European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2017:E118989
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Spruch:
Der außerordentliche Revisionsrekurs wird gemäß § 402 Abs 4 EO iVm § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 528a iVm § 510 Abs 3 ZPO).
B e g r ü n d u n g :
Der Antragsteller ist Immobilienmakler der I* GmbH. Dieser Gesellschaft erteilten die A* GmbH und die Antragsgegnerin einen Alleinvermittlungsauftrag zum Verkauf bzw Vermietung des G*.
Die Antragsgegnerin schickte an die I* GmbH ein Schreiben (datiert mit 1. 9. 2016), in welchem unter anderem davon die Rede war, dass der Antragsteller „bewusst gegen die Interessen und zum Schaden“ der genannten Gesellschaft handle. Dieser habe seit Unterfertigung des Alleinvermittlungsauftrags durch den ehemaligen Prokuristen der Antragsgegnerin, der vom Antragsteller in die Irre geführt worden sei, sukzessive gegen die Interessen und zum Schaden der I* GmbH gehandelt. Das Verhalten des Antragstellers mache jegliche Fortsetzung einer Vertragsbeziehung unzumutbar. Mittlerweile lägen mehrere Dokumente vor, die die Behauptung, dass der Antragsteller gegen die Interessen und zum Schaden der I* GmbH gehandelt habe, bestätigen würden.
Das Erstgericht erließ die beantragte einstweilige Verfügung, mit welcher der Antragsgegnerin untersagt wurde, sinngemäß oder wörtlich zu behaupten, der Antragsteller habe durch Täuschung des Prokuristen der A* GmbH die Unterschrift unter dem Alleinvermittlungsauftrag in sittenwidriger Weise erschlichen sowie der Antragsteller habe seit Abschluss des Alleinvermittlungsauftrags sukzessive und bewusst gegen die Interessen und zum Schaden der A* GmbH gehandelt.
Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung mit eingehender Begründung.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs zeigt keine erhebliche Rechtsfrage auf.
1.1. Schwerpunkt der Argumentation des Revisionsrekurses ist der Einwand, die Rechtsprechung zur Rechtfertigung auch unrichtiger Behauptungen im Zuge eines Gerichtsverfahrens müsse auf außergerichtliche Auseinandersetzungen übertragen werden.
1.2. Dieses Argument hat schon das Rekursgericht mit eingehender Begründung verworfen. Nach ständiger Rechtsprechung sind in die Ehre oder den wirtschaftlichen Ruf des Prozessgegners eingreifende Parteibehauptungen, Aussagen oder Anzeigen gegenüber anderen Prozesshandlungen, durch die andere Rechtsgüter geschädigt werden, noch weitergehend privilegiert. Sie sind nur rechtswidrig, wenn sie vorsätzlich wider besseres Wissen erhoben werden. Die Beweislast dafür, dass eine bestimmte Prozessbehauptung in Kenntnis ihrer Unwahrheit und sohin wissentlich falsch erhoben wurde, trifft denjenigen, der in einem nachfolgenden Verfahren als Kläger Ansprüche nach § 1330 ABGB geltend macht (vgl RIS‑Justiz RS0022784, RS0105665, RS0114015; 6 Ob 46/08w; 6 Ob 40/09i ua). Hinter dieser Rechtsprechung steht die Überlegung, dass das Recht, bei Meinungsverschiedenheiten die Hilfe der Gerichte in Anspruch zu nehmen, nicht mit einer Verantwortlichkeit nach § 1330 ABGB belastet werden dürfe, sofern kein Rechtsmissbrauch vorliege (RIS‑Justiz RS0022784 [T1, T8], RS0105665, RS0114015 [T1]).
1.3. Diese Überlegung lässt sich aber nicht auf außergerichtliche Auseinandersetzungen übertragen. Die Antragsgegnerin hat die inkriminierten Behauptungen nicht in einem rechtsförmigen Verfahren, in dessen Zuge auch deren Richtigkeit geklärt werden hätte können, erhoben, sondern als außergerichtliche Reaktion auf eine Honorarforderung ihrer Vertragspartnerin. In diesem Zusammenhang sind die Vorwürfe gegen den Antragsteller aber – wie die Vorinstanzen zutreffend erkannten – nicht privilegiert, sondern die Antragsgegnerin haftet bereits bei Erkennbarkeit der Unrichtigkeit ihrer Behauptungen (RIS‑Justiz RS0031798 [T13]; RS0031666).
2. Nach ständiger Rechtsprechung wird eine Tatsachenmitteilung auch dann öffentlich verbreitet, wenn sie nur einer einzigen Person zugeht, aber keine Gewähr dafür besteht, dass der Empfänger die Mitteilung vertraulich behandeln werde (RIS‑Justiz RS0032413). Letztere Voraussetzung ist hier nicht erfüllt.
3. Die Auslegung einer Äußerung bildet regelmäßig keine erhebliche Rechtsfrage (vgl RIS‑Justiz RS0031883 [T28]). Gleiches gilt für die Wertung des fehlenden Bestreitens als schlüssiges Tatsachengeständnis im Sinne des § 267 ZPO (vgl RIS‑Justiz RS0039927 [T9, T10 T11]).
4. Damit bringt der Revisionsrekurs aber keine Rechtsfragen der in § 528 Abs 1 ZPO geforderten Bedeutung zur Darstellung, sodass er spruchgemäß zurückzuweisen war.
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