Spruch:
Der außerordentlichen Revision wird Folge gegeben.
Die angefochtene Entscheidung wird dahin abgeändert, dass das Urteil des Erstgerichts wiederhergestellt wird.
Die Klägerin ist schuldig, der Beklagten die mit 14.462,22 EUR (darin 983,67 EUR Umsatzsteuer und 8.560,20 EUR Barauslagen) bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Klägerin ist Haftpflichtversicherer einer aus mehreren Unternehmen bestehenden ARGE, die im Jahr 2008 von der S***** AG mit der Erbringung der Betonlieferungen für ein Bauvorhaben beauftragt worden war. Die ARGE wiederum beauftragte mit der „Vereinbarung Pumpleistung“ Beilage ./B die Beklagte mit den Pumpleistungen von fertiggemischtem Beton auf den zu beliefernden Baustellen mit eigenen Betonpumpen.
In dieser Vereinbarung werden als ihre Rechtsgrundlagen ausdrücklich unter anderem die „Allgemeinen Verkaufs- und Lieferbedingungen für Transportbeton und Betonpumpleistungen“ (in der Folge kurz AGB; Beilage ./1) angeführt. Deren § 5 lautet:
Schadenersatzhaftung
- 5.1 Für Produkthaftungsansprüche wird nach Maßgabe des Produkthaftungsgesetzes gehaftet.
- Die Beweislast für das Vorliegen von Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit trägt der AG. Ersatzansprüche verjähren in 6 Monaten ab Kenntnis von Schaden und Schädiger, jedenfalls in 3 Jahren nach Erbringung der Lieferung oder Leistung.
- Allfällige strengere Regelungen des Konsumentenschutzgesetzes bleiben gegenüber Verbrauchern unberührt.
Die AGB waren auf der Homepage der Beklagten und mittels Google-Suche abruf- und einsehbar. Die ARGE hatte jedenfalls die Möglichkeit, vom Inhalt der AGB Kenntnis zu erlangen. Es steht hingegen nicht fest, ob zwischen der ARGE und der Beklagten außerhalb des konkreten Auftrags eine mehrfache Auftragsbeziehung bestand beziehungsweise ob die ARGE aus Voraufträgen Kenntnis der AGB hatte beziehungsweise ob die AGB in diesen Fällen ausdrücklich vereinbart wurden.
Am 15. 2. 2010 ereignete sich auf einer Baustelle beim Einpumpen von Beton durch die Beklagte aufgrund des Bruches eines Fallrohrs ein Schadensereignis. Die ARGE stellte danach mit Schreiben vom 8. 4. 2010 der Beklagten „für die erbrachten Leistungen zur Sanierung der schadhaften UWBS (Trog14)“ 302.306,96 EUR in Rechnung stellte.
Am 18. 8. 2011 erbrachte die Klägerin als Haftpflichtversicherer der ARGE an die S***** eine erste Entschädigungsleistung von 126.615,04 EUR; insgesamt leistete die Klägerin 141.808,84 EUR.
Die Klägerin begehrt mit der seit 14. 11. 2011 gerichtsanhängigen Klage diesen Betrag von der Beklagten unter Berufung auf die Legalzession des § 67 VersVG. Die Beklagte habe zumindest grob fahrlässig jegliche Kontroll- und Wartungstätigkeiten hinsichtlich der zum Einsatz gekommenen Rohre unterlassen gehabt. Da die erste Entschädigungsleistung erst am 18. 8. 2011 erfolgt sei, sei die Verjährungsfrist jedenfalls gewahrt; die AGB seien nicht Vertragsbestandteil geworden.
Die Beklagte wendete im Hinblick auf § 5 AGB Verjährung ein. Die AGB seien ausdrücklich vereinbart und auf der Homepage der Beklagten und mittels Google-Suche jederzeit einsehbar gewesen. Da die ARGE bereits am 8. 4. 2010 Rechnung gelegt habe, habe die sechsmonatige Verjährungsfrist bereits zu diesem Zeitpunkt zu laufen begonnen.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Die AGB seien gültig vereinbart worden und verstießen auch nicht gegen §§ 864a, 879 Abs 3 ABGB. Die Klägerin berufe sich zwar auf § 67 VersVG, dadurch ändere sich aber nicht der für den Verjährungsbeginn maßgebliche Zeitpunkt. Dieser richte sich danach, wann die ARGE Kenntnis von Schaden und Schädiger gehabt habe, sei also mit 8. 4. 2010 anzunehmen. Bei Klagseinbringung sei die Sechsmonatsfrist somit bereits verstrichen gewesen.
Das Berufungsgericht verwarf die Verjährungseinrede der Beklagten mit Zwischenurteil und ließ die ordentliche Revision nicht zu.
In der Sache selbst vertrat das Berufungsgericht die Auffassung, die Verjährungsfrist habe mit 18. 8. 2011 zu laufen begonnen, mache die Klägerin doch einen auf sie nach § 67 VersVG übergegangenen Regressanspruch der ARGE geltend; in einem solchen Fall komme es darauf an, wann der in Anspruch Genommene (ARGE) dem Dritten (S***** AG) tatsächlich Ersatz geleistet habe.
Rechtliche Beurteilung
Die außerordentliche Revision ist zulässig; sie ist auch berechtigt.
1. Die Vorinstanzen sind übereinstimmend davon ausgegangen, dass es für die hier zu beurteilende Verjährungsfrage nicht auf den Zeitpunkt der Ersatzleistung der Klägerin an die S***** AG am 18. 8. 2011 infolge damit bewirkter Legalzession nach § 67 VersVG ankomme der Schuldner (hier also die Beklagte) könne durch diese Zession nicht schlechter gestellt werden als ohne dieselbe. Diese Auffassung ist zu Recht (RIS-Justiz RS0034514) im Revisionsverfahren nicht mehr strittig.
2. Übereinstimmung herrscht zwischen den Parteien im Revisionsverfahren weiters dahin, dass es vielmehr auch für die Klägerin maßgeblich auf jenen Zeitpunkt ankommt, zu dem für die ARGE die Verjährungsfrist gegenüber der Beklagten zu laufen begonnen hat, handelt es sich doch um einen Regressanspruch der ARGE gegenüber einem Erfüllungsgehilfen.
2.1. Wie das Berufungsgericht an sich richtig ausgeführt hat, beginnt in einem solchen Fall der Fristlauf für die Verjährung noch nicht mit dem Schaden des Dritten selbst oder mit der Geltendmachung des Schadenersatzanspruchs durch den geschädigten Dritten, sondern erst dann, wenn und soweit der in Anspruch Genommene (hier also die ARGE) dem Dritten (hier also der S***** AG) tatsächlich Ersatz geleistet hat (RIS-Justiz RS0028394). Dies wäre - infolge Zahlung durch die Klägerin - (wiederum) der 18. 8. 2011.
2.2. Das Berufungsgericht hat allerdings nicht ausreichend berücksichtigt, dass die ARGE und die Beklagte ausdrücklich eine Verjährungsfrist von (lediglich) sechs Monaten für Ersatzansprüche der ARGE gegen die Beklagte vereinbart haben, wobei darunter auch Ersatzansprüche Beträge betreffend zu verstehen sind, „die der Auftraggeber [hier also die ARGE] seinerseits Dritten [hier also der S***** AG] zu leisten hat“. Dies ergibt sich aus dem mit „Schadenersatzhaftung“ übertitelten § 5 der AGB. Der Beginn der Verjährungsfrist wird dabei ausdrücklich und generell mit der „Kenntnis von Schaden und Schädiger“ festgelegt. Dies war aber nach den Feststellungen der Vorinstanzen bereits am 8. 4. 2010 gegeben, machte die ARGE doch bereits zu diesem Zeitpunkt der Höhe nach bezifferte Schadenersatzansprüche aufgrund des Schadensereignisses vom 15. 2. 2010 gegen die Beklagte geltend.
Da durch die von ARGE und Beklagter getroffene Vereinbarung auch für Regressansprüche gegen die Beklagte eine sechsmonatige Verjährungsfrist vereinbart wurde, die mit Kenntnis von Schaden und Schädiger zu laufen beginnen sollte, kommt im vorliegenden Fall - entgegen der vom Berufungsgericht vertretenen Auffassung - der wiedergegebenen Rechtsprechung zum Verjährungsbeginn von Regressansprüchen keine Bedeutung zu.
2.3. Wie das Erstgericht bereits zutreffend erkannt hat, kommen die AGB zwischen den Verfahrensbeteiligten zur Anwendung, verwies doch die zwischen ARGE und Beklagter abgeschlossene Vereinbarung Beilage ./B im Vertragspunkt „Rechtsgrundlagen“ unter anderem ausdrücklich darauf und waren sie nach den Feststellungen die AGB sowohl auf der Homepage der Beklagten als auch (sonst) im Internet mittels Google-Suche abrufbar. Darauf, dass diese Aufrufbarkeit zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses noch nicht gegeben gewesen sein könnte, hat sich die Klägerin im Verfahren erster Instanz trotz ausdrücklicher Erörterung durch den Erstrichter nicht berufen. Damit hatte die ARGE aber bei Vertragsabschluss die in ständiger Rechtsprechung (RIS-Justiz RS0014506) geforderte Möglichkeit, vom Inhalt dieser Bedingungen Kenntnis zu nehmen; dabei reichte es aus, dass sie die Möglichkeit hatte, sich Kenntnis zu verschaffen (vgl 7 Ob 231/06f).
2.4. Die ARGE war bereits am 8. 4. 2010 in Kenntnis von Schaden und Schädiger, womit am 14. 11. 2011 die sechsmonatige Verjährungsfrist bereits abgelaufen war. Das Erstgericht, dessen Entscheidung wiederherzustellen war, hat das Klagebegehren daher zutreffend abgewiesen.
Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens gründet sich auf §§ 41 Abs 1, 50 Abs 1 ZPO.
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