OGH 2Ob796/50

OGH2Ob796/5020.12.1950

SZ 23/389

Normen

ABGB §717
ABGB §722
ABGB §717
ABGB §722

 

Spruch:

Stützt sich der Kläger in einem Erbrechtsstreit auf eine Testamentsphotokopie und ist er nicht in der Lage, das Original vorzulegen, so muß er beweisen, daß das Testament nur zufällig und ohne Kenntnis des Erblassers in Verlust geraten ist.

Entscheidung vom 20. Dezember 1950, 2 Ob 796/50.

I. Instanz: Bezirksgericht Innere Stadt; II. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien.

Text

Das Erstgericht hat die Sequestration gemäß § 127 AußstrG. bis zur endgültigen Entscheidung über die Erbrechtsklage angeordnet.

Das Rekursgericht hat den Antrag auf Sequestration abgewiesen, weil die Voraussetzungen hiezu fehlten.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs der erblasserischen Witwe nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Die im Erbrechtsstreit als Klägerin auftretende erblasserische Witwe hat nur die Feststellung begehrt, daß das Testament des Erblassers vom 26. Juli 1949, in welchem Antonia H. zur Alleinerbin eingesetzt wurde, ungültig ist. Eine Prognose für die Aussichten der aus dem Inhalt des Testamentes vom 26. Juli 1949 und aus dem Vorbringen der Klage abgeleiteten Behauptung, daß der Erblasser zur Zeit der Testamentserrichtung an einem geistigen Gebrechen litt und dieses Testament im Zustand einer Bewußtseinstrübung und Bewußtseinseinschränkung verfaßt hat, kann unterbleiben. Selbst wenn es der Beschwerdeführerin gelänge, mit ihrem Klagebegehren durchzudringen, ist damit noch nicht dargetan, daß das in beglaubigter Photokopie vorgelegte frühere Testament vom 22. Juni 1935 mit den Ergänzungen vom 20. Dezember 1939, 20. Juli 1943 und 30. Juni 1948 wieder aufgelebt ist. Die Tatsache, daß Maria K. nicht in der Lage ist, das Original der letztwilligen Verfügungen vorzulegen, spricht in Verbindung mit den sonstigen Einzelheiten des vorliegenden Falles für die Annahme, daß der Erblasser die Urkunde vertilgt oder doch wenigstens von ihrer Zerstörung Kenntnis erlangt und sich damit zufrieden gegeben hat. Auch im letzteren Falle wäre nach § 717 ABGB. die letztwillige Anordnung durch Widerruf aufgehoben.

Maria K. müßte demnach nicht nur beweisen, daß das Testament vom 26. Juli 1949 ungültig ist, sie müßte auch behaupten und beweisen, daß die zu ihren Gunsten errichtete letztwillige Verfügung vom 22. Juni 1935 samt Nachträgen nur zufällig und ohne Kenntnis des Erblassers in Verlust geraten ist (§ 722 ABGB. und Ehrenzweig, II/2, § 505/II), wenn ihre auf Grund des Testamentes vom Jahre 1935 samt Nachträgen zum ganzen Nachlaß abgegebene Erbserklärung zur Einantwortung des Nachlasses führen soll, weil sonst die gesetzliche Erbfolge eintreten würde, die bisher zur Grundlage einer Erbserklärung nicht herangezogen wurde.

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