OGH 5Ob45/13y

OGH5Ob45/13y16.7.2013

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden und die Hofrätinnen Dr. Hurch und Dr. Lovrek sowie die Hofräte Dr. Höllwerth und Mag. Wurzer als weitere Richter in der wohnrechtlichen Außerstreitsache des Antragstellers N***** P*****, vertreten durch Mag. Hans Sandrini, Mietervereinigung Österreichs, 1010 Wien, Reichsratsstraße 15, gegen die Antragsgegnerin E***** F*****, vertreten durch Felfernig & Graschitz Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen § 27 MRG iVm § 22 Abs 1 Z 13 WGG, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Antragsgegnerin gegen den Sachbeschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 17. Dezember 2012, GZ 39 R 330/12m‑15, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 37 Abs 3 Z 16 MRG, § 22 Abs 4 WGG iVm § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen (§ 71 Abs 3 AußStrG).

Begründung

Die Antragsgegnerin formuliert keine konkrete erhebliche Rechtsfrage, sondern macht (nur) „unter anderem“ (?) die Revisionsrekursgründe nach § 66 Abs 1 Z 3 (Aktenwidrigkeit) und Z 4 (unrichtige rechtliche Beurteilung) AußStrG geltend. Die Antragsgegnerin vertritt dabei unter beiden bezeichneten Revisionsrekursgründen zusammengefasst den Standpunkt, dass mit dem vom Antragsteller und seiner damaligen Ehegattin bei Nutzungsübernahme des Reihenhauses der Antragsgegnerin vereinbarungsgemäß bezahlten „Kaufpreis“ nicht nur (arg.: „insbesondere“) die Investitionen der Antragsgegnerin in das Objekt, sondern auch alle von dieser „im Laufe ihres Mietverhältnisses geleisteten Annuitätenzahlungen“ abgegolten werden sollten. Insoweit liege keine verbotene Vereinbarung iSd § 27 Abs 1 Z 1 MRG (iVm § 22 Abs 1 Z 13 WGG) vor, weil der Antragsteller (und seine damalige Ehegattin) infolge dieser Annuitätenzahlungen der Antragsgegnerin eine Mietzinsersparnis erhalten hätten, die sich infolge zwischenzeitiger Auflösung des Mietverhältnisses durch den Antragsteller auch bestimmen lasse.

Rechtliche Beurteilung

Damit zeigt die Antragsgegnerin aber keine Rechtsfrage iSd § 62 Abs 1 AußStrG auf:

1. Bei Prüfung der Tatbestandsmerkmale des § 27 Abs 1 Z 1 MRG im Zusammenhang mit Leistungen anlässlich der Übertragung genossenschaftlicher Nutzungsrechte an einer Wohnung und einer dabei vereinbarten Ablöse ist maßgeblich, ob der Leistung des neuen Mieters eine gleichwertige Gegenleistung des scheidenden Mieters gegenüber steht (5 Ob 301/04g MietSlg 57.334; vgl auch RIS‑Justiz RS0069778). Dabei kommt es aber nicht, wie die Antragsgegnerin zu meinen scheint, etwa schlechthin auf die Summe der vom Vormieter bezahlten Annuitäten (5 Ob 169/01s immolex 2002/14 = MietSlg 53.372; 5 Ob 178/02s = MietSlg 54.320; RIS-Justiz RS0070226), sondern darauf an, welcher Wert dem Nachmieter zugekommen ist (5 Ob 165/92 wobl 1994/44 = MietSlg 45.329; 5 Ob 171/00h wobl 2001/127; 5 Ob 301/04g MietSlg 57.334; 5 Ob 171/00h immolex 2000/204 [ Kovanyi ]). Ein solcher objektiv bewertbarer Vorteil kann für den Nachmieter im vorliegenden Kontext etwa in der Möglichkeit eines günstigeren Erwerbs der Wohnung bestehen (5 Ob 165/92 wobl 1994/44 = MietSlg 45.329; 5 Ob 169/01s mwN immolex 2002/14 = MietSlg 53.372), doch behauptet die Antragsgegnerin einen solchen Vorteil des Antragstellers nicht.

2. Die „Ersparnis“ des neuen Mieters in Form eines angeblich geringeren Mietzinses ist nicht pauschal oder durch nachträgliche willkürliche Zuordnung einer erbrachten Zahlung zu berücksichtigen (vgl 5 Ob 171/00h mwN). Echte Mietzinsvorauszahlungen fallen zwar nicht unter die Verbote des § 27 Abs 1 MRG, doch erfordert dies, dass die Einmalzahlung nach dem Inhalt der Vereinbarung einem bestimmten Zeitraum zuzurechnen und bei einer vorherigen Auflösung des Mietverhältnisses der aliquote Teil zurückzuzahlen ist (vgl RIS-Justiz RS0070211; RS0099932; RS0070126; vgl auch 5 Ob 552/88 wobl 1988/79; 5 Ob 44/92 MietSlg XLIV/22; 5 Ob 47/95 SZ 69/97). Eine solche Vereinbarung liegt hier aber nicht vor.

3. Die von WGG-Mietern für die Überlassung des Gebrauchs einer Wohnung vorweg zu leistenden Finanzierungsbeiträge sind zwar aufgrund ihrer rechtlichen Konstruktion (§ 14 Abs 1 iVm § 17 Abs 1 WGG) als Mietzinsvorauszahlungen Bestandteil des geschuldeten Mietzinses (5 Ob 128/98d wobl 1999, 95/45; 5 Ob 178/00p wobl 2001/109; 5 Ob 60/04s SZ 2004/47; 5 Ob 22/08h). Den Finanzierungsbeitrag haben hier aber unstrittig ohnehin der Antragsteller und seine frühere Ehegattin selbst an die GBV bezahlt, weshalb dieser Betrag auch nicht Gegenstand der (zuletzt maßgeblichen) Zahlungsvereinbarung der Parteien war.

4. Die Antragsgegnerin vermag somit hinsichtlich jenes Betrags, zu dessen Rückzahlung sie von den Vorinstanzen verhalten wurde, keinen dem Antragsteller (und seiner früheren Ehegattin) im Sinn der vorstehenden Grundsätze zurechenbaren Vorteil schlüssig zu behaupten. Eine erhebliche Rechtsfrage stellt sich somit nicht; der Revisionsrekurs ist daher unzulässig und zurückzuweisen.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte