OGH 5Ob70/24s

OGH5Ob70/24s4.7.2024

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Jensik als Vorsitzenden sowie die Hofräte Mag. Wurzer und Mag. Painsi, die Hofrätin Dr. Weixelbraun‑Mohr und den Hofrat Dr. Steger als weitere Richter in der Grundbuchsache der Antragstellerin A* GmbH, *, vertreten durch Dr. Hubertus Bruzek, Rechtsanwalt in Elsbethen, wegen Löschung einer Ersichtlichmachung gemäß § 52 Oö BauO 1994 auf Gst * der EZ * KG *, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Antragstellerin gegen den Beschluss des Landesgerichts Ried im Innkreis als Rekursgericht vom 13. März 2024, AZ 6 R 8/24d, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:0050OB00070.24S.0704.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

Entscheidungsart: Ordentliche Erledigung (Sachentscheidung)

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 126 Abs 2 GBG iVm § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.

 

Begründung:

[1] Im A2‑Blatt der Grundbuchseinlage ist ob der Liegenschaft der Antragstellerin die Verpflichtung der Errichtung und Sicherstellung von 15 KFZ‑Stellplätzen auf Gst * für Gst * eingetragen. Grundlage für diese Eintragung ist der Bescheid des Stadtamts vom 9. 11. 2022 und das Ersuchen der Behörde um Ersichtlichmachung gemäß § 52 Oö BauO 1994.

[2] Das Rekursgericht bestätigte die Entscheidung des Erstgerichts, mit dem es das Begehren der Antragstellerin auf Löschung dieser Eintragung abgewiesen hatte, und ließ den ordentlichen Revisionsrekurs nicht zu.

Rechtliche Beurteilung

[3] Dagegen richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs der Antragstellerin, die darin keine Rechtsfragen von der Bedeutung des § 62 Abs 1 AußStrG aufzeigen kann.

[4] 1. Die Antragstellerin tritt der Ansicht des Rekursgerichts, dass die hier in Rede stehende Ersichtlichmachung eine Anmerkung gemäß § 20 lit b GBG ist, zu Recht nicht entgegen (vgl dazu nur Kodek in Kodek, Grundbuchsrecht² § 20 GBG Rz 126). Anmerkungen nach § 20 lit b GBG erfordern, dass sie im Grundbuchsgesetz oder in einem anderen Gesetz ausdrücklich vorgesehen sind (RS0060628; RS0060679). Dies trifft hier wegen § 52 Abs 1 Oö BauO 1994 zu (vgl 5 Ob 103/22s zu § 8 Oö BauO 1994).

[5] Eine Ersichtlichmachung nach dieser Bestimmung darf, sofern nichts anderes bestimmt ist, im Grundbuch nur gelöscht werden, wenn durch einen Bescheid der Baubehörde festgestellt worden ist, dass die Voraussetzungen für die ersichtlich gemachte Verpflichtung entfallen sind (§ 52 Abs 3 Oö BauO 1994). Auf einen solchen Feststellungsbescheid stützt die Antragstellerin ihr Begehren nicht.

[6] 2. Soweit sie dennoch die Löschung der Anmerkung begehrt und damit argumentiert, dass die Ersichtlichmachung nicht vorgenommen werden hätte dürfen, weil der Bescheid der Baubehörde ohne ihre Mitwirkung zustande gekommen sei und eine privatrechtliche Vereinbarung fehle, verkennt sie das Wesen des Grundbuchverfahrens.

[7] 2.1. Der Grundbuchsrichter ist grundsätzlich auf die Prüfung von Hindernissen beschränkt, die sich aus dem Antrag selbst, aus dem Grundbuchstand oder den vorgelegten Urkunden ergeben (5 Ob 185/08d mwN). Die Prüfung rechtshindernder oder rechtsvernichtender Tatsachen ist daherseiner Kognitionsbefugnis regelmäßig entzogen (vgl 5 Ob 214/14b mwN). Zudem gelten nach der Rechtsprechung des Fachsenats (auch) für die Anmerkung nach § 20 lit b GBG die herabgesetzten Anforderungen des § 52 GBG; die Bewilligung der Anmerkung und deren Löschung erfordern (bloß) beweiswirkende Urkunden. Die Prüfungsintensität ist daher geringer (5 Ob 103/22s Rz 20 mwN). Was beweiswirkend ist, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab (RS0110535). Soweit keine anderen gesetzlichen Formvorschriften oder Gültigkeitserfordernisse zu beachten sind, liegt es daher im Ermessen des Grundbuchsgerichts, ob es die ihm als Eintragungsgrundlage präsentierte Urkunde als ausreichend erachtet (5 Ob 103/22s Rz 21 mwN).

[8] 2.2. Gerichte sind an rechtskräftige Bescheide der Verwaltungsbehörden, mit welchen eine für den Zivilrechtsstreit maßgebliche Vorfrage entschieden wurde, gebunden, und zwar selbst dann, wenn diese Bescheide fehlerhaft (gesetzwidrig) sein sollten (RS0036880 ua). Das gilt auch für das Grundbuchsgericht (vgl 5 Ob 112/18h Pkt 3.1), sodass nicht zu erkennen ist, warum der der Anzeige der Baubehörde zugrunde liegende Bescheid die begehrte Ersichtlichmachung (dazu § 52 Abs 1 Oö BauO 1994) nicht zu tragen vermocht hätte.

[9] 3. Damit kann die Antragstellerin auch nicht aufzeigen, inwieweit diese Ersichtlichmachung mit unheilbarer Nichtigkeit behaftet sein soll, die das Grundbuchsgericht zu einer amtswegigen Löschung verpflichtete. Darunter fallen nämlich nur solche Eintragungen, die wegen ihres Gegenstands nicht hätten stattfinden dürfen. Es muss sich um Eintragungen handeln, die ein Recht zum Gegenstand haben, das der geltenden Rechtsordnung überhaupt fremd ist oder dessen Eintragung weder im Grundbuchsgesetz noch in anderen Gesetzen zugelassen ist, und die einen physisch oder rechtlich unmöglichen Grundbuchstand, dem die materielle Rechtsgrundlage nicht entsprechen kann, schaffen (RS0060300 [T1]).

[10] 4. Die von der Antragstellerin ins Treffen geführten Gründe sind jedenfalls nicht geeignet, die von ihr begehrte Löschung zu begründen, sodass der Frage, inwieweit nicht bereits der Umstand, dass sie den im Vorverfahren ergangenen Bewilligungsbeschluss in Rechtskraft erwachsen ließ, ihrem nunmehrigen Begehren entgegensteht, nicht weiter nachgegangen werden muss.

[11] 5. Einer weiteren Begründung bedarf es nicht (§ 71 Abs 3 AußStrG).

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