European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2018:0050OB00038.18A.0313.000
Spruch:
Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 126 Abs 2 GBG iVm § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen (§ 126 Abs 3 GBG).
Begründung:
Der Antragsteller beantragte – unter anderem – die lastenfreie Abschreibung des Trennstücks 1 laut Teilungsplan vom 28. August 2017 vom Grundstück 438/1 inneliegend EZ ***** und dessen Zuschreibung zum Grundstück .542 derselben KG. Die auf der Teilfläche 1 eingetragenen Rechte und Dienstbarkeiten – darunter die unter C‑LNr 1 einverleibte Dienstbarkeit des Fußsteigs und an Markttagen sowie in anderen Notfällen des Viehtriebs an Hand und Band auf Grundstück 616/1, 616/2, 440, 438/1, 446 und 445 für EZ ***** (Vergl. 1885‑06‑26, Verfachbuch 1885, fol. 1898) – seien von der Ab‑ und Zuschreibung unberührt und verblieben auf der Stammliegenschaft.
Das Erstgericht wies den Antrag mit der Begründung ab, aus der vorgelegten Urkunde sei nicht ersichtlich, ob das Trennstück 1 aus Grundstück 438/1 die Dienstbarkeit C‑LNr 1 in EZ ***** betreffe.
Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Antragstellers nicht Folge, sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 30.000 EUR übersteige und ließ den ordentlichen Revisionsrekurs nicht zu. Eine räumliche Beschränkung der unter C‑LNr 1 einverleibten Dienstbarkeit sei durch die vorgelegten Urkunden nicht nachgewiesen.
Rechtliche Beurteilung
Der außerordentliche Revisionsrekurs des Antragstellers zeigt keine erhebliche Rechtsfrage auf.
1. Eine lastenfreie Abschreibung ohne Zustimmung des Dienstbarkeitsberechtigten ist nach ständiger Rechtsprechung (RIS‑Justiz RS0018222) nur zulässig, wenn feststeht, dass sich die Dienstbarkeit nicht länger auch auf das abzuschreibende Trennstück erstreckt. Das hat der Antragsteller durch für das Grundbuchsverfahren ausreichende Urkunden darzutun. Liegt die Voraussetzung des § 3 Abs 2 LiegTeilG nicht vor, was nach Maßgabe des verwiesenen § 12 Abs 2 GBG zu entscheiden ist, kann die lastenfreie Abschreibung nur mit Zustimmung des Eigentümers des herrschenden Gutes oder im Rechtsweg erwirkt werden. Gegen den Willen des Eigentümers des herrschenden Gutes kann die lastenfreie Abschreibung im Grundbuchsverfahren somit nur erfolgen, wenn die räumliche Beschränkung im Grundbuch eingetragen ist und außerdem durch Urkunden, die den Anforderungen des § 74 Abs 1 GBG entsprechen, eindeutig nachgewiesen wird, dass sich die Dienstbarkeit auf das abzuschreibende Trennstück nicht bezieht (5 Ob 69/03p = NZ 2004, 57 [ Hoyer ]).
2. Das Rekursgericht ist von diesen Grundsätzen nicht abgewichen. Es hat die über Verbesserungsauftrag des Erstgerichts vom Antragsteller vorgelegte, in Kurrentschrift abgefasste Urkunde berücksichtigt, wobei sein bloßer Hinweis auf die Notwendigkeit der einwandfreien Lesbarkeit der Urkunde nach § 27 GBG in die Begründung nicht tragend einfloss. Seine Beurteilung, weder aus dem Grundbuch selbst noch aus dieser Urkunde sei eine konkrete räumliche Beschränkung der Grunddienstbarkeit genau zu erkennen, sodass sie grundbuchsrechtlich nicht wirksam sei (vgl RIS‑Justiz RS0013867) bedarf keiner Korrektur im Einzelfall, zumal das konkrete Ausmaß der Grunddienstbarkeit in räumlicher Hinsicht auch aus dem Verweis auf den Vergl. 1885‑06‑26 bzw das Verfachbuch 1885, fol. 1898 nicht ausreichend zu entnehmen ist. Dass die Reihenfolge der Aufzählung der einzelnen als dienend genannten Grundstücke allein keinen ausreichenden Hinweis auf die räumlichen Grenzen der Grunddienstbarkeit bieten kann, ist jedenfalls vertretbar. Die Behauptung, der Weg verlaufe entlang des Gänsbaches, stellte der Antragsteller erstmals im Rekurs auf, was dem Neuerungsverbot im Grundbuchsverfahren widerspricht (§ 122 Abs 2 GBG) und sich aus den vorgelegten Urkunden nicht zweifelsfrei ergibt. Schon das Rekursgericht verwies zutreffend darauf, dass die Auslegung unklarer Verträge nicht Aufgabe des Grundbuchgerichts ist. Mit rechtsgeschäftlichen Erklärungen zusammenhängende Zweifelsfragen können vom Grundbuchgericht nicht gelöst werden (RIS‑Justiz RS0060573 [T3, T8]).
3. Der Hinweis auf den angeblich gerichtsbekannten Umstand, dass der Schießstand seit Jahrzehnten nicht mehr bestehe, weshalb die Dienstbarkeit erloschen sei, geht ins Leere. Der in § 269 ZPO niedergelegte Grundsatz, bei Gericht offenkundige Tatsachen bedürften keines Beweises, ist im Grundbuchverfahren nicht oder nur in sehr eingeschränktem Umfang anzuwenden. Der Grundbuchsrichter hat bei seiner Entscheidung grundsätzlich nur die vorgelegten Urkunden, das Grundbuch und die sonstigen Grundbuchsbehelfe, nicht aber andere Amtsakten oder sein Amtswissen heranzuziehen. Generell zu berücksichtigen sind offenkundige Tatsachen demnach nur, soweit sie zu Bedenken iSd § 94 Abs 1 Z 2 GBG Anlass geben oder zu einer Berichtigung des Grundbuchs führen können; als offenkundig kann nur gelten, was sich unmittelbar aus dem Gesetz oder aus dem Nachweis gewisser Tatsachen in Verbindung mit dem Gesetz ergibt (RIS‑Justiz RS0040040). Dass dies bei der – im Übrigen ebenso erstmals im Rekurs aufgestellten – Behauptung, der Schießstand existiere nicht mehr und die Dienstbarkeit sei daher nutzlos, nicht der Fall ist, ist jedenfalls vertretbar.
4. Der Hinweis auf die Entscheidung 5 Ob 77/09y (= NZ 2010/29) vermag daran nichts zu ändern. Auch dort verlangte der Fachsenat im Fall der lastenfreien Abschreibung den urkundlichen Nachweis, dass die zu übertragenden Teile des öffentlichen Wasserguts so beschaffen seien, dass daran keine Fischereirechte mehr bestehen könnten.
Auch die Entscheidung 5 Ob 1/10y (= NZ 2011/57) steht mit der rekursgerichtlichen Beurteilung nicht im Widerspruch, weil sie ein Berichtigungsverfahren iSd § 136 Abs 1 GBG betraf und aus dem dort maßgeblichen Servitutsbestellungsvertrag klar hervorging, dass die Dienstbarkeit nur hinsichtlich eines konkret erwähnten Teils der herrschenden Liegenschaft begründet worden war.
Einen ebenso nicht vergleichbaren Fall einer Grundbuchsberichtigung nach § 136 GBG betraf 5 Ob 78/07t.
5. Mangels erheblicher Rechtsfrage war der Revisionsrekurs somit zurückzuweisen, ohne dass dieser Beschluss einer weiteren Begründung bedürfte (§ 71 Abs 3 AußStrG).
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