OGH 5Ob80/15y

OGH5Ob80/15y28.4.2015

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr.

 Hradil als Vorsitzenden sowie die Hofräte Dr. Höllwerth, Dr. Grohmann, Mag. Wurzer und Mag. Painsi als weitere Richter in der wohnrechtlichen Außerstreitsache der Antragstellerin Doris K*****, vertreten durch Mag. Joachim Pfeiler, Rechtsanwalt in Brunn am Gebirge, gegen den Antragsgegner Wolfgang T*****, vertreten durch Dr. Stefan Prokop, Rechtsanwalt in Perchtoldsdorf, wegen Durchführung von Erhaltungsarbeiten, über den Revisionsrekurs der Antragstellerin gegen den Sachbeschluss des Landesgerichts Wiener Neustadt als Rekursgericht vom 10. Februar 2015, GZ 19 R 64/14v‑54, mit dem der Sachbeschluss des Bezirksgerichts Mödling vom 3. Juli 2014, GZ 8 Msch 30/14t‑44, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0050OB00080.15Y.0428.000

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin ist schuldig, dem Antragsgegner binnen 14 Tagen die mit 336,82 EUR (darin enthalten 56,14 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsrekursbeantwortung zu ersetzen.

 

Begründung:

1. Nach den Feststellungen der Vorinstanzen, die den Antrag der Hauptmieterin auf Durchführung von Erhaltungsarbeiten (§§ 3, 6 MRG) abwiesen, führte die zum Zeitpunkt der Errichtung des Gebäudes um die Jahrhundertwende übliche Bauweise ohne Feuchtigkeitsisolierung zu aufsteigender Mauerfeuchtigkeit und zu zahlreichen, auch großflächigeren Putz‑ und Farbabblätterungen im Bestandobjekt, das im Erdgeschoss liegt. Dabei handelt es sich um eine optische ‑ nicht gesundheitsgefährdende ‑ Beeinträchtigung ohne Schimmelbildung, welche die Statik des Hauses nicht gefährdet.

2. Das Rekursgericht ließ den Revisionsrekurs zur Klarstellung zu, ob der Oberste Gerichtshof in einer jüngeren Entscheidung möglicherweise von der bisherigen Judikatur abgehe, indem er die Erhaltungspflicht des Vermieters nach § 3 Abs 2 Z 2 erster Fall MRG nunmehr davon abhängig mache, dass baubedingt aufsteigende Mauerfeuchtigkeit Substanz und Statik des Hauses unmittelbar gefährde.

3. Der Revisionsrekurs der Antragstellerin ist entgegen diesem nicht bindenden (§ 71 Abs 1 AußStrG) Ausspruch des Rekursgerichts nicht zulässig.

Rechtliche Beurteilung

4. Die ständige Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs qualifiziert Feuchtigkeitsschäden und Schimmelbildung im Bestandobjekt als ernsten, vom Vermieter nach § 3 Abs 2 Z 2 erster Fall MRG zu behebenden Schaden, wenn der Schimmelbefall eine großflächige Erneuerung des zur Bausubstanz gehörenden Verputzes notwendig macht. Nur ein Schaden, der einerseits die ordentliche Benützung des Bestandobjekts unmöglich macht, und andererseits ein außergewöhnliches Ausmaß erreicht, kann als „ernst“ angesehen werden (RIS‑Justiz RS0102183).

4. In der Entscheidung 5 Ob 92/13k, in der das Rekursgericht ein mögliches Abweichen (insbesondere) von dieser Rechtsprechung erkennt, verneint der Oberste Gerichtshof das Vorliegen eines ernsten Schadens des Hauses, wenn aufgrund der im Zeitpunkt der Errichtung des Hauses üblichen Bauausführung ohne Isolierung Grundfeuchtigkeit in das Bestandobjekt aufsteige, ohne die Substanz des Hauses, insbesondere die Tragfähigkeit einzelner Mauern und die Statik des Hauses zu gefährden. Die Feuchtigkeit führte allerdings zu gesundheitsgefährdender Schimmelbildung, weshalb die Erhaltungspflicht des Vermieters nach § 3 Abs 2 Z 2 zweiter Fall MRG bejaht wurde.

5. Welches Ausmaß Verputzschäden im Bestandobjekt erreichen müssen, um ‑ unabhängig von der Gefährdung der Statik des Hauses ‑ auch im Sinn der zu RIS‑Justiz RS0102183 dokumentierten Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs als „außergewöhnlich“ und damit als ernster Schaden des Hauses gewertet werden zu können, ist jeweils im Einzelfall zu beurteilen. Das schließt eine allgemein gültige Aussage des Obersten Gerichtshofs zu diesem Problem aus (vgl RIS‑Justiz RS0042405 [T2]). Gegenteiliges lässt sich der im Revisionsrekurs zitierten Entscheidung 5 Ob 143/14m nicht entnehmen, war doch die grundsätzliche Erhaltungspflicht des Vermieters nach § 3 Abs 2 Z 2 MRG in dritter Instanz nicht mehr umstritten. Der Oberste Gerichtshof hatte vielmehr Art und Eignung der Sanierungsmaßnahmen (insbesondere Abschlagen des alten Verputzes, Anbringung von Spezialputz und ‑farbe) zu beurteilen.

6. Die Beurteilung des Rekursgerichts, dass die im Bestandobjekt aufgetretenen Feuchtigkeitsschäden keinen ernsten Schaden des Hauses darstellen, ist kein aus Gründen der Rechtssicherheit zu korrigierendes Ergebnis. Ob aufsteigende Mauerfeuchtigkeit nur im Fall der Gefährdung der Statik des Hauses einen solchen Schaden begründet, kann somit dahingestellt bleiben. Rügt die Antragstellerin als sekundären Verfahrensmangel nicht getroffene Feststellungen zu den an den Mauern im Bestandobjekt gemessenen Feuchtigkeitswerten, so könnte dieser Frage vor allem im Zusammenhang mit einer Gesundheitsgefährdung der Mieterin Bedeutung zukommen. Zu dieser haben die Vorinstanzen jedoch eine Negativfestellung getroffen, an die der Oberste Gerichtshof gebunden ist. Dass das Bestandobjekt als Folge von Feuchtigkeit unbrauchbar ist, ergibt sich weder aus dem festgestellten Sachverhalt noch aus der Argumentation der Revisionsrekurswerberin.

7. Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 37 Abs 3 Z 17 MRG. Der Antragsgegner hat in der Revisionsrekursbeantwortung auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels hingewiesen (RIS‑Justiz RS0122294 [T1]).

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