OGH 5Ob54/16a

OGH5Ob54/16a29.9.2016

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Hradil als Vorsitzenden, den Hofrat Dr. Höllwerth, die Hofrätin Dr. Grohmann sowie die Hofräte Mag. Wurzer und Mag. Painsi als weitere Richter in der wohnrechtlichen Außerstreitsache des Antragstellers H***** K*****, vertreten durch Dr. Sebastian Lenz, Rechtsanwalt in Wien, gegen die Antragsgegnerin G*****, registrierte Genossenschaft mit beschränkter Haftung, *****, vertreten durch Mag. Georg Strommer, Rechtsanwalt in Wien, wegen Geltendmachung offenkundiger Unangemessenheit des Fixpreises (§ 22 Abs 1 Z 6a WGG iVm § 15d WGG) über den Revisionsrekurs der Antragsgegnerin gegen den Sachbeschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 9. Dezember 2015, GZ 39 R 184/15w‑29, mit dem der Sachbeschluss des Bezirksgerichts Donaustadt vom 20. März 2015, GZ 8 Msch 24/13i‑25, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0050OB00054.16A.0929.000

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden aufgehoben und dem Erstgericht wird die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufgetragen.

Die Kosten des Revisionsrekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

 

Begründung:

Die Antragsgegnerin ist eine gemeinnützige Bauvereinigung iSd § 1 WGG und Eigentümerin einer mit 27 Reihenhäusern bebauten Liegenschaft. Der Antragsteller ist Nutzungsberechtigter eines dieser Reihenhäuser. Die Antragsgegnerin bot dem Antragsteller dieses Reihenhaus und den dazugehörigen Pkw‑Abstellplatz zum Kauf und zur Übertragung ins Wohnungseigentum an.

Der Antragsteller begehrte die Feststellung der offenkundigen Unangemessenheit des ihm von der Antragsgegnerin für die nachträgliche Übertragung seines Reihenhauses ins Wohnungseigentum gemäß § 15d WGG angebotenen Fixpreises.

Die Antragsgegnerin beantragte die Abweisung des Antrags. Der Angebotspreis entspreche dem von einem Sachverständigen ermittelten Wert, der ohnehin am unteren Ende der Bandbreite des Wertes für vergleichbare Objekte liege. Wertsteigende Maßnahmen des Antragstellers hätten in die Bewertung des Hauses einzufließen, sodass dessen Verkehrswert jedenfalls über dem Verkaufsangebot der Antragsgegnerin liege.

Das Erstgericht stellte in seinem Sachbeschluss fest, dass der von der Antragsgegnerin angebotene Fixpreis „für das auf der Liegenschaft befindliche Reihenhaus“ offenkundig unangemessen sei und setzte den Fixpreis mit 262.000 EUR fest. Zur Beurteilung der allfälligen offenkundigen Unangemessenheit des Fixpreises sei das Angebot der Antragsgegnerin dem Verkehrswert gegenüberzustellen. Die Frage, ob und allenfalls inwieweit Investitionen, die der Nutzer selbst auf eigene Kosten vornehmen habe lassen, wertsteigend zu berücksichtigen seien, werde zwar aus dem Gesetzestext nicht beantwortet; bei sachgerechter Auslegung könnten sich die Investitionen des Antragstellers bei der Kaufpreisbildung aber nicht werterhöhend niederschlagen. Die vom Antragsteller auf eigene Kosten durchgeführten Arbeiten am Mietobjekt würden zwar als unselbständige Bestandteile der Baulichkeit in das Eigentum des Eigentümers übergehen. Im Falle ihrer Berücksichtigung bei der Überprüfung des Verkehrswertes hätte der Antragsteller aber für Investitionen, die er selbst getätigt habe, mehr zu bezahlen und die Antragsgegnerin wäre bereichert. Eine analoge Anwendung des Investitionsersatzes nach § 10 MRG sei nicht hilfreich, da in diesem Fall die vom Mieter getätigten Aufwendungen einem Anderen als dem Aufwendenden zu Gute kämen. Hier hingegen kämen die Investitionen weiterhin dem Antragsteller selbst zu Gute. Bei der Beurteilung der offenkundigen Unangemessenheit des Fixpreises sei daher von dem Verkehrswert auszugehen, der die vom Antragsteller selbst getätigten Investitionen nicht berücksichtige. Diesem Verkehrswert von aufgerundet 262.000 EUR für das Reihenhaus und den Abstellplatz stehe das Fixpreisangebot der Antragsgegnerin von 263.767,45 EUR gegenüber. Ein Fixpreis nach § 15d WGG sei iSd § 18 Abs 3b WGG offenkundig unangemessen, wenn er den ortsüblichen Preis für freifinanzierte gleichartige Objekte auch nur geringfügig übersteige. Da somit eine offenkundige Überschreitung vorliege, sei der Preis für das Reihenhaus samt Pkw-Abstellplatz gemäß § 15d Abs 2 WGG mit 262.000 EUR festzusetzen.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Antragsgegnerin nicht Folge. Im Falle von Einwendungen gegen die Höhe des angebotenen Fixpreises sei im Verfahren nach § 21 (richtig: 22) Abs 1 Z 6a WGG die „offenkundige Unangemessenheit“ des angebotenen Fixpreises zu prüfen. Dabei habe das Gericht den Preis unter Bedachtnahme auf die Grundsätze des § 23 WGG auf der Grundlage des Verkehrswertes unter Berücksichtigung aller wertbildenden Umstände im Zeitpunkt des Antrags festzusetzen. § 23 Abs 4c WGG bezeichne die bei der Ermittlung des Fixpreises zu beachtenden Kosten. Auf die ab Beginn des Nutzungsverhältnisses bis zum Antrag auf nachträgliche Begründung von Wohnungseigentum getätigten Mieterinvestitionen nehme das Gesetz keine Rücksicht. § 20 Abs 5 WGG lege jedoch ausdrücklich fest, dass der Mieter oder Nutzungsberechtigte im Falle der Beendigung seines Bestandverhältnisses unter bestimmten Voraussetzungen Anspruch auf die von ihm zur wesentlichen Verbesserung gemachten Aufwendungen habe. Auch bei Ermittlung des nach § 16 Abs 1 MRG zulässigen Hauptmietzinses im Falle einer Unternehmensveräußerung seien gemäß § 12a Abs 7 MRG die vom Hauptmieter bis dahin getätigten Investitionen angemessen zu berücksichtigen. Die Wertung des Gesetzgebers in den §§ 20 Abs 5 WGG und 12a Abs 7 MRG sei auch auf den gegenständlichen Fall anzuwenden. Bei der Festsetzung des Fixpreises hätten daher die Eigeninvestitionen des Kaufwerbers außer Betracht zu bleiben.

Das Rekursgericht sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei, weil zur Frage, ob bzw inwieweit Investitionen des Nutzungsberechtigten bei der Festsetzung des Fixpreises gemäß § 15d WGG zu berücksichtigen sind, keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs vorliege.

Gegen diese Entscheidung des Rekursgerichts richtet sich der Revisionsrekurs der Antragsgegnerin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, den angefochtenen Sachbeschluss dahingehend abzuändern, dass dem Rekurs Folge gegeben und der Antrag abgewiesen werde. Hilfsweise stellt sie einen Aufhebungs- und Zurückverweisungsantrag.

Der Antragsteller beantragt in seiner Revisionsrekursbeantwortung, den Revisionsrekurs zurückzuweisen, in eventu diesem nicht Folge zu geben.

Der Revisionsrekurs ist aus dem vom Rekursgericht genannten Grund zulässig; er ist auch – im Sinne des hilfsweise gestellten Aufhebungsantrags – berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

1.1 Eine Bauvereinigung kann ihre Baulichkeiten, Wohnungen und Geschäftsräume unter den Voraussetzungen des § 15b WGG nachträglich in das Eigentum (Miteigentum, Wohnungseigentum) übertragen. Das gilt, auch wenn sie anders als im § 13 Abs 1 WGG nicht ausdrücklich erwähnt sind, auch für Garagen und Abstellplätze; auch diese können grundsätzlich nachträglich in das Eigentum (Miteigentum, Wohnungseigentum) übertragen werden (Sommer, Das genossenschaftliche Gleichbehandlungsgebot im Lichte WGG‑spezifischer Vorgaben, wobl 2011, 1 [3 f]; Arthold, Die Garage im WGG – vom Gesetzgeber vergessen?, immolex 2013, 73 [74 f]).

1.2 Für die nachträgliche Übertragung von Wohnungen oder Geschäftsräumen in das Wohnungseigentum kann unter Bedachtnahme auf die Grundsätze des § 23 WGG, insbesondere dessen Abs 4c, ein Fixpreis vereinbart werden (§ 15d Abs 1 WGG). Diese Preisbildungsnorm des § 15d WGG nennt zwar ausdrücklich nur „Wohnungen oder Geschäftsräume“, angesichts des Gesetzeszwecks und zur Vermeidung eines Wertungswiderspruchs ist deren Anwendung aber auch für Garagen und Kfz‑Abstellplätze zu bejahen (Sommer aaO wobl 2011, 1 [3]).

1.3 Der nach § 15d WGG zu ermittelnde Fixpreis ist ausgehend vom Substanzwert, unter Bedachtnahme auf den Verkehrswert im Zeitpunkt des Anbots der Fixpreisvereinbarung, oder ausgehend von § 15a WGG (§ 23 Abs 4b WGG), unter Bedachtnahme auf eine jeweils sachgerechte und angemessene Absetzung für Abschreibung und eine Wertsicherung zu berechnen. Bei dem nach dieser Gesetzesstelle zu vereinbarenden Fixpreis handelt es sich nicht um den gesamten Kaufpreis, sondern um den unter Berücksichtigung der zu übernehmenden Verpflichtungen zu entrichtenden Barpreis (5 Ob 203/11f mwN). In der Ermittlung dieses Barkaufpreises sind in der Vereinbarung insbesondere die anteilige Übernahme aller Verpflichtungen der Bauvereinigung (§ 15b Abs 1 [richtig] lit d WGG) und die Einmalbeträge (§ 17 WGG), zu berücksichtigen. Der Fixpreis muss mindestens dem Buchwert entsprechen und in ihm muss jedenfalls die Summe aus nachfolgenden Kosten Deckung finden: a) die anteiligen Verpflichtungen der Bauvereinigung, b) die anteilig von ihr eingesetzten Eigenmittel, c) die von der Bauvereinigung zu leistenden Beträge bei einer erforderlichen Berichtigung des Vorsteuerabzugs, d) die anteiligen Kosten der Wohnungseigentumsbegründung, der Verwertung und der Information der Mieter und sonstigen Nutzungsberechtigten, wie im Besonderen über förderungsrechtliche Auswirkungen und e) bei bereits bestehendem Wohnungseigentum die anteilige Höhe der Rücklage gemäß § 31 WEG 2002 (§ 23 Abs 4c WGG).

1.4 Die Regelung, wie der jeweilige Fixpreis (Barpreis) zu ermitteln ist, stellt eine gebarungsrechtliche Bestimmung dar, die dem öffentlich-rechtlichen Teil des WGG angehört. Der Kaufinteressent hat keine Möglichkeit, die Einhaltung der öffentlich-rechtlichen Preisbildungsbestimmungen des § 23 Abs 4c WGG zu kontrollieren. Rechtliche Bedeutung bekommt die intern auf dieser Grundlage anzustellende Rechnung erst dann, wenn der angebotene Fixpreis offenkundig unangemessen ist (5 Ob 203/11f mwN). Einwendungen gegen die Höhe des (von der Bauvereinigung angebotenen) Fixpreises können nämlich nur wegen offenkundiger Unangemessenheit binnen sechs Monaten nach schriftlichem Angebot gemäß § 15e Abs 1 WGG gerichtlich geltend gemacht werden (§ 18 Abs 3a WGG). Ein Fixpreis gemäß § 15d WGG ist offenkundig unangemessen, wenn er den ortsüblichen Preis für frei finanzierte gleichartige Objekte – unter Berücksichtigung der vom Mieter oder sonstigen Nutzungsberechtigten zu übernehmenden Verpflichtungen der Bauvereinigung – übersteigt (§ 18 Abs 3b WGG). Der erkennende Senat hat dazu bereits wiederholt ausgesprochen, dass nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut in jedem Fall der Preisermittlung die offenkundige Unangemessenheit des Fixpreises im – wenn auch nur geringfügigen – Übersteigen des ortsüblichen Preises für gleichwertige freifinanzierte Objekte liegt (5 Ob 203/11f; vgl RIS‑Justiz RS0124635).

1.5 Werden gegen die Höhe des angebotenen Fixpreises binnen sechs Monaten nach schriftlichem Angebot einer Fixpreisvereinbarung Einwendungen iSd § 18 Abs 3a WGG erhoben und in einem Verfahren gemäß § 22 Abs 1 Z 6a WGG die offenkundige Unangemessenheit festgestellt, hat das Gericht den Preis unter Bedachtnahme auf die Grundsätze des § 23 WGG auf der Grundlage des Verkehrswertes unter Berücksichtigung aller wertbildenden Umstände im Zeitpunkt des Antrags (§ 15e WGG) festzusetzen (§ 15d Abs 2 WGG). Dieser vom Gericht festgesetzte Preis tritt an die Stelle des angebotenen Fixpreises (§ 15d Abs 3 WGG).

2.1 In diesem Verfahren ist strittig, ob bei der Ermittlung der Unangemessenheit des Fixpreises (§ 18 Abs 3b WGG) und im Falle ihrer Bejahung bei der Festsetzung des Preises durch das Gericht (§ 15d Abs 2 WGG) werterhöhende Investitionen des Mieters oder sonstigen Nutzungsberechtigten insofern Berücksichtigung finden müssen, also bei der Ermittlung der Unangemessenheit des Fixpreises die Gleichartigkeit der frei finanzierten Vergleichsobjekte und bei der Festsetzung des Preises durch das Gericht der Verkehrswert des Objekts in diesem Fall nicht nach der Beschaffenheit des Objekts zum Zeitpunkt des Fixpreisangebots, sondern nach dessen ursprünglicher Beschaffenheit zu bestimmen ist.

2.2 Die einschlägigen Gesetzesbestimmungen enthalten zwar keine ausdrückliche Anordnung, dass der Prüfung der Angemessenheit des Fixpreises (oder der Festsetzung des Preises durch das Gericht) der Zustand des Objekts im Zeitpunkt des Fixpreisangebots zugrunde zu legen ist, aber (nur) dieses Verständnis entspricht dem Regelungskonzept der nachträglichen Übertragung in das Eigentum nach den §§ 15b ff WGG. Gegenteiliges oder Ausnahmen hätte der Gesetzgeber daher ausdrücklich klargestellt (oder klarstellen müssen). Dass der Gesetzgeber den Zustand des Objekts im Zeitpunkt des Fixpreisangebots insbesondere auch in dem Fall als maßgeblich angesehen hat, in dem der Mieter oder sonstige Nutzungsberechtigte werterhöhenden Investitionen getätigt hat, ergibt sich auch aus den Gesetzesmaterialien. Nach dem Bericht des Bautenausschusses zu der mit der Wohnrechtsnovelle 2002 (BGBl 2001/162) eingeführten Bestimmung des § 23 Abs 4 lit c WGG sind nämlich allfällige Investitionen des Mieters „nach Maßgabe der §§ 9 MRG und 20 Abs 5 WGG bei der Preisbildung zu berücksichtigen“ (AB 890 XXI. GP  5). Der Preis soll nach den Vorstellungen des Gesetzgebers also zunächst ausgehend von dem vom Mieter oder sonstigen Nutzungsberechtigten geschaffenen Zustand berechnet, dann allerdings analog den Vorgaben des § 20 Abs 5 WGG gemindert werden (vgl Rosifka, Der wohnungsgemeinnützigkeitsrechtliche Teil der Wohnrechtsnovelle 2002, Wobl 2002, 65).

2.3 Bei der Ermittlung der Unangemessenheit des Fixpreises (§ 18 Abs 3b WGG) ist daher auf werterhöhende Investitionen des Mieters oder sonstigen Nutzungsberechtigten Bedacht zu nehmen, aber nicht dergestalt, dass die Gleichartigkeit der frei finanzierten Vergleichsobjekte in diesen Fällen nicht nach der Beschaffenheit des Objekts zum Zeitpunkt des Fixpreisangebots, sondern – unter Ausklammerung der Investitionen – nach dessen ursprünglicher Beschaffenheit zu bestimmen wären.

D

ie vom Mieter oder sonstigen Nutzungsberechtigten auf seine Kosten durchgeführten werterhöhenden Investitionen sind vielmehr (nur) insofern relevant und zu bewerten, als sie nach den Vorgaben des § 20 Abs 5 WGG kaufpreismindernd zu berücksichtigen sind. Die Ermittlung des Vergleichspreises auf Basis der Beschaffenheit des Objekts zum Zeitpunkt des Fixpreisangebots führt daher nicht zu der – von den Vorinstanzen befürchteten – unbilligen Doppelbelastung des Mieters oder sonstigen Nutzungsberechtigten und zu keiner ungerechtfertigten Bereicherung der Bauvereinigung. Unter den Voraussetzungen des § 20 Abs 5 WGG hat der Mieter oder Nutzungsberechtigte einen entsprechenden Anspruch auf Investitionsersatz und die Bauvereinigung hat den Aufwand für die Investition in diesem Umfang zu tragen. Sind die gesetzlichen Voraussetzungen für einen Investitionsersatzanspruch nicht erfüllt, sollte der Mieter oder sonstige Nutzungsberechtigte nach der gesetzgeberischen Entscheidung auch keinen Ausgleich für seine Aufwendungen erhalten. Die Sicherstellung eines dem Gesetzeskonzept entsprechenden Interessensausgleichs erfordert es daher gerade nicht, werterhöhende Investitionen des Mieters oder sonstigen Nutzungsberechtigten bei der Ermittlung des Vergleichspreises für die Beurteilung der Gleichartigkeit frei finanzierter Vergleichsobjekte auszuklammern. Der Vergleichspreis ist vielmehr ausgehend von dem vom Mieter oder sonstigen Nutzungsberechtigten geschaffenen Zustand zu ermitteln und dessen Investitionen sind erst in einem zweiten Schritt nach den Vorgaben des § 20 Abs 5 WGG kaufpreismindernd zu berücksichtigen. Diese Bindung an die Vorgaben des § 20 Abs 5 WGG dient wiederum der Vermeidung einer sachlich nicht gerechtfertigten Ungleichbehandlung gegenüber Mietern oder sonstigen Nutzungsberechtigten, die nicht nachträglich Wohnungseigentum erwerben.

3.1 Nach § 20 Abs 5 WGG hat der Mieter oder sonstige Nutzungsberechtigte einer Wohnung, der in den letzten 20 Jahren vor Beendigung des Miet‑ oder sonstigen Nutzungsverhältnisses in der zum Gebrauch überlassenen Wohnung Aufwendungen zur wesentlichen Verbesserung (§ 9 MRG) gemacht hat, die über seine Miet- oder sonstige Nutzungsdauer hinaus wirksam und von Nutzen sind, bei Beendigung des Miet- oder sonstigen Nutzungsverhältnisses nach Maßgabe bestimmter Voraussetzungen Anspruch auf Ersatz der Aufwendungen (§ 20 Abs 5 Z 1 lit a WGG). Nur bestimmte Aufwendungen sind ersatzfähig (§ 20 Abs 5 Z 2 WGG) und der Ersatzanspruch vermindert sich auch um eine unterschiedlich hohe jährliche Abschreibung (§ 20 Abs 5 Z 1 WGG). Kein Anspruch auf Ersatz besteht, wenn die Bauvereinigung berechtigterweise die Zustimmung verweigert oder an die Verpflichtung zur Wiederherstellung des früheren Zustandes gebunden hat oder wenn die Bauvereinigung, weil ihr der Mieter oder sonstige Nutzungsberechtigte die wesentliche Veränderung nicht angezeigt hat, verhindert war, das eine oder andere zu tun (§ 20 Abs 5 Z 3 WGG).

3.2 Voraussetzung für einen Investitionsanspruch nach § 20 Abs 5 WGG ist zwar, dass das Vertragsverhältnis zur Bauvereinigung beendet wurde. Gemäß § 1445 ABGB erlöschen Recht und Verbindlichkeit bei Vereinigung der Gläubiger- und Schuldnerstellung aus ein und demselben Schuldverhältnis in einer Person. Durch die Begründung von Wohnungseigentum und Zuweisung des Objekts ins Eigentum des vormaligen Mieters oder Nutzungsberechtigten geht die Rechtsstellung des Vermieters auf diesen als Wohnungseigentümer über. Damit erlischt aber das Miet- oder sonstige Nutzungsverhältnis durch Vereinigung (3 Ob 11/04w, vgl auch RIS‑Justiz RS0034032, RS0034033, RS0101118). Auch bei dieser Form der Beendigung des Miet‑ oder sonstigen Nutzungsverhältnisses gebührt daher dem Mieter oder sonstigen Nutzungsberechtigten dem Grunde nach ein Investitionsersatzanspruch nach § 20 Abs 5 WGG. Aufgrund der Ausgestaltung der Preisbildungsnormen für die nachträgliche Übertragung in das Eigentum nach den §§ 15b ff WGG und der damit verfolgten gesetzgeberischen Intention ist der Mieter oder sonstige Nutzungsberechtigte aber in diesem Fall nicht darauf verwiesen, diesen Anspruch nachträglich geltend zu machen und dem iSd § 15d WGG vereinbarten Barkaufpreis kompensando entgegenzuhalten. Die Investitionsersatzbeträge, die sich aus § 20 Abs 5 WGG ergeben, sind vielmehr – analog den geleisteten Einmalbeträgen nach § 17 WGG – iSd § 24 Abs 4c WGG bereits von der Bauvereinigung bei der Ermittlung des Barkaufpreises zu berücksichtigen und zur Ermöglichung des nach § 18 Abs 3b WGG vorzunehmenden Vergleichs auszuweisen.

4.1 Auf Basis der vom Erstgericht bisher getroffenen Feststellungen lässt sich nicht beurteilen, ob und in welcher Höhe für die vom Antragsteller vorgenommenen „Verbesserungen der Liegenschaft“ Investitionsersatz-ansprüche nach § 20 Abs 5 WGG bestünden und daher entsprechende Beträge kaufpreismindernd zu berücksichtigen sind. Damit fehlt eine wesentliche Grundlage für die Beurteilung der offenkundigen Unangemessenheit iSd § 18 Abs 3b WGG. Dem Revisionsrekurs war daher Folge zu geben und dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufzutragen. Im fortgesetzten Verfahren wird das Erstgericht die damit verbundenen Rechtsfragen mit den Parteien zu erörtern und ihnen Gelegenheit zu geben haben, Vorbringen zu erstatten und entsprechende Beweisanbote zu machen. Nach allfälliger Ergänzung des Beweisverfahrens wird es die fehlenden Feststellungen nachzuholen haben.

4.2 Im Zusammenhang mit den vom Erstgericht bereits festgestellten Vergleichspreisen werden zudem Klarstellungen auf der Tatsachenebene vorzunehmen sein. Das Erstgericht stellte hier als Vergleichspreis den jeweiligen „Verkehrswert der Baulichkeit zusammen mit dem Pkw‑Abstellplatz“ fest. Abgesehen von der fehlenden Differenzierung zwischen Reihenhaus und Kfz-Abstellplatz ist nach § 18 Abs 3b WGG der Maßstab für die offenkundige Unangemessenheit eines Fixpreises gemäß § 15d WGG der ortsübliche Preis für frei finanzierte gleichartige Objekte; dieser und nicht der Verkehrswert des eigentlichen Objekts ist dem Angebotspreis gegenüberzustellen. Die Revisionsrekurswerberin weist grundsätzlich zutreffend darauf hin, dass dieser Unterscheidung keine rein semantische Bedeutung beizumessen ist. Dieser Maßstab gilt auch für den Fall, dass keine freifinanzierten gleichartigen Objekte vorhanden sind. In diesem Fall ist der Preis für freifinanzierte gleichartige Objekte fiktiv zu ermitteln. Es obliegt dabei dem Sachverständigen, eine geeignete Methode für die Ermittlung des fiktiven Vergleichspreises zu wählen (5 Ob 120/05s mwN). Auch wenn sich die vom Erstgericht getroffenen Feststellungen vor diesem Hintergrund (auch angesichts des dem vom Erstgericht beigezogenen Sachverständigen erteilten Auftrags und dessen Ausführungen zur Unmöglichkeit der Anwendung des Vergleichwertverfahrens aufgrund der Individualität des Objekts) als fiktiv ermittelte Vergleichspreise für freifinanzierte gleichartige Objekte verstanden werden können, ist eine diesbezügliche Klarstellung zumindest tunlich.

5. Der Kostenvorbehalt beruht auf § 37 Abs 3 Z 17 MRG iVm § 22 Abs 4 WGG. Erst mit der endgültigen Sachentscheidung können die gebotenen Billigkeitserwägungen angestellt werden (RIS‑Justiz RS0123011 [T1]).

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