OGH 5Ob533/84

OGH5Ob533/8420.3.1984

SZ 57/57

 

Spruch:

Der Veranstalter von Kampfspielen (hier Eishockey) hat bei den zu treffenden Sicherheitsvorkehrungen von der jeweils aktuellen Spieltechnik auszugehen.

OGH 20. 3. 1984, 5 Ob 533/84 (OLG Graz 5 R 113/83; KG Leoben 7 Cg 169/81)

Text

Der Kläger besuchte am 2. 11. 1980 als zahlender Zuschauer in der Sportstätte der Beklagten im Stadion K ein Meisterschaftsspiel zwischen den Eishockeymannschaften der Beklagten und des Sportvereins F. Dabei wurde er von dem in die Zuschauerränge fliegenden Puck am Mund getroffen und verletzt. Er verlor einen Schneidezahn. Die Lücke mußte durch eine dreiteilige Brücke saniert werden. Der Kläger begehrt min. den Ersatz der Zahnbehandlungskosten von 19 656 S, die Zahlung eines Schmerzengeldes von 20 000 S und - unter Hinweis auf immer wieder erforderliche Erneuerungen der Zahnbrücke - die Feststellung der Haftung der Beklagten für alle künftigen Schäden. Der Puck sei während des Spieles wiederholt in den Zuschauerraum gelangt, die Beklagte habe nicht alles unternommen, um dies hintanzuhalten.

Das Erstgericht gab der Klage statt. Es stellte folgenden wesentlichen Sachverhalt fest: Der Zuschauerraum des Eisstadions der Beklagten ist an der Längsseite, an der sich der Kläger befand, zur Eisfläche hin durch die hölzerne Bande und einen darüber aufragenden Plexiglasverbau bis in eine Gesamthöhe von etwa 2.6 m abgesichert. Dies entspricht den Regeln des Internationalen Eishockeyverbandes. Sicherungsvorschriften auf nationaler Ebene gibt es nicht. Während des Spieles gelangte der Puck mehrmals von der Spielfläche in den Zuschauerraum. Dazu kam es, weil entsprechend der heutigen Spieltechnik im Eishockey der Puck infolge eines sogenannten "Slapshot", der auf den Stock eines anderen Spielers traf, rotierend parabelförmig aufstieg und in den Zuschauerraum stürzte. Derartige Vorfälle ereignen sich des öfteren. Es ist einem Eishockeyfan auch bekannt, daß es zu einem derartigen Vorfall kommen kann. Erstmalige Besucher werden dies aber im allgemeinen nicht wissen. Der Kläger war zum Zeitpunkt des Spieles 21 Jahre alt. Er hatte im Alter von 14 und 15 Jahren in L ein paarmal ein Eishockeymatch besucht. Eine Erhöhung der Plexiglaswand über das festgestellte Ausmaß hinaus "widerspricht" den Regeln des Internationalen Eishockeyverbandes. Eine Abgrenzung des Zuschauerraums mit einem darüber hinausragenden Gitter ist international nicht üblich, aber zulässig. Ein derartiges Gitter wirkt sichtbehindernd, ist aber hinter den beiden Toren allgemein angebracht. Es würde das Unfallsrisiko wesentlich einschränken, wenn auch nicht absolut ausschließen. Diesen Sachverhalt unterzog das Erstgericht nachstehender rechtlichen Beurteilung: Die Ausübung vieler Sportarten sei nicht ohne Gefährdung des Sportausübenden selbst sowie dritter Personen wie des Gegners oder sogar eines Zuschauers möglich. Soweit die Ausübung solcher Sportarten in Anbetracht ihrer die Nachteile überwiegenden kulturellen und zivilisatorischen, sittlichen und wirtschaftlichen Bedeutung nach den Verkehrsanschauungen gefördert werden müsse, fehle der mit der Sportausübung als solcher ihrem Wesen nach verbundenen Gefährdung die Rechtswidrigkeit. Dies gelte jedoch nur insoweit, als es sich um eine Sportausübung mit den hiefür vorausgesetzten Fähigkeiten und unter Einhaltung der jeder Sportart eigenen Regeln und Kontrollen handle. Das - ebenfalls sportliche - Risiko außergewöhnlicher Beschädigungen müßten die Zuschauer solcher gefährlichen Sportveranstaltungen gegenüber dem Veranstalter selbst tragen. Auch dieser Gefahr fehle iS der vorstehenden Ausführungen die Rechtswidrigkeit (SZ 26/255). Im vorliegenden Fall sei vom Veranstalter der geänderten Spieltechnik und den mit dem sogenannten Slapshot verbundenen Gefahren nicht hinreichend Rechnung getragen worden. Hintanzuhalten, daß der Puck die Spielfläche verlasse und mit hoher Geschwindigkeit in den Zuschauerraum gelange, sei vornehmlich Verpflichtung des Veranstalters. Habe der Internationale Eishockeyverband bisher diesbezüglich keine Regeln aufgestellt, so seien die entsprechenden Sicherheitsvorkehrungen vom einzelnen Veranstalter selbst zu treffen. Grundsätzlich sei davon auszugehen, daß die mit den Slapshots verbundene Gefahr den Besuchern nicht allgemein bekannt sei und sie daher vor dieser Gefahr - derartige Vorfälle könnten sich bis zu zehnmal in einem Spiel ereignen - durch entsprechende Vorkehrungen (zB Gitter) zu schützen oder auf die Gefahrenquelle entsprechend hinzuweisen seien. Ein derartiges Austreten des Pucks wäre etwa bei einer Verletzung im Bereich der Schläfe sogar geeignet, den Tod eines Menschen herbeizuführen. Unter diesen Bedingungen könne die Sichtbeeinträchtigung durch ein entsprechendes Gitter keinen hinreichenden Grund darstellen, von der Anbringung eines solchen Gitters Abstand zu nehmen. Auch die Zuschauer hinter den Toren vermögen den Spielverlauf durch die Gitter entsprechend zu verfolgen. Die Beklagte als Veranstalterin habe es im vorliegenden Fall unterlassen, die ihr zumutbare Sicherungsmaßnahme gegen eine ihr bekannte, aufgrund der neueren Spieltechnik bestehende Gefahr zu treffen oder die zahlenden Zuschauer - und hier insbesondere den Kläger, der nach mehreren Jahren wiederum erstmals ein Eishockeymatch besucht habe - auf die drohenden Gefahren aufmerksam zu machen. Die Beklagte habe hiemit eine Gefährdungshandlung gesetzt, die bei Abwägung einer derartigen Eishockeyveranstaltung mit der Bedeutung eines solchen Spiels nach den Verkehrsanschauungen rechtswidrig sei. Sie habe daher für die durch ihr Verhalten eingetretenen Schäden nach den Bestimmungen des Schadenersatzes zu haften.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten nicht Folge und sprach aus, daß der von der Bestätigung betroffene Wert des Streitgegenstandes, über den es entschieden habe, wohl 60 000 S, nicht aber 300 000 S übersteige; die Revision sei nicht nach § 502 Abs. 4 Z 1 ZPO zulässig. Die Streitteile seien Vertragspartner gewesen. Durch das Lösen der Eintrittskarte für die Sportveranstaltung sei zwischen dem Kläger und der beklagten Sportvereinigung ein Werkvertrag zustande gekommen (JBl. 1958, 126; EvBl. 1970/344; auch SZ 26/255), der die Vorführung eines Eishockeyspieles zum Gegenstand gehabt habe. Aus diesem Schuldverhältnis hätten sich für die Beklagte - unabhängig vom Willen der Parteien aufgrund einer gesetzlichen Ergänzung des Schuldverhältnisses - umfassende Schutzpflichten gegenüber der Person und dem Vermögen ihres Vertragspartners, des Klägers, ergeben (Koziol, Haftpflichtrecht II 66). Auch der Werkvertrag enthalte nämlich wie jeder Vertrag die Verpflichtung, die körperliche Unversehrtheit des Vertragspartners nicht zu verletzen (Koziol aaO 69; Geigel, Der Haftpflichtprozeß[17], 1165). Es gelte als mitvereinbart, daß der Veranstalter alles Zumutbare vorkehre, um einen gefahrlosen Besuch der Veranstaltung zu gewährleisten (SZ 33/5). Die Verletzung dieser Schutzpflicht mache als Vertragsverletzung haftbar. Es sei daher im gegenständlichen Fall nicht notwendig, auf das Institut der sogenannten Verkehrssicherungspflicht zurückzugreifen, die ohne vertragliche Beziehungen auf Grund der Eröffnung eines Verkehrs bzw. der Herbeiführung einer Gefahrenlage gegenüber der Allgemeinheit oder auch nur gegenüber in die Einflußsphäre aufgenommene Einzelpersonen bestunde und deren schuldhafte Verletzung die deliktische Haftung des Sicherungspflichtigen wegen unerlaubter Handlungen bewirke. Den Verkehrssicherungspflichten und den vertraglichen Schutzpflichten sei gemeinsam, daß die Sorgfaltspflicht nicht so weit überspannt werden dürfe, daß sie eine in Wahrheit vom Verschulden losgelöste Haftung zur Folge habe. Die vom Sicherungspflichtigen zu erwartenden Maßnahmen fänden ihre Grenze in dem im Einzelfall Zumutbaren. Das Maß des Zumutbaren werde aber wesentlich von der Enge der Beziehungen zwischen dem Sicherungspflichtigen und dem Gefährdeten bestimmt. Bei vertraglichen Schutzpflichten werde an die vom Sicherungspflichtigen vorzukehrenden Maßnahmen ein strengerer Maßstab anzulegen sein als etwa bei einer Verkehrseröffnung im alleinigen oder überwiegenden Interesse des Verkehrsteilnehmers. Welche Vorkehrungen zum Schutz der Besucher von Sportveranstaltungen im einzelnen zu treffen seien, hänge insbesondere von der Größe der von der Sportvorführung ausgehenden Gefahr ab (SZ 49/154 mwN). Je näherliegend die Möglichkeit einer Gefährdung der Zuschauer sei, desto eher und desto mehr müßten entsprechende Schutzmaßnahmen ergriffen werden. Nur das Risiko außergewöhnlicher, nach dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge nicht vorhersehbarer Beschädigungen müsse der Zuschauer gefährlicher Sportveranstaltungen selbst tragen (SZ 26/255). Wenn nun, wie unbekämpft feststehe, während eines wenn auch regelrecht betriebenen Eishockeymatches der Puck mehrmals - bis zu zehnmal pro Spiel - über die seitliche Absicherung der Spielfläche hinaus in die Zuschauerränge geschossen werde, sei dies eine für den sachkundigen Veranstalter vorhersehbare Gefahr, der er bei sonstiger Haftung durch Verstärkung der Sicherungsvorkehrungen begegnen müsse. Die Regeln des Internationalen Eishockeyverbandes, denen die von der Beklagten vorgenommenen Absicherungen entsprochen hätten, hinkten der Entwicklung der modernen Spieltechnik und den damit verbundenen Gefahren offensichtlich nach und könnten daher nicht als Maßstab des Zumutbaren angesehen werden. Auch wirtschaftliche Überlegungen (die Kosten weiterer Absicherungen) könnten hiebei wenn schon nicht keine (so SZ 26/255), so doch besonders im Profisport keine wesentliche Rolle spielen (VersR 1981, 1138). Es müsse als bekannt gelten, daß die Zuschauerplätze hinter den Toren, die durch wesentlich höhere (5-6 m hohe) Gitter geschützt seien, nicht die unbeliebtesten seien. Höhere Gitter auch an den Längsseiten wären daher ein geeignetes und der Beklagten zumutbares Mittel, derartige Gefährdungen zu minimieren. Sie wären nach den Regeln des Eishockeyverbandes zulässig; die Beeinträchtigung der Sicht würde durch den wesentlich höheren Schutz mehr als wettgemacht werden. Es sei zwar richtig, daß auch dadurch der Austritt des Pucks nicht völlig vermieden werden könnte. Je steiler aber die Hartgummischeibe aufsteige, desto weniger komme die Wucht des Schusses zum Tragen; die Gefahr, daß durch den über eine hohe Absicherung mehr oder weniger herunterfallenden Puck ein Zuschauer verletzt werde, sei so gering, daß der Sportveranstalter dafür nicht mehr einzustehen und das Risiko doch eintretender, dann aber außergewöhnlicher Beschädigungen der Zuschauer selbst zu tragen hätte. Die Beklagte habe daher ihre vertragliche Schutzpflicht dadurch verletzt, daß sie gegen derartige Austritte des Pucks wie den klaggegenständlichen, die ihr bekannt gewesen seien oder aufgrund ihrer Häufigkeit zumindest hätten bekannt sein müssen, nicht weitergehende Schutzvorkehrungen habe anbringen lassen. Sie hafte somit dem Kläger für den ihm daraus erwachsenen und in Zukunft noch erwachsenden Schaden.

Der Oberste Gerichtshof gab der von ihm als zulässig beurteilten außerordentlichen Revision der beklagten Veranstalterin nicht Folge. Aus den Entscheidungsgründen:

Rechtliche Beurteilung

Der OGH hat bisher zur Haftung von Motorsportveranstaltern und Zirkusunternehmern gegenüber Zuschauern ausgesprochen, daß letztere von ersteren erwarten und auch erwarten und verlangen können, vor den mit der Beobachtung der Sportveranstaltungen und Zirkusvorführungen (selbst bei Einhaltung der hiefür geltenden Regeln) gewöhnlich vorhersehbarerweise verbundenen Gefahren durch alle (nach der Verkehrsauffassung) erforderlichen und zumutbaren Sicherheitsvorkehrungen geschützt zu werden (SZ 26/255; SZ 33/5; SZ 49/154); bei Kampfspielen ist von der jeweils aktuellen Spieltechnik auszugehen. Auf die Beurteilung dieser Fragen sind demnach einschlägige öffentlich-rechtliche Vorschriften und von den zuständigen Verwaltungsbehörden (allenfalls unter Bedingungen und Auflagen) erteilte Genehmigungen einerseits sowie - allerdings nicht Rechtsnormcharakter besitzende - Richtlinien der betreffenden Sportverbände und allgemein vertretene Ansichten von Fachleuten gewiß nicht ohne Einfluß. Es kann aber nicht schlechthin gesagt werden, daß dadurch auch schon in jedem Einzelfall die Grenzen des Verkehrsüblichen, vom Erwartungshorizont der betreffenden Kreise Umfaßten und Zumutbaren, abgesteckt wären, bei deren Einhaltung der Verantwortliche von jeder Schadenersatzhaftung befreit ist; damit sind vielmehr lediglich die Mindestanforderungen an die vom Verantwortlichen zu treffenden Sicherheitsvorkehrungen umrissen. Etwas anderes läßt sich auch nicht aus der von der Beklagten zitierten Entscheidung SZ 49/154 ableiten, in der ua. ausgeführt wurde, daß das - allerdings keine Rechtsnorm darstellende - "Internationale Automobil-Sportgesetz" des FIA als Reglement für den Kraftfahrsport für die Beurteilung der Sorgfaltspflicht eines Rennleiters herangezogen werden könnte. In diesem Zusammenhang wurde nämlich verwiesen auf Kammerhofer, StVO[5], 308 (nunmehr StVO[7], 549), wonach Sportreglements eine die Staatsorgane bindende Bedeutung nicht zukomme, sowie auf die Entscheidung des BGH in NJW 1975, 533, wonach bei Autorennen der Verkehrssicherungspflichtige eigenverantwortlich zu prüfen habe, welche Vorkehrungen zu treffen seien, damit niemand einen Schaden erleide; selbst wenn die Polizei oder andere Verwaltungsbehörden aus Gründen der Verkehrssicherung Überprüfungen vornähmen und den Sicherungspflichtigen bestimmte Vorkehrungen auftrügen, genüge dieser seinen Verpflichtungen nicht, wenn er lediglich diese Auflagen erfülle, es aber unterlasse, selbständig zu prüfen, ob nicht darüber hinaus weitere Sicherungsmaßnahmen notwendig seien (vgl. auch BGH in VersR 1957, 228, wonach der Umstand, daß die Sicherheitsvorkehrungen der langjährigen Übung entsprächen und allgemein von den Fachleuten für ausreichend angesehen würden, die Möglichkeit nicht ausschließe, daß Unzulänglichkeiten vorhanden seien, sodaß in jedem Fall geprüft werden müsse, ob die allgemeine Übung nicht unter Vernachlässigung der erforderlichen Sicherheitsmaßnahmen entstanden sei und ob nicht auch die Fachleute zu geringe Anforderungen an die für den Schutz der Zuschauer notwendigen Einrichtungen gestellt hätten). Auch der OGH vertritt in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, daß die Genehmigung der Herstellung und des Betriebes einer technischen Anlage durch die dafür zuständigen Behörden den Eigentümer der Anlage, der zur Ergreifung der nach der Verkehrsauffassung erforderlichen und zumutbaren Schutzmaßnahmen verpflichtet ist, nicht entschuldigt, wenn ihm auf Grund eigener besserer Kenntnis im Rahmen seiner Verkehrssicherungspflicht Maßnahmen zur Verhütung von Gefahren zuzumuten sind, was insbesondere auch dann der Fall sein kann, wenn ihm bei pflichtgemäßer Aufmerksamkeit Umstände bekannt werden mußten, die im Lauf der Zeit weitere Schutzmaßnahmen erforderlich erscheinen lassen (SZ 42/139; ZVR 1971/9 und 10 uva., zuletzt etwa 5 Ob 638/80, 5 Ob 626, 627/82, JBl. 1983, 324). In der von der Beklagten genannten Entscheidung des Landgerichtes Freiburg im Breisgau (VersR 1981, 1138), der ein dem gegenständlichen vergleichbarer Fall der Verletzung eines Zuschauers bei einem Eishockeyspiel zugrunde lag, wird zwar ausgesprochen, daß dem dort beklagten Verein - bezogen auf das Spätjahr 1977 - noch nicht der Vorwurf einer unerlaubten Handlung wegen Unterlassung der Anbringung weiterer Schutzvorkehrungen gemacht werden könne, weil damals derartige Maßnahmen nicht verkehrsüblich und vom Erwartungshorizont der beteiligten Kreise, der Zuschauer, nicht umfaßt gewesen seien. Es wird aber auch darauf hingewiesen, daß der Besucher von Sportveranstaltungen auch dann, wenn es sich - wie zB bei Eishockeyspielen - um temperamentvolle Auseinandersetzungen handle, regelmäßig nicht damit rechne, daß er durch seine bloß passive Teilnahme verletzt werden könnte; er nehme also, wenn er dem Spiel beiwohne, eine mögliche Gefährdung keineswegs bewußt in Kauf. Mertens, auf den die in Rede stehende Entscheidung Bezug nimmt, führt im Münchener Kommentar (RdNr. 216 zu § 823 BGB) aus, daß den Sicherungspflichtigen in Anbetracht der Eigengefahr der Sportausübung, der Konzentration der Sportler und Zuschauer auf diese und des allgemeinen Verkehrsvertrauens auf eine uneingeschränkte, professionellen Maßstäben genügende Sicherung vor Gefahr eine praktisch umfassende Verantwortung dafür treffe, daß alle das normale Risiko der Sportausübung überschreitenden, überhaupt vorhersehbaren Gefahren ausgeschaltet seien; generell dürften Verkehrsteilnehmer angesichts einer Verkehrseröffnung darauf vertrauen, daß sie vor nicht ohne weiteres erkennbaren Gefahren geschützt und, soweit ein solcher Schutz im Rahmen des wirtschaftlich Zumutbaren nicht mehr gewährleistet werden könne, zumindest gewarnt würden (aaO RdNr. 186).Angewendet auf den gegenständlichen Fall bedeutet dies, daß die Beklagte - wie die Vorinstanzen zutreffend erkannt haben - ihrer gegenüber den Zuschauern begrundeten vertraglichen Schutzpflicht, alle zu deren Bewahrung vor den vom Spielfeld unter Berücksichtigung der aktuellen Spieltechnik gewöhnlich voraussehbarerweise ausgehenden Gefahren nach der Verkehrsauffassung und den berechtigten Erwartungen der Zuschauer erforderlichen Sicherheitsvorkehrungen zu treffen, rechtswidrig und schuldhaft nicht nachgekommen ist, auch wenn die vorgenommenen Absicherungen den Regeln des Internationalen Eishockeyverbandes entsprechen und einschlägige öffentlichrechtliche Vorschriften nicht bestehen mögen. Die Beklagte hätte angesichts dessen, daß - wie unbekämpft feststeht - während eines wenn auch regelrecht betriebenenEishockeymatches der Puck mehrmals - bis zu zehnmal pro Spiel - über die seitliche Absicherung der Spielfläche in die Zuschauerränge geschossen wird, bei Anwendung pflichtgemäßer Aufmerksamkeit und bei gebührender Bedachtnahme auf ihre den Zuschauern gegenüber gegebene vertragliche Schutzpflicht erkennen müssen, daß die vorhandenen Sicherheitsvorkehrungen zur Hintanhaltung der mit der modernen Spieltechnik gewöhnlich vorhersehbarerweise verbundenen erhöhten Gefahren, von deren Erkennbarkeit insbesondere für nicht ständige Besucher von Eishockeyspielen sie überdies nicht ohne weiteres ausgehen durfte, deren Abwehr die Zuschauer aber - nicht zuletzt gerade deshalb - erwarten konnten, nicht ausreichen.

Mit der an die Beklagte gestellten Anforderung, auch an den Längsseiten des Spielfeldes - als geeignetes Mittel, Gefährdungen der Zuschauer durch den Puck möglichst gering zu halten (daß die vom Verantwortlichen zu treffenden Schutzmaßnahmen jede Gefahr ausschließen, ist nicht zu verlangen; daß sie hiezu nicht ausreichen, kann daher auch nicht gegen deren Zumutbarkeit ins Treffen geführt werden; vgl. dazu SZ 49/154) - höhere Gitter anzubringen, hat das Berufungsgericht die Grenzen des Zumutbaren gleichfalls nicht überschritten. Es hat zutreffend dargelegt, daß weder wirtschaftliche Überlegungen noch die durch die Anbringung höherer Gitter bedingte Behinderung der Beobachtung der Spielvorgänge durch die Zuschauer eine Unzumutbarkeit dieser zusätzlichen Schutzvorkehrung begrunden. Derartiges läßt sich auch nicht der von der Beklagten zitierten Entscheidung des Landgerichtes Freiburg im Breisgau entnehmen, das in diesem Punkt vielmehr zum selben Ergebnis gelangte wie das Berufungsgericht.

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