien, insbesondere der Kläger als Erklärungsempfänger, davon ausgehen hätten müssen, wurde doch der Vergleich nur über einen geringen strittigen Betrag geschlossen, der in keinem Verhältnis zu dem später eingetretenen Sanierungsaufwand steht. Das Berufungsgericht ist von der Zweifelsregelung des § 1389 ABGB ausgegangen, dass sich die Bereinigungswirkung des Vergleichs nicht auf Ansprüche erstreckt, an die die vergleichenden Parteien nicht denken konnten. Es wurde weder festgestellt noch vorgebracht, dass ein Anhaltspunkt bestand, es könnten versteckte Mängel vorliegen, die zu einem "Totalschaden" am Schwimmbad führten. Dass in der zitierten Vorentscheidung 3 Ob 41/87 = JBl 1988, 380 im Vergleichstext von einer Bereinigung der Ansprüche "bis heute" die Rede war und dieser Zusatz im hier zu beurteilenden Vergleichstext fehlt, hat keineswegs die entscheidungswesentliche Bedeutung, die der Revisionswerber der Abweichung beimisst. Die von ihm weiters zitierten oberstgerichtlichen Entscheidungen betrafen andere und nur beschränkt vergleichbare Sachverhalte (2 Ob 89/95 und 2 Ob 130/97z:
Vergleiche nach Verkehrsunfällen; 3 Ob 540/89: Unterhaltsvergleich; 9 ObA 132/90: Vergleich bei Auflösung eines Arbeitsverhältnisses). Auf die Entscheidung 2 Ob 89/95 kann sich der Revisionswerber schon deshalb nicht stützen, weil die dort bejahte umfassende Bereinigungswirkung eines Abfindungsvergleichs damit begründet wurde, dass ausdrücklich die Abfindung von Ersatzansprüchen vereinbart worden war, "auch wenn sie noch nicht bekannt, erkennbar oder voraussehbar sind". Auch die Entscheidung 2 Ob 130/97z spricht nicht für, sondern gegen den Standpunkt des Revisionswerbers. Der Abfindungsvergleich wurde wegen eines krassen Missverhältnisses zwischen dem Schaden und der bloß auf der Basis der bekannten Unfallsfolgen errechneten Abfindungssumme als sittenwidrig qualifiziert. Diese zusätzliche Begründung könnte hier (der Kläger hat sich auch auf die Sittenwidrigkeit des Vergleichs berufen) als weitere Grundlage der Klagestattgebung dienen.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO. Die Revisionsbeantwortung des Klägers enthält zutreffende Ausführungen zur Unzulässigkeit der vorliegenden Revision.
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