Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben.
Die Urteile der Vorinstanzen werden unter Einschluß sämtlicher Kostenentscheidungen aufgehoben, soweit das Begehren des Klägers abgewiesen wurde, gegenüber der beklagten Partei das Bestehen der Dienstbarkeit des Fahrtrechtes über das Grundstück 372/1 KG B***** zugunsten der jeweiligen Eigentümer der Grundstücke 373, 374/1 und 374/2 KG B***** festzustellen und die beklagte Partei schuldig zu erkennen, in die Einverleibung dieses Fahrtrechtes auf der Liegenschaft EZ 1630 KG B***** einzuwilligen.
In diesem Umfang wird die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Prozeßgericht erster Instanz zurückverwiesen.
Im übrigen bleibt das Urteil des Erstgerichtes als Teilurteil bestehen.
Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind als Kosten des weiteren Verfahrens vor dem Erstgericht zu behandeln.
Text
Begründung
Der Kläger ist Eigentümer der laut Kataster land- und forstwirtschaftlich genutzten Grundstücke 373, 374/1 und 374/2 in der EZ 506 der KG B*****, die Beklagte Eigentümerin des Grundstückes 372/1 in der EZ 1630 derselben KG. Auf dem Grundstück 372/1 befindet sich nunmehr eine Wohnhausanlage, doch blieb im östlichen Bereich des Grundstückes neben der Böschungsmauer der Tiefgarageneinfahrt ein an der engsten Stelle ca. 2,30 m breiter Grundstreifen unbebaut, der als Geh- und Fahrtweg benützt werden könnte, um das im Norden angrenzende Grundstück 373 zu erreichen.
Nach den bisher vorliegenden Verfahrensergebnissen steht fest, daß der Kläger bzw. seine Rechtsvorgänger ein Geh- und Fahrtrecht über das Grundstück 372/1 zum Zwecke der land- und forstwirtschaftlichen Nutzung der Grundstücke 373, 374/1 und 374/2 ersessen haben, und zwar das Fahrtrecht dergestalt, daß zunächst mit Pferdefuhrwerken, später mit kleinen LKWs über das Grundstück 372/1 gefahren wurde, um Heu und Holz von den herrschenden Grundstücken abzutransportieren. Wegen der starken Hanglage der herrschenden Grundstücke und einer ca. 1 m hohen Geländestufe zwischen den Grundstücken 372/1 und 373 mußte dabei jeweils noch auf dem Grundstück 372/1 gewendet werden.
Rechtskräftig entschieden ist bereits, daß dem Kläger das Gehrecht über den freien Grundstreifen im Osten der Parzelle 372/1 zusteht und die beklagte Partei in die Verbücherung dieser Dienstbarkeit einuzuwilligen hat; nach wie vor strittig ist jedoch das Fahrtrecht, und zwar aus dem einzigen noch zu erörternden Grund, weil die beklagte Partei insoweit den gutgläubigen lastenfreien Erwerb des Grundstückes 372/1 im Jahr 1986 behauptet, wogegen der Kläger einwendet, ein solcher das ersessene Recht vernichtender Erwerb im Vertrauen auf den Grundbuchsstand scheide aus, weil die Dienstbarkeit offenkundig gewesen sei (AS 142).
Der Kläger hat zum noch offenen Streitpunkt die gerichtliche Feststellung begehrt, daß ihm und allen künftigen Eigentümern der Grundstücke 373, 374/1 und 374/2 der EZ 506 des Grundbuches ***** B***** die Dienstbarkeit des Fahrtrechtes gegenüber dem jeweiligen Eigentümer des Grundstückes 372/1 im derzeitigen Gutsbestand der EZ 1630 KG B***** als dienendem Grundstück in der Weise zusteht, daß zur Bewirtschaftung der Grundstücke 373, 374/1 und 374/2 zu jeder Jahreszeit längs der östlichen Grenze des Grundstückes 372/1 gefahren und im nordöstlichen Bereich dieses Grundstückes mit Fahrzeugen umgekehrt werden darf. Dazu soll die beklagte Partei noch schuldig erkannt werden, binnen 14 Tagen in die grundbücherliche Einverleibung des Fahrtrechtes auf ihrer Liegenschaft einzuwilligen. Auch hier ist mittlerweile durch die Verfahrensergebnisse klargestellt, daß der Kläger nicht etwa indirekt die Beseitigung von Bauwerken der beklagten Partei verlangt, sondern nur das Recht beansprucht, auf dem freigebliebenen Grundstück neben der Böschungsmauer der Tiefgarageneinfahrt im Osten der Parzelle 372/1 mit entsprechend kleinen landwirtschaftlichen Fahrzeugen zu fahren und auf dem dienenden Grundstück zu wenden (s. dazu S. 15 f des Ersturteils und den nunmehrigen Rechtsmittelantrag des Klägers).
Die beklagte Partei hat, obwohl der Grundstreifen im Osten der Parzelle 372/1 freigehalten wurde, um dem Wunsch des Klägers nach einer Zugangs- und Zufahrtsmöglichkeit zu seinen Grundstücken entgegenzukommen, die Abweisung des Klagebegehrens aus dem bereits dargestellten Grund beantragt. Die sonst noch geltend gemachten Klagsabweisungsgründe haben sich erledigt.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren (so wie es hier dargestellt wurde, ohne allerdings die Beschränkung des Fahrtrechtes auf den ca. 2,30 m breiten Grundstreifen im Osten der Parzelle 372/1 in den Urteilsspruch aufzunehmen) zur Gänze statt. Es stellte zum noch offenen Streitpunkt folgendes fest:
Die arrondierte land- und forstwirtschaftliche Nutzfläche der Parzellen 373, 374/1 und 374/2 ist rund 2 ha groß und am sogenannten D*****berg in B***** gelegen. Die Parzellen 374/1 und 374/2 sind ausschließlich forstwirtschaftlich genutzt, wobei sich der Holzbestand überwiegend aus Laubhölzern - mit großem Anteil an Eichen - zusammensetzt. Horstenweise sind Verstaudungen vorhanden; als Einzelstämme in kleineren Gruppen finden sich Nadelhölzer, wobei Föhren überwiegen. Im Anschluß an die obere (nördliche) Grenze der Parzelle 374/2 führt über die Nachbarparzelle 326/1 ein Streifweg zu einer etwa 100 m oberhalb des Grundstückes verlaufenden Forststraße. Von der Parzelle 373, das ist der talseitig gelegene Bereich der Liegenschaft, sind von der Gesamtfläche laut Kataster 0,57 ha (also ein Joch) landwirtschaftlich genutzt, doch weist wegen bereits verstaudeter Flächen nur noch ein Grundstreifen von 0,4 ha tatsächlich eine Grünflächen- bzw Wiesennutzung auf. Von diesen rund 0,4 ha sind ca. 0,3 ha mäßig geneigte Wiesenfläche mit einem von Ost nach West verlaufenden Böschungsabfall. Dieser Wiesenteil ist entsprechend den Geländeverhältnissen ohne Bedenken mit hangtauglichen Erntemaschinen zu bearbeiten. Der restliche Teil von etwa 1.000 m2 ist bereits sehr steil, mit entsprechend hangtauglichen Mähmaschinen aber noch zu bearbeiten. Entlang dieser Wiesenfläche verläuft eine 110 KV Hochspannungsleitung. Das gesamte Gelände ist überwiegend ein steiler Südhang, der im oberen Grenzverlauf leicht abflacht.
Im unteren (südlichen) Teil der Parzelle 373 ist im Grenzbereich (im Übergang zur Parzelle 372/1) eine Geländeabstufung mit einem Niveauunterschied von etwa 1 m vorhanden. Die Wiesenfläche auf der Parzelle 373 kann jedoch sowohl zur Heuwerbung als auch zur Beweidung landwirtschaftlich genutzt werden. Auf den übrigen Flächen ist aufgrund der Bestockungsart - die Jungbestände von Föhren und Eichen sind als künftiges Nutzholz zu werten - eine Brennholznutzung möglich.
Aufgrund der noch vorhandenen Grünfläche und der zum Teil verstaudeten Flächen kann geschlossen werden, daß (neben der Heu- und Grasnutzung) eine Benützung als Hutweide stattfand. Eine Zufahrtsmöglichkeit zur Parzelle 373 ist aufgrund der Geländelage nur von Süden her gegeben. Auch für die anderen Grundstücke des Klägers existiert keine andere Zufahrtsmöglichkeit.
Seinerzeit, als die Besitzvorgänger des Klägers noch eine Landwirtschaft betrieben, wurden die streitgegenständlichen Parzellen 373, 374/1 und 374/2 in der Weise genutzt, daß auf diesen Parzellen Heu geerntet und Kleinholz gewonnen wurde. Außerdem wurde dort das Vieh auf die Weide getrieben. Der Zugang zu den Grundstücken erfolgte über einen schmalen, nur aus einer Spur bestehenden Fußweg in einer Breite von etwa 0,5 m, und zwar entlang des östlichen Randes der Parzelle 372/1. Ein Fahrweg im eigentlichen Sinn hat nicht bestanden. Über den Fußweg wurden jedoch seinerzeit auch das auf den streitgegenständlichen Grundstücken geerntete Heu sowie das gewonnene Brennholz abtransportiert. Dieser Abtransport erfolgte mit bespannten Fuhrwerken (Pferdegespann), wobei es aber wegen der vorhin beschriebenen Böschung (in die Stufen eingegraben waren) nicht möglich war, bis auf die Parzelle 373 zu fahren. Die Fuhrwerke konnten nur bis in den nordöstlichen Grenzbereich der Parzelle 372/1 gelangen und mußten dort wenden.
Seit Aufgabe der Landwirtschaft durch die Vorbesitzer des Klägers (etwa im Jahr 1940) wurden die streitgegenständlichen Grundstücke nicht mehr landwirtschaftlich genutzt. Es wurde und wird aber weiterhin das Gras abgemäht, und zwar von benachbarten Schrebergärtnern, die das Gras zunächst verbrannten, dann später in ihren Gärten kompostierten. Auch Brennholz wurde, wenngleich nicht regelmäßig, sondern eher fallweise, weiterhin auf den streitgegenständlichen Grundstücken gewonnen und abtransportiert. Für den Abtransport des Brennholzes wird in der letzten Zeit ein Klein-LKW verwendet.
Anfang der 70er Jahre strebte der damalige Eigentümer der streitgegenständlichen Grundstücke, Johann R*****, die Errichtung einer Zufahrt zu seinen Grundstücken über die Parzelle 372/1 an, die damals im Eigentum der Stadtgemeinde B***** stand. Er hegte damals auch die Absicht, auf der Parzelle 373 Garagen zu errichten, weshalb er die Stadtgemeinde B***** ersuchte, ihm auf dem gemeindeeigenen Grund 372/1 eine entsprechende Zufahrtsmöglichkeit einzuräumen. Er erklärte sich bereit, sich an den Kosten der Errichtung dieser Zufahrt zu beteiligen und allenfalls auch den erforderlichen Grund zu kaufen; ansonsten solle ihm ein Servitutsrecht eingeräumt werden. Dem Ansuchen wurde jedoch seitens der Stadtgemeinde nicht entsprochen, da sich diese mit der Absicht trug, auf der Parzelle 372/1 selbst zu bauen. Im Zuge der Prüfung des Bauansuchens des Johann R***** hat die Stadtgemeinde B***** auch die Frage geprüft, ob Johann R***** allenfalls eine Wegerecht im streitigen Bereich (über die Parzelle 372/1) besitzt, da dieser immer wieder anklingen ließ, daß er ein solches Recht hätte. Die Stadtgemeinde hat darüber auch entsprechende Erhebungen gepflogen und Anrainer (Schrebergärtner) befragt. Diese erklärten jedoch übereinstimmend, daß sie nicht beobachtet hätten, daß Johann R***** jemals ein Wegerecht im fraglichen Bereich - durch Zufahren mit einem motorisierten Fahrzeug udgl. - ausgeübt oder in Anspruch genommen hätte. Daraus zog die Stadtgemeinde den Schluß, daß Johann R*****ein Servitutsrecht nicht erworben haben konnte.
Die beklagte Partei hat die Liegenschaft EZ 1630 mit dem Grundstück 372/1 am 24.6.1986 von der Stadtgemeinde B***** gekauft. Die grundbücherliche Einverleibung ihres Eigentums erfolgte dann erst im Februar 1988.
Im Jahr 1987 hat die beklagte Partei mit der Errichtung einer Wohnanlage auf der Parzelle 372/1 begonnen und diese Anlage mittlerweile fertiggestellt. Im Zuge dieses Baugeschehens wurde der Grund planiert und entlang des östlichen Randes der Parzelle 372/1 ein Geh- und Fahrweg zu den Parzellen des Klägers angelegt. Dieser Weg führt leicht ansteigend im Osten der Tiefgarageneinfahrt in nördliche Richtung. Die Garageneinfahrt hat einen bogenförmigen Verlauf in nordwestliche Richtung und ist im Osten sowie im Norden durch eine Böschungsmauer aus Beton begrenzt. Diese Betonmauer ragt an ihrem südöstlichen Beginn aus dem Erdreich und bildet solcherart eine Verengung. Die Durchfahrt ist an dieser Stelle rund 2,30 m breit. Die östliche Begrenzung zum Nachbargrundstück (378/8) wird durch eine Thujenhecke mit integriertem Maschengitterzaun gebildet. Das Wenden (Umkehren) mit landwirtschaftlichen Fahrzeugen ist im nordöstlichen Grenzbereich der Parzelle 372/1 aufgrund des dort flachen Geländes ohne weiteres möglich.
In den Ausführungen des Erstgerichtes zur Frage der Ersitzung findet sich schließlich noch die Feststellung, daß die Rechtsvorgänger des Klägers, der die Liegenschaft EZ 506 KG B***** im Jahr 1988 von seinem Vater kaufte, ihr Besitzrecht bis in die letzte Zeit durch Gehen und Fahren über das Grundstück 372/1 ausgeübt haben. Der Kläger machte die beklagte Partei (deren Obmann) noch vor dem Erwerb des Grundstückes 372/1 ausdrücklich darauf aufmerksam, daß er über dieses Grundstück zu seinen Parzellen geht und fährt und daß diese Zufahrtsmöglichkeit auch für den Fall der Errichtung eines Bauwerks auf dem Grundstück 372/1 gewahrt bleiben müsse.
In rechtlicher Hinsicht verneinte das Erstgericht einen gutgläubigen lastenfreien Erwerb des Grundstücks 372/1 durch die beklagte Partei, weil diese noch vor Verbücherung ihres Eigentums erfahren habe, daß der Kläger über diese Parzelle zu seinen Grundstücken geht und fährt, und aufgrund ihrer Nahebeziehung zur Stadtgemeinde B***** hätte wissen müssen, daß der Kläger ein Wegerecht behauptet. Damit habe eine nicht völlig geklärte Rechtslage bestanden, die die beklagte Partei zu Nachforschungen - insbesondere bei den Grundnachbarn - hätte veranlassen müssen. Bei einiger Aufmerksamkeit und Verwertung ihrer Ortskenntnisse hätte sie diesfalls wahrnehmen können, daß ein Weg über ihr Grundstück zu den Grundstücken des Klägers führt. Tatsächlich habe sie ja auch noch vor der Überreichung des Grundbuchsgesuches um Einverleibung ihres Eigentums (am 18.2.1988) beim Architekten ihres Bauvorhabens angefragt, auf welche Weise dem Kläger eine Wegerecht über das Grundstück 372/1 eingeräumt werden könnte. Auf das insoweit lastenfreie Grundbuch könne sich daher die beklagte Partei nicht berufen.
Das Berufungsgericht wies das Klagebegehren in Ansehung des Fahrtrechtes ab. Es übernahm zwar die Feststellungen des Erstgerichtes als unbedenklich, vertrat jedoch die Rechtsansicht, daß nur das Gehrecht des Klägers als offenkundig im Widerspruch zum Grundbuchsstand stehend gewertet werden könne, weil in der Natur nicht mehr als ein ca. 50 cm breiter Fußsteig über das Grundstück 372/1 ersichtlich war. Für das vom Kläger behauptete Fahrtrecht hätten dagegen keine Hinweise bestanden. Auch aufgrund der Geländeverhältnisse habe die beklagte Partei nicht auf das Bestehen eines (allenfalls nur selten ausgeübten) Fahrtrechtes schließen müssen. Daß sie noch vor der Verbücherung ihres Eigentums darauf aufmerksam gemacht wurde, der Kläger gehe und fahre über ihr Grundstück, nehme der beklagten Partei nicht den Schutz des § 1500 ABGB. Nur jener Liegenschaftserwerber, der bei nicht völlig geklärter Rechtslage ihm zumutbare Nachforschungen bezüglich des Widerspruchs zwischen dem Grundbuchsstand und den tatsächlichen Verhältnissen unterläßt, genieße diesen Schutz nicht (vgl SZ 55/46). Das treffe auf die beklagte Partei nicht zu. Im übrigen habe der für die mangelnde Gutgläubigkeit beweispflichtige Kläger Behauptungen, die beklagte Partei habe ihr zumutbare Nachforschungen unterlassen, gar nicht aufgestellt. Die Behauptung einer Tatsache, nämlich über das Grundstück der beklagten Partei zu fahren und hiezu auch berechtigt zu sein, also das "Berühmen" allein, reiche nicht hin, der beklagten Partei den Gutglaubensschutz zu nehmen, weil die objektiven Umstände, nämlich das Vorhandensein eines schmalen "Wegerls" und die Geländesituation, gegen die Richtigkeit der Behauptung sprachen.
Die Entscheidung des Berufungsgerichtes enthält den Ausspruch, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000 übersteigt, die ordentliche Revision jedoch unzulässig sei. Letzteres wurde damit begründet, daß Rechtsfragen der in § 502 Abs 1 ZPO umschriebenen Art nicht zu lösen gewesen seien.
In der nunmehr vorliegenden außerordentlichen Revision macht der Kläger geltend, daß nach der Judikatur schon die Kenntnis einer nicht völlig geklärten Rechtslage genüge, um den guten Glauben des Erwerbers einer nach dem Grundbuchsstand lastenfreien Liegenschaft auszuschließen (SZ 55/46). Folgerichtig hätte sich das Erstgericht nicht über den Umstand hinwegsetzen dürfen, daß die beklagte Partei schon vor dem Erwerb des streitgegenständlichen Grundstückes von der Behauptung eines Fahrtrechtes durch den Kläger wußte und sich durch geeignete Nachforschungen von der Richtigkeit dieser Behauptung hätte überzeugen können. In diesem Zusammenhang sei vor allem der Umstand von Bedeutung, daß die land- und forstwirtschaftlich genutzten Grundstücke des Klägers überhaupt nur über die Parzelle 372/1 erreichbar sind. Der Revisionsantrag des Klägers geht dahin, in Abänderung des angefochtenen Urteils entweder die Entscheidung des Erstgerichtes wiederherzustellen oder aber das Berufungsurteil (in seinem das Ersturteil abändernden Teil) aufzuheben und die Rechtssache an eine der Vorinstanzen zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen.
Die beklagte Partei hat von der ihr eingeräumten Möglichkeit einer Revisionsbeantwortung keinen Gebrauch gemacht.
Die Revision ist zulässig und im Sinne ihres Aufhebungsbegehrens auch berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Schon die Vorinstanzen haben auf die von der Lehre gebilligte Judikatur hingewiesen, die für den Ausschluß des guten Glaubens, die erworbene Liegenschaft sei - dem Grundbuchsstand entsprechend - frei von Dienstbarkeiten, bereits die Kenntnis von einer nicht völlig geklärten Rechtslage genügen läßt (SZ 55/46; SZ 59/38 ua; Schubert in Rummel2, Rz 3 zu § 1500 ABGB; Mader in Schwimann, Rz 7 zu § 1500 ABGB). Auch wenn das bloße Berühmen des angeblichen Dienstbarkeitsberechtigten den guten Glauben nicht zu zerstören vermag, wie das Berufungsgericht in durchaus vertretbarer Weise argumentiert, so löst es doch die Pflicht des Erwerbers der vermeintlich unbelasteten Sache aus, Nachforschungen darüber anzustellen, ob die Behauptung zutrifft. Diese Nachforschungspflicht hält sich zwar im Rahmen eines zumutbaren Aufwandes an Zeit und Mühe, läßt sich aber - entgegen der Meinung des Berufungsgerichtes - nicht darauf beschränken, daß der Erwerber einer nach dem Grundbuchsstand unbelasteten Liegenschaft nur offenkundige, also durch besondere Anlagen in die Augen fallende Dienstbarkeiten (vgl SZ 28/30 uva) gegen sich gelten lassen müßte. Die Gutgläubigkeit des Erwerbers einer Liegenschaft ist nämlich immer schon dann ausgeschlossen, wenn er in schuldhafter Weise Indizien für das Abweichen des Grundbuchsstandes von der tatsächlichen Rechtslage ignoriert. Dafür genügt leichte Fahrlässigkeit (SZ 63/35; vgl auch Klang in Klang VI2, 667, der dem Liegenschaftserwerber den Vertrauensschutz schon bei Verletzung der gewöhnlichen Sorgfalt verwehrt). Neben der Offenkundigkeit einer Dienstbarkeit gibt es daher noch andere Fälle, in denen schuldhaftes Übersehen oder Versäumnisse bei der Erkundung des wahren Sachverhalts zum Verlust des guten Glaubens führen können (vgl MietSlg 33.039; Schubert in Rummel2, Rz 3 zu § 1500 ABGB, der die offenkundige Dienstbarkeit ausdrücklich nur als Beispiel für den Ausschluß des guten Glaubens nennt; ihm folgend 1 Ob 587, 588/92).
Fahrlässig in diesem Sinn handelt, wer den Widerspruch zwischen dem Grundbuchsstand und den tatsächlichen Verhältnissen bei gehöriger Aufmerksamkeit hätte feststellen können (JBl 1955, 522; SZ 28/64; MietSlg 33.040; SZ 55/46; SZ 59/38 ua). Der Umfang der Sorgfaltspflicht bestimmt sich dabei nach der Verkehrsübung (Schubert aaO; Mader in Schwimann, Rz 5 zu § 1500 ABGB). Gerade bei Dienstbarkeiten, über deren Bestand das Grundbuch keine zuverlässigen Auskünfte zu geben vermag, weil deren Verbücherung vielfach unterbleibt, ist daher für den Gutglaubensschutz des Erwerbers einer Liegenschaft zu fordern, daß er Hinweisen auf außerbücherliche Rechte nachgeht (vgl SZ 57/38). Erfährt er beispielsweise von der Behauptung eines Fahrtrechtes und sind die daraus resultierenden Bedenken gegen die Richtigkeit und Vollständigkeit des Grundbuches nicht durch andere Informationen ausgeräumt, verliert er den Vertrauensschutz des § 1500 ABGB, wenn er keine Nachforschungen anstellt (vgl SZ 55/46 ua). Indizien für ein Wegerecht, die sich etwa aus der Lage, Geländeformation und Bewirtschaftung von Grundstücken ergeben, können dabei den Anstoß für die Erkundigungspflicht noch verstärken, selbst wenn sie nicht den Grad der Offenkundigkeit einer dienenden Funktion des erworbenen Grundstücks erreichen.
Im konkreten Fall steht fest, daß die beklagte Partei noch vor dem maßgeblichen Zeitpunkt der Verbücherung ihres Eigentums (s. SZ 47/29 ua) von der Behauptung eines Fahrtrechtes des Klägers über ihr Grundstück erfahren hat und daß für die Grundstücke des Klägers aufgrund der besonderen Geländeformation überhaupt keine andere Zufahrtsmöglichkeit existiert. Die beklagte Partei wäre daher verpflichtet gewesen, Nachforschungen darüber anzustellen, ob das streitgegenständliche Grundstück - entgegen ihrer dem Grundbuch entnommenen Information - nicht doch mit einem Fahrtrecht belastet ist.
Ob derartige Nachforschungen angestellt wurden und zu welchem Ergebnis sie gegebenenfalls geführt haben, steht bisher nicht fest. Das Erstgericht hielt diese Tatfrage nicht für wesentlich, weil es bereits in der Behauptung eines Fahrtrechtes durch den Kläger eine den guten Glauben ausschließende ungeklärte Rechtslage erkannte; das Berufungsgericht meinte, auf eine Verfahrensergänzung (ua) deshalb verzichten zu können, weil der für die mangelnde Gutgläubigkeit beweispflichtige Kläger nie behauptet habe, es seien Nachforschungen der beklagten Partei unterblieben. Eine erschöpfende Erörterung und gründliche Beurteilung des Streitfalls kann jedoch auf die Nachholung der vermißten Feststellungen nicht verzichten. Das Erstgericht übersieht, daß der gute Glaube des Erwerbers einer nach dem Grundbuchsstand unbelasteten Liegenschaft nicht schon mit der Behauptung einer vom Grundbuch abweichenden Rechtslage verlorengeht, sondern erst mit deren schuldhafter Verkennung, also durch die Verletzung adäquater Sorgfalts- und Erkundigungspflichten. Das Berufungsgericht wiederum legt die Prozeßerklärungen des Klägers zu eng aus, wenn es ihm unterstellt, den Ausschluß des guten Glaubens der beklagten Partei nicht ausreichend behauptet zu haben. Immerhin hat er den lastenfreien Grundstückserwerb der beklagten Partei kraft Vertrauens auf den Grundbuchsstand bestritten und die Offenkundigkeit seines Wegerechts behauptet. Damit legte er der beklagten Partei zur Last, Indizien für den Bestand seines Wegerechts übersehen zu haben. Genau in diese Richtung ginge auch der Vorwurf, Behauptungen über die Unrichtigkeit des Grundbuchsstandes nicht nachgegangen zu sein, sodaß doch mit ausreichender Deutlichkeit eine schuldhafte Unkenntnis der beklagten Partei vom streitgegenständlichen Fahrtrecht geltend gemacht wurde. Eben darin liegt das Kriterium für die Bejahung oder Verneinung eines lastenfreien Liegenschaftserwerbs nach § 1500 ABGB.
Eine Ergänzung des Verfahrens mit dem Ziel, Klarheit über die im Raum stehende Verletzung von Sorgfaltspflichten der beklagten Partei zu gewinnen, ist daher unumgänglich. Die beklagte Partei, für die die Vermutung der Gutgläubigkeit spricht (vgl Schubert aaO, Rz 5 zu § 1500 ABGB), wird weiter in ihrem Vertrauen auf den Buchstand zu schützen sein, sollte sich herausstellen, daß sie zweckdienliche Nachforschungen (etwa durch einen Ortsaugenschein sowie Erkundigungen bei Ortsansässigen über Art und Möglichkeit der Bewirtschaftung der Grundstücke des Klägers) angestellt und dabei keinerlei Bestätigung, ja nicht einmal Indizien für das vom Kläger behauptete Fahrtrecht erhalten hat. Unterließ jedoch die beklagte Partei derartige Nachforschungen, ist ihr der Gutglaubensschutz zu versagen. Zu ergänzen ist nur noch, daß die bereits angesprochene Beweispflicht des Klägers für den mangelnden guten Glauben der beklagten Partei nicht so weit geht, ihn auch mit dem Beweis der Tatsache zu belasten, die beklagte Partei habe keine Nachforschungen angestellt. In diesem Punkt spricht die Nähe zum Beweis dafür, der beklagten Partei den Beweis für die Nachforschungen und ihr Ergebnis aufzubürden, weil der Kläger Umstände darlegen konnte, die der beklagten Partei Anlaß zu Nachforschungen gaben, und das, was die beklagte Partei daraufhin getan und veranlaßt hat, in ihrer Sphäre lag (vgl MietSlg 34.640; 5 Ob 133/92, teilweise veröffentlicht in WoBl 1993, 187/129).
Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.
Der Ausspruch über die Verfahrenskosten stützt sich auf § 52 Abs 1 und 2 ZPO.
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