Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Die Gegner der gefährdeten Partei haben die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels endgültig, die gefährdete Partei hat die Kosten ihrer Revisionsrekursbeantwortung vorläufig selbst zu tragen.
Text
Begründung
Der gefährdeten Partei wurde zur Sicherung des behaupteten Anspruches auf Bezahlung von 95 Mill.Lire wider die Antragsgegner die Verwahrung von beweglichen körperlichen Sachen, insbesondere von Dügen und darauf befindlichen Fahrnissen, dieser Antragsgegner sowie die gerichtliche Hinterlegung von bei ihnen allenfalls vorgefundenem Bargeld in dem zur Deckung des behaupteten Anspruches hinreichenden Umfang bewilligt, und zwar unter Auferlegung einer Sicherheitsleistung gemäß § 390 Abs 1 EO in der Höhe von 250.000 S. Das Nähere ist dem Beschluß des Obersten Gerichtshofes vom 22.3.1983, 5 Ob 555/83, zu entnehmen.
Bereits am 3.1.1983 war ein in den Sprengel des Erstgerichtes gelangter Dug in Verwahrung genommen worden. Die Sicherheitsleistung wurde von der gefährdeten Partei in der Folge erbracht. Die Wirksamkeit der für die Zeit bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die von der gefährdeten Partei zu 28 Cg 2/83 des Landesgerichtes Klagenfurt erhobene Klage, zunächst jedoch längstens bis zum 31.12.1983 bewilligten einstweiligen Verfügung wurde mit Beschluß des Erstgerichtes vom 12.12.1983 bis zum 31.12.1984 verlängert.
Mit Beschluß vom 29.5.1984, 5 Ob 556/84, bestätigte der Oberste Gerichtshof den der gefährdeten Partei erteilten Auftrag des Rekursgerichtes vom 15.3.1984, die Sicherheitsleistung um einen weiteren Betrag von 100.000 S zu erhöhen. Diesem Auftrag kam die gefährdete Partei in der Folge nach.
Am 7.9.1984 wurde vom Landesgericht Klagenfurt zu 5 S 72/84 über das Vermögen der gefährdeten Partei der Anschlußkonkurs eröffnet. Am 5.11.1984 beschloß das Konkursgericht auf Antrag des Masseverwalters gemäß § 119 Abs 5 KO, unter anderem den gegenständlichen Anspruch aus dem Verwertungsverfahren des Konkurses auszuscheiden und dem Gemeinschuldner zur freien Verfügung zu überlassen. Mit dem am 24.12.1984 beim Erstgericht eingelangten Schriftsatz beantragte die gefährdete Partei, die Wirksamkeit der einstweiligen Verfügung über den 31.12.1984 hinaus bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die von ihr zu 28 Cg 2/83 des Landesgerichtes Klagenfurt eingebrachte Klage, längstens jedoch bis zum 31.12.1985, zu verlängern. Sie brachte vor, sie habe gegen das erstinstanzliche Urteil im genannten Verfahren Berufung erhoben, mit einer rechtskräftigen Entscheidung in dieser Sache könne vor dem Ablauf des 31.12.1984 nicht gerechnet werden.
Das Erstgericht wies diesen Antrag aus nachstehenden Erwägungen ab:
In einem - durchaus zulässigen - Antrag auf Verlängerung der Wirksamkeitsdauer einer einstweiligen Verfügung sei von der antragstellenden Partei zu behaupten und zu bescheinigen, daß sie innerhalb der ihr gesetzten Frist den durch die einstweilige Verfügung beabsichtigten Zweck nicht habe erreichen können. Der Antrag der gefährdeten Partei entspreche diesen Mindestvoraussetzungen nicht. So könne etwa dem Antrag nicht entnommen werden, auf welche Bescheinigungsmittel sich die gefährdete Partei berufe. Selbst wenn man bei wohlwollender Auslegung unterstellten könnte, die gefährdete Partei habe in diesem Antrag die Beischaffung des Aktes 28 Cg 2/83 des Landesgerichtes Klagenfurt als Bescheinigungsmittel beantragen wollen, würde dies die Beurteilung des gegenständlichen Falles nicht ändern. Beweisaufnahmen, die nicht sofort durchgeführt werden könnten, seien nämlich als Bescheinigungsmittel ausgeschlossen. Erst herbeizuschaffende Urkunden oder Akten erwiesen sich als untauglich (Fasching III 292; OLG Wien EvBl 1935/959).
Das Rekursgericht gab dem Verlängerungsantrag mit folgender Begründung statt:
Der Ansicht des Erstgerichtes, der Verlängerungsantrag sei mangels Bescheinigung der Fortdauer des landesgerichtlichen Prozesses abzuweisen gewesen, könne nicht gefolgt werden. Richtig sei, daß bei einem nach der Rechtsprechung möglichen Antrag auf Verlängerung der Geltungsdauer einer einstweiligen Verfügung die antragstellende Partei nach einer Entscheidung des Obersten Gerichtshofes (JBl 1958,23), welche von Heller-Berger-Stix 2843
kommentarlos übernommen werde, zu behaupten und zu bescheinigen habe, daß sie innerhalb der ihr gesetzten Frist den durch die einstweilige Verfügung beabsichtigten Zweck nicht habe erreichen können. Ob einer solchen Bescheinigungspflicht entsprochen worden sei, sei ganz gewiß nicht nach strengen Maßstäben zu messen, und zwar vor allem dann, wenn es darum gehe, eine Negativtatsache, wie es die Nichtbeendigung eines Prozesses darstelle, zu bescheinigen (vgl. ZBl.1931/112). Der Sinn der Bescheinigungspflicht liege darin, auf Grund eines prima-facie-Beweises ohne weitere weitläufige Erhebungen einstweilige Anordnung zu treffen (vgl. Feil, Einstweilige Verfügung 29; ÖBl.1957,42).
Im vorliegenden Fall müsse allein die Tatsache, daß sich die gefährdete Partei mit der von einschreitenden Vertreter durch Fertigung der Eingabe bestätigten Erklärung, daß der Prozeß noch anhängig sei, veranlaßt sehe, um eine Verlängerung der Wirkung der einstweiligen Verfügung über den 31.12.1984 hinaus anzusuchen, bereits den deutlichen Anschein erwecken, daß der landesgerichtliche Prozeß noch nicht rechtskräftig beeendet sein könne. Hätte der Prozeß einen solchen Abschluß bereits gefunden, dann würde die gefährdete Partei im Falle eines Prozeßerfolges nicht die Verlängerung der einstweiligen Verfügung anstreben, sondern die Möglichkeit, auf die in Verwahrung genommenen Sachen Befriedigungsexekution zu führen, nützen. Hätten jedoch die Gegner den Prozeß gewonnen, so wäre es nicht verständlich, daß sie bisher nach der Aktenlage beim Erstgericht keinen Antrag auf Aufhebung der einstweiligen Verfügung gestellt hätten bzw. eine solche Aufhebung der Verfügung nicht erfolgt sei. Gerade dann, wenn die Gegner der gefährdeten Partei - wie hier - in der Rekursbeantwortung vorbrächten, daß sie jetzt die Aufhebung der einstweiligen Verfügung beim Prozeßgericht beantragt hätten, sei dies mit Rücksicht auf die Zuständigkeitsvorschrift des § 399 Abs 2 EO eine Bestätigung dafür, daß das Verfahren beim Prozeßgericht noch anhängig sei. Auch eine befristete einstweilige Verfügung erlösche nicht ipso iure mit Ablauf der Frist, sondern erst mit der ausdrücklichen Aufhebung. Darauf werde auch von der gefährdeten Partei im Rekurs mit Recht hingewiesen. Spreche also bereits die Aktenlage sehr nachhaltig für die Fortdauer des Streitverfahrens über den 31.12.1984 hinaus, so komme hinzu, daß es für das Rekursgericht zudem amtsbekannt sei, daß der rechtskräftige Abschluß des bei diesem Gericht anhängig gewordenen Streitverfahren 28 Cg 2/83
bislang noch ausständig sei.
Eine weitere Bescheinigung der Prozeßanhängigkeit sei daher nicht erforderlich. Selbst wenn aber die Auffassung des Erstrichters über die Erforderlichkeit einer weiteren Bescheinigung richtig wäre, müßte betont werden, daß es sogar bei der Bewilligung einstweiliger Verfügungen nach § 389 Abs 1 EO und § 274 ZPO vorgesehen wäre, der gefährdeten Partei Bescheinigungen, die sie bei der überreichung des Antrages auf Erlassung der einstweiligen Verfügung noch nicht erbracht habe, vor der Beschlußfassung noch besonders abzufordern, und daß auch die erweiterten Verbesserungsmöglichkeiten bei fristgebundenen Eingaben nach § 84 Abs 3 ZPO nF nicht außer Acht gelassen werden dürften. Auf eine solche Verbesserung habe jedenfalls das Erstgericht nicht hingewirkt. Durch das Amtswissen des Rekursgerichtes würde sich nun auch die Einleitung dieses Verbesserungsverfahrens erübrigen.
Es sei daher davon auszugehen, daß die gefährdete Partei die rechtskräftige Beendigung des Prozesses und damit den mit der einstweiligen Verfügung beabsichtigten Sicherungszweck noch nicht vollends erreicht habe. Der nochmals beantragten Verlängerung der Wirksamkeit der einstweiligen Verfügung könne demnach jener Hinderungsgrund, den das Erstgericht herangezogen habe, nicht im Wege stehen. Die Verlängerung erweise sich zur Aufrechterhaltung der Sicherung als erforderlich, wobei die von der gefährdeten Partei nunmehr begehrte Höchstdauer bis zum 31.12.1985 angemessen erscheine, zumal dagegen auch in der Rekursbeantwortung nichts vorgebracht werde. Sollte der Prozeß früher erledigt sein, werde eben schon zu gegebener Zeit die Aufhebung der einstweiligen Verfügung zu erwirken sein.
Gegen den abändernden Beschluß des Rekursgerichtes richtet sich der auf den Rekursgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung gestützte Revisionsrekurs der Gegner der gefährdeten Partei mit dem Antrag auf Wiederherstellung des erstgerichtlichen Beschlusses. Die gefährdete Partei beantragt, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.
Der Revisionsrekurs ist nach § 402 Abs 2, § 78 EO, § 528 Abs 2, § 502 Abs 4 Z 2 ZPO als Vollrekurs zulässig. Die Zulässigkeit der Revisionsrekursbeantwortung ergibt sich aus § 402 Abs 1 EO und der Erwägung, daß der Beschluß über einen Antrag auf Verlängerung einer einstweiligen Verfügung einem solchen über einen Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung gleichzuhalten ist.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist nicht berechtigt.
Nach nunmehr herrschender Lehre und Rechtsprechung kann das Gericht, das die einstweilige Verfügung erlassen hat, die Frist, für die sie bewilligt wurde, (und zwar auch wiederholt) verlängern, wenn der Zweck der einstweiligen Verfügung innerhalb dieses Zeitraumes nicht erreicht werden konnte (Heller-Berger-Stix 2843; Holzhammer, Österreichisches Zwangsvollstreckungsrecht 2 , 307; SZ 21/78; EvBl 1965/10 u.v.a., zuletzt etwa 1 Ob 509/84). Dies hat die gefährdete Partei in ihrem Verlängerungsantrag zu behaupten und zu bescheinigen (Heller-Berger-Stix a.a.O.; JBl 1958,23). Die nähere Regelung dieser Behauptungs- und Bscheinigungspflicht der gefährdeten Partei ist § 389 Abs 1 EO zu entnehmen. Danach hat die gefährdete Partei die Tatsachen, auf welche sie ihren Verlängerungsantrag gründet, falls diesem nicht die nötigen Bescheinigungen in urkundlicher Form beiliegen, auf Verlangen des Gerichtes glaubhaft zu machen. Die Anführung von Bescheinigungsmitteln ist daher nicht ein notwendiger, sondern nur ein ratsamer Inhalt des Verlängerungsantrages. Das Gericht kann einen solchen Antrag nicht von vornherein mangels Bescheinigung abweisen, sondern hat zunächst von der gefährdeten Partei - sofern die Bescheinigung 'sofort' (§ 274 ZPO) möglich ist - die Glaubhaftmachung der von ihm zu bezeichnenden, ihm nicht amtsbekannten strittigen Umständen zu verlangen (Heller-Berger-Stix 2831; Holzhammer a.a.O.306; vgl. auch JBl 1979,550). Die Frage, ob angebotene Bescheinigungsmittel parat sind, ist jeweils nach den besonderen Umständen des Einzelfalles zu beantworten. Die Beischaffung von Akten und Urkunden ist dann nicht unzulässig, wenn dadurch keine dem Sinn und Zweck der im konkreten Fall in Betracht kommenden einstweiligen Verfügung widersprechende Verzögerung eintritt (siehe die bei Heller-Berger-Stix 2832 ff. ausführlich wiedergegebene Entscheidung 5 Ob 197/65 und weitere gleichlautende Entscheidungen; vgl. dazu auch die Ausführungen von Fasching, Die Änderungen des Verfahrens zur Erlassung einstweiliger Verfügungen durch die Zivilverfahrensnovelle 1983, GesRZ 1984,64, wonach der Begriff der paraten Bescheinigungsmittel von der Rechtsprechung eher großzügig und praktikabel ausgelegt wird). Geht man von diesen Grundsätzen aus, dann ist dem Revisionsgericht im Ergebnis darin beizupflichten, daß der gegenständliche Verlängerungsantrag nicht sogleich abgewiesen werden konnte. Das Erstgericht hätte bei der hier gegebenen Sachlage entweder so wie das Rekursgericht sich selbst von der behaupteten weiteren Anhängigkeit des von der gefährdeten Partei zu 28 Cg 2/83 des Landesgerichtes Klagenfurt eingeleiteten Verfahrens vergewissern oder die gefährdete Partei im Sinne des § 389 Abs 1 EO zur sofortigen Bescheinigung dieses Umstandes auffordern sollen. Das Rekursgericht hat aber auch zutreffend auf § 84 Abs 3 ZPO idF der Zivilverfahrensnovelle 1983 hingewiesen, welche Bestimmung auf den gegenständlichen Verlängerungsantrag schon deshalb anzuwenden ist, weil dieser Antrag mit Aussicht auf Erfolg nur vor Ablauf des 31.12.1984 gestellt werden konnte (für die Anwendbarkeit des § 84 Abs 3 ZPO nF auch auf nicht fristgebundene Klagen und Anträge auf Erlassung einstweiliger Verfügungen Fasching, Lehrbuch, Rdz 513 sowie GesRZ 1984,64). Die Revisionsrekurswerber können sich jedenfalls dadurch, daß sich das Rekursgericht die Kenntnis von der - von den Revisionsrekurswerbern im übrigen gar nicht bestrittenen - weiteren Anhängigkeit des Verfahrens selbst verschafft hat, nicht beschwert erachten.
Es war daher dem Revisionsrekus ein Erfolg zu versagen. Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsrekursverfahrens beruht hinsichtlich der Kosten des Revisionsrekurses auf § 402 Abs 2, § 78 EO, §§ 40, 50 ZPO, hinsichtlich der Kosten der Revisionsrekursbeantwortung auf § 393 Abs 1 EO.
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