European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2018:E118095
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die beklagte Partei ist schuldig, den klagenden Parteien die mit 916,16 EUR (darin enthalten 152,42 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Begründung:
Die Streitteile sind Miteigentümer der Liegenschaft EZ *, auf der ein Mehrparteienhaus errichtet ist. Mit den Miteigentumsanteilen der Beklagten ist Wohnungseigentum am Objekt W 1 verbunden, das im Hochparterre des Hauses liegt. Im Souterrain des Hauses befinden sich direkt unter der Wohnung im Hochparterre die dem Objekt der Beklagten zugehörigen Kellerräume. Ursprünglich gab es außen am Haus einen Anbau, der es ermöglichte, von der Wohnung im Hochparterre über eine Stiege in den Garten und über einen weiteren Stiegenabgang in den Keller zu gelangen. Die Beklagte ließ diesen Anbau entfernen und einen Durchbruch in der Decke zwischen dem Hochparterre und dem Souterrain herstellen, um einen Stiegenabgang direkt vom Objekt W 1 zu den Kellerräumlichkeiten zu errichten. Die Zustimmung sämtlicher Mit- und Wohnungseigentümer zu dieser Baumaßnahme liegt nicht vor.
Gestützt auf das Eigentumsrecht begehrten die Kläger die Unterlassung der von der Beklagten in Auftrag gegebenen Baumaßnahme, die Entfernung des Durchbruchs und die Wiederherstellung eines der geltenden Baubewilligung entsprechenden Zustands.
Das Berufungsgericht bestätigte das der Klage stattgebende Urteil des Erstgerichts und sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei, weil „eine einheitliche und ausdrückliche höchstgerichtliche Rechtsprechung zu der Frage, ob eine Geschossdecke, die ausschließlich innerhalb eines Wohnungseigentumsobjekts, welches sich über 2 Geschosse erstreckt, liegt, als allgemeiner Teil der Liegenschaft zu bewerten ist, fehlt“.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Berufungsgerichts (§ 508a Abs 1 ZPO) nicht zulässig.
1. Schon die Möglichkeit einer Beeinträchtigung schutzwürdiger Interessen anderer Mit‑ und Wohnungseigentümer verpflichtet den änderungswilligen Wohnungseigentümer, die Zustimmung aller anderen Miteigentümer oder die Genehmigung des Außerstreitrichters einzuholen. Tut er das nicht oder setzt er sich über den Widerspruch eines anderen Miteigentümers hinweg, handelt er in unerlaubter Eigenmacht, insofern rechtswidrig und kann im streitigen Rechtsweg zur Beseitigung der Änderung, gegebenenfalls auch zur Unterlassung künftiger Änderungen, verhalten werden (RIS‑Justiz RS0083156; vgl auch RS0012137; RS0012112).
2. Bereits das Berufungsgericht hat zutreffend ausgeführt, dass die Genehmigungsfähigkeit einer Änderung im Sinne des § 16 Abs 2 WEG vom Streitrichter nicht als Vorfrage zu prüfen ist, sondern ausschließlich die Genehmigungsbedürftigkeit der Änderungen, ob sie also überhaupt § 16 Abs 2 WEG zu unterstellen sind (RIS‑Justiz RS0083156 [T1; T3; T5; T6; T14; T20]). Zu den allgemeinen Teilen des Hauses gehört im Lichte des § 16 Abs 2 Z 2 WEG jedenfalls die sogenannte „Außenhaut“ (RIS‑Justiz RS0069976; RS0083334), aber auch die zwischen zwei Geschoßen eingezogene Decke (RIS‑Justiz RS0082890), jedenfalls wenn sie eine Außenbegrenzung des Bestandobjekts bildet oder ihr sonst eine für das Gebäude tragende Funktion zukommt (vgl 5 Ob 206/16d).
3.1 Nach den Feststellungen liegen im Souterrain des Hauses die der Wohnung W 1 zugeordneten Kellerräumlichkeiten. Auch die Beklagte geht in ihrer Revision davon aus, dass die in ihrem Auftrag durchbrochene Geschossdecke den Keller von der darüber gelegenen Wohnung trennt.
3.2 Eine Wohnung iSd § 2 Abs 2 WEG ist ein baulich abgeschlossener, nach der Verkehrsauffassung selbständiger Teil eines Gebäudes, der nach seiner Art und Größe geeignet ist, der Befriedigung eines individuellen Wohnbedürfnisses von Menschen zu dienen. Mit dieser Begriffsumschreibung hat das WEG 2002 das schon bis dahin nach der Verkehrsauffassung und höchstgerichtlicher Rechtsprechung gegebene Verständnis normiert (5 Ob 162/10z mwN). Demgegenüber ist Zubehör-Wohnungseigentum nach § 2 Abs 3 Satz 1 WEG 2002 das mit dem Wohnungseigentum verbundene Recht, andere, mit dem Wohnungseigentums-objekt baulich nicht verbundene Teile der Liegenschaft, wie Keller- und Dachbodenräume, Hausgärten oder Lagerplätze ausschließlich zu nutzen. Dabei handelt es sich um eine rechtliche Verbindung, die – neben der in § 2 Abs 3 Satz 2 umschriebenen Zubehörtauglichkeit – eine entsprechende Widmung voraussetzt (vgl T. Hausmann in Hausmann/Vonkilch Österreichisches Wohnrecht³ § 2 WEG Rz 25; 5 Ob 218/13i; RIS‑Justiz RS0118149).
3.3 Ist – wie hier – nicht strittig, dass es sich bei den im Souterrain befindlichen Räumen, die unterhalb der Wohnung im Hochparterre liegen, um Kellerräume, die ohne Inanspruchnahme von in ausschließlicher Nutzung anderer Miteigentümer stehender Teil aus erreicht werden konnten (dazu T. Hausmann aaO § 2 WEG Rz 26), und damit um Zubehör-Wohnungseigentum gemäß § 2 Abs 3 WEG 2002 handelt, kann kein Zweifel daran bestehen, dass die Trenndecke das eigentliche Wohnungseigentumsobjekt, dem diese Räumlichkeiten rechtlich zugeordnet sind, abgrenzt und damit eine Außenbegrenzung der Wohnung bildet. Daran würde auch nichts ändern, wollte man – wegen der ursprünglich über den Stiegenabgang vom Hochparterre über den Garten gegebenen Erreichbarkeit – diese Räumlichkeiten nach dem im Zeitpunkt der Wohnungseigentumsbegründung geltenden § 1 Abs 2 WEG 1975 als mit der Wohnung W 1 (direkt) verbundenes Zubehör qualifizieren (vgl dazu T. Hausmann aaO § 2 WEG Rz 29). Auch bei dieser Annahme blieben die Räumlichkeiten im Souterrain Zubehör-Wohnungseigentum und die Trenndecke zum Kellergeschoß (Souterrain) Außenbegrenzung des Wohnungseigentums-objekts (§ 2 Abs 2 WEG 2002). Als Außenbegrenzung ist die Trenndecke nach ganz einheitlicher Auffassung aber schon begrifflich nicht Bestandteil des Wohnungseigentumsobjekts, sondern allgemeiner Teil des Hauses (vgl 5 Ob 206/16d; RIS‑Justiz RS0082890). Die vom Berufungsgericht als erheblich erachtete Frage, die das Vorliegen eines sich über zwei Stockwerke erstreckenden Wohnungseigentumsobjekts (Maisonette) zugrunde liegen hat, stellt sich hier daher gar nicht.
3.4 Auch den Ausführungen in der Revision der Beklagten liegt die mit den Feststellungen nicht vereinbare Annahme zugrunde, die im Souterrain gelegenen Kellerräume würden mit der darüber liegenden Wohnung ein einheitliches Wohnungseigentumsobjekt bilden, sodass es sich erübrigt, auf die daraus abgeleiteten Rechtsfragen einzugehen.
4. Da die Beklagte auch sonst keine Rechtsfragen von der Bedeutung des § 502 Abs 1 ZPO anspricht, ist ihr Rechtsmittel zurückzuweisen, ohne dass es noch einer weiteren Begründung bedarf (§ 510 Abs 3 ZPO).
5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 41 Abs 1 iVm § 50 ZPO. Die Kläger haben auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen, sodass ihre Kosten für die Revisionsbeantwortung als zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig anzusehen und von der Beklagten zu ersetzen sind.
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