OGH 6Ob192/73

OGH6Ob192/734.10.1973

SZ 46/98

Normen

ABGB §142
AußStrG §16
ABGB §142
AußStrG §16

 

Spruch:

Eine Teilung der Erziehungsbefugnisse geschiedener Eltern ist offenbar gesetzwidrig

OGH 4. Oktober 1973, 6 Ob 192/73 (LG Salzburg 10 R 168/73, BG Salzburg 1 P 509/67)

Text

Das Erstgericht verfügte die Ausnehmung des Sorgerechtes für die schulischen Belange der Minderjährigen aus der Pflege und Erziehung der Mutter und dessen Übertragung an den Vater, wies die Anträge der Mutter auf Genehmigung der Unterbringung der Minderjährigen in dem Internat C, Schweiz, ab und genehmigte die Anmeldung der Minderjährigen durch den Vater in der von ihm zu bestimmenden Schultype und -stufe, insbesondere auch in der vierten Klasse einer Hauptschule. Daraus, daß die Mutter, deren überdurchschnittliches Protektionismus gegenüber der Minderjährigen bereits festgestellt worden sei, die Tochter vom Besuch des Bundesgymnasiums abgemeldet habe, ohne zugleich Vorsorge für den Besuch einer anderen Schule zu treffen, sei zu schließen, daß ihr die Fähigkeit, für die schulischen Belange der Minderjährigen zu sorgen, fehle. Da demgegenüber der Vater gezeigt habe, daß es ihm um das Wohl der Minderjährigen gehe, sei ihm in diesem Umfange das Sorgerecht zu übertragen und die Anmeldung der Minderjährigen nach ihrem bisherigen Erfolg im Gymnasium in der von ihm zu bestimmenden Schultype zu genehmigen. Die Wiederholung des Antrages auf Unterbringung der Minderjährigen in dem Schweizer Internat, der bereits rechtskräftig abgewiesen wurde, durch die Mutter könne zu keinem anderen Ergebnis führen.

Das Rekursgericht gab dem von beiden Elternteilen erhobenen Rekurs keine Folge. Wenn auch der Wert der Erziehung in dem Schweizer Internat für die Minderjährige nicht zu verkennen sei, sei doch beachtlich, daß die Minderjährige die Streitigkeiten der Eltern, deren Auswirkungen auf sie bisher einen Grund bildeten, sie anderwärts unterzubringen, nicht mehr so tragisch nehme und inzwischen die 4. Hauptschulklasse mit sehr gutem Erfolg abgeschlossen sowie die Aufnahmsprüfung in eine 5jährige Höhere Lehranstalt für wirtschaftliche Frauenberufe bestanden habe. Damit erhalte sie eine Ausbildung, die ihr eine Arbeit in dem Betrieb ihres Vaters, aber auch in einem anderen ermöglichen werde. Das kaum verständliche Verhalten der Mutter, die die Minderjährige vom Besuch des Gymnasiums abgemeldet habe, ohne für den Besuch einer anderen Schule zu sorgen, rechtfertige die Ausnehmung der schulischen Belange der Minderjährigen aus ihrer Erziehung. Ein Grund diese gänzlich dem Vater zu übertragen, sei dagegen noch nicht gegeben.

Über den Revisionsrekurs der ehelichen Mutter hob der Oberste Gerichtshof die Beschlüsse der Untergerichte in ihrem Ausspruch über die Ausnehmung des Sorgerechtes für die schulischen Belange der Minderjährigen aus der mütterlichen Pflege und Erziehung und dessen Übertragung an den Vater auf.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Berechtigt ist die Rüge einer offenbaren Gesetzwidrigkeit, insoweit die Untergerichte die schulischen Belange der Minderjährigen aus der der Mutter zustehenden Pflege und Erziehung ausgenommen und dem Vater übertragen haben. Gemäß § 142 ABGB ist nach der Scheidung der Ehe der Eltern eines Kindes zu entscheiden, ob alle oder welche Kinder dem Vater oder der Mutter zu überlassen sind. Wurde einem Elternteil ein Kind überlassen, so kann er dessen Pflege und Erziehung lenken (JBl. 1955, 275; EFSlg. 4162, 9650, 15124). Hat der andere Teil andere Auffassungen von der Zweckmäßigkeit einzelner Erziehungsmaßnahmen, kann er die Entscheidung des Pflegschaftsgerichtes einholen, die gegebenenfalls auch dahin lauten kann, Pflege und Erziehung nunmehr dem anderen Teil zu Überlassen. Über die Absicht des Gesetzgebers kann damit kein Zweifel bestehen, die Erziehung eines Minderjährigen entweder dem einen oder dem anderen Elternteil zu überlassen, offenkundig in der Erkenntnis, daß anders eine erfolgversprechende Erziehung auch gar nicht möglich wäre. In der von den Untergerichten dennoch verfügten Teilung der Erziehungsbefugnisse zwischen den geschiedenen Elternteilen liegt daher eine offenbare Gesetzwidrigkeit, die nach ständiger Rechtsprechung immer dann gegeben ist, wenn ein Fall im Gesetz selbst und so klar gelöst ist, daß kein Zweifel über die Absicht des Gesetzgebers aufkommen kann und trotzdem eine damit in Widerspruch stehende Entscheidung gefällt wird (SZ 21/131, SZ 23/10.166, SZ 24/6, SZ 25/185, SZ 39/103 u. v. a.). Hervorgehoben sei, daß damit in dem auf Verlangen des Vaters begonnenen Schulbesuch der Minderjährigen keine Änderung eintritt, da dieser in den Rahmen der Berufswahl fällt, die gemäß § 148 ABGB der Vater zu bestimmen hat.

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