OGH 6Ob112/12g

OGH6Ob112/12g13.9.2012

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Pimmer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler, Univ.-Prof. Dr. Kodek und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. J***** O*****, 2. J***** GmbH, beide *****, vertreten durch Dr. Kurt Berger und andere Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei B***** H*****, Deutschland, vertreten durch Dr. Daniel Charim und andere Rechtsanwälte in Wien, wegen Wiederaufnahme des Verfahrens 34 Cg 2/05h des Handelsgerichts Wien, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 29. Februar 2012, GZ 4 R 366/11i-31, mit dem das Urteil des Handelsgerichts Wien vom 29. März 2011, GZ 22 Cg 6/08p-27, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die Kläger sind zur ungeteilten Hand schuldig, dem Beklagten die mit 2.174,40 EUR (darin 362,40 EUR Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Entgegen dem - den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 508a Abs 1 ZPO) - Ausspruch des Berufungsgerichts ist die ordentliche Revision nicht zulässig:

Das Berufungsgericht hat seinen Zulässigkeitsausspruch damit begründet, es fehle Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zum Verhältnis von Recherchepflicht eines Journalisten und Vertraulichkeit von Äußerungen bei Verdachtslagen.

1. Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs ist im auf § 530 Abs 1 Z 7 ZPO gegründeten Wiederaufnahmeverfahren zu prüfen, inwieweit es sich um neue Beweise handelt, die unter Zugrundelegung der im Vorprozess vertretenen Rechtsansicht zu einem anderen Ergebnis in der Hauptsache führen könnten (RIS-Justiz RS0044662). Im wiederaufzunehmenden Verfahren ist das Oberlandesgericht Wien in der die auf § 1330 ABGB gestützte Klage abweisenden Entscheidung in rechtlicher Hinsicht davon ausgegangen, dass der (Wiederaufnahms-)Beklagte die Dossiers dem Rechtsanwalt in Ausübung der ihn als Journalisten treffenden Recherchepflicht zur Durchsicht, ob darin relevante Aspekte enthalten sind, übergab; dabei war die Vertraulichkeit durch die bestehende Verschwiegenheitspflicht des Rechtsanwalts gewahrt. Damit wurde aber die Frage, ob der (Wiederaufnahms-)Beklagte überhaupt in Wahrnehmung seiner Recherchepflicht gehandelt hat und ob nicht schon die Weitergabe der Dossiers an den Rechtsanwalt ein unzulässiges Verbreiten iSd § 1330 ABGB dargestellt hat, im wiederaufzunehmenden Verfahren bereits verbindlich geklärt.

2. Nach den Feststellungen der Vorinstanzen war der Rechtsanwalt „bei Wahrung der Vertraulichkeit zur Einbeziehung dritter Personen berechtigt“; der (Wiederaufnahms-)Beklagte „nahm [dabei] in Kauf, dass [der Rechtsanwalt] unter Umständen auch bestimmte, ihm vertrauenswürdig erscheinende Dritte um Rat oder Einschätzung fragen würde“. Die auf dieser Feststellung beruhenden Auffassung der Vorinstanzen, dass auch die beigezogenen Dritten Vertraulichkeit wahren mussten, begegnet keinen Bedenken. Die in der Revision vorgenommene Auslegung dahin, der Rechtsanwalt sei „im Ergebnis berechtigt [gewesen], das Dossier [uneingeschränkt] an Dritte weiter zu leiten, so ihm diese bloß 'seriös' erscheinen“, ist verfehlt. Insoweit geht die Revision somit weitgehend nicht vom festgestellten Sachverhalt aus.

3. Eine Mitteilung ist dann nicht öffentlich, wenn sie nach den Umständen des Falls als vertraulich anzusehen ist. Dem steht nicht entgegen, dass sie mehreren Personen zugänglich wird (hier dem Rechtsanwalt und dem beigezogenen Journalisten). Die Vertraulichkeit ist zwar nicht mehr gegeben, wenn mit einer Weitergabe an außenstehende Personen gerechnet werden musste (RIS-Justiz RS0031906) und die Weitergabe auch tatsächlich erfolgte (6 Ob 184/04h; 6 Ob 40/09i). Dass der Journalist das Dossier weitergegeben hätte, behauptet die Revision jedoch gar nicht.

4. Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO. Der (Wiederaufnahms-)Beklagte hat in der Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen. Der Schriftsatz ist daher als zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendig anzusehen.

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