OGH 5Ob4/87

OGH5Ob4/8727.1.1987

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Marold als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Griehsler, Dr.Jensik, Dr.Hofmann und Dr.Klinger als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Herbert W***, Arzt, Hall i.T., Wallpachgasse 11, vertreten durch Dr. Paul Ladurner, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider die beklagte Partei Ingrid S***, Geschäftsfrau, Hall i.T., General Verdroß-Straße 3, vertreten durch Dr.Peter Riedmann, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen Einwilligung und Übergabe (Streitwert: 500.000 S) infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes vom 15. Oktober 1986, GZ 5 R 286/86-20, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 30. Mai 1985, GZ 16 Cg 429/82-15, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 16.834,10 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten 960 S an Barauslagen und 1.443,10 S an Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Mit der am 2. August 1982 beim Erstgericht eingelangten Klage begehrte der Kläger die Verurteilung der Beklagten, Zug um Zug gegen Ausfolgung des zu 4 Nc 13/80 des Bezirksgerichtes Hall i.T. erlegten Kaufpreises von 500.000 S an sie 1.) hinsichtlich ihrer 61/177 Miteigentumsanteile an der Liegenschaft EZ 776 II KG Hall (verbunden mit Wohnungseigentum an der Wohnung im Parterre des Hauses Hall i.T., General Verdroß-Straße 3) in die Einverleibung der Löschung ihres Eigentumsrechtes und in die Einverleibung des Eigentumsrechtes zugunsten des Klägers einzuwilligen; 2.) die vorgenannte Wohnung samt Zubehör zu räumen und dem Kläger geräumt zu übergeben. Er stützte sein Begehren zusammengefaßt darauf, daß die Liegenschaftseigentümerin Margit G*** trotz eines die Grundparzelle 242/35 und die Bauparzelle 681 der EZ 776 II KG Hall belastenden Vorkaufsrechtes zugunsten des Klägers, das allerdings nicht verbüchert worden sei, die im Klagebegehren angeführten Anteile an dieser Liegenschaft im Sommer 1980 an die Beklagte verkauft habe. Das Eigentum der Beklagten hinsichtlich der streitgegenständlichen Liegenschaftsanteile sei auch bereits im Range des Ranganmerkungsbescheides vom 24. Juli 1980 einverleibt worden. Der Kläger habe erst im Spätsommer 1980 vom Verkauf erfahren. Er habe sein Vorkaufsrecht durch Erklärung ausgeübt. Dennoch habe die Beklagte von der Verbücherung des Kaufvertrages, wobei sie zum Zeitpunkt der Errichtung eines verbücherungsfähigen Vertrages nicht mehr gutgläubig gewesen sei, nicht Abstand genommen. Sie habe vielmehr die Voreigentümerin Margit G*** zum Vertragsbruch verleitet bzw. in arglistiger Weise im Zusammenwirken mit Margit G*** bewußt zu seinem Nachteil gehandelt. Die Beklagte beantragte Klageabweisung und wendete insbesondere ein, daß die Behauptung, sie habe Margit G*** zum Vertragsbruch verleitet, völlig aus der Luft gegriffen sei. Sie habe die Wohnung gekauft, übernommen und zu adaptieren begonnen, bevor sie davon Kenntnis erlangt habe, daß der Kläger ein Vorkaufsrecht geltend mache.

Das Erstgericht wies die Klage ab. Es stellte den auf den AS 116 bis 127 (auf den Seiten 12 bis 23 der Urteilsausfertigung) wiedergegebenen Sachverhalt fest, aus dem zum Verständnis der Revisionsentscheidung hervorzuheben ist:

Mit Kaufvertrag vom 13./21. März 1979 erwarben der Kläger und sein Bruder einen 550 m 2 großen Teil des Grundstückes 242/35 der EZ 776 II KG Hall um 715.000 S. Laut Punkt XI dieses Vertrages wurde den Käufern an dem restlichen Gutsbestand dieser Liegenschaft (verbliebener Teil des Grundstückes 242/35 und Bauparzelle 681) das Vorkaufsrecht eingeräumt, das zuerst vom Kläger und nach ihm von dessen Bruder ausgeübt werden sollte. Das Vorkaufsrecht wurde in der Folge irrtümlich nicht verbüchert.

Im Mai 1980 suchte Margit G***, die am 10. September 1979 grundbücherliche Alleineigentümerin der Liegenschaft EZ 767 II KG Hall geworden war, zwecks Abdeckung von Schulden einen Käufer für diese Liegenschaft. Auf ein dementsprechendes Inserat meldete sich die Beklagte, der am 23. Mai 1980 der Erwerb der Erdgeschoßwohnung des Hauses um 500.000 S angeboten wurde. Am 28. Mai 1980 ersuchte Margit G*** das Bezirksgericht Hall i.T. um die Festsetzung der Nutzwerte zum Zweck der Begründung von Wohnungseigentum. Am 26. Juni 1980 kam es zwischen Margit G*** und der Beklagten zu nachstehender schriftlichen Vereinbarung (Beilage 2), ohne daß die Beklagte bis dahin von dem Vorkaufsrecht des Klägers Kenntnis erlangt hatte:

"1.) Frau Margit G*** ist Alleineigentümer der Liegenschaft in EZ 776 II KG Hall, bestehend aus dem Wohnhaus General Verdroß-Straße Nr. 3 samt Garten.

2.) Frau Margit G*** erklärt hiemit rechtsverbindlich, die im Hochparterre des Hauses General Verdroß-Straße Nr. 3 gelegene Wohnung, bestehend aus Vorraum, Küche mit Speis, einem Kabinett, zwei Zimmern und WC und anteiliger Gartenfläche sowie einem Kellerabteil an Frau Ingrid S*** zum Pauschalpreis von 500.000 S zu verkaufen.

3.) Die Errichtung des diesbezüglichen Kauf- und Wohnungseigentumsvertrages erfolgt nach Vorliegen der Nutzwertfeststellung des Bezirksgerichtes Hall i.T., um die Frau Margit G*** mit Schreiben vom 28.5.1980 angesucht hat.

4.) Frau Ingrid S*** leistet hiemit eine Kaufpreisteilzahlung von 200.000 S und verpflichtet sich, den Restbetrag von 300.000 S bei Unterfertigung des Kauf- und Wohnungseigentumsvertrages zu entrichten.

5.) Frau Margit G*** erklärt hiemit, die in Rede stehende Wohnung bis zum 30. des Monats freizumachen und erteilt hiemit ihre Einwilligung, daß Frau Ingrid S*** mit 1. Juli 1980 die Wohnung provisorisch übernimmt und auch berechtigt ist, Adaptierungs- und Verbesserungsarbeiten durchzuführen."

Nachdem der Kläger im Juli 1980 von dem Verkauf der Wohnung erfahren hatte, wies er Margit G*** Anfang August 1980 auf sein Vorkaufsrecht und ihre Anbietungspflicht hin. Margit G*** informierte daraufhin erstmals die Beklagte von dem gegenständlichen Vorkaufsrecht, unternahm aber keinerlei Versuch, die Beklagte zum Rücktritt vom Kaufvertrag zu überreden. Am 5. oder 6. August 1980 teilte die Beklagte Rechtsanwalt Dr. Hans M***, der den Kaufvertrag vom 13./21. März 1979 verfaßt hatte, telefonisch mit, daß sie keinesfalls bereit sei, die Wohnung aufzugeben, auf die sie schon große Aufwendungen gemacht habe und die sie dringend benötige. Am 3. September 1980 wurde zwischen Margit G*** und der Beklagten der verbücherungsfähige Kauf- und Wohnungseigentumsvertrag über die streitgegenständliche Wohnung abgeschlossen, der dann am 14. Juli 1981 im Rang der Anmerkung für die beabsichtigte Veräußerung vom 24. Juli 1980 grundbücherlich durchgeführt wurde. Nachdem der Kläger am 5. November 1980 von der Vereinbarung vom 26. Juni 1980 Kenntnis erlangt hatte, erklärte er Margit G*** mit Schreiben vom 14. November 1980, er mache von seinem Vorkaufsrecht Gebrauch und erlege den Kaufpreis von 500.000 S zu Gericht. Dieser gerichtliche Erlag wurde dem Kläger mit Beschluß des Bezirksgerichtes Hall i.T. vom 2. Dezember 1980, 4 Nc 13/80, bewilligt, worauf der Kläger den Betrag von 500.000 S am 4. Dezember 1980 bei der Verwahrungsabteilung des Oberlandesgerichtes Innsbruck einzahlte.

Mit der am 2. Dezember 1980 zu 5 Cg 582/80 des Erstgerichtes überreichten Klage begehrte der Kläger die Verurteilung der Margit G***, 1.) einen der Vereinbarung vom 26. August 1980 entsprechenden Kaufvertrag zwischen ihr und ihm zu unterfertigen und

2.) ihm den zwischen ihr und der Beklagten abgeschlossenen verbücherungsfähigen Kauf- und Wohnungseigentumsvertrag über die streitgegenständliche Wohnung zur Einsicht vorzulegen. Mit Urteil vom 6. Februar 1981, ON 5, wies das Erstgericht den Punkt 1.) der Klage ab; dem Punkt 2.) der Klage gab es statt. Berufung und Revision des Klägers blieben erfolglos.

In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus:

Es stehe fest, daß ein Vorkaufsrecht für die Gebrüder W*** (vorrangig zugunsten des Klägers) rechtswirksam vereinbart, aber nicht verbüchert worden sei und Margit G*** die Wohnung ohne Anbot zur Einlösung an den Kläger bzw. dessen Bruder an die Beklagte verkauft habe. Auch ein Vorvertrag, der beide Teile binde, und eine Punktation ließen den Vorkaufsfall entstehen. Mit dem Vorkaufsfall entstehe jedoch die Pflicht des Vorkaufsverpflichteten, dem Berechtigten die Sache zur Einlösung anzubieten. Schließe der Vorkaufsverpflichtete mit einem Dritten einen Kaufvertrag, so könne er der Gefahr einer schadenersatzbewehrten (§ 430 ABGB) Pflichtenkollision gegenüber Drittkäufer und einlösendem Vorkaufsberechtigten nur durch Abschluß eines durch die Ausübung des Vorkaufsrechtes bedingten Drittkaufes begegnen. Dies sei jedoch nicht geschehen.

Im Gegensatz zu Margit G*** habe die Beklagte im Zeitpunkt des Abschlusses der Vereinbarung vom 26. Juni 1980 vom Vorkaufsrecht nichts gewußt. Bei Abschluß des verbücherungsfähigen Kauf- und Wohnungseigentumsvertrages sei weder Margit G*** noch die Beklagte hinsichtlich des Vorkaufsrechtes des Klägers gutgläubig gewesen.

Durch die fristgerechte rechtswirksame Ausübung des Vorkaufsrechtes sei zwischen Verpflichtetem und Berechtigtem, also zwischen dem Kläger und Margit G***, ein Kaufvertrag zustande gekommen, der inhaltlich jenem entspreche, der mit dem Drittkäufer, also der Beklagten, bestehe.

Da das Vorkaufsrecht nicht verbüchert worden sei, sei der Kläger nur aufgrund eines persönlichen Vorkaufsrechtes berechtigt. Die nur persönliche Wirkung des Vorkaufsrechtes bewirke im Falle der Ausübung dieses Rechtes beim Drittkäufer noch keinen Titelverlust, es sei denn - was hier jedoch nicht zutreffe - im Drittverkauf wäre die Ausübung des Vorkaufsrechtes zur Bedingung gemacht worden. Selbst dann hätte der Kläger aber keinen direkten Anspruch auf Einwilligung in die Eigentumseinverleibung gegen den bereits einverleibten Drittkäufer, also die Beklagte, deren Eigentum bei Einbringung der Klage am 2. August 1982 bereits einverleibt gewesen sei. Es stehe ihm vielmehr ein Erfüllungsanspruch gegenüber dem Verpflichteten, also Margit G***, zu, soferne nicht durch den Eigentumserwerb des Drittkäufers die Erfüllung der Leistungspflicht vereitelt sei und schon deshalb nur mehr Schadenersatz übrig bleibe. Ohne wirksame Vereinbarung einer Übernahme treffe die persönliche Verpflichtung aus dem Vorkaufsrecht den Eigentumsnachfolger des Vorkaufsverpflichteten nicht. Dies ergebe sich aus der Natur des relativen Rechtes.

Das Berufungsgericht gab der nur wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhobenen Berufung des Kläges nicht Folge und sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes, über den es entschieden hat, 300.000 S übersteigt. Es führte aus:

§ 1073 ABGB bestimme, daß das Vorkaufsrecht in der Regel ein persönliches Recht sei. In Rücksicht auf unbewegliche Güter könne es durch Eintragung in das Grundbuch in ein dingliches Recht verwandelt werden. Unstreitig stehe fest, daß eine Verbücherung des Vorkaufsrechtes hier nicht erfolgt sei. Grundsätzlich seien damit durch das 1979 vereinbarte Vorkaufsrecht nur obligatorische Verpflichtungen zwischen dem Kläger (sowie seinem Bruder) und Margit G*** entstanden. Mit der Abgabe des Einlösungsangebotes durch den Kläger gegenüber Margit G*** möge zwar zwischen ihm und Margit G*** ein Vertrag wirksam zustande gekommen sein, dessen Inhalt durch die zwischen Margit G*** und der Beklagten geschlossene Vereinbarung vorbestimmt gewesen sei. Dieser Vertrag bewirke jedoch nicht, daß gleichzeitig der zwischen Margit G*** und der Beklagten geschlossene Vertrag hinfällig werde. Vielmehr habe das Erstgericht zutreffend dargelegt, daß ein Titelverlust beim ersten Käufer nur dann eintreten würde, wenn die Ausübung des Vorkaufsrechtes im zweiten Vertrag mit der Beklagten zur Bedingung gemacht worden wäre (Aicher in Rummel, ABGB, Rz 9 zu § 1075). Die Ausführungen im Ersturteil hinsichtlich des Ergebnisses bzw. der Entscheidungsgründe im Vorprozeß 5 Cg 582/80 des Erstgerichtes seien für die Rechtsstellung der Beklagten ohne Bedeutung, weil diese nicht Partei dieses Verfahrens gewesen sei. Auch die in der Berufung (unter Hinweis auf die Entscheidung im Verfahren 5 Cg 582/80 des Erstgerichtes) zitierte Entscheidung SZ 22/34 gehe von einem anderen Sachverhalt aus, als er hier vorliege, nämlich von einem grundbücherlich einverleibten Vorkaufsrecht. Damit sei zu unterstellen, daß Margit G*** zwei wirksame und sie bindende Kauf- und Wohnungseigentumsverträge als Verkäuferin abgeschlossen habe, sohin eine Doppelveräußerung vorliege. Hiebei werde nach der allgemeinen Regel des § 430 ABGB derjenige Eigentümer der Sache, dem sie zuerst übertragen worden sei. Der andere Käufer sei auf Schadenersatzansprüche gegen den Verkäufer beschränkt. Die zeitliche Reihenfolge der Titelgeschäfte spiele keine Rolle, weil es für den Eigentumserwerb allein auf das Verfügungsgeschäft ankomme. Ansprüche aus einer Doppelveräußerung könne der erste Käufer gegen den zweiten Käufer, der zuerst das bücherliche Recht erworben habe, nach herrschender Lehre und Rechtsprechung nur aus der Unzulässigkeit der Beeinträchtigung fremder Forderungsrechte ableiten: Dritte Personen, also auch ein zweiter Käufer, dürften das Recht des Gläubigers auf eine obligationsgemäße Willensausübung des Schuldners nicht beeinträchtigen; sie dürften nicht eine bestimmte Willensrichtung des Schuldners, auf die der Gläubiger ein Recht habe, verändern, wenn ihnen das Forderungsrecht bekannt sei. Die neuere Rechtsprechung folge dem von Schilcher-Holzer (JBl. 1974, 445 ff und 512 ff) in Fortentwicklung der Lehre Koziols aufgegriffenen Gedanken von der Funktion des Besitzes als Ausdrucksmittel der typischen Erkennbarkeit von Forderungsrechten und bejahe eine Schadenersatzpflicht des Zweiterwerbers auch dann, wenn das durch Besitz bestärkte Forderungsrecht des Ersterwerbers für ihn deutlich erkennbar gewesen sei (2 Ob 541/84 ua). Der zweite Käufer hafte in einem solchen Fall schadenersatzrechtlich und müsse daher, da § 1323 ABGB primär auf Naturalrestitution gehe, den Leistungsgegenstand, auch wenn er daran bereits Eigentum erworben habe, herausgeben. Wenn das durch den Besitz des Ersterwerbers verstärkte Forderungsrecht für den Gegner deutlich erkennbar gewesen sei, genüge es, daß sein Gegner die obligatorische Position gekannt habe oder bei gehöriger Aufmerksamkeit kennen hätte müssen. Der gute Glaube des Zweiterwerbers müsse noch zum Zeitpunkt der Überreichung des Grundbuchsgesuches vorhanden sein (NZ 1980, 78 und 173). Lägen jedoch diese schadenersatzrechtlichen Voraussetzungen nicht vor, dann hafte der Dritte, der Eigentum erworben habe, grundsätzlich nicht (JBl. 1984, 439; Jus 1985 8/12; EvBl. 1981/144; JBl. 1977, 257 ua; Bydlinski in Klang 2 IV/2, 848 Fußnote 38; Gschnitzer im Rahmen der Besprechung der Entscheidung JBl. 1966, 35; Aicher in Rummel, ABGB, Rz 9 zu § 1075 und Rz 1 und 7 ff zu § 1079).

Auf den vorliegenden Fall angewendet, ergäben diese Grundsätze, daß die Beklagte nicht verpflichtet sei, dem Kläger im Wege einer Naturalrestitution die von ihr als Eigentümerin erworbene Wohnung, welche Klagegegenstand sei, herauszugeben: Die Beklagte habe bei Abschluß der verbindlichen Vereinbarung (Punktation) vom 26. Juni 1980 in gutem Glauben gehandelt. Sie habe damit obligatorische Rechte gegenüber Margit G*** erworben, ohne den Leistungswillen der Margit G*** hinsichtlich des dem Kläger eingeräumten Vorkaufsrechtes zu ihren Gunsten zu beeinflussen und Margit G*** damit zum Vertragsbruch zu verleiten. Es fehle ein schuldhafter Eingriff in die zwischen dem Kläger und Margit G*** bestehende Obligation durch die Beklagte. Die nachfolgende Unterfertigung eines verbücherungsfähigen Vertrages bzw. die Einverleibung ihres Eigentumes, welche Vorgänge sich nur als Vollzug der ersten Vereinbarung vom 26. Juni 1980 darstellten, seien jedenfalls auch nicht durch ein schuldhaftes rechtswidriges Einwirken der Beklagten auf Margit G*** zustandegekommen, weil deren Verpflichtung aus der Punktation bereits bestanden habe. Daß das Vorkaufsrecht des Klägers durch den Besitz der Wohnung gestärkt und damit für die Beklagte deutlich erkennbar geworden wäre, sei weder behauptet noch erwiesen. Auf die Kenntnis der Beklagten von dem zwischen Margit G*** und dem Kläger bzw. dessen Bruder abgeschlossenen Titelgeschäft über die Einräumung eines Vorkaufsrechtes komme es nicht an, weil niemandem zugemutet werden könne, den Ursachen nachzuforschen, aus denen der Vollzug eines zwischen anderen abgeschlossenen Vertrages unterblieben sei (Klang in Klang 2 II 362; SZ 47/29). Eine ausdrückliche Feststellung in der Richtung, die Beklagte habe bereits am 1. Juli 1980 die Wohnung "provisorisch" übernommen und mit Investitionen begonnen, sei für die abschließende Beurteilung der vom Kläger geltend gemachten Ansprüche entbehrlich. Gegen das Urteil des Berufungsgerichtes richtet sich die auf den Revisionsgrund des § 503 Abs 1 Z 4 ZPO gestützte Revision des Klägers mit dem Antrag, die Urteile der Vorinstanzen aufzuheben und die Rechtssache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an eine der beiden Vorinstanzen zurückzuverweisen oder die Urteile der Vorinstanzen im Sinne der Klage abzuändern.

Die Beklagte beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Zunächst hält der Kläger seinen Standpunkt aufrecht, daß gleichzeitig mit der ordnungsgemäßen Ausübung des Vorkaufsrechtes durch ihn das zwischen Margit G*** und der Beklagten abgeschlossene Rechtsgeschäft hinfällig geworden sei, wie dies das Erstgericht im Verfahren 5 Cg 582/80, vom Obersten Gerichtshof zu 5 Ob 46/81 bestätigt, festgestellt habe, wodurch der von der Beklagten erwirkten Eintragung ihres Eigentumsrechtes im Grundbuch der Erwerbstitel entzogen worden sei. Schon deshalb wäre dem Begehren des Klägers, der über einen rechtswirksamen Erwerbstitel verfüge, stattzugeben gewesen.

Diesem Standpunkt kann nicht beigepflichtet werden: Es ist zwar richtig, daß das Erstgericht im Verfahren 5 Cg 582/80 unter Berufung auf SZ 22/34 die (seine Entscheidung nicht tragende) Meinung geäußert hat, daß der Kaufvertrag zwischen Margit G*** und der Beklagten mit dem durch die Einlösungserklärung des Klägers herbeigeführten Zustandekommen eines Kaufvertrages zwischen Margit G*** und dem Kläger erloschen sei. Diese Meinung wurde aber schon in diesem Vorverfahren weder vom Berufungsgericht noch vom Obersten Gerichtshof geteilt. Sie trifft auch, wie die Vorinstanzen im gegenständlichen Verfahren dargelegt haben, nicht zu. Die wirksame Ausübung des Vorkaufsrechtes durch den Vorkaufsberechtigten würde nur dann beim Drittkäufer zum Titelverlust führen, wenn die Ausübung des Vorkaufsrechtes im Drittkauf zur Bedingung gemacht worden wäre (Bydlinski in Klang 2 IV/2, 847 f Fußnoten 34 und 36; vgl. auch Bydlinski aaO 771 Fußnote 99; ebenso Aicher in Rummel, ABGB, Rz 9 zu § 1075), was hier aber nicht der Fall ist. Es kann daher auf sich beruhen, ob das Erlöschen des Kaufvertrages zwischen Margit G*** und der Beklagten allein überhaupt geeignet wäre, dem Klagebegehren zum Erfolg zu verhelfen (vgl. dazu Bydlinski aaO 847 f Fußnote 36). Sodann wiederholt der Kläger sein Argument, daß die Beklagte bereits im Zeitpunkt der Unterfertigung des verbücherungsfähigen Kauf- und Wohnungseigentumsvertrages am 3. September 1980, vor allem aber auch im Zeitpunkt der Verbücherung dieses Vertrages am 14. Juli 1981 nicht mehr gutgläubig gewesen sei. Dem Klagebegehren hätte daher ohne Rücksicht darauf, daß das außerbücherliche Eigentumsrecht des Klägers nicht durch den Besitz verstärkt gewesen sei, stattgegeben werden müssen, weil die Beklagte - im Sinne der neueren Rechtsprechung zur Frage der Doppelveräußerung (JBl. 1977, 257; EvBl. 1981/144 = JBl. 1981, 535 ua) - den Vertragsbruch der Margit G*** schuldhaft ausgenützt habe und deswegen dem Kläger schadenersatzrechtlich in Richtung der Naturalrestitution hafte.

Auch diese Argumentation ist nicht stichhältig: Auszugehen ist - wie vom Berufungsgericht richtig erkannt und vom Kläger nicht bezweifelt - davon, daß das Klagebegehren - weil dem Kläger mangels Verbücherung seines Vorkaufsrechtes gegenüber der Beklagten ein Abforderungsanspruch nach § 1079 Satz 2 ABGB nicht zusteht (zu diesem Anspruch vgl. Aicher in Rummel, ABGB, Rz 1 und 7 ff zu § 1079) - nur aus dem Titel der Beeinträchtigung (Verletzung) des Forderungsrechtes des Klägers durch die Beklagte, also rein schadenersatzrechtlich, gerechtfertigt sein könnte (3 Ob 522/84), wobei dem Berufungsgericht und dem Kläger dahin zu folgen ist, daß die Dinge beim persönlichen Vorkaufsrecht (außer wenn der Vorkaufsverpflichtete den Kauf mit dem Dritten unter die Bedingung der Nichtausübung des Vorkaufsrechtes durch den Vorkaufsberechtigten gestellt hat) ganz wie beim gewöhnlichen Doppelverkauf liegen (Bydlinski aaO 848 Fußnote 38). Bei der Entscheidung des gegenständlichen Rechtsfalles kann daher die neuere Lehre und Rechtsprechung zur Doppelveräußerung herangezogen werden. Danach besteht die schadenersatzrechtliche Herausgabepflicht (Pflicht zur Naturalrestitution im Sinne des § 1323 ABGB) im Bereich der Herrschaft des Eintragungsgrundsatzes (§ 431 ABGB) unter der Voraussetzung, daß das durch den Besitz verstärkte Forderungsrecht des Ersterwerbers für seinen Gegner deutlich erkennbar war, schon dann, wenn der Gegner die obligatorische Position des Ersterwerbers kannte oder bei gehöriger Aufmerksamkeit kennen mußte; sonst ist diese Pflicht erst dann gegeben, wenn der Zweiterwerber den Verkäufer wissentlich zum Vertragsbruch verleitet bzw. eine arglistige Kollusion zwischen Zweiterwerber und Verkäufer vorliegt (siehe außer den bereits vom Berufungsgericht und vom Kläger zitierten Belegstellen - je mit weiteren Nachweisen auf Lehre und Rechtsprechung - noch SZ 56/125 und Aicher in Rummel, ABGB, Rz 13 und 14 zu § 1053; zur schadenersatzrechtlichen Haftung des Drittkäufers gegenüber dem Vorkaufsberechtigten wegen wissentlicher Verleitung des Vorkaufsverpflichteten zum Vertragsbruch ebenso 3 Ob 522/84). Für den gegenständlichen Fall, in dem das Forderungsrecht des Klägers - wie dieser selbst einräumt - nicht durch den Besitz verstärkt war, ergibt sich also, daß die schadenersatzrechtliche Herausgabepflicht der Beklagten eine wissentliche Verleitung der Margit G*** zum Vertragsbruch durch die Beklagte (bzw. eine arglistige Kollusion zwischen Margit G*** und der Beklagten) zur Voraussetzung hätte, die aber nach dem unbestrittenen Sachverhalt fehlt; die Ausnützung des mangelnden Leistungswillens der Margit G*** durch die Beklagte steht der Verleitung zum Vertragsbruch nicht gleich, sie geht vielmehr über die bloße Kenntnis der Beklagten vom Vorkaufsrecht des Klägers nicht hinaus (vgl. Schilcher-Holzer in JBl. 1974, 449 und 513). Im übrigen hat die Beklagte das Vorkaufsrecht des Klägers in dem für ihre schadenersatzrechtliche Haftung allein maßgeblichen Zeitpunkt des Vertragsabschlusses am 26. Juni 1980 (siehe dazu Schilcher-Holzer in JBl. 1974, 515 f; die vom Berufungsgericht zitierten Entscheidungen NZ 1980, 78 und 173 betrafen den für den guten Glauben maßgeblichen Zeitpunkt im Zusammenhang mit dem grundbuchsrechtlichen

Vertrauensgrundsatz: vgl. dazu Schilcher-Holzer in JBl. 1974, 447 Fußnoten 16 und 17) nach den Feststellungen noch nicht gekannt. Es war daher der Revision ein Erfolg zu versagen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.

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