Spruch:
Der Nachweis dafür, daß ein bestimmtes Testament ohne Wissen und Willen des Erblassers in Verlust geraten ist, obliegt dem Erbansprecher, der sich auf das unauffindbare Testament beruft
OGH 26. Jänner 1982, 5 Ob 785/81 (OLG Wien 11 R 114/81; LGZ Wien 39 a Cg 224/80)
Text
Dr. Erika K ist am 5. 7. 1973 kinderlos verstorben. Ihr Nachlaß wurde mit Einantwortungsurkunde des Bezirksgerichtes Mödling vom 19. 7. 1979, 2 A 337/73-74, auf Grund des Gesetzes dem Witwer (dem nunmehrigen Kläger) zur einen Hälfte und den Brüdern der Verstorbenen (den beiden nunmehrigen Beklagten), diesen auch als eingeantworteten Erben in der Verlassenschaftssache nach ihrer am 29. 6. 1976 nachverstorbenen erblasserischen Mutter, zu je einem Viertel eingeantwortet, nachdem mit Urteil des Erstgerichtes vom 11. 11. 1977, 12 Cg 456/75-34, festgestellt worden war, daß das vom nunmehrigen Kläger behauptete mündliche Testament der Erblasserin zu seinen Gunsten vom 30. 11. 1972 oder 7. 12. 1972 unwirksam ist. Hauptbestandteil des Nachlasses war der der Erblasserin gehörige Hälfteanteil an der Liegenschaft EZ 792 KG H, deren andere Hälfte dem Kläger gehört.
Mit der am 30. 5. 1980 beim Erstgericht eingelangten Klage begehrte der Kläger, die Beklagten zur ungeteilten Hand zur Herausgabe jener Vermögenswerte, die ihnen auf Grund der erwähnten Einantwortungsurkunde zugekommen sind und im Klagebegehren aufgezählt sind, zu verurteilen. Er brachte vor, er habe am 27. 4. 1980 durch Zufall von Prim. Dr. August K erfahren, daß ihn die Verstorbene mit einem eigenhändig geschriebenen und unterschriebenen Testament zu ihrem Alleinerben eingesetzt habe. Die Erblasserin sei Ende Juni 1973 als Patientin in der Ordination des Prim. Dr. K gewesen und habe ihm dieses Testament zum Lesen gegeben. Dieses Testament sei im Zeitpunkt des Todes der Erblasserin vorhanden gewesen, aber in ihren Papieren nicht aufgefunden worden. Es sei mit Rücksicht auf die gegebenen Umstände auszuschließen, daß die Erblasserin das Testament in der Zeit zwischen Ende Juni 1973 und ihrem Tod am 5. 7. 1973 vernichtet oder in seinem Rechtsbestand sonstwie beseitigt hätte. In der Verhandlungstagsatzung vom 2. 2. 1981 stützte der Kläger sein Begehren hilfsweise auch "auf § 542 ABGB", ohne dazu ein weiteres Vorbringen zu erstatten.
Die Beklagten stellten das Klagebegehren zwar "der Höhe nach" außer Streit, bestritten es jedoch dem Gründe nach. Sie beantragten Klageabweisung und behaupteten für den Fall, daß das von ihnen bestrittene Vorhandensein des vom Kläger behaupteten Testaments festgestellt werden sollte, "vorsichtsweise", daß die Erblasserin das Testament zwischen Ende Juni 1973 und ihrem Tod widerrufen habe.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es traf folgende Feststellungen:
Der Kläger war seit dem Jahre 1949 verheiratet. Das Ehepaar wohnte in einem Haus in H, in das später auch die Ordinationshilfe des Klägers einzog.
In den sechziger Jahren kam es in der Ehe zu Spannungen, einerseits infolge des häufigen Alkoholkonsums des Klägers, andererseits infolge der Vermutung einer intimen Beziehung des Klägers zu der Ordinationshelferin. Diese Schwierigkeiten haben sich gegeben, als der Kläger schlagartig zu trinken aufhörte. Durch rund sieben Jahre führte das Ehepaar ein harmonisches Zusammenleben.
Dr. Erika K stellte ihrem Bruder, dem Erstbeklagten, im Haus in H ein Mansardenzimmer zur Verfügung, wo dieser im Sommer mit seiner Familie die Wochenenden verbrachte. Ihren zweiten Bruder, den Zweitbeklagten, sah die Verstorbene rund zweimal im Jahr. Die Verstorbene sprach mit ihren Brüdern nie darüber, daß sie ein Testament verfaßt hätte.
Anläßlich eines Gespräches über Testamente im Dezember 1972 bei Dr. Oskar R sagte die Verstorbene, bei ihr und dem Kläger sei dies kein Problem, sie würden einander gegenseitig beerben, die Mutter würde das Wohnrecht bekommen. Über ein schriftliches Testament machte die Verstorbene damals keine Andeutung.
Dr. Erika K litt zeitweise an starken Kreislaufstörungen. Sie war jahrelang bei Prim. Dr. August K in Behandlung. Am 25. 6. 1973, nach der Untersuchung, wollte die Verstorbene Prim. Dr. K ein eigenhändig geschriebenes und unterschriebenes Testament folgenden Inhalts zur Aufbewahrung übergeben:
"Mein Mann ist mein Universalerbe. Meine Mutter soll zeitlebens im Haus in H das Wohnrecht haben."
Dr. K gab der Verstorbenen den Rat, dieses Testament ihrer Mutter zu geben, da das Testament primär den Zweck habe, die Mutter abzusichern.
Als Dr. Erika K am 5. 7. 1973 infolge eines Autounfalles starb, war keine schriftliche letztwillige Verfügung vorhanden. Über das Schicksal des oben genannten Schriftstückes konnten keine Feststellungen getroffen werden.
In der Folge heiratete der Kläger wieder.
Das Erstgericht vertrat die Ansicht, daß der Kläger zwar den Beweis der Existenz und des Inhaltes eines schriftlichen Testamentes, jedoch nicht den ihm gemäß § 722 ABGB obliegenden Beweis des zufälligen Unterganges oder des zufälligen Inverlustgeratens der Urkunde oder den gemäß § 542 ABGB ebenfalls ihn treffenden Beweis der Unterdrückung des letzten Willens erbracht habe.
Das Berufungsgericht bestätigte das Ersturteil und sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes 60 000 S übersteige.
Nach den unbekämpften Feststellungen des Erstgerichtes stehe fest, daß am 25. 6. 1973 ein eigenhändiges Testament der Erblasserin bestanden habe, mit dem sie den Kläger zum Alleinerben eingesetzt und ihrer Mutter im Haus in H ein Wohnrecht ausgesetzt habe. Das Beweisverfahren habe zwar, wie dem Kläger zuzugeben sei, keinen Anhaltspunkt dafür erbracht, daß die Erblasserin diese Urkunde vernichtet oder bis zu ihrem Tod in anderer Weise widerrufen habe. Ebenso liege aber nicht der geringste Beweis dafür vor, daß diese Urkunde durch Zufall untergegangen oder von jemandem unterdrückt worden sei, da überhaupt nicht habe festgestellt werden können, was mit dem Testament geschehen sei, nachdem es Prim. Dr. K am 25. 6. 1973 gesehen hatte. Die Ausführungen des Klägers darüber, wem die Unterdrückung des letzten Willens zum Vorteil gereiche, gehörten in das Gebiet der Spekulation. Es lägen auch keine Beweisergebnisse über Tatsachen vor, aus denen im Wege der Schlußfolgerung oder auch nur des Indizes die eine oder andere Eventualität erschlossen oder in hohem Grade wahrscheinlich gemacht werden könnte. Überlegungen im Hinblick auf die Kürze der Zeit, die zwischen der bewiesenen Existenz der Urkunde und dem Tod der Erblasserin verstrichen sei, sowie auf den Nutzen, welcher den Beklagten durch eine vermutete Unterdrückung der Urkunde erwachsen wäre, könnten den Mangel jeglichen Beweises nicht ersetzen, zumal diesen Überlegungen die Tatsache gegenüberstehe, daß dem Kläger die Existenz dieser Verfügung nach seinem Vorbringen bis zum 27. 4. 1980 nicht bekannt gewesen sei, obwohl für die Erblasserin kein Grund dafür bestanden habe, ihrem Ehegatten die Tatsache seiner Erbeinsetzung zu verheimlichen, anstatt sich iS der anläßlich der Einladung bei Prim. Dr. R am 30. 11. 1972 oder 7. 12. 1972 geäußerten Absicht gegenseitiger Erbeinsetzung zu vergewissern, ob auch der Kläger ein entsprechendes Testament zu ihren Gunsten errichtet habe. Die Entscheidung könne sich schließlich auch nicht daran orientieren, welchen Anlaß die Erblasserin gehabt haben könnte, ihre Mutter oder ihre Brüder dem Ehegatten vorzuziehen. Der Ausgang des Rechtsstreites werde daher ausschließlich durch die gesetzliche Beweislastverteilung entschieden. Der zufällige Untergang einer Testamentsurkunde hindere die Wirksamkeit der Verfügung an sich nicht. Die überwiegende Lehre und herrschende Rechtsprechung (Koziol - Welser[5] II 282; Gschnitzer, Erbrecht 55; Ehrenzweig[2] II/2, 471 f., 612 und 616; SZ 23/389; EvBl. 1958/18) stehe jedoch auf dem Standpunkt, daß derjenige, der sich auf eine Urkunde berufe, nachweisen müsse, daß ihr Verlust oder ihre Vernichtung tatsächlich auf einem Zufall beruhe und nicht auf den Willen des Erblassers zurückzuführen sei. Demjenigen, der sich auf eine solche letztwillige Verfügung berufe, sei als dem gegenüber den gesetzlichen Erben schwächer Titulierten im Erbrechtsstreit die Klägerrolle zuzuweisen. Zuzustimmen sei zwar Gschnitzer und Weiß in Klang[2] III 724, daß es genüge, wenn der Nachweis erbracht werde, daß die Urkunde unbeschädigt in die Hand eines Dritten gelangt sei, weil damit bewiesen sei, daß sie aus der Einflußsphäre des Erblassers gelangt sei und ihr Verlust oder ihre Vernichtung somit nicht als stillschweigender Widerruf anzusehen seien. Mit dem klaren Wortlaut des § 722 ABGB stehe allerdings die Meinung dieser Autoren aaO 725 im Widerspruch, daß es zum Nachweis des letzten Willens ausreichend sei, wenn der Beweis für den Inhalt der Urkunde und ihr gehöriges Zustandekommen erbracht werde, und keine Veranlassung vorliege, den Beweispflichtigen auch noch mit dem Nachweis des Zufalles einschließlich des Verlustes zu belasten. Die genannten Autoren hätten selbst erkannt, daß es sich dabei um eine berichtigende Auslegung handle, und träten andererseits der herrschenden Meinung bei, daß ein beschädigtes oder gar zerstörtes Testament es nicht zu rechtfertigen vermöchte, der sich darauf im Erbrechtsprozeß stützenden Partei bei der Verteilung der Parteirollen die (begünstigte) Stellung des Beklagten zuzuweisen. Zu einer berichtigenden Auslegung bestehe aber kein Anlaß. Einerseits sei es entgegen der Meinung des Klägers nicht denkunmöglich, den Beweis des zufälligen Verlustes der Urkunde zu erbringen; man denke an den Beweis eines Brandes, des Diebstahls einer Dokumentenmappe, die das Testament enthalten habe, oder dergleichen. Andererseits solle die Bestimmung des § 722 ABGB dem Grundsatz der freien Widerruflichkeit letztwilliger Verfügungen zum Durchbruch verhelfen. Ein Erblasser, der einmal ein schriftliches Testament errichtet habe, solle nicht Gefahr laufen, daß der Widerruf dieses Testamentes durch Vernichten, Durchstreichen, Durchschneiden usw. unbeachtet bleibe, weil das Zustandekommen der Urkunde bewiesen werden könne, nicht aber die Absicht des Widerrufes. Der Ansicht von Gschnitzer und Weiß zu folgen, hieße geradezu, eine Vermutung aufzustellen, daß die einmal formgerecht errichtete Testamentsurkunde ihre Gültigkeit selbst bei Verlust, Vernichtung, Durchschneiden oder Durchstreichen behalte, wenn nicht die Absicht des Widerrufes bewiesen werde. Auf eine derartige Umkehr der Beweislast, die dem Gesetz eindeutig widerspräche, liefen aber die Berufungsausführungen des Klägers hinaus. Auch wenn man der Ansicht von Gschnitzer und Weiß aaO 724 und Ehrenzweig aaO 472 beitrete, daß an den Beweis des Zufalles keine besonders strengen Anforderungen gestellt werden dürften, könne dennoch der Mangel jeglichen Beweises über das Schicksal der Testamentsurkunde nach dem 25. 6. 1973 nicht durch bloße Möglichkeiten oder Vermutungen ersetzt werden.
Der Oberste Gerichtshof gab der Revision des Klägers nicht Folge.
Rechtliche Beurteilung
Aus den Entscheidungsgründen:
Ein Testament kann vom Erblasser jederzeit widerrufen werden; die Widerruflichkeit ist für Testamente begriffswesentlich; auch der testamentarisch ausgesprochene Widerrufsverzicht gilt als nicht beigesetzt (§§ 713 ff. ABGB; Ehrenzweig[2] II/2, 470; Weiß in Klang[2] III 701; Gschnitzer - Weiß in Klang[2] III 710 f.; Koziol - Welser[5] II 281). Der Widerruf kann ausdrücklich oder stillschweigend (konkludent, schlüssig) geschehen. Auch der schlüssige Widerruf ist eine Erklärung des letzten Willens, die - mit Ausnahme der Formvorschriften - den Regeln über letztwillige Verfügungen unterliegt. Das vom Erblasser gesetzte Verhalten muß einen unzweideutigen Schluß darauf zulassen, daß er die früher errichtete Anordnung außer Kraft setzen will (Koziol - Welser[5] II 281); aus den Handlungen des Erblassers muß mit Bestimmtheit auf seinen Widerrufswillen geschlossen werden können (Ehrenzweig[2] II/2, 471). Da es lediglich auf die nach § 863 ABGB zu beurteilende Schlüssigkeit der gegen die Testamentsurkunde gerichteten, vom Gesetz (§ 717 ABGB) als Vertilgung bezeichneten Handlung des Erblassers (zur rechtlichen Bedeutung der Handlung eines vom Erblasser beauftragten Dritten siehe Koziol - Welser[5] II 281 mit weiteren Hinweisen auf die divergierenden Auffassungen in der Lehre) ankommt, ist die Aufzählung der als Vertilgung in Betracht kommenden Handlungen im § 721 ABGB nicht erschöpfend (Gschnitzer - Weiß in Klang[2] III 721 f.; s. auch Ehrenzweig[2] II/2, 471 und Koziol - Welser[5] II 281). Kein schlüssiger Widerruf des Testamentes liegt vor, wenn die Testamentsurkunde ohne Wissen und Willen des Erblassers - sei es ohne Widerrufsabsicht, etwa irrtümlich, durch ihn selbst, sei es durch Dritte - oder, wie es das Gesetz ausdrückt, "zufällig" bzw. durch "Zufall" (§ 722 ABGB) beschädigt oder vernichtet wurde (Gschnitzer - Weiß in Klang[2] III 724 und 725 f.). Sind die gedachten (dh. im § 721 ABGB aufgezählten) Verletzungen der (Testaments-)Urkunde nur zufällig geschehen, so verliert der letzte Wille gemäß § 722 ABGB seine Wirkung nicht. Läßt sich der Zufall (und bei einem unleserlich gewordenen Testament dessen Inhalt) nicht erweisen, dann ist - wie sowohl der Entstehungsgeschichte als auch dem Wortlaut des Gesetzes (§ 722 letzter Halbsatz ABGB) zu entnehmen ist - zum Nachteil des Testamentserben zu entscheiden (Gschnitzer - Weiß in Klang[2] III 724 bei und in Fußnote 23), woran die Meinung von Gschnitzer und Weiß in Klang[2] III 725, die Verteilung der Beweislast durch das Gesetz sei nicht richtig, wie bereits das Berufungsgericht zutreffend hervorgehoben hat, nichts zu ändern vermag.
Eine dem Fall, daß nicht bewiesen werden kann, ob die festgestellte Beschädigung oder Vernichtung des Testamentes ohne Wissen und Willen des Erblassers erfolgte oder nicht, vergleichbare Lage besteht dann, wenn die Testamentsurkunde in Verlust geraten, das heißt (Gschnitzer - Weiß in Klang[2] III 725) abhanden gekommen und unerreichbar bzw. unauffindbar geworden ist, und nicht bewiesen werden kann, ob sie im Zeitpunkt des Todes des Erblassers noch (allenfalls - mit oder ohne Wissen und Willen des Erblassers - beschädigt) vorhanden oder - mit oder ohne Wissen und Willen des Erblassers - untergegangen war. § 722 ABGB enthält denn auch - selbst wenn die Fassung dieser Bestimmung durch § 57 der III. TN recht mangelhaft ausgefallen sein mag - zwei Tatbestände, nämlich die zufällige Verletzung der Urkunde und ihren Verlust. Unter dem in dessen letztem Halbsatz erwähnten Zufall ist sowohl die zufällige (dh. ohne Wissen und Willen des Erblassers geschehene) Verletzung der Urkunde als auch deren "zufälliger" (dh. ohne Wissen und Willen des Erblassers eingetretene) Verlust der Urkunde zu verstehen (vgl. Gschnitzer - Weiß in Klang[2] III 725; s. auch Pfaff - Hofmann, Kommentar zum ABGB 654 f., wonach die allgemeine Ansicht der Gesetzesverfasser dahin gegangen sei, daß dann, wenn sich das Testament nicht vorfindet, seine Vernichtung angenommen werden solle und derjenige, der den Zufall des Verlustes behauptet, diesen beweisen müsse; vgl. ferner die bei Pfaff - Hofmann aaO 657 f. und bei Gschnitzer - Weiß aaO 724 FN 23 wiedergegebenen Ausführungen Zeillers 702 f., wonach die gesetzliche Beweislastverteilung auch darauf beruhe, daß mit Grund vermutet werden könne, der Erblasser werde für die sichere Verwahrung einer so wichtigen Urkunde Sorge getragen haben). Ein denkunmöglicher Beweis wird dadurch dem Erbansprecher nicht aufgebürdet; auch im Falle eines in Verlust geratenen Testamentes steht ihm der Beweis offen, daß das Testament ohne Wissen und Willen des Erblassers, also zufällig, abhanden gekommen ist. Man denke etwa an die Beweisführung, daß der Erblasser unmittelbar vor seinem Tod äußerte, sein Testament befinde sich in seinem Schreibtisch, in dem es dann nicht aufgefunden werden konnte.
Der OGH sieht sich daher durch die Revisionsausführungen des Klägers nicht veranlaßt, von seiner ständigen Rechtsprechung abzugehen, daß derjenige, der sich auf ein in Verlust geratenes Testament zu seinen Gunsten beruft, nicht nur dessen Inhalt und Inverlustgeraten, sondern auch den Umstand beweisen muß, daß letzteres nur zufällig, dh. nicht mit Wissen und Willen (ohne Kenntnis) des Erblassers geschehen ist (SZ 23/360 und 389; RZ 1967, 105; 5 Ob 257/69 ua.; vgl. auch die bei Gschnitzer - Weiß in Klang[2] III 726 in FN 32 genannte Entscheidung RGZ 171, 21 und EvBl. 1958/18; eine Gleichbehandlung der Vernichtung und des Inverlustgeratens der Testamentsurkunde hinsichtlich der Beweislastverteilung wird - entgegen der Auffassung des Klägers - auch von der Lehre vertreten; Ehrenzweig[2] II/2, 471 f.; Gschnitzer - Weiß in Klang[2] III 725 f.; Koziol - Welser[5] II 282).
Als unrichtige rechtliche Beurteilung rügt der Kläger ferner, daß das Berufungsgericht nicht auf Grund des erwiesenen Sachverhaltes unter Zuhilfenahme der Erfahrungsgrundsätze zu dem Ergebnis gelangt sei, er habe die Tatsache, daß seine verstorbene Frau ihr Testament zu seinen Gunsten zwischen dem 25. 6. 1973 und ihrem Tod am 5. 7. 1973 weder willentlich noch wissentlich in seinem Rechtsbestand beseitigt habe, in einem derart hohen Grad wahrscheinlich gemacht, daß diese Tatsache als erwiesen anzusehen sei. Dem ist zu erwidern:
Die Vorinstanzen gelangten bei der Würdigung der aufgenommenen Beweise zu dem Ergebnis, daß über das weitere Schicksal des schriftlichen Testamentes, das die Erblasserin noch am 25. 6. 1973 Prim. Dr. K gezeigt hatte, keine Feststellungen getroffen werden können, weil das Beweisverfahren weder dafür, daß die Erblasserin diese Urkunde vernichtet oder bis zu ihrem Tod in anderer Weise widerrufen hätte, noch dafür, daß diese Urkunde durch Zufall untergegangen oder von jemandem unterdrückt worden wäre, irgendwelche Anhaltspunkte erbracht habe. Daß ihnen bei dieser Beweiswürdigung ein in dritter Instanz wahrnehmbarer Verstoß gegen die Denkgesetze oder die Lebenserfahrung unterlaufen wäre, vermag der Kläger nicht aufzuzeigen. Es kann desgleichen keine Rede davon sein, daß es dem Kläger gelungen wäre, den Sachverhalt, dessen Nachweis ihm nach § 722 ABGB obliegt, in einem derart hohen Grad wahrscheinlich zu machen, daß er als erwiesen anzusehen sei. Schließlich handelt es sich auch nicht um einen Tatbestand mit typischem Geschehensablauf, der eine Verschiebung von Beweisthema und Beweislast ermöglichen würde. Es erübrigt sich demnach, auf die in Lehre (gerade der vom Kläger mehrmals zitierte Aufsatz von Rechberger, Die Überprüfung von Erfahrungssätzen in der Revisionsinstanz, ÖJZ 1974, 113 ff., nimmt gegen eine Überprüfung der Beachtung der Schranken der freien Beweiswürdigung durch die Revisionsinstanz Stellung) und Rechtsprechung nicht immer einheitlich vorgenommene Abgrenzung der Möglichkeit der Überprüfung dieser Fragen durch den OGH näher einzugehen.
Die Vorinstanzen haben die gegenständliche Rechtssache somit unter Zugrundelegung des von ihnen erhobenen Sachverhaltsbildes rechtlich zutreffend nach der Beweislastverteilung des § 722 ABGB beurteilt.
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