OGH 5Ob50/23y

OGH5Ob50/23y5.10.2023

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Jensik als Vorsitzenden sowie die Hofräte Mag. Wurzer und Mag. Painsi, die Hofrätin Dr. Weixelbraun‑Mohr und den Hofrat Dr. Steger als weitere Richter in der wohnrechtlichen Außerstreitsache des Antragstellers Ing. P*, vertreten durch Dr. Christopher Kempf, Rechtsanwalt in Spittal an der Drau, gegen die Antragsgegnerin Gemeinnützige *‑Genossenschaft * reg. Gen.m.b.H., FN *, vertreten durch die Bichler Zrzavy Rechtsanwälte GmbH & Co KG in Wien, wegen § 15c iVm § 22 Abs 1 Z 2a WGG über den außerordentlichen Revisionsrekurs des Antragstellers gegen den Sachbeschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 1. Februar 2023, GZ 39 R 298/22w‑19, mit dem der Sachbeschluss des Bezirksgerichts Donaustadt vom 27. Oktober 2022, GZ 8 MSch 5/22h‑14, bestätigt wurde, den

Sachbeschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2023:0050OB00050.23Y.1005.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

Fachgebiet: Wohnungseigentumsrecht

Entscheidungsart: Ordentliche Erledigung (Sachentscheidung)

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Der Antragsteller ist schuldig, der Antragsgegnerin die mit 402,86 EUR (darin enthalten 67,14 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsrekursverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

 

Begründung:

[1] Die Antragsgegnerin ist eine gemeinnützige Bauvereinigung, die ein Objekt mit mehreren Wohneinheiten und Garagenplätzen errichtete.

[2] Der Antragsteller ist Nutzungsberechtigter der Wohneinheit Top Nr 17. In dem über die Wohnung abgeschlossenen Nutzungsvertrag vom 16. 6. 2011 ist unter anderem festgehalten, dass „Stellplätze oder Garagen, die mit gesonderter Vertragsurkunde in Bestand gegeben werden, [...] nicht als einheitliche Bestandssache von diesem Vertragsverhältnis umfasst sind“. Mit zwei weiteren Nutzungsverträgen (ebenfalls vom 16. 6. 2011) nahm der Antragsgegner die in diesem Haus gelegenen Garagenstellplätze Nr 18 und 19 in Bestand. Inden Nutzungsverträgen über die Stellplätze findet sich weder ein Hinweis auf die (sinngemäße) Anwendung des WGG noch eine sonstige Verpflichtung zur nachträglichen Übertragung ins Wohnungseigentum.

[3] Über seinen Antrag hat die Antragsgegnerin dem Antragsteller für die Wohnung und den Stellplatz Nr 18 ein Fixpreisanbot gelegt. Ihm auch ein Fixpreisanbot für den Stellplatz Nr 19 zu legen, lehnte sie ab.

[4] Der Antragsteller begehrt, die Festsetzung eines Fixpreises für den Stellplatz Nr 19. Er habe diesen Stellplatz gemeinsam mit der Wohnung angemietet und auch dafür Finanzierungsbeiträge geleistet.

[5] Die Antragsgegnerin wendete ein, der Garagenabstellplatz sei nicht mit der Wohnung mitvermietet worden. Die Bestimmung des § 15c WGG beziehe sich nach dem insoweit eindeutigen Wortlaut nur auf Wohnungen und Geschäftsräume und allenfalls auf mit ihnen mitvermietete Nebenräume, sodass kein Anspruch auf nachträgliche Übertragung von Stellplätzen ins Wohnungseigentum bestehe.

[6] Das Erstgericht wies den Antrag ab. Aus der vertraglichen Regelung ergebe sich keine Rechtsgrundlage für eine Verpflichtung der Antragsgegnerin, den Stellplatz Nr 19 dem Antragsteller zum nachträglichen Erwerb als Wohnungseigentum anzubieten. Von den gesetzlichen Regelungen der §§ 15b bis 15d WGG seien ausschließlich Wohnungen und Geschäftslokale erfasst, sodass sich auch daraus kein durchsetzbarer Anspruch ableiten lasse. Aufgrund der separaten Vertragsabschlüsse über die Wohnung und die Stellplätze liege auch keine einheitliche Bestandsache vor, weswegen eine Anwendung der Bestimmungen der §§ 15b ff WGG insgesamt ausscheide.

[7] Das Rekursgericht bestätigte die Entscheidung des Erstgerichts und ließ den Revisionsrekurs nicht zu. Es verneinte ebenfalls eine vertragliche Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Übertragung des Stellplatzes Nr 19 in das Wohnungseigentum des Antragstellers. Die Voraussetzungen für eine gesetzliche Verpflichtung einer gemeinnützigen Bauvereinigung zur Übertragung von Objekten in das Wohnungseigentum von Nutzungsberechtigten seien ausschließlich in § 15c WGG geregelt, der nachseinem Wortlaut nur Wohnungen oder Geschäftsräume erfasse. Es bestehe daher auch kein gesetzlicher Anspruch des Antragstellers, den Stellplatz Nr 19 als Wohnungseigentum zu erwerben. Eine Gesetzeslücke sei insoweit nicht erkennbar.

Rechtliche Beurteilung

[8] Dagegen richtet sich der von der Antragsgegnerin nach Freistellung beantwortete Revisionsrekurs des Antragstellers, der zur Klarstellung zulässig ist, weil der Oberste Gerichtshof zur Anwendung der Bestimmung des § 15 c WGG auf KFZ‑Abstellplätze noch nicht Stellung genommen hat; er ist aber nicht berechtigt.

1. Zu dem von den Vorinstanzen geprüften vertraglichen Anspruch:

[9] 1.1 Bei dem in § 15c WGG normierten Anspruch des Mieters oder sonstigen Nutzungsberechtigten auf Übertragung des Mietobjekts ins Wohnungseigentum handelt es sich um einen besonderen gesetzlichen Anspruch, der die auf einer anderen Rechtsgrundlage beruhenden Ansprüche auf Erwerb von Wohnungseigentum unberührt lässt (RIS‑Justiz RS0114513).

[10] 1.2 Nach der Rechtsprechung sind nur solche Ansprüche auf nachträgliche Übertragung von Wohnungen in das Wohnungseigentum im außerstreitigen Verfahren nach § 22 WGG zu prüfen, die sich auf das Gesetz stützen. Zur Durchsetzung vertraglicher Ansprüche haben die Mieter oder sonstigen Nutzungsberechtigten demgegenüber den streitigen Rechtsweg zu beschreiten (RS0113518).

[11] 1.3 Soweit der Antragsteller seinen Anspruch auf Übertragung des Abstellplatzes Nr 19 in sein Wohnungseigentum auch noch in dritter Instanz auf eine vertragliche Verpflichtung der Antragsgegnerin aus dem Vorvertrag vom 20. 1. 2010 stützt, ist er auf das streitige Verfahren zu verweisen.

2. Zum Anspruch des Mieters oder sonstigen Nutzungsberechtigten nach § 15c WGG:

[12] 2.1 Unstrittig ist, dass ein verbindliches Angebot der Antragstellerin zur Übertragung des Garagenabstellplatzes Nr 19 nach § 15c lit b WGG nicht vorliegt. In Betracht kommt daher nur die Bestimmung des § 15c lit a WGG. Diese hat in der Fassung nach der WRN 2002, BGBl 2001/162, die im vorliegenden Fall anzuwenden ist (dazu § 39 Abs 37 WGG), folgenden Wortlaut:

„Der Mieter oder sonstige Nutzungsberechtigte hat bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 15b einen Anspruch auf Übertragung der Wohnung (des Geschäftsraumes) in das Wohnungseigentum:

a) bei unter Zuhilfenahme öffentlicher Mittel errichteten Wohnungen (Geschäftsräumen), wenn die Förderung aufrecht ist und neben dem Entgelt nach dem 30. Juni 2000 ein Einmalbetrag im Ausmaß von mehr als 50 € pro Quadratmeter Nutzfläche eingehoben worden ist:

1. aus Anlass der erstmaligen Überlassung zur Finanzierung von Grund- und/oder Baukosten, sofern die Zusicherung der öffentlichen Förderungsmittel nach dem 30. Juni 2000 erfolgt ist,

2. aus Anlass einer späteren Überlassung zur Finanzierung von Grundkosten, sofern bis zum Ablauf einer zehnjährigen Miet- oder Nutzungsdauer keine Umfinanzierung gemäß § 17a Abs. 1 erfolgt ist, […].“

 

[13] Nach § 15b WGG kann die Bauvereinigung ihre Baulichkeiten, Wohnungen und Geschäftsräume nachträglich in das Eigentum (Miteigentum, Wohnungseigentum) übertragen, wenn die erste Überlassung in Miete oder sonstiger Nutzung erfolgt ist, die Baulichkeit vor mehr als fünf Jahren erstmals bezogen worden ist, die Bauvereinigung nicht bloß Bauberechtigte ist, der Erwerber alle Verpflichtungen der Bauvereinigung, wie insbesondere von zur Finanzierung der Herstellung der Baulichkeit oder deren Erhaltung und Verbesserung gewährten Darlehen (anteilig) übernimmt und der Preis nach den Grundsätzen des § 23 WGG angemessen ist.

[14] Die Bestimmung des § 15e Abs 1 lit a WGG, die hier idF der WRN 2002, BGBl 2001/162, anzuwenden ist (§ 39 Abs 37 WGG), ergänzt dazu, dass die Bauvereinigung binnen drei Monaten eine Fixpreisvereinbarung gemäß § 15d WGG schriftlich anzubieten hat, wenn der Mieter oder sonstige Nutzungsberechtigte im Fall des § 15c lit a Z 1 WGG nach Ablauf von zehn, höchstens aber fünfzehn Jahren nach erstmaligem Bezug der Baulichkeit einen Antrag auf nachträgliche Übertragung in das Wohnungseigentum stellt. Legt die Bauvereinigung ein solches Angebot nicht fristgerecht, hat das Gericht über Antrag des Mieters oder sonstigen Nutzungsberechtigten den Preis unter sinngemäßer Anwendung des § 15d Abs 2 und 3 WGG festzusetzen, sofern die Bauvereinigung auch über Aufforderung des Gerichts binnen eines weiteren Monats kein Angebot gelegt hat.

[15] 2.2 In den die nachträgliche Übertragung in das Wohnungseigentum regelnden Bestimmungen des WGG werden entweder allgemein Baulichkeiten (in § 15b WGG) oder Wohnungen und Geschäftsräume (in den §§ 15c, 15d und 15g WGG) angeführt. Abstellplätze für Kraftfahrzeuge sind darin nicht (ausdrücklich) genannt. Nach den Materialien zur WRN 2002 wollte der Gesetzgeber mit dem Regelungskomplex der §§ 15b ff WGG die seit dem 3. WÄG (BGBl 1993/800) normierten, unterschiedlichen Modelle und Wege zur Wohnungseigentumsbegründung im gemeinnützigen Mietwohnungsbestand zusammenfassen und auf eine einheitliche normative Basis stellen (AB 890 BlgNR 21. GP  2; IA 529 BlgNR 21. GP  10). Auf KFZ‑Abstellplätze nehmen auch die Materialien nicht Bezug.

[16] 2.3 Der Meinungsstand in der Literatur zur (analogen) Anwendung des § 15c WGG auf KFZ‑Abstellplätze ist geteilt:

[17] 2.3.1 Nach Arthold (Die Garage im WGG – vom Gesetzgeber vergessen?, immolex 2013, 73 [75]) wurden die Stellplätze in § 15b WGG schlicht vergessen. Der Anspruch des Mieters auf nachträgliche Übertragung in das Wohnungseigentum nach § 15c WGG sei aber wesentlich enger formuliert, weil er nur die Übertragung in das Wohnungseigentum erfasse; die vom Gesetzgeber gewählte Formulierung in § 15c WGG spreche gegen einen Anspruch auf Wohnungseigentumsbegründung bei Stellplätzen.

[18] 2.3.2 Rudnigger (in Illedits [Hrsg], Wohnrecht4 § 15c WGG Rz 2) führt zunächst mit Verweis auf Arthold aus, dass die Vermietung von Bestandobjekten, die nicht Wohnungen oder Geschäftsräume seien (bspw selbständige Vermietung von KFZ‑Abstellplätzen), keinen Anspruch auf Übereignung auslöse. Ein gesetzlicher Anspruch könne allerdings allenfalls für mit Wohnungen oder Geschäftsräumen mitvermietete Nebenräume entstehen (ders ebenso in Illedits/Reich-Rohrwig, Wohnrecht Update § 15c WGG Rz 2).

[19] 2.3.3 Molnar (Die Kaufoption gemäß WGG, immo aktuell 2021, 63 [67]) ist der Ansicht, dass für den Mieter zu keinem Zeitpunkt eine durchsetzbare Möglichkeit bestanden habe, einen Stellplatz für ein KFZ im Wohnungseigentum zu erwerben. Lediglich wenn der Stellplatz mit der Wohnung mitvermietet worden sei – was in ganz seltenen Fällen gegeben sein könne –, teile der KFZ‑Stellplatz das Schicksal der Wohnung und könne gemeinsam mit der Wohnung vom Mieter im Rahmen der Kaufoption erworben werden.

[20] 2.3.4 Sommer (Das genossenschaftliche Gleichbehandlungsgebot im Lichte WGG‑spezifischer Vorgaben, wobl 2011, 1 ff [4]) vertritt die Ansicht, dass Mieter von Mietwohn-/Geschäftsraum einer gBV/Genossenschaft in der „Pionierphase“ der Wohnungseigentumsbegründung auch einen gesetzlichen Anspruch auf Kauf „mitgemieteter“ anderer (als Wohnungen und Geschäftsräume) wohnungseigentumstauglicher Objekte haben. Einen solchen Anspruch könne ein Mieter von Wohn‑/Geschäftsraum im Wohnungseigentum einer gBV/Genossenschaft (etwa im Rahmen einer späteren Verkaufstranche) nur betreffend solcher anderer (ob mitgemietet oder nicht) Objekte haben, an denen zugunsten der gBV schon Wohnungseigentum begründet wurde. Das genossenschaftliche Gleichbehandlungsgebot zwinge die gBV/Genossenschaft aber nicht generell zu einer „vorsorgenden Wohnungseigentumsbegründung“ an derartigen Objekten zugunsten einer späteren „Gleichstellung“ nur potentieller Käufer/Genossenschafter.

[21] 2.3.5 NachPrader/Pittl (WGG2.02 § 15c Rz 9) bestehe jedenfalls an der nachträglichen Übertragbarkeit von KFZ‑Abstellplätzen ins Wohnungseigentum kein Zweifel. Eine andere einschränkende, Garagen‑ und Abstellplätze nicht umfassende Sichtweise des § 15c WGG widerspreche dem Zweck des WGG. Sie weisen darauf hin, dass selbst wenn man tatsächlich am wenig verständlichen Gesetzeswortlaut haften bliebe und eine Analogie verneine, für einen Verkauf durch die GBV an Dritte nichts gewonnen sei, wenn die Abstellplätze vermietet seien; schließlich bliebe der Kündigungsschutz trotz Wohnungseigentumsbegründung aufrecht. Diese Autoren bejahen auch eine analoge Anwendbarkeit der die Spekulationsfrist bei nachträglich erworbenem Eigentum regelnden Bestimmung des § 15g WGG auf den Anwendungsfall des § 15c WGG (aaO § 15g Rz 4). Mangels nicht zu rechtfertigender Differenzierung zwischen den Fällen des § 15b WGG und des § 15c WGG sei von einer zu schließenden Lücke auszugehen.

[22] 2.3.6 Schinnagl, Die neue spekulationsverhindernde Regelung des § 15i WGG (immolex 2022/132 [295]), lehnt unter Berufung auf den Initiativantrag 907/A 26. GP eine analoge Anwendung der Bestimmung des § 15g WGG bei Eigentumsübertragungen an Garagen und KFZ‑Stellplätzen ab.

[23] 2.3.7 Auch Puhr/Schuster (in Schwimann, ABGB IV² §§ 15b, 15c WGG Rz 5) vertreten die Ansicht, dass kein Anspruch auf Begründung von Wohnungseigentum für sonstige Räumlichkeiten, wie etwa für Garagenplätze bestehe.

[24] 2.3.8 Nach Ortbauer/Puhr (in Böhm/Pletzer/ Schinnagl/Spruzina/Stabentheiner, GeKO Wohnrecht III § 15c WGG Rz 3) sei strittig, ob der Anspruch des Mieters auch mitvermietete, sonstige Flächen, insbesondere Ein- und Abstellplätze, einbeziehe. Die Rechtsprechung tendiere zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen und unter Berücksichtigung des Gesetzeszwecks dazu, Ein- und Abstellplätze in den Anwendungsbereich miteinzubeziehen. Als Beleg dafür nennen sie die Entscheidung zu 5 Ob 54/16a (dazu unten 3.2).

[25] 3. Die Frage, ob der Mieter oder sonstige Nutzungsberechtigte nach § 15c WGG einen Anspruch auf nachträgliche Übertragung von Garagen‑ und Abstellplätzen in das Wohnungseigentum hat, wurde in der Rechtsprechung noch nicht behandelt. Dazu ist wie folgt Stellung zu nehmen:

[26] 3.1 Mit Ausnahme des § 15b WGG, der ganz allgemein Baulichkeiten nennt, stellen die Bestimmungen über die nachträgliche Übertragung in das Wohnungseigentum ihrem Wortlaut nach auf Wohnungen und Geschäftsräume ab. Die Materialien (IA 529 BlgNR 21. GP  10; AB 890 BlgNR 21. GP  2) äußern sich zu dieser Begriffswahl nicht. Allein dieser Umstand zwingt aber noch nicht zum Schluss, dass andere wohnungseigentumstaugliche Objekte vom Anwendungsbereich dieser Bestimmungen ausgenommen sein sollten. Es ist vielmehr zu prüfen, ob eine Rechtslücke im Sinn des § 7 ABGB vorliegt, die eine Analogie rechtfertigt.

[27] 3.2 Der Fachsenat hat bereits die (analoge) Anwendbarkeit von einzelnen Bestimmungen über die nachträgliche Übertragung von Miet- oder Nutzungsobjekten in das Eigentum auf Garagen- und Abstellplätze bejaht:

[28] In der Entscheidung zu 5 Ob 54/16a sprach der Fachsenat aus, dass die Bauvereinigung auch Garagen- und Abstellplätze unter den Voraussetzungen des § 15b WGG nachträglich in das Eigentum (Miteigentum, Wohnungseigentum) übertragen könne und bejahte für diesen Fall die analoge Anwendung der Preisbildungsnorm des § 15d WGG, nach der unter Bedachtnahme auf die Grundsätze des § 23 WGG für die nachträgliche Übertragung von Wohnungen oder Geschäftsräumen in das Wohnungseigentum ein Fixpreis vereinbart werden kann. Diese Bestimmung nenne zwar ausdrücklich nur „Wohnungen oder Geschäftsräume“; angesichts des Gesetzeszwecks und zur Vermeidung eines Wertungswiderspruchs sei deren Anwendung aber auch für Garagen‑ und KFZ‑Abstellplätze zu bejahen.

[29] Diese Ansicht wurde in der Entscheidung zu 5 Ob 27/22i bestätigt und ausgesprochen, dass damit auch die analoge Anwendung der damit in engem Konnex stehenden Bestimmungen des § 18 Abs 3, 3a, 3b WGG (sowie § 22 Abs 1 Z 6a, Abs 2 WGG) geboten sei, weil andernfalls das Rechtsfolgensystem erst recht lückenhaft bliebe.

[30] 3.3 Beiden Entscheidungen lag eine nachträgliche Übertragung in das Wohnungseigentum durch die Bauvereinigung unter den Voraussetzungen des § 15b WGG zugrunde. Der Fachsenat sprach jeweils aus, dass die nachträgliche Übertragung in das Eigentum (Miteigentum, Wohnungseigentum) nach dieser Bestimmung, auch wenn sie nicht ausdrücklich erwähnt sind, auch für Garagen‑ und KFZ‑Abstellplätze gelte. Mit dieser Bestimmung wird der Bauvereinigung das Recht zur nachträglichen Übertragung eingeräumt. Macht sie davon Gebrauch, ist es nur konsequent, dass in einem solchen Fall auch die Preisbildungsnorm des § 15d WGG sowie die damit in einem engen Konnex stehenden Bestimmungen des § 18 Abs 3, 3a, 3b WGG (analog) heranzuziehen sind, auch wenn darin nur „Wohnungen oder Geschäftsräume“ ausdrücklich genannt sind. Das lässt aber noch keinen Rückschluss auf die hier zu beantwortende Frage zu, ob der Mieter oder sonstige Nutzungsberechtigte einen Rechtsanspruch auf (nachträgliche) Übertragung einer Garage oder KFZ‑Abstellplatzes in das Wohnungseigentum nach § 15c WGG (analog) hat.

[31] 4. Jede Analogie setzt eine planwidrige Unvollständigkeit des Gesetzes voraus (vgl RS0106092; RS0008866). Es muss eine nicht gewollte Lücke vorliegen. Eine solche Lücke im Rechtssinn ist anzunehmen, wenn das Gesetz, gemessen an seiner eigenen Absicht und immanenten Teleologie, unvollständig ist (RS0098756 [T4]) und erfordert daher die gerechtfertigte Annahme, der Gesetzgeber habe einen nach denselben Maßstäben regelungsbedürftigen Sachverhalt übersehen (RS0008866 [T27]). Wenn der Gesetzgeber aber für einen bestimmten Sachverhalt eine bestimmte Rechtsfolge bewusst nicht anordnet, liegt keine durch Analogie zu schließende Gesetzeslücke vor (RS0008870 [T3, T4]; RS0008866 [T8, T13]). In einem solchen Fall können auch auf rechtspolitisch allenfalls wünschenswerte Ergebnisse gestützte Überlegungen eine extensive Auslegung des Gesetzes nicht rechtfertigen (vgl RS0008768 [T1]).

[32] 5. Im Nutzungsvertrag über die Wohnung ist ausdrücklich festgehalten, dass Stellplätze oder Garagen nicht Gegenstand des Vertrags sind und daher von diesem nicht erfasst werden. Ein einheitliches Bestandverhältnis über die Wohnung und die Stellplätze liegt damit nicht vor. Auf die in der Literatur vertretene Ansicht, im Fall der Mitvermietung teile der Ein- oder Abstellplatz das Schicksal der Wohnung und unterliege dann gemeinsam mit dieser der Bestimmung des § 15c WGG (dazu Molnar, immo aktuell 2021, 63 [67]), muss daher nicht eingegangen werden.

[33] Für eine analoge Anwendung des § 15c WGG auf Ein- oder Abstellplätze verbleibt kein Raum:

[34] 5.1 Die Bestimmungen über die nachträgliche Übertragung von Bestandräumlichkeiten in das (Wohnungs‑)Eigentum der Mieter oder sonstige Nutzungsberechtigten gehen – wie erwähnt – auf das 3. WÄG zurück. Sie entsprangen dem Wunsch des Gesetzgebers nach einer höheren Eigentümerquote und sahen bereits einen Anspruch des Mieters auf (nachträgliche) Übertragung in das Wohnungseigentum vor (§ 15b WGG idF 3. WÄG) vor (Ortbauer/Puhr aaO § 15c WGG Rz 7).

[35] 5.2 Bis zum Inkrafttreten des WEG 2002 war die Wohnungseigentumsbegründung an KFZ‑Abstellplätzen nicht möglich. Ein- oder Abstellplätze konnten unter dem Regime des WEG 1975 nur als Zubehör gewidmet werden. Seit dem WEG 2002, das mit 1. Juli 2002 in Kraft trat, zählen Abstellplätze für Kraftfahrzeuge zu den wohnungseigentumstauglichen Objekten (§ 2 Abs 2 WEG 2002). Die Begründung von Wohnungseigentum ist seither nur zulässig, wenn sie sich auf alle wohnungseigentumstauglichen Objekte bezieht (§ 3 Abs 2 WEG 2002).

[36] 5.3 Mit der WRN 2002 wurde die nachträgliche Eigentumsübertragung im Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz gänzlich novelliert und die Systematik der Normierung der allgemeinen Voraussetzungen für die nachträgliche Eigentumsübertragung in § 15b WGG und die speziellen Voraussetzungen für den Anspruch des Mieters oder sonstigen Nutzungsberechtigten gemäß § 15c WGG hergestellt, die bis zur WGG‑Novelle 2019 (BGBl I 2019/85) unverändert blieb (Ortbauer/Puhr aaO § 15c WGG Rz 10). Diese Novellierung tratim Wesentlichen mit 1. 1. 2002 in Kraft, damit nahezu zeitgleich zum WEG 2002. Zwar kam zum Zeitpunkt des Inkraftretens dieser Bestimmungen die ausdrückliche Anführung von KFZ-Abstellplätzen in den §§ 15b ff WGG aus wohnungseigentumsrechtlichen Gründen (noch) nicht in Betracht. Bereits im Zug der Beratungen über die Regierungsvorlage zum WEG 2002 hatte der Justizausschuss aber beschlossen, dem Nationalrat einen selbständigen Antrag vorzulegen, der die wegen der Neuschaffung des Wohnungseigentumsgesetzes erforderlichen Änderungen unter anderem des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes zum Inhalt haben sollte (1051 BlgNR 21. GP  1).

[37] 5.4 Dem Gesetzgeber war daher bereits im Gesetzwerdungsprozess zum WEG 2002 klar, dass mit dessen Inkraftreten eine Anpassung des kurz davor novellierten WGG erforderlich sein wird. Dass ihm dabei die Normierung von KFZ‑Abstellplätzen als eigenständige wohnungseigentumstaugliche Objekte durch das WEG 2002 und damit die grundsätzliche Möglichkeit, daran nachträglich im Sinn des § 15c WGG Wohnungseigentum zu erwerben, oder die Zielsetzung des § 5 Abs 2 WEG, Liegenschaftsangehörige beim Erwerb von KFZ‑Abstellplätzen zu bevorzugen, entgangen wäre, kann dem Gesetzgeber damit nicht unterstellt werden.

[38] 5.5 Mit dem Wohnungseigentumsbegleitgesetz 2002 hat der Gesetzgeber die aus seiner Sicht in Hinblick auf die Schaffung des WEG 2002 erforderlichen Novellierungen des WGG vorgenommen. Dabei wurde die litera b in § 15e Abs 3 WGG in der auch noch heute gültigen Fassung neu eingeführt und dieser Bestimmung ein auf das WEG bezugnehmender Absatz 4 angefügt, die sonstigen Bestimmungen über die nachträgliche Übertragung in das (Wohnungs‑)Eigentum blieben jedoch unberührt. Auch in der Folge haben die zahlreichen Hinweise im Schrifttum den Gesetzgeber in den späteren Novellen zum WGG nicht bewogen, die Bestimmung des § 15c WGG ihrem Wortlaut nach auf Ein- oder Abstellplätze zu erweitern (Ortbauer/Puhr aaO § 15c WGG Rz 3). Insbesondere hat er auch die WGG‑Novelle 2019, durch die unter anderem Ein- und Abstellplätze von der Zählung bei Paketverkäufen ausgenommen wurden (§ 10a Abs 1 lit d WGG; dazu AB 1522 BlgNR 27. GP  1 f), nicht zum Anlass einer solchen Änderung genommen.

[39] 6. Daraus folgt: § 15c WGG stellt seinem eindeutigen Wortlaut nach ausdrücklich nur auf Wohnungen und Geschäftsräume ab und gibt dem Mieter oder sonstigen Nutzungsberechtigten danach einen Anspruch auf nachträgliche Übertragung dieser wohnungseigentumstauglichen Objekte in sein (Wohnungs‑)Eigentum. Die WRN 2002, mit der die Vorschriften über die nachträgliche Übertragung in das (Wohnungs‑)Eigentum neu geregelt wurden, trat (im Wesentlichen) zwar kurz vor dem WEG 2002 in Kraft. Schon im Gesetzwerdungsprozess zum WEG 2002 war sich der Gesetzgeber aber darüber im Klaren, dass mit dessen Inkrafttreten Anpassungen unter anderem des WGG an die dadurch neu geschaffene Rechtslage erforderlich sind. Damit kann der Umstand, dass der Gesetzgeber weder mit dem Wohnungseigentumsbegleitgesetz 2002 noch mit einer der nachfolgenden Novellen zum WGG den Wortlaut des § 15c WGG um KFZ‑Ein- oder Abstellplätze erweiterte, obwohl das Gesetz an anderer Stelle auf diese ebenfalls wohnungseigentumstauglichen Objekte ausdrücklich Bezug nimmt (wie etwa in § 13 Abs 1 und § 15 Abs 1 WGG; auch § 10a Abs 1 lit d WGG), nur als bewusste Entscheidung darüber gewertet werden, dem Mieter oder sonstigen Nutzungsberechtigten insoweit keinen Rechtsanspruch auf nachträgliche Übertragung in das (Wohnungs‑)Eigentum zu gewähren. Ordnet der Gesetzgeber – wie hier – eine bestimmte Rechtsfolge bewusst nicht an, fehlt es an einer Gesetzeslücke als Voraussetzung für eine Analogie. In einem solchen Fall steht es Gerichten auch nicht zu, gleichsam an die Stelle des Gesetzgebers zu treten und einen Regelungsinhalt (rechtsfortbildend) zu schaffen, dessen Herbeiführung ausschließlich diesem obläge (RS0098756 [T3, T5]).

7. Die die Entscheidung tragenden Erwägungen lassen sich wie folgt zusammenfassen:

[40] Der Gesetzgeber hat bereits bei Beratung über das WEG 2002 die Notwendigkeit einer Novellierung des WGG in Hinblick auf diese Neuregelung erkannt. Indem er den Anwendungsbereich des § 15c WGG dennoch nicht auf Ein- und Abstellplätze erweiterte, hat er eine Rechtsfolge (einen Anspruch der Mieter oder sonstigen Nutzungsberechtigten auf Übertragung ins Eigentum) bewusst nicht angeordnet. Für eine analoge Anwendung des § 15c WGG auf nicht mit der Wohnung oder einem Geschäftsraum mitvermietete Ein‑ und Abstellplätze verbleibt kein Raum.

[41] 8. Die Kostenentscheidung beruht auf § 22 Abs 4 WGG iVm § 37 Abs 3 Z 17 MRG. Es entspricht der Billigkeit, dass der unterlegene Antragsteller der Antragsgegnerin die Kosten der Revisionsrekursbeantwortung ersetzt.

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