Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S
28.125 (darin S 4.687,50 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Revisionsrekursbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Begründung
Mit der beim Erstgericht am 8.5.1995 eingelangten Klage machte der Kläger einen Pflichtteilsergänzungsanspruch im Sinne der §§ 785, 951 ABGB geltend und begehrte vom Beklagten Zahlung eines Betrages von S 3,000.000 sA bei sonstiger Exekution in die Liegenschaften EZ ***** und EZ ***** je KG *****. Er behauptete, wohl Testamentserbe nach seinem am 6.5.1995 verstorbenen Vater Wilhelm S***** zu sein, doch werde das Verlassenschaftsverfahren voraussichtlich armutshalber abgetan, sodaß durch die mit "Übergabsvertrag" vom 20.10.1983 erfolgte Übergabe dieser beiden Liegenschaften an seinen Halbbruder, den Beklagten, sein Pflichtteilsanspruch verkürzt sei. Bei dieser Übergabe handle es sich um reine Schenkung, da der Beklagte keinerlei Gegenleistungen im Übergabevertrag übernommen habe. Mit der Klage verband der Kläger den Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, wonach zur Sicherung seines Anspruches gegen den Beklagten auf Bezahlung des Betrages von S 3,000.000 bei sonstiger Exekution in die genannten Liegenschaften bzw auf Duldung des Beklagten auf Exekutionsführung in diese Liegenschaften dem Beklagten verboten werde, über die Liegenschaften zu verfügen, diese somit insbesondere nicht zu veräußern und zu belasten. Dem Beklagten werde jegliche Handlung untersagt, die auf Veränderung des gegenwärtigen Grundbuchsstandes betreffend die beiden Liegenschaften gerichtet sei. Die einstweilige Verfügung werde bis zur rechtskräftigen Beendigung des Rechtsstreites über die Klage beantragt. Um die Anmerkung des Belastungs- und Veräußerungsverbotes werde das Bezirksgericht Klagenfurt als Grundbuchsgericht ersucht. Der Kläger behauptete, daß der Beklagte die Absicht habe, die beiden Liegenschaften zu veräußern. Dadurch würde die Durchsetzung seines Pflichtteilsergänzungsanspruches vereitelt werden. Es sei zwar ein Belastungs- und Veräußerungsverbot zugunsten des Erblassers wie auch der Mutter der Beklagten einverleibt, doch sei das Belastungs- und Veräußerungsverbot zugunsten seines Vaters durch dessen Tod erloschen. Hinsichtlich des Belastungs- und Veräußerungsverbotes zugunsten seiner Mutter verfüge der Beklagte bereits über eine in grundbuchsfähiger Form errichtete Löschungserklärung.
Das Erstgericht erließ die einstweilige Verfügung ohne Anhörung des Gegners antragsgemäß. Es bejahte sowohl die Bescheinigung des behaupteten Anspruches als auch dessen Gefährdung. Die einzig wirksame Maßnahme zur Sicherung des Anspruches des Klägers könne nur das im Grundbuch anzumerkende Belastungs- und Veräußerungsverbot im Sinne des § 382 Abs 1 Z 6 EO sein.
Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Beklagten Folge und wies den Sicherungsantrag ab. Es sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000 übersteige und daß der Revisionsrekurs zulässig sei. Die vom Beklagten bekämpften Feststellungen übernehme es nicht; ein Auftrag zur Verfahrensergänzung erübrige sich aber, weil der Sicherungsantrag schon aus rechtlichen Überlegungen abzuweisen sei:
Der Kläger stütze seinen Anspruch auf die Bestimmungen der §§ 785, 951 ABGB. Wenn bei Bestimmung des Pflichtteils Schenkungen in Anschlag gebracht werden (§ 785), der Nachlaß aber zu dessen Deckung nicht ausreiche, könne der verkürzte Noterbe nach § 951 Abs 1 ABGB vom Beschenkten die Herausgabe des Geschenks zur Deckung des Fehlbetrages verlangen. Der Beschenkte könne die Herausgabe durch Zahlung des Fehlbetrages abwenden. Dies gelte nach Abs 2 auch dann, wenn der Beschenkte selbst pflichtteilsberechtigt sei. In diesem Fall hafte er dem anderen nur so weit, als er infolge der Schenkung mehr als den ihm bei Einrechnung der Schenkung gebührenden Pflichtteil erhalten würde. Der Noterbe könne also die "Herausgabe des Geschenks" verlangen. Das sei nicht wörtlich zu nehmen. Das Gesetz bezwecke, ihm den auf den erhöhten Pflichtteil fehlenden Geldbetrag zu verschaffen. Sei daher Geld geschenkt worden, so könne er die Zahlung des Fehlbetrages fordern. Eine andere Sache solle im Exekutionsweg verwertet und aus dem Erlös der Fehlbetrag gedeckt werden. Deshalb sei das Klagebegehren auf Zahlung des ziffernmäßig anzugebenden Ausfalls am Schenkungspflichtteil bei Exekution in die geschenkte Sache zu richten. Werde Zahlung schlechthin begehrt, so sei als Minus zur Zahlung bei Exekution bloß in das Geschenk zu verurteilen. Dagegen müßte ein Begehren auf gänzliche oder auf Herausgabe eines Bruchteils des Geschenks abgewiesen werden (Stanzl in Klang2 IV/1, 627), weil der Pflichtteilsanspruch ein solcher auf Geld sei und nicht ein solcher auf eine bestimmte Vermögensmasse oder einen Verlassenschaftsanteil (SZ 44/137 = EvBl 1972/184; SZ 48/114; EFSlg 27.1125; vgl auch EFSlg 56.923; SZ 65/39). Zur Sicherung von Geldforderungen dürfe aber nach § 379 Abs 4 EO ein Verbot der Veräußerung, Belastung oder Verpfändung von Liegenschaften, Liegenschaftsanteilen und bücherlichen Rechten nicht erlassen werden. Der zu sichernde Anspruch beziehe sich entweder auf eine Liegenschaft - auch auf einen Teil davon - oder auf ein im Grundbuch eingetragenes, auf der Liegenschaft haftendes Recht. Einstweilige Verfügungen zur Sicherung anderer Ansprüche nach § 382 Abs 1 Z 6 EO seien unzulässig, weil § 382 Abs 1 Z 6 EO voraussetze, daß das betreffende Recht im Grundbuch eingetragen sei. Davon gebe es aber eine Ausnahme. Gemäß § 75 3. Teilnovelle zum ABGB könnten schon vor der Einantwortung des Nachlasses bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 379 Abs 2 EO die Sicherungsmittel der §§ 379 und 382 EO angewendet werden. Daraus ergebe sich, daß dies auch zugunsten von Geldforderungen an den Erben statthaft sei (Heller/Berger/Stix 2746). Der Kläger mache aber keine Forderung gegen einen Erben geltend. Auch die §§ 61 ff GBG setzten die Verletzung eines bücherlichen Rechts voraus. Der Pflichtteilsauffüllungsanspruch sei jedoch ausschließlich obligatorischer Natur, weshalb auch eine Streitanmerkung nicht in Betracht komme (vgl EvBl 1971/43). Der Veräußerungsgefahr seitens des Beschenkten sei gegebenenfalls durch einstweilige Verfügung zu begegnen, doch lasse § 379 Abs 4 EO die Erwirkung eines Veräußerungs- und Belastungsverbotes nicht zu (Binder in Schwimann, § 952 ABGB Rz 23). Lehre und Rechtsprechung behandelten zwar einige auf Geldleistung gerichtete Forderungen als "andere Ansprüche" im Sinne des § 381 EO, doch habe der Oberste Gerichtshof schon in der Entscheidung vom 27.8.1907, GlUNF 3885, ausgesprochen, daß ein auf § 951 ABGB gestützter Anspruch sich als eine Geldforderung erweise, deren Natur sich auch dadurch nicht ändere, daß dieses Noterbrecht durch Anfechtung einer Schenkung im Sinne des § 951 ABGB geltend gemacht werde, da auch in diesem Fall nicht die Herausgabe des Geschenks selbst, sondern nur das vom Beschenkten gesetzwidrig empfangene Übermaß verhältnismäßig zurückgefordert werden könne. Die gegenteilige, in EFSlg 3542 vertretene Ansicht des Oberlandesgerichtes Wien überzeuge nicht, weil bei einer Hypothekarklage nach § 466 ABGB, mit der es eine auf § 951 ABGB gestützte Klage vergleiche, das Pfandrecht rechtsgeschäftlich bereits begründet sei. Auch sei der vorliegende Fall nicht mit jenem vergleichbar, bei dem ein durch einen Exekutionstitel bereits gegebener Anspruch auf Befriedigung aus einer Pfandsache gesichert werden solle (vgl SZ 32/52). Bei der Verfolgung eines Pflichtteilsanspruches im Sinne des § 951 ABGB handle es sich daher um eine reine Geldforderung und nicht um einen "anderen Anspruch", sodaß die Erlassung eines Veräußerungs- und Verpfändungsverbotes im Sinne des § 382 Abs 1 Z 6 EO unzulässig sei. Soweit ein darüber hinausgehendes Verbot beantragt werde, sei es zu wenig konkretisiert und würde es zu einer völligen Grundbuchssperre führen, weshalb auch das Begehren auf Erlassung eines über ein Belastungs- und Veräußerungsverbot im Sinne des § 382 Abs 1 Z 6 EO hinausgehenden Verbotes abzuweisen sei.
Der Revisionsrekurs sei für zulässig erklärt worden, weil - soweit überschaubar - zur Frage der Unzulässigkeit eines Veräußerungs- und Verpfändungsverbotes zur Sicherung des durch eine Schenkung gefährdeten Anspruches des Noterben auf den Pflichtteil nur die Entscheidung GlUNF 3885 existiere, sodaß mangels gefestigter Rechtsprechung in diesem Problem eine erhebliche Frage im Sinne des § 528 Abs 1 ZPO gesehen werde.
Gegen diese Rekursentscheidung richtet sich der Revisionsrekurs des Klägers wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, den Beschluß des Erstgerichtes wiederherzustellen; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Der Beklagte beantragt in der Revisionsrekursbeantwortung, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.
Der Revisionsrekurs ist aus dem vom Rekursgericht genannten Grund zulässig, aber nicht berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Der Rechtsmittelwerber macht im wesentlichen geltend, der Pflichtteilsergänzungsanspruch sei zwar grundsätzlich ein solcher auf Geld, jedoch stehe zur Befriedigung eines derartigen Anspruches in den meisten Fällen nur die für den Pflichtteilsanspruch maßgebende Schenkung zur Verfügung, weshalb der Anspruch nur im Wege des § 382 Abs 1 Z 6 EO gesichert werden könne. Im vorliegenden Fall stellten die geschenkten Liegenschaften das einzige Sicherungsobjekt dar. Schon nach dem Wortlaut des § 951 ABGB sei der Anspruch des Berechtigten auf Befriedigung aus einem bestimmten Vermögensgegenstand als ein von der Geldforderung verschiedener Anspruch anzusehen. Die geschenkte Sache solle zur Befriedigung des Pflichtteilsanspruches erhalten bleiben und sohin besonders gesichert werden. Es bestehe daher eine rechtliche Beziehung zwischen der Geldforderung und dem zu ihrer Befriedigung bestimmten Vermögensobjekt. Der Anspruch gemäß § 951 ABGB müsse daher als "anderer Anspruch" gemäß § 381 EO angesehen werden. Ein Vergleich mit der Hypothekarklage nach § 466 ABGB sei - auch wenn in diesem Fall das Pfandrecht bereits rechtsgeschäftlich begründet sei - durchaus plausibel. Schließlich sei eine analoge Anwendung des § 75 der 3. Teilnovelle zum ABGB zulässig.
Nicht diesen Ausführungen, sondern der Rechtsmeinung des Rekursgerichtes ist zuzustimmen.
Strittig ist im vorliegenden Fall, ob der Anspruch gemäß § 951 Abs 1 ABGB im Sicherungsverfahren als Geldforderung im Sinne des § 379 EO oder als anderer Anspruch im Sinne des § 381 EO, zu dessen Sicherung ein Verbot gemäß § 382 Abs 1 Z 6 EO erlassen werden kann, aufzufassen ist.
Nach herrschender Ansicht ist im Falle des § 951 ABGB auf Zahlung des Ausfalles am Pflichtteil bei Exekution in die geschenkte Sache, nicht aber auf Herausgabe des Geschenks zu klagen (SZ 44/137; SZ 48/114; JBl 1989, 377 = EFSlg 56.923; NZ 1993, 13; zuletzt 3 Ob 514/93 = JUS OGH-Z 1325; Schubert in Rummel2 § 951 ABGB Rz 3; Binder in Schwimann IV/1, §§ 951, 952 ABGB Rz 21; Koziol/Welser II9 384; vgl Welser in Rummel2 § 785 ABGB Rz 27). Auch aus der vom Kläger zitierten Entscheidung JBl 1958, 121 ergibt sich nichts anderes. Der Pflichtteilsergänzungsanspruch geht - ebenso wie der Pflichtteilsanspruch im allgemeinen - auf Geld, wobei im Urteilsspruch eine Beschränkung in Ansehung des Exekutionsobjektes stattzufinden hat. Keine solche Beschränkung greift Platz, wenn der Beschenkte die geschenkte Sache deshalb nicht mehr besitzt, weil er sie im Sinne des § 952 ABGB unredlicherweise aus dem Besitz gelassen hat (JBl 1989, 377; Schubert aaO § 951 Rz 3); unredlich ist insbesondere die Veräußerung der geschenkten Sache nach der Klagszustellung (JBl 1973, 204; Schubert aaO § 952 Rz 1).
Ob nun im Einzelfall eine Beschränkung auf ein Exekutionsobjekt erfolgt oder nicht, ist insoferne gleichgültig, als es sich jedenfalls um eine Geldforderung handelt: die allfällige Beschränkung des Haftungsfonds ist auf die Rechtsnatur des Anspruches ohne Einfluß. Auch eine teleologische Reduktion des § 379 EO bei Ansprüchen nach § 951 ABGB ist im Vergleich mit der Situation anderer Geldforderungsgläubiger nicht geboten (vgl Konecny, Der Anwendungsbereich der einstweiligen Verfügung 152 ff).
Der geltend gemachte Anspruch fällt sohin unter § 379 EO, damit auch unter dessen Abs 4; danach ist ein Zugriff auf Liegenschaften zur Sicherung von Geldforderungen ausgeschlossen, was den Sicherungsantrag des Klägers scheitern läßt: Das im Revisionsrekurs angestrebte Verbot gemäß § 382 Abs 1 Z 6 EO kann zur Sicherung des behaupteten Anspruches, der im übrigen gar nicht auf die spätere Einräumung bücherlicher Rechte an den betreffenden Liegenschaften gerichtet ist (vgl MietSlg 25.622; König, Einstweilige Verfügungen im Zivilverfahren Rz 87) nicht erlassen werden (so schon GlUNF 3885; Binder aaO Rz 23).
Ob bei einer Hypothekarklage eine andere Betrachtungsweise angebracht wäre, kann auf sich beruhen, weil eine solche nicht vorliegt. Eine analoge Anwendung des § 75 der 3. Teilnovelle zum ABGB, der Forderungen gegen einen Erben betrifft, kommt schon mangels Gesetzeslücke nicht in Frage.
Dem Revisionsrekurs war somit ein Erfolg zu versagen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 402, 78 EO, § 41 ZPO.
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