OGH 5Ob749/78

OGH5Ob749/7830.1.1979

SZ 52/12

Normen

ABGB §428
ABGB §431
ABGB §1409
III. Teilnovelle §187
KO §32
ABGB §428
ABGB §431
ABGB §1409
III. Teilnovelle §187
KO §32

 

Spruch:

Vermögen im Sinne des § 1409 ABGB ist diejenige Sach- und Rechtsgesamtheit, die nach der allgemeinen Verkehrsauffassung im konkreten Fall als der im wesentlichen gesamte Güterstand des Überträgers anzusehen ist. Von einer Vermögensübernahme im Sinne dieser Gesetzesstelle kann erst dann gesprochen werden, wenn das übertragene Vermögen dem exekutiven Zugriff der Gläubiger des Überträgers entzogen ist

Die analoge Anwendung des Tatbestandes "Übernahme eines Vermögens nach § 1409 ABGB" auf die rechtsgeschäftliche Übertragung einzelner geldwerter Güter von nicht unbedeutendem wirtschaftlichem Wert ist nur dann statthaft, wenn dem Erwerber im Zeitpunkt der Übernahme bekannt war oder nach den besonderen Umständen bekannt sein mußte, daß der übernommene Gegenstand das im wesentlichen einzige und gesamte Eigentum des Überträgers darstellt, das seinen Gläubigern für ihre Forderungen als Haftungsobjekt zur Verfügung steht. Dies ist von dem Gläubiger, der die Haftung des Übernehmers in Anspruch nimmt, zu behaupten und zu beweisen, soferne der Übernehmer nicht zu dem auch im § 187 der III. Teilnovelle genannten Personenkreis des § 32 KO gehört

OGH 30. Jänner 1979, 5 Ob 749/78 (OLG Wien 4 R 113/78; LGZRS Wien 19 Cg 458/76)

Text

Die klagende Bank hat 1973 die Anschaffung einer Registrierkasse durch die Mutter des Beklagten dadurch finanziert, daß sie zu Lasten eines ihr gewährten Kredites die Kaufpreisforderung der Verkäuferin einlöste. Die Registrierkasse war für das von der Käuferin damals betriebene - und 1974 von ihr stillgelegte -Kaffeehaus in F bestimmt und fand dort auch Verwendung. Die Käuferin wurde am 20. Dezember 1974 durch ein vom Handelsgericht Wien erlassenes Versäumungsurteil zur Zahlung des damals aushaftenden Schuldbetrages von 64 642 S samt Anhang an die klagende Bank verpflichtet; Exekutionen gegen sie blieben jedoch erfolglos. Ein im Laufe des Jahres 1976 über die Käuferin eröffnetes Konkursverfahren wurde nach rund vier Monaten mangels kostendeckenden Vermögens wieder aufgehoben.

Auf Grund des vormundschaftsbehördlich genehmigten Übergabsvertrages vom 12. November 1975 hat dem mj. Beklagten seine Mutter die ihr gehörigen 6/10 Anteile einer Liegenschaft in W und des auf der Liegenschaft betriebenen Pensions- und Restaurationsunternehmens samt Saunaanlage ins Eigentum übertragen, so daß er als schon früherer Eigentümer der restlichen 4/10 Anteile hiedurch Alleineigentümer der Liegenschaft und des darauf befindlichen Unternehmens wurde. Als Gegenleistung für diese Eigentumsübertragung behielt sich die Mutter des Beklagten das lebenslängliche unentgeltliche Wohnungsrecht im Hause auf der Liegenschaft sowie das Recht auf lebenslängliche Verpflegung und Bezahlung des Krankenversicherungsbeitrages (derzeit monatlich 450 S) durch den Beklagten vor; ferner wurde zu ihren Gunsten in Ansehung der übereigneten 6/10 Anteile der Liegenschaft das Veräußerungs- und Belastungsverbot vereinbart. In einem Nachtrag zu dem Übergabevertrag haben sich die mütterlichen Großeltern des Beklagten für die Dauer ihres Fruchtgenußrechtes verpflichtet, an seiner Stelle der Mutter das vereinbarte Ausgedinge zu leisten.

Mit Vertrag vom 22. Juni 1976 hat die Mutter des Beklagten die ihr gehörigen 248/5316 Anteile einer Liegenschaft in T und die damit verbundene Eigentumswohnung Nr. 5 um den Preis von 400 000 S verkauft. Ob und wann die Einverleibung des Eigentumsrechtes der Käuferin im Grundbuch erfolgte, steht nicht fest.

Mit der Behauptung, es hafte ihre Forderung aus der Kreditgewährung an seine Mutter zur Finanzierung des Kaufpreises der Registrierkasse zum 30. Juni 1976 mit dem Betrag von 80 273.45 S aus und er habe in Kenntnis dieser Forderung von seiner Mutter die Gastwirtschaft übernommen, begehrte die Klägerin die Verurteilung des Beklagten zur Zahlung dieses Betrages samt 8.5% vereinbarter Verzugszinsen.

Der Beklagte hat die Abweisung des Klagebegehrens beantragt und im wesentlichen eingewendet, die Registrierkasse habe nicht zum Restaurantunternehmen in W, sondern zum Kaffeehaus in F gehört und die von ihm übernommenen 6/10 Anteile der Liegenschaft in W und des darauf befindlichen Pensions- und Restaurationsunternehmens samt Sauna seien im Zeitpunkt der Übertragung nicht das alleinige Eigentum seiner Mutter gewesen; sie sei damals auch Eigentümerin der Eigentumswohnung in T gewesen.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Es äußerte die Ansicht, der Beklagte hafte nach § 1409 ABGB für die Verbindlichkeit seiner Mutter aus der Anschaffung der Registrierkasse, weil er durch die Übernahme der 6/10 Anteile seiner Mutter an der Liegenschaft in W samt Pensions- und Saunabetrieb "beträchtliches Vermögen" erworben und seine Mutter damals weiteres Vermögen nicht besessen habe, denn sie habe ihre Eigentumswohnung in T zwar erst mit Vertrag vom 22. Juni 1976 verkauft, jedoch nach dem Inhalt des Vertrages seien Besitz und Gefahr bereits am 1. Oktober 1975 auf die Käuferin übergegangen.

Das Gericht zweiter Instanz gab der Berufung des Beklagten nicht Folge und bestätigte das Urteil des Erstgerichtes aus folgenden rechtlichen Erwägungen:

Zweck der Bestimmung des § 1409 ABGB sei es, Gläubigern, die dem Veräußerer auf Grund seines Vermögens Kredit gewährt haben, die Haftungsgrundlage zu erhalten. Die Vorschrift sei bei Übertragung eines Unternehmens nur anzuwenden, wenn die Schulden mit dem Unternehmen in einem sachlichen oder wirtschaftlichen Zusammenhang stehen und zum Zweck des Erwerbes, der Veräußerung oder des Betriebes des Unternehmens eingegangen worden seien. Da die von der Mutter des Beklagten angeschaffte Registrierkasse nicht zum Betrieb des Pensions- und Restaurationsunternehmens in W gehört habe, betreffe die von der Klägerin geltend gemachte Forderung auch nicht Schulden des vom Beklagten übernommenen Unternehmens. Das Erstgericht habe jedoch richtig erkannt, daß die vom Beklagten erworbenen 6/10 Vermögensanteile im Zeitpunkt der Übertragung das einzige Vermögen seiner Mutter gewesen seien. Es sei deshalb die Haftung des Beklagten für die geltend gemachte Forderung gemäß § 1409 Abs. 1 ABGB zu bejahen, weil dort das Vermögen dem Unternehmen gleichgestellt sei. Unter Vermögen sei der Inbegriff der Aktiven und Passiven zu verstehen und es hafte bei der Übertragung des gesamten Vermögens der Übernehmer für alle Schulden ohne Rücksicht darauf, ob ein wirtschaftlicher Zusammenhang mit dem übernommenen Vermögen bestehe. Stelle das übertragene Vermögen den wesentlichsten Teil dar, dann sei es unerheblich, wenn sich der Übergeber einen nicht erheblichen Teil des Vermögens zurückbehalten habe. Da der Beklagte ein naher Angehöriger der Veräußerin im Sinne des § 32 KO sei, hafte er gemäß § 187 der III. TN ohne Beschränkung auf den Wert des übernommenen Vermögens und es sei unbeachtlich, daß er minderjährig sei, denn § 1409 gelte auch, wenn der Übernehmer minderjährig und die Schuld nicht in dem vom Vormundschaftsgericht genehmigten Erwerbsvertrag enthalten sei. Sowohl für den Schuldenstand als auch für die Beantwortung der Frage, ob der wesentliche Teil des Vermögens übertragen werde, sei nach herrschender Auffassung der Zeitpunkt der realen Übergabe maßgebend. Die Eigentumswohnung der Mutter des Beklagten in T. sei mit Abschluß des Verfügungsgeschäftes am 22. Juni 1976 aus ihrem Vermögen ausgeschieden, mag die Verbücherung des Kaufvertrages auch erst später erfolgt sein. Da nach den Feststellungen des Erstgerichtes die bücherliche Durchführung des die 6/10 Anteile an der Liegenschaft in W betreffenden Übergabevertrages des Beklagten mit seiner Mutter vom 12. November 1975 erst nach dem 22. Juni 1976 erfolgt sei, ergebe sich, daß dieses Vermögen im Zeitpunkt der "Übergabe" im Sinne des § 431 ABGB, "also der bücherlichen Durchführung des Übergabevertrages", das einzige Vermögen der Mutter des Beklagten gebildet habe. Bei diesen 6/10 Liegenschaftsanteilen sei nämlich eine reale Übergabe nicht möglich gewesen, weil es sich um ideelle Anteile handle und der Beklagte schon Eigentümer der restlichen 4/10 Anteile gewesen sei. Bei diesen Liegenschaftsanteilen handle es sich auch nicht um eine einzelne Sache, sondern in Hinblick auf den auf der Liegenschaft befindlich Pensions- und Restaurationsbetrieb samt Sauna um den Inbegriff von Sachen und Rechten. Da das der Mutter des Beklagten vorbehalten gebliebene Wohnrecht im Verhältnis zu den übertragenen 6/10 Anteilen der Liegenschaft als sehr geringfügig anzusehen sei, könne auch nicht gesagt werden, sie habe nicht ihr "gesamtes Vermögen" auf den Beklagten übertragen, weil sie sich das Wohnungsrecht vorbehalten habe.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der beklagten Partei Folge, hob die Urteile der Vorinstanzen auf und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Prozeßgericht erster Instanz zurück.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Zunächst ist dem Berufungsgericht in der Ansicht beizustimmen, daß eine Haftung des Beklagten aus dem Tatbestand Übernahme eines Unternehmens im Sinne des § 1409 ABGB schon deshalb nicht abgeleitet werden kann, weil die dazu vom Gesetz geforderte Beziehung der Schuld zu dem von der Vermögensübertragung betroffenen Unternehmen als solchem fehlt. Es ist deshalb hier entbehrlich, zu beurteilen, in welchem Ausmaß ideelle Unternehmensanteile erworben werden müssen, damit ein solcher rechtsgeschäftlicher Erwerbsvorgang der Übernahme eines Unternehmens im Sinne des § 1409 ABGB rechtlich gleichgestellt werden kann, wobei diese Überlegung hier überdies nur von Bedeutung sein könnte, wenn das vor dem Übertragungsvorgang im Miteigentum des Beklagten und seiner Mutter gestandene Unternehmen nicht ohnehin von ihnen gemeinsam, sondern nur von der Mutter allein (etwa auf Grund einer Benützungsvereinbarung nach § 828 ABGB, eines Pachtvertrages oder einer vereinbarten Innengesellschaft) betrieben und die darauf bezügliche Schuld von ihr begrundet worden wäre.

Es ist indessen aus der gleichen Erwägung, also wegen der fehlenden Beziehung der Schuld der Überträgerin zu den dem Beklagten übertragenen Vermögensobjekten, nämlich den Miteigentumsanteilen der Liegenschaft und des auf der Liegenschaft bestehenden Unternehmens - wobei zwar nicht geklärt, aber für die Entscheidung des Streitfalles nicht erheblich ist, ob etwa die Liegenschaft dem Unternehmen gewidmet und deshalb als zum Betriebsvermögen gehörig anzusehen ist, in welchem Fall der übertragene 6/10 Anteil des Unternehmens zugleich den entsprechenden Liegenschaftsanteil erfaßt hätte -, nicht schon von vornherein auch die Haftung des Beklagten nach dem Tatbestand Übernahme eines Vermögens zu verneinen. Das gesetzliche Erfordernis der Zugehörigkeit von Schulden zu einem rechtsgeschäftlich übernommenen V ermögen ist - läßt man die hier nicht bedeutsame Problematik außer Betracht, welcher praktische Fall eines Sondervermögens außer dem einer selbständig organisierten Erwerbsgelegenheit, die dem Unternehmensbegriff zuzuordnen ist, mit einer nur darauf bezüglichen Schuldenhaftung überhaupt denkbar ist - jedenfalls dann entbehrlich, wenn das übernommene Vermögen im wesentlichen das ganze Vermögen des Überträgers darstellte. Die gesetzliche Regelung geht nämlich von dem Gedanken aus, daß das Vermögen des Überträgers die objektive Haftungsgrundlage für die Forderungen der Gläubiger darstellt (Bericht der Kommission für Justizgegenstände über die Gesetzesvorlage, betreffend die III. TN

422) und ihr Zweck ist es, zu verhüten, daß den Gläubigern durch die Übertragung des (ganzen) Vermögens ihres Schuldners im Wege eines schuldrechtlichen Vertrages unter Lebenden auf eine andere Person ihre bisherige Haftungsgrundlage entzogen wird (in diesem Sinne Larenz, Allgemeiner Teil des bürgerlichen Rechts[4], 268 zu § 419 BGB, dessen Regelungsgedanke dem § 1409 ABGB zugrunde liegt). Dabei ist es freilich unerheblich, wenn unwesentliche Teile des Vermögens des Übertragenden von der Übereignung ausgeschlossen bleiben; diese Überlegung war auch der Grund, weshalb der Gesetzgeber vermied, von dem "ganzen Vermögen" des Überträgers zu sprechen (423 des o. a. Berichtes; vgl. die gleiche Überlegung bei der Gesetzwerdung des Art. 181 des schweizerischen OR, nachzulesen bei Oser in Egger, Kommentar zum ZGB[2] V, 772; in diesem Sinne auch die Regelung des § 419 BGB; Web er in BGB-RGRK[12] II/2, Anm. 33). Die Vorinstanzen sind wohl davon ausgegangen, daß der Beklagte durch den rechtsgeschäftlichen Erwerb des 6/10 Anteiles des Restaurations- und Pensionsunternehmens und der - allenfalls dem Unternehmen gewidmeten und daher zum Betriebsvermögen gehörigen - Liegenschaft in W im wesentlichen das ganze damalige Vermögen seiner Mutter übernommen habe, weil bereits vorher eine Eigentumswohnung in T mit dem dazu gehörigen Grundanteil aus dem Vermögen seiner Mutter durch Verkauf an eine dritte Person ungeachtet einer allfälligen späteren "Verbücherung des Kaufvertrages" ausgeschieden sei. Es wurde dabei jedoch außer acht gelassen, daß der Tatbestand der Übernahme eines Vermögens (oder Unternehmens) erst dann erfüllt ist, wenn die Übertragung der dazu gehörigen einzelnen Vermögensgegenstände nach den jeweils dafür geltenden sachenrechtlichen Vorschriften vollzogen wurde (§§ 426 ff.). Für den Bereich der Herrschaft des Eintragungsgrundsatzes (§ 431 ABGB), dessen normierte Ausnahmen hier nicht vorliegen, vermag nach der jüngeren Rechtsprechung des OGH (SZ 48/104 = JBl. 1976, 144 f. mit zustimmender Anm. Bydlinskis; JBl. 1977, 257; 2 Ob 520/76; 7 Ob 590/77; 1 Ob 695/77; 3 Ob 558/78 und 1 Ob 734/78) die bloße Übergabe einer Liegenschaft nicht den Übergang des Eigentums zu bewirken. Anders als die Regelung des § 419 BGB, die nach positiver Anordnung bereits mit dem Gang nach Art eines Schuldbeitritts bewirkt (Larenz, Schuldrecht I[11], 479, und Allgemeiner Teil des bürgerlichen Rechts[4], 267), kann nach dem Regelungszweck des § 1409 ABGB von einer Vermögensübernahme erst dann gesprochen werden, wenn das übertragene Vermögen dem exekutiven Zugriff der Gläubiger des Überträgers entzogen ist, ihnen also der Haftungsfonds des Schuldners genommen wurde (so zutreffend Bydlinski in JBl. 1971, 136). Solange ihnen das Vermögen des Schuldners als Exekutionsobjekt zur Befriedigung ihrer Forderungen zur Verfügung steht, sind sie nicht schutzbedürftig und es besteht für die Anwendung des § 1409 ABGB kein Raum. Für den vorliegenden Fall bedeutet dies, daß die Eigentumswohnung und der ihr zugehörige Liegenschaftsanteil in T die mit Vertrag vom 22. Juni 1976 zu einem Preis von 400 000 S verkauft wurde, ungeachtet des in dem Kaufvertrag festgelegten Übergangs von Gefahr und Besitz auf die Käuferin zum 1. Oktober 1975 (Punkt V der Beilage D) erst mit dem Zeitpunkt der Einverleibung des Eigentumsrechtes der Käuferin aus dem Vermögen der Mutter des Beklagten ausgeschieden sein kann. Den Prozeßakten ist jedoch nicht zu entnehmen, ob überhaupt und bejahendenfalls zu welchem Zeitpunkt dieser sachenrechtlich bedeutsame Akt vorgenommen wurde. Bezüglich der vom Beklagten übernommenen 6/10 Anteile an dem Pensions- und Restaurationsunternehmen in W ist der Eigentumsübergang - ausgenommen an den allenfalls dazugehörigen, 6/10 Anteilen der Liegenschaft, auf der dieses Unternehmen betrieben wird - mit dem vereinbarten Zeitpunkt der Besitzübertragung, in Ermangelung eines solchen mit dem wirksamen Vertragsabschluß selbst anzusetzen, weil die Besitzauflassung gemäß § 428 2. Halbsatz ABGB hier eine geeignete Übergabeart darstellt und die leichte Feststellbarkeit dieses Zeitpunktes aus der Vertragsurkunde dem Publizitätserfordernis hinreichend genügt.

Darüber hinaus wurde von den Vorinstanzen auch nicht in Betracht gezogen, daß durch die Veräußerung der Eigentumswohnung mit dem dazu gehörigen Liegenschaftsanteil wohl die Zusammensetzung des Vermögens der Mutter des Beklagten verändert wurde, nicht aber unbedingt und jedenfalls ihr Vermögen auch seiner Höhe nach, denn anstelle des Vermögensgegenstandes Eigentumswohnung samt Liegenschaftsanteil trat der Vermögensgegenstand Forderung auf Bezahlung des vereinbarten Kaufpreises bzw. der Verkaufserlös. Geht man vom Regelfall aus, daß die Kaufpreisforderung bzw. der Verkaufserlös dem Verkehrswert der veräußerten Eigentumswohnung samt dem dazu gehörigen Liegenschaftsanteil entsprach, also ein echtes wirtschaftliches Äquivalent darstellte, dann wäre das Vermögen der Mutter des Beklagten durch die Veräußerung dieses Vermögensgegenstandes zwar der Zusammensetzung nach, nicht aber in seiner Höhe verändert worden, so daß der ihren Gläubigern zur Verfügung stehende Haftungsfonds keine Verringerung erfahren hätte und auch nicht gesagt werden könnte, daß der Beklagte durch den rechtsgeschäftlichen Erwerb des 6/10 Anteiles am Unternehmen und der Liegenschaft in W im wesentlichen das ganze damalige Vermögen seiner Mutter übernommen habe. Nur wenn die Veräußerung der Eigentumswohnung und des dazu gehörigen Liegenschaftsanteiles durch die Mutter des Beklagten zu einer derartigen Verringerung ihres Vermögens geführt haben sollte - etwa infolge eines unechten, nicht äquivalenten Kaufpreises, einer uneinbringlichen Kaufpreisforderung, einer gleichzeitigen Verfügung über die Kaufpreisforderung oder über den Kaufpreis selbst zugunsten Dritter Personen o. a. -, daß der erwähnte Unternehmens- und Liegenschaftsanteil im Zeitpunkt seines Erwerbs durch den Beklagten das im wesentlichen einzige und gesamte Vermögen seiner Mutter darstellte, könnte dem Haftungstatbestand Übernahme eines Vermögens im Sinne des § 1409 ABGB näher getreten werden. In diesem Falle müßte jedoch berücksichtigt werden, daß unter dem Begriff Vermögen nach dieser Gesetzesstelle nicht der objektive Sachbesitzstand des Überträgers zu verstehen ist, sondern als Inbegriff der in Geld schätzbaren körperlichen und unkörperlichen Güter einer Person (Weber a. a. O., Anm. 27 zu § 419 BGB; Reimer - Schmidt in Soergel - Sibert, BGB[10] II, 533; Becker, Kommentar zum schweizerischen ZGB VI, 835), jene Sach- und Rechtsgesamtheit, die nach der allgemeinen Verkehrsauffassung im konkreten Fall als der im wesentlichen gesamte Güterstand des Überträgers anzusehen ist. Legt man diesen, nach der Lage des Einzelfalles verschieden zu beurteilenden Vermögensbegriff hier der Entscheidung zugrunde, dann kann nicht gesagt werden, daß dem 6/10 Miteigentumsanteil an dem Pensions- und Restaurationsunternehmen in W und dem 6/10 Anteil an der Liegenschaft, auf der dieses Unternehmen betrieben wird, nach der allgemeinen Verkehrsauffassung der Charakter eines Vermögens in dem dargestellten Sinn beizumessen ist, denn es ist in aller Regel nicht anzunehmen, daß eine derartige Miteigentumsbeteiligung das im wesentlichen einzige und gesamte Vermögen einer natürlichen Person darstellt. Vielmehr handelt es sich um eine typische Einzelsache, der freilich ein nicht unbedeutender wirtschaftlicher Wert beizumessen ist. Die analoge Anwendung des Tatbestandes Übernahme eines Vermögens nach § 1409 ABGB auf jene rechtsgeschäftlichen Übertragsfälle, die nur einzelne geldwerte Güter des Überträgers von nicht unbedeutendem wirtschaftlichen Wert zum Gegenstande haben, ist jedoch nach dem Regelungszweck der Norm nur dann vertretbar und statthaft, wenn dem Erwerber im Zeitpunkt der Übernahme des Gegenstandes bekannt war oder doch nach den besonderen Umständen bekannt sein mußte, daß der von ihm übernommene Gegenstand das im wesentlichen einzige und gesamte Eigentum des Überträgers darstellt, das seinen Gläubigern für ihre Forderungen als Haftungsobjekt zur Verfügung steht. Ohne das aufgezeigte subjektive Erfordernis wäre der Erwerb von Einzelgegenständen nicht unbedeutenden wirtschaftlichen Werts mit einem den rechtsgeschäftlichen Verkehr in unvertretbarer Weise belastenden Risiko für den Erwerber verbunden, das er in aller Regel nicht zu Überschauen vermag (in diesem Sinne Larenz, Schuldrecht I[11], 480). Diese subjektive Voraussetzung für die analoge Anwendung des Haftungstatbestandes Übernahme eines Vermögens nach § 1409 ABGB auf Fälle des rechtsgeschäftlichen Erwerbs von in ihrem wirtschaftlichen Wert nicht unbedeutenden Einzelgegenständen eines Schuldners ist von dem Gläubiger, der die Haftung des Übernehmers in Anspruch nimmt, zu behaupten und zu beweisen. Wenn aber, wie hier, der Übernehmer der Sohn der Überträgerin ist und damit zu dem auch in § 187 der III. TN genannten Personenkreis des § 32 KO gehört, rechtfertigt der dortige Grundgedanke, daß unter nahen angehörigen die Kenntnis ihrer Vermögensverhältnisse zu vermuten ist, dem Übernehmer die Behauptungs- und Beweislast dafür zuzuweisen, daß ihm - d. h. hier seinem gesetzlichen Vertreter - die Eigenschaft des übernommenen Einzelgegenstandes als einziges Eigentum des Überträgers, das dessen Gläubigern als Exekutionsobjekt dienen kann, im Zeitpunkt des rechtsgeschäftlichen Erwerbs weder bekannt war noch bekannt sein mußte.

Erwägungen über die Veränderung des Vermögens der Mutter des Beklagten infolge der Übertragung ihrer 6/10 Anteile an dem Pensions- und Restaurationsunternehmen und der Liegenschaft in W, auf der sich dieses Unternehmen befindet, auf Grund des Übergabevertrages vom 12. November 1975 in der bereits oben bezüglich der Eigentumswohnung in T aufgezeigten Richtung sind jedoch zu vernachlässigen, weil nach dem Inhalt des Übergabevertrages keine dem Zugriff der Gläubiger der Überträgerin zugängige Vermögenswerte in ihr Vermögen eingeflossen sind, sondern eine echte Vermögensentblößung stattgefunden hat, die zu einer bedeutenden Verringerung, wenn nicht überhaupt zu einer Entziehung des Haftungsfonds führen mußte und gerade deshalb den tragenden Grund des Tatbestandes Haftung aus der Übernahme eines Vermögens nach § 1409 ABGB trifft.

Unter Zugrundelegung all dieser rechtlichen Erwägungen erweist sich die Rechtssache als noch nicht entscheidungsreif.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte