Spruch:
Weder die Bindungswirkung noch die Tatbestandswirkung der Rechtskraft greifen ein, wenn im Vorprozeß eine Kündigung rechtskräftig aufgehoben worden ist und nun auf Feststellung der Nichtigkeit des Mietvertrages geklagt wird
OGH 22. Juni 1976, 5 Ob 599/76 (OLG Graz 1 R 4/76; LGZ Graz 24 Cg 235/74)
Text
Die Klägerin vermietete im Jahre 1959 ihre Eigentumswohnung im Hause Graz, S-Gasse 6/11, an den Beklagten, der ihr gleichzeitig eine BUWOG-Wohnung in Graz, T-Straße 68 zur Verfügung stellte. Die Klägerin unterfertigte dabei hinsichtlich ihrer Eigentumswohnung zwei vom Beklagten verfaßte, mit 4. Mai und 30. September 1959 datierte schriftliche Mietverträge.
Die Klägerin begehrte mit der am 28. August 1974 eingebrachten Klage die Feststellung der Nichtigkeit des zwischen ihr und dem Beklagten am 4. Mai 1959 und 30. September 1959 geschlossenen Mietvertrages über die aus einem Vorzimmer, einer Kochnische, einem Kabinett, einem Zimmer, einem Bad mit WC, einem Balkon und einem Kellerabteil bestehende Wohnung Nr. 11 im dritten Stock des Hauses Graz, S-Gasse 6 und die Aufhebung dieses Vertrages. Weiters soll der Beklagte schuldig erkannt werden, diese Wohnung sofort nach Rechtskraft des Urteiles der Klägerin zurückzugeben. Im Rahmen des wegen der unzulänglich gewordenen Wohnungsverhältnisse von der Klägerin angestrebten Wohnungstausches habe der Beklagte seine "BUWOG"- Wohnung angeboten, die die Klägerin am 2. Mai 1959 auch bezogen habe. Hinsichtlich ihrer Eigentumswohnung sei zwischen den Streitteilen ein mündlicher Mietvertrag abgeschlossen worden. Demnach sollte das Mietverhältnis nur für die Zeit eines tatsächlichen und persönlichen Wohnungsbedürfnisses des Beklagten aufrechtbleiben und spätestens dann beendet werden, wenn eine bestimmte Wohnung im Hause seiner Mutter frei würde. Zur Vermeidung einer doppelten Zinsbelastun habe die Klägerin dem Beklagten das Recht eingeräumt, die Wohnung für den Fall unterzuvermieten, als er auf einen auswärtigen Dienstposten versetzt werde. Die Unterfertigung des schriftlichen Mietvertrages vom 4. Mai 1959 bzw. des an seine Stelle getretenen Mietvertrages vom 30. September 1959 durch die Klägerin habe der Beklagte in der Folge arglistig erschlichen. Er habe die Unterfertigung des schriftlichen Vertrages vom 4. Mai 1959 von der Klägerin verlangt, weil seine Dienstgeberin, die Finanzbehörde, die Vorlage dieses schriftlichen Mietvertrages mit dem in diesem Vertrag angeführten Inhalt begehre, andernfalls die von ihm erwartete Genehmigung des Wohnungstausches in Frage gestellt sei. Der Beklagte habe dabei ausdrücklich erklärt, es handle sich dabei nur um eine Formsache, tatsächlich würden nur die mündlichen Vereinbarungen gelten und alle darüber in diesem schriftlichen Mietvertrag hinausgehenden Bedingungen nur so lauten, um die Tauschgenehmigung zu bewirken. Da der Beklagte so ihre Bedenken zerstreute, habe sie diesen schriftlichen Mietvertrag unterfertigt. Ende September 1959 habe der Beklagte ihr erklärt, daß der vereinbarungsgemäß auf unbestimmte Zeit abgeschlossene Mietvertrag nicht verbüchert werden könne. Sie habe daher den vom Beklagten verfaßten Mietvertrag vom 30. September 1959 unterfertigt, in welchem nach den ausdrücklichen Erklärungen des Beklagten aus formellen Gründen das Bestandrecht auf Lebensdauer eingeräumt wurde. Der Beklagte habe die Weitergeltung der mündlichen Vereinbarung über die unbestimmte Dauer des Mietverhältnisses entgegen der anderslautenden schriftlichen Textierung ausdrücklich zugesagt. Trotz der mehrfach ausdrücklichen mündlichen Beteuerungen des Beklagten, daß die Unterfertigung des schriftlichen Mietvertrages nur aus formellen Gründen nötig sei und selbstverständlich nur der mündliche Mietvertrag Geltung habe, wolle er diesen aber nicht zuhalten. Er habe die ihm in der Folge zugefallene Wohnung im Hause seiner Mutter nicht bezogen und wohne seit 1967 in einer großer Eigentumswohnung seiner zweiten Ehefrau. Die Eigentumswohnung der Klägerin, die er für persönliche Wohnzwecke nicht mehr benötige, habe der Beklagte seit Jahren zur Gänze gegen einen hohen Mietzins untervermietet. Der Beklagte bestehe nun auf der Gültigkeit des schriftlichen Mietvertrages, der im Hinblick auf die Bestanddauer und den Kündigungsverzicht einen totalen Verzicht der Klägerin auf ihre Eigentumswohnung für die Dauer des Lebens des Beklagten bedeute. Dem sich für die Klägerin ergebenden dauernden Nachteil stunden die vom Beklagten verschafften Dauervorteile zufolge der Untervermietung gegenüber. Die Klägerin habe die schriftlichen Verträge nur unterfertigt, weil sie der Beklagte durch die Zusicherung irregeführt habe, daß ausschließlich nur der mündliche Mietvertrag Geltung haben sollte. Der vom Beklagten verfaßte schriftliche Mietvertrag vom 4. Mai und 30. September 1959 verstoße daher nicht nur gegen Treu und Glauben, sondern auch mehrfach gegen die guten Sitten sowie gegen die Bestimmungen des Wuchergesetzes.
Der Beklagte verwies demgegenüber darauf, daß der angefochtene schriftliche Mietvertrag von der Klägerin nach längerer Überlegungsfrist vollinhaltlich genehmigt worden sei, ohne daß sie durch Beteuerungen des Beklagten dazu veranlaßt worden sei. Im Kündigungsverfahren 25 C 111/68 des Bezirksgerichtes für ZRS Graz sei festgestellt worden, es sei nie davon die Rede gewesen, daß es sich bei dem abgeschlossenen schriftlichen Mietvertrag um einen Scheinvertrag gehandelt hätte, oder daß nicht dieser schriftliche Vertrag, sondern eine mündliche Vereinbarung über die Höhe des Mietzinses und die Mietdauer gelten sollte. Der Beklagte habe die Klägerin weder in Irrtum geführt noch deren Zwangslage ausgenützt noch betrügerisch gehandelt. Bei Unterfertigung des schriftlichen Vertrages vom 30. September 1959, der in allen Teilen ihrem Willen entsprochen habe, habe sich die Klägerin bereits in der eingetauschten "BUWOG"-Wohnung befunden und sei somit keineswegs mehr in einer Zwangslage gewesen.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Es stellte auf der Grundlage der Parteiaussage der Klägerin im wesentlichen fest, daß zwischen den Parteien ein mündlicher Mietvertrag dahin gehend abgeschlossen worden sei, daß die Klägerin dem Beklagten ihre Eigentumswohnung gegen jenen Betrag vermietete, welchen sie selbst monatlich an den Wohnungswiederaufbaufonds zurückzuzahlen hatte. Dies auf unbestimmte Zeit jedoch mit grundbücherlicher Einverleibung der Bestandrechte sowie mit der auflösenden Bedingung, daß der Beklagte die Wohnung dann zurückzustellen habe, wenn die damals vermietete Wohnung im Hause seiner Mutter frei werden würde. Als Gegenleistung sollte der Beklagte bei seiner Dienstbehörde dahin wirken, daß der Wohnungsaustausch bewilligt würde, weil ja der Gatte der Klägerin nicht Bundes-, sondern Landesbeamter war. Zur Unterfertigung der schriftlichen Verträge vom 4. Juni und 30. September 1959 mit ihren über die mündlichen Abreden hinausgehenden Bestimmungen, insbesondere dem Recht des Beklagten zur Untervermietung, dem Anfechtungsverzicht aus allen möglichen Gründen, einschließlich des Betruges und der Bestandzeit auf Lebensdauer des Beklagten, sei die Klägerin nur durch seine Vorspiegelung bewogen worden, diese Verträge seien reine Formsache und rechtlich ohne Wirkung, es gelten die mündlichen Abreden. Die für den Beklagten vorgesehene Wohnung im Hause seiner Mutter sei im Jahre 1968 frei geworden. Er habe sie aber nicht bezogen, sondern wohne in der Eigentumswohnung seiner zweiten Gattin.
Sowohl das Kündigungsverfahren 24 C 111/68 des Bezirksgerichtes für ZRS Graz als auch das Räumungsverfahren zu 24 C 24/72 dieses Gerichtes seien zum Nachteil der Klägerin entschieden worden.
Das Erstgericht beurteilte diesen Sachverhalt dahin gehend, daß eine wahre Einwilligung der Klägerin zum Abschluß eines schriftlichen Mietvertrages nicht vorliege und ein solcher nach § 869 ABGB nicht zustande gekommen sei. Der Beklagte habe die Klägerin durch List veranlaßt, die schriftlichen Verträge zu unterzeichnen, so daß der Tatbestand nach § 870 ABGB vorliege und sie nicht verpflichtet sei, die beiden schriftlichen Verträge einzuhalten. Da diese dem Beklagten sämtliche Vorteile zuschanzten, wogegen die Klägerin nur Nachteile zu dulden hätte, widersprächen die schriftlichen Verträge auch den guten Sitten im Sinne des § 879 Z.4 ABGB.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der beklagten Partei Folge und änderte das erstgerichtliche Urteil dahin ab, daß das Klagebegehren abgewiesen werde. Nach dem Ausspruch des Berufungsgerichtes übersteigt der von der Abänderung betroffene Wert des Streitgegenstandes 1000 S. Das Berufungsgericht ließ die bekämpften Sachverhaltsfeststellungen dahingestellt. Es erachtete das Klagebegehren aus rechtlichen Gründen, insbesondere wegen seiner Unschlüssigkeit, aber auch wegen der Bindungswirkung der rechtskräftigen Vorentscheidung im Verfahren 24 C 111/68 des Bezirksgerichtes für ZRS Graz als unberechtigt. Das Prozeßvorbringen der klagenden Partei lasse Umstände, die nach dem § 870 ABGB zu qualifizieren seien, nicht erkennen. Ihre wiederholten Behauptungen, die Klägerin habe die für sie ungünstigen schriftlichen Vertragsurkunden nur deshalb unterfertigt, weil der Beklagte ihr listigerweise erklärt habe, diese seien aus formellen Gründen erforderlich, tatsächlich gelte jedoch nur das zwischen den Parteien mündlich Vereinbarte, seien dahin gehend zubeurteilen, daß sich der Vertragswille der Streitteile nur auf den Inhalt der mündlichen Vereinbarung erstreckte, während die schriftlichen Urkunden, sofern der Inhalt davon abweiche, bloß Scheinerklärungen darstellten. Die Klägerin habe dementsprechend im Berufungsverfahren die ausdrückliche Prozeßerklärung abgegeben, nur die Feststellung der Nichtigkeit bzw. die Aufhebung der beiden schriftlichen Mietverträge zu begehren. Sie stütze demnach den Klagsanspruch nicht auf die §§ 870 ABGB, sondern ausschließlich auf den § 916 ABGB. Davon ausgehend sei aber das Begehren auf Zurückstellung des Mietobjektes unschlüssig und durch die Klagserzählung nicht gedeckt. Bei einem Scheingeschäft hätte zwar nicht das zwischen den Parteien simulierte, wohl aber das dissimulierte Geschäft, nämlich der mündliche Mietvertrag zu gelten. Da die Klägerin dessen Unwirksamkeit und dessen Auflösung nicht einmal behauptet habe, stehe dieser mündliche Mietvertrag dem Rückstellungsbegehren der Klägerin entgegen. Nach dem Prozeßvorbringen der Klägerin deckten sich überdies die schriftlichen Verträge mit der mündlichen Abmachung in einem gewissen Umfange. Insoweit könne ein Scheingeschäft in den schriftlichen Verträgen nicht vorliegen. Sie könne daher nicht die Feststellung der gänzlichen Nichtigkeit bzw. die gänzliche Aufhebung der beiden schriftlichen Verträge begehren. Dazu komme noch, daß die Behauptung des Scheingeschäftes bezüglich dieser schriftlichen Mietverträge als Vorfrage des geltend gemachten Kündigungsrechtes der Klägerin im Verfahren 24 C 111/68 des Bezirksgerichtes für ZRS Graz, behandelt worden sei. Das Vorliegen von Scheinerklärungen sei aber schließlich rechtskräftig verneint worden. Wenn auch keine Identität des nunmehrigen Klagebegehrens mit dem im Kündigungsverfahren entschiedenen Begehren vorliege, sei doch das Gericht inhaltlich an die rechtskräftige Vorentscheidung gebunden und es müsse diese unter Ausschluß der sachlichen Verhandlung und Prüfung des Gegenstandes des rechtskräftig entschiedenen Vorurteiles dem neuen Urteil bei dessen Sachentscheidung über den neuen Anspruch zugrunde gelegt werden. Wenn aber die schriftlichen Verträge vom 4. Mai und 30. September 1959 keine Scheinverträge seien, dann sei der allein geltend gemachte Rechtsgrund für das Klagebegehren weggefallen. Hiermit gelangte das Berufungsgericht zufolge der gehörig erhobenen Rechtsrüge des Berufungswerbers im Ergebnis zur Abänderung des erstgerichtlichen Urteiles.
Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der klagenden Partei nicht Folge.
Rechtliche Beurteilung
Aus den Entscheidungsgründen:
Die vom Berufungsgericht herangezogene Bindungswirkung der rechtskräftigen Vorentscheidung derart, daß die sachliche Verhandlung und Prüfung über das neue Klagebegehren ausgeschlossen wäre, beschränkt sich als Folge der Rechtskraft grundsätzlich auf die Parteien und den "geltend gemachten Anspruch", über den im Urteil entschieden wurde (Fasching III, 708, 727). Eine solche Bindungswirkung hat aber, soweit die beiden Begehren nicht ident oder doch ihre bloße Negation sind, wenigstens Präjudizialität derart zur Voraussetzung, daß der rechtskräftig entschiedene Anspruch eine Vorfrage, also das bedingende Rechtsverhältnis für den neuen Anspruch ist, so daß über den neuen Anspruch nur dann entschieden werden kann, wenn gleichzeitig als Voraussetzung hiefür über den rechtskräftig entschiedenen Anspruch erkannt würde (Fasching III, 705). Hingegen sind sogenannte Vorfragenentscheidungen innerhalb eines Urteiles nicht der Rechtskraft fähig (vgl. SZ 25/121; SZ 41/103). Über diesen Bereich der prozessualen Bindungswirkung als Folge der Rechtskraft hinaus ist allerdings auch die sogenannte Tatbestands- oder Reflexwirkung gerichtlicher Entscheidungen wahrzunehmen. Diese ergibt sich daraus, daß ein Urteil nach Maßgabe seines Spruches auch von jedem Dritten in jenem Umfange hingenommen werden muß, als damit neue rechtliche Voraussetzungen für die Bindung neuer Privatrechtsansprüche oder für deren Änderung oder Erlöschen geschaffen wurden (vgl. Fasching III, 745; SZ 43/47 u. a.).
Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichtes können der Revisionswerberin weder die Bindungs- noch die Tatbestandswirkung von Vorentscheidungen im Zusammenhang mit ihrer Eigentumswohnung entgegengehalten werden. Die rechtskräftige Entscheidung im Verfahren 24 C 111/68 des Bezirksgerichtes für ZRS Graz hatte die Aufhebung einer auf § 19 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 10 MG gestützten Aufkündigung zum Gegenstande. Die in diesem Verfahren getroffene Feststellung, daß die schriftlichen Vereinbarungen der Streitteile nicht als Scheinvertrag gedacht waren, sondern den gültigen Mietvertrag darstellten, aus dem der für das Schicksal der Aufkündigung maßgebliche Kündigungsverzicht entnommen wurde, kann nur eine der Rechtskraft nicht fähige Vorfragenentscheidung darstellen. Zufolge der Aufhebung der Aufkündigung besagt der Spruch nichts über die Vorfrage des Vorliegens eines verbindlichen schriftlichen Mietvertrages zwischen den Streitteilen. Dies ganz abgesehen davon, daß die beklagte Partei auch jetzt nicht in Abrede stellt, daß eine mündliche Mietvereinbarung bezüglich ihrer Eigentumswohnung zwischen den Streitteilen zustande gekommen ist.
Im Rahmen des Verfahrens über die auf § 1118 ABGB gestützte Klage wegen Räumung der Eigentumswohnung (24 C 24/72 des Bezirksgerichtes für ZRS Graz) war unbestrittene Sachverhaltsgrundlage, daß die Klägerin diese Wohnung dem Beklagten mit Mietvertrag vom 30. September 1959 auf Lebenszeit vermietet habe.
Dem Berufungsgericht war es entgegen der Auffassung der Revisionswerberin nicht verwehrt, zufolge formell gehörig erhobener Rechtsrüge trotz fehlender ausdrücklicher Bekämpfung die Klagsbehauptungen auf ihre Schlüssigkeit zur Begründung des gestellten Begehrens zu überprüfen. Ein nichtiges Scheingeschäft im Sinn des § 916 ABGB liegt vor, wenn eine Willenserklärung mit Einverständnis des Vertragspartners zum Schein abgegeben wird. Solche Scheingeschäfte werden meist zur Täuschung dritter Personen oder von Behörden geschlossen (vgl. Koziol - Welser[4] I, 99). Nach den Behauptungen der klagenden Partei sollte diesbezüglich der schriftlichen Mietverträge wegen der erforderlichen Zustimmung zur Vergabe der BUWOG-Wohnung an die Klägerin der Fall sein. Die Klägerin behauptete weiters, daß damit ein anderes wirklich gewolltes Geschäft, nämlich der mündlich abgeschlossene Mietvertrag mit seiner auflösenden Bedingung verschleiert werden sollte. Das zum Schein geschlossene Geschäft wirkt zwischen den Parteien nicht, weil es ja nicht gewollt ist. Ein allfälliges verdecktes Geschäft ist allerdings nach seiner wahren Beschaffenheit zu beurteilen (§ 916 Abs. 1 Satz 2 ABGB). Es ist also wirksam, wenn es den Erfordernissen eines gültigen Rechtsgeschäftes entspricht. Die Vertragsbestimmungen des verdeckenden Geschäftes, die auf das verdeckte Geschäft Anwendung finden können, bleiben für dieses in Kraft (vgl. Koziol - Welser[4], 99; ImmZtg. 1975, 320).
Das Berufungsgericht hat das mit dem Begehren auf Aufhebung der schriftlichen Mietverträge wegen Nichtigkeit verbundene Räumungsbegehren hinsichtlich der Wohnung für unschlüssig erachtet, weil Behauptungen über die Unwirksamkeit oder Auflösung des verdeckten Geschäftes, nämlich des mündlichen Mietvertrages nicht vorlägen.
Der Wohnungseigentümer begrundet durch die Vermietung seiner Eigentumswohnung ein Hauptmietverhältnis (MietSlg. 6226, 19 476 u. a.). Eine Ausnahme von den Kündigungsbeschränkungen des Mietengesetzes ist bezüglich der gegenständlichen Eigentumswohnung weder behauptet worden noch kann eine solche Ausnahme nach den hervorgekommenen Umständen angenommen werden. Es fehlt auch an einer Behauptung der gerichtlichen Aufkündigung oder der einvernehmlichen Auflösung des durch den mündlichen Bestandvertrag begrundeten Bestandverhältnisses. Die Revisionswerberin hat allerdings in ihren Klagsbehauptungen und neuerlich in der Revision darauf verwiesen, daß zufolge der ausdrücklichen mündlichen Vereinbarung das Mietverhältnis nur so lange aufrecht bleiben sollte, als der Beklagte nicht in bestimmter Weise anderweitig wohnversorgt würde. Das Erstgericht hat diesbezüglich die Vereinbarung einer auflösenden Bedingung festgestellt, daß der Beklagte die Wohnung dann zurückzustellen habe, wenn eine Wohnung im Hause seiner Mutter frei würde.
Durch die im vorliegenden Fall anzuwendende Bestimmung des § 19 Abs. 6 MG ist aber jede vertragliche Ausdehnung des Kündigungsrechtes über die gesetzlichen Möglichkeiten hinaus ungültig. Es ist daher auch die Vereinbarung einer auflösenden Bedingung unwirksam (vgl. SZ 19/221; MietSlg. 9756).
Das Berufungsgericht ist daher zutreffend zu dem Ergebnis gelangt, daß dem Begehren auf Rückstellung der Wohnung schon der von der klagenden Partei selbst behauptete mündliche Mietvertrag entgegenstehen müsse, dessen Beendigung entgegen ihrer Auffassung nicht hinlänglich dargetan wurde.
Dies muß aber, wenngleich aus anderen als den vom Berufungsgericht angeführten Gründen, auch zur Abweisung des Begehrens auf Feststellung der Nichtigkeit der beiden schriftlichen Mietverträge führen. Wie die klagende Partei ausdrücklich vorgebracht hat, wird dieses Begehren gestellt, weil der Beklagte nicht bereit sei, seine Verpflichtung aus dem Titel des zuvor mündlich abgeschlossenen Mietvertrages einzuhalten und der Klägerin die Eigentumswohnung zurückzugeben. Die Beseitigung der schriftlichen Mietverträge soll also die Rückstellung der Wohnung ermöglichen. Damit erschöpft sich aber unzweifelhaft die Präjudizialität des Feststellungsbegehrens mit diesem Prozeßziel, nämlich dem Räumungsbegehren. Es fehlt damit in dem vorliegenden Falle an dem erforderlichen darüber hinausgehenden rechtlichen Interesse an der alsbaldigen Feststellung der Nichtigkeit der beiden schriftlichen Mietverträge. Dies erhellt auch aus den Revisionsausführungen, wonach im selben Augenblick, wo die beiden klagsgegenständlichen schriftlichen Mietverträge für aufgehoben erklärt würden, der Beklagte veranlaßt wäre, nach Maßgabe des mündlichen Mietvertrages die verfahrensgegenständliche Wohnung zu räumen. Dies kann die klagende Partei aber nach den dargelegten Erwägungen im vorliegenden Verfahren nicht erreichen. Ein darüber hinausgehendes Interesse ist nicht behauptet worden.
Der Mangel des rechtlichen Interesses an der Feststellung ist von Amts wegen auch im Rechtsmittelverfahren zu beachten (vgl. SZ 26/116; SZ 34/171 u. v. a.).
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