European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0050OB00038.16Y.0614.000
Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Die Kosten des Revisionsrekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Begründung:
Der Antragsteller ist seit 1. 1. 2003 Mieter eines Geschäftslokals in Wien, das an eine im Haus bestehende Wärmeversorgungsanlage (iSd § 2 Z 2 HeizKG) angeschlossen ist. Das Haus steht seit 2. 6. 2009 im Alleineigentum des Antragsgegners.
Am 20. 12. 2013 brachte der Antragsteller bei der Schlichtungsstelle einen Antrag ein, mit dem er vom Antragsgegner die Legung der Heizkostenabrechnungen für die Jahre 2003 bis 2012 begehrte. In diesem Verfahren (in der Folge: erstes Schlichtungsstellenverfahren) brachte der Antragsgegner vor, dass erst seit April 2010 vier Nutzungsobjekte durch die gemeinsame Wärmeversorgungsanlage mit Wärme versorgt würden und das HeizKG daher für den davor liegenden Zeitraum nicht anzuwenden sei. Die Schlichtungsstelle ging offenbar von der Richtigkeit dieser Behauptung aus und forderte den Antragsteller auf, (nur noch) die Abrechnungen für den Zeitraum 7. 4. 2010 bis 31. 12. 2012 vorzulegen, ohne jedoch über den Antrag des Antragstellers, soweit er den Zeitraum Jänner 2003 bis 6. 4. 2010 betraf, abzusprechen. Im weiteren Verfahren legte der Antragsgegner Abrechnungen für die Perioden 2010/2011, 2011/2012 und 2012/2013 vor. Die Schlichtungsstelle übermittelte diese Abrechnungen dem Antragsteller mit dem Hinweis, dass damit seinem Antrag durch Legung von den Erfordernissen des § 18 HeizKG entsprechenden Abrechnungen samt Belegeinsicht vollinhaltlich entsprochen worden sei und sie seinen Antrag daher gemäß § 39 Abs 3 MRG als geschlichtet betrachte, so er nicht binnen zwei Wochen eine Entscheidung der Schlichtungsstelle begehre. Der Antragsteller äußerte sich daraufhin nicht. Mit E‑Mail vom 8. April 2014 teilte die Schlichtungsstelle dem Antragsgegner mit, dass das Verfahren gemäß § 39 Abs 3 HeizKG (gemeint MRG) als geschlichtet gelte und von der Behörde keine weiteren Veranlassungen getroffen würden. Das Verfahren wurde von der Schlichtungsstelle auch tatsächlich nicht mehr fortgeführt.
Am 13. 10. 2014 brachte der Antragsteller einen Antrag bei der Schlichtungsstelle ein, in dem er vom Antragsgegner (neuerlich) die Legung der Heizkostenabrechnungen für den Zeitraum 1. 1. 2003 bis 6. 4. 2010 begehrte. Die vom Antragsgegner im ersten Schlichtungsstellenverfahren aufgestellte Behauptung, dass erst seit 2010 vier Nutzungsobjekte durch die gemeinsame Wärmeversorgungsanlage mit Wärme versorgt würden, sei durch eine der Polizei übermittelte Sachverhaltsdarstellung vom 2. 9. 2014 widerlegt. Über diesen Antrag leitete die Schlichtungsstelle ein neues Verfahren ein (in der Folge: zweites Schlichtungsstellenverfahren). In diesem trug sie dem Antragsgegner mit ihrer Entscheidung gemäß § 39 MRG vom 27. 11. 2014 auf, für den Zeitraum Jänner 2003 bis 6. 4. 2010 Heizkostenabrechnungen zu legen. In der Begründung führte die Schlichtungsstelle dazu unter anderem aus, dass das erste Schlichtungsverfahren „im Hinblick auf die Perioden 7. 4. 2010 bis 6. 4. 2011, vom 7. 4. 2011 bis 29. 3. 2012 und vom 30. 3. 2012 bis 30. 4. 2013“ iSd § 39 Abs 3 MRG geschlichtet sei. Dem Antrag auf Legung dem HeizKG entsprechender Wärmekostenabrechnungen für diese Perioden sei bereits in diesem Verfahren entsprochen worden, weshalb nur der vom Antragsteller explizit angeführte Zeitraum von 2003 bis 6. 4. 2010 verfahrensgegenständlich sei.
Das vom Antragsgegner im Hinblick auf diese Entscheidung der Schlichtungsstelle nach § 40 Abs 1 MRG iVm § 25 Abs 2 HeizKG angerufene Erstgericht wies den Antrag auf Legung von Abrechnungen nach dem Heizkostengesetz für den Zeitraum 1. 1. 2003 bis 6. 4. 2010 ab. Die Schlichtungsstelle habe dem Antragsteller im ersten Schlichtungsstellenverfahren mitgeteilt, dass, so er keine Entscheidung begehre, von einer Schlichtung des Verfahrens auszugehen sei und die Behörde keine weiteren Veranlassungen treffe. Wenn der Antragsteller dies zur Kenntnis nehme und innerhalb der eingeräumten Frist keine Entscheidung durch die Schlichtungsstelle begehre und das Verfahren auch nicht zu Gericht abziehe, erfasse die verfahrensbeendende Schlichtung das gesamte Verfahren, also auch die Jahre 2003 bis 2010. Dies stehe einer neuen Antragstellung entgegen.
Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Antragstellers Folge. Es hob den angefochtenen Sachbeschluss auf und trug dem Erstgericht eine Sachentscheidung nach Durchführung des gesetzmäßigen Verfahrens auf. Der Antrag im ersten Schlichtungsstellenverfahren sei mangels Antragsrückziehung nach wie vor aufrecht. Dass die Schlichtungsstelle das Verfahren als „geschlichtet“ betrachte und daher keine weiteren Schritte setze, stelle keine nach dem AVG oder den im Schlichtungsstellenverfahren anwendbaren Bestimmungen des AußStrG vorgesehene – und daher zulässige – Art der Verfahrensbeendigung dar. Darüber hinaus seien die Ausführungen der Schlichtungsstelle, dass das Verfahren als „geschlichtet“ betrachtet werde, ausschließlich auf den von ihr zuletzt noch geprüften Zeitraum zu beziehen, sodass das Verfahren über den Antragszeitraum Jänner 2003 bis 6. 4. 2010 von dieser „Schlichtung“ von vornherein nicht erfasst sei. Der verfahrenseinleitende Schriftsatz im zweiten Schlichtungsstellenverfahren könne nicht in einen Antrag auf Fortsetzung des ersten Verfahrens umgedeutet werden. Die Schlichtungsstelle habe den Antrag zudem als neuen Antrag behandelt und darüber ein eigenes Verfahren geführt. Unabhängig davon, dass diese Vorgangsweise nach dem AVG ohnedies zulässig sei, dürfe dies im gerichtlichen Verfahren nicht korrigiert werden. Der Schlichtungsstelle seien daher zwei gleichlautende Anträge mit übereinstimmenden anspruchsbegründenden Tatsachenbehauptungen vorgelegen, sodass sie im Ergebnis über dieselbe „Sache“ iSd § 39 MRG zwei separate Verfahren geführt habe. Angesichts dessen bedürfe es einer Auseinandersetzung mit der Frage, ob und inwieweit einer gerichtlichen Entscheidung über den im zweiten Schlichtungsstellenverfahren gestellten Antrag das Prozesshindernis der Streitanhängigkeit entgegenstehe. In der Entscheidung 5 Ob 122/02f habe der Oberste Gerichtshof zwar die Rechtsansicht vertreten, dass die in § 40 MRG normierte sukzessive Zuständigkeit in Mietrechtsangelegenheiten außer Streitsachen ein spezifisches Prozesshindernis der Streitanhängigkeit bewirke, sodass das Rekursgericht in dem dort judizierten Fall die bekämpften Entscheidungen des Erstgerichtes sowie das diesen vorangegangene Verfahren zu Recht als nichtig aufgehoben und den verfahrenseinleitenden Antrag zurückgewiesen habe. Der hier zu entscheidende Fall sei aber nicht gänzlich gleich gelagert. Zu 5 Ob 122/02f seien offenbar über denselben Antrag zwei verschiedene Schlichtungsstellenverfahren geführt worden, von denen eines bei der Schlichtungsstelle anhängig verblieben sei, während das andere ohne Entscheidung der Schlichtungsstelle nach § 40 Abs 2 MRG zu Gericht abzogen worden sei. Im Gegensatz dazu sei hier die Anrufung des Gerichts nach § 40 Abs 1 MRG erfolgt; im zweiten Schlichtungsstellenverfahren liege also bereits eine Entscheidung der Schlichtungsstelle vor, mit der sich der Antragsgegner nicht zufrieden gebe. Würde man diesen Fall nun mit dem Fall einer Abziehung nach § 40 Abs 2 MRG gleichsetzen und eine Abziehung des Verfahrens zu Gericht wegen der Anhängigkeit eines Schlichtungsstellenverfahrens über denselben Antrag als unzulässig erachten, so wäre im Ergebnis jener Partei, die durch die Sachentscheidung in einem von zwei parallel über den gleichen Antrag geführten Schlichtungsstellenverfahren beschwert sei, immer dann, wenn eine gleichzeitige Abziehung des parallel anhängigen Schlichtungsstellenverfahrens noch nicht möglich sei, jeglicher Rechtsbehelf gegen diese Entscheidung verwehrt. Die durch die Schlichtungsstellenentscheidung belastete Partei könnte nicht verhindern, dass diese Entscheidung rechtskräftig werde. Es stünde demnach im Belieben jedes Antragstellers, die Anrufung des Gerichts gegen eine seinem Antrag stattgebende Entscheidung der Schlichtungsstelle dadurch zu verhindern, dass er vor Ablauf der Frist des § 40 Abs 1 MRG einen zweiten gleichlautenden Antrag bei der Schlichtungsstelle einbringe. Die im Verfahren 5 Ob 122/02f gemachten Ausführungen könnten daher nur für Fälle gelten, in denen noch in keinem der beiden parallel geführten Schlichtungsstellenverfahren eine Entscheidung vorliege. Habe die Schlichtungsstelle hingegen eine Entscheidung getroffen, so müsse es der durch diese Entscheidung beschwerten Partei, wolle man ihr nicht den Rechtsschutz gänzlich verweigern, möglich sein, diese Entscheidung zu bekämpfen. Die Möglichkeit, gegen eine Entscheidung der Schlichtungsstelle das Gericht nach § 40 Abs 1 MRG anzurufen, müsse also auch dann bestehen, wenn vor der Schlichtungsstelle noch ein weiteres Verfahren über einen identen Antrag anhängig sei. Das Gericht, das gemäß § 40 Abs 1 MRG angerufen werde, sei ab diesem Zeitpunkt für die Entscheidung über die Sache zuständig, und zwar unabhängig davon, ob noch von der Schlichtungsstelle unerledigte Sachanträge identen Inhalts in einem nicht entschiedenen Schlichtungsstellenverfahren aufrecht geblieben seien. Das Prozesshindernis der Streitanhängigkeit stehe im Falle einer Abziehung nach § 40 Abs 1 MRG einer Sachentscheidung durch das Gericht nicht entgegen, sondern es dürfe vielmehr die Schlichtungsstelle das noch unerledigte Verfahren nicht mehr fortführen und in diesem Verfahren keine Entscheidung mehr treffen. Das durch die sukzessive Kompetenz bestehende Prozesshindernis der Streitanhängigkeit bewirke nicht nur, dass die Anrufung der Schlichtungsstelle nicht mehr in Betracht komme, sondern es verhindere auch die Fortführung eines noch unerledigten Schlichtungsstellenverfahrens. Da das Erstgericht ausgehend von der von ihm vertretenen Rechtsansicht zu Unrecht keine Sachentscheidung getroffen habe, sei dessen Beschluss aufzuheben gewesen.
Das Rekursgericht sprach aus, dass der Revisionsrekurs zulässig sei, weil es von der zitierten höchstgerichtlichen Entscheidung insofern abgewichen sei, als es deren Maßgeblichkeit für Fälle der Abziehung nach § 40 Abs 1 MRG verneint habe.
Gegen diese Entscheidung des Rekursgerichts richtet sich der Revisionsrekurs des Antragsgegners aus den Revisionsrekursgründen der Nichtigkeit iSd § 66 Abs 1 Z 1 AußStrG, unrichtiger rechtlicher Beurteilung und Mangelhaftigkeit des Rekursverfahrens. Er beantragt, den angefochtenen Beschluss abzuändern und den Beschluss des Erstgerichts wiederherzustellen.
Der Antragsteller beantragte in seiner Beantwortung des Revisionsrekurses, diesen zurückzuweisen, in eventu ihm nicht Folge zu geben.
Der Revisionsrekurs ist zulässig; er ist aber nicht berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
1.1 In den im § 25 Abs 1 HeizKG genannten Angelegenheiten entscheidet das Gericht im Verfahren außer Streitsachen. § 37 Abs 3 und 4 und die §§ 39, 40 und 41 MRG sind sinngemäß anzuwenden.
1.2 § 39 Abs 1 MRG normiert eine Verfahrensvoraussetzung: Verfügt eine Gemeinde über eine Schlichtungsstelle, so kann ein Verfahren nach § 37 Abs 1 MRG bei Gericht hinsichtlich der in der Gemeinde gelegenen Mietgegenstände nur eingeleitet werden, wenn die Sache vorher bei der Gemeinde anhängig gemacht worden ist.Die Vorschaltung der Schlichtungsstellen vor Befassung der Gerichte stellt eine zwingende Verfahrensvoraussetzung dar. Fehlt es an dieser Voraussetzung, liegt Unzulässigkeit des (außerstreitigen) Rechtswegs vor (RIS‑Justiz RS0070782, RS0006307 [T1, T8], RS0116912 [T1]).
1.3 Die Gemeinde hat nach Vornahme der erforderlichen Ermittlungen, wenn der Versuch einer gütlichen Beilegung des Streits erfolglos geblieben ist, über den Antrag nach § 37 Abs 1 MRG zu entscheiden (§ 39 Abs 3 MRG). Die Partei, die sich mit der Entscheidung der Gemeinde nicht zufriedengibt, kann die Sache innerhalb von vier Wochen ab Zustellung der Entscheidung bei Gericht anhängig machen. Durch die Anrufung des Gerichts tritt die Entscheidung der Gemeinde außer Kraft (§ 40 Abs 1 MRG). Das Gericht kann ferner von jeder Partei angerufen werden, wenn das Verfahren vor der Gemeinde nicht binnen drei Monaten zum Abschluss gelangt ist. Sobald ein solches Begehren bei Gericht eingebracht wurde, hat die Gemeinde das Verfahren einzustellen (§ 40 Abs 2 MRG).
2.1 Das Rekursgericht geht davon aus, dass die Schlichtungsstelle aufgrund zweier gleichlautender Anträge mit übereinstimmenden anspruchsbegründenden Tatsachenbehauptungen über dieselbe „Sache“ iSd § 39 MRG zwei separate Verfahren geführt habe und der Antrag im ersten Schlichtungsstellenverfahren mangels Antragsrückziehung oder einer sonstigen rechtswirksamen Verfahrensbeendigung nach wie vor aufrecht sei. Angesichts dessen bedürfe es einer Auseinandersetzung mit der Frage, ob und inwieweit einer gerichtlichen Entscheidung über den im zweiten Schlichtungsstellenverfahren gestellten Antrag das Prozesshindernis der Streitanhängigkeit entgegenstehe.
2.2 Die vom Revisionswerber behauptete rechtskräftige Beendigung des ersten Schlichtungsstellenverfahrens hat bereits das Rekursgericht mit zutreffender Begründung verneint, sodass der Hinweis auf die Richtigkeit dieser Beurteilung genügt (§ 71 Abs 3 AußStrG).
2.3 Der Begriff der Streitanhängigkeit ist dem Außerstreitverfahren fremd (RIS‑Justiz RS0125903). Vielmehr normiert § 12 Abs 2 AußStrG für die der Streitanhängigkeit entsprechende Verfahrenskonstellation eine spezifische Art des Umgangs. Dieser sieht – im Gegensatz zum Zivilprozess – kein Prozesshindernis, sondern die „Vereinigung“ aller Anträge vor (RIS‑Justiz RS0116910 [T1]). Im Außerstreitverfahren führt die Anhängigkeit desselben Verfahrensgegenstands bei mehreren Gerichten also nicht zur Zurückweisung des zweiten Antrags. Vielmehr hat, wenn dieselbe Sache bei mehreren Gerichten anhängig und jedes der Gerichte grundsätzlich auch zuständig (sowohl sachlich als auch örtlich) ist, das später befasste Gericht den Antrag nach § 44 JN an das Gericht, bei dem sie zuerst anhängig geworden ist, zu überweisen (Kodek in Gitschthaler/Höllwerth, AußStrG § 12 Rz 10). Nach § 12 Abs 2 AußStrG entscheidet bei mehreren Anträgen also das Zuvorkommen (RIS‑Justiz RS0125903) und die Einheitlichkeit des Verfahrens ist unter Beachtung der Überweisungsvorschrift des § 12 Abs 2 AußStrG durch die Verbindung der Verfahren zu bewirken (RIS‑Justiz RS0116910 [T2], RS0125903 [T2]).
3.1 Identität des Entscheidungsgegenstands iSd § 12 Abs 2 AußStrG liegt vor, wenn der mit dem neuen Antrag geltend gemachte Anspruch sowohl hinsichtlich des Begehrens als auch des rechtserzeugenden Sachverhalts, also des Anspruchsgrundes, ident mit jenem des anderen Verfahrens ist (5 Ob 50/13h; Kodek in Gitschthaler/Höllwerth, AußStrG § 12 Rz 13).Die beiden hier von der Schlichtungsstelle gesondert geführten Verfahren haben denselben Gegenstand, zumal der Antragsteller in beiden Verfahren die Legung der Abrechnungen nach dem HeizKG für den Zeitraum vom 1. 1. 2003 bis 6. 4. 2010 begehrte. Wäre für beide vom Antragsteller bei der Schlichtungsstelle eingebrachten Sachanträge infolge Anrufung nach § 40 MRG die Zuständigkeit des Gerichts gegeben, wären die Verfahren daher nach § 12 Abs 2 AußStrG zu verbinden.
3.2 Die Verbindung nach § 12 Abs 2 AußStrG dient zwar dazu, parallele Verfahren und damit widersprechende Entscheidungen zu verhindern; eine rechtsweg‑ oder grenzüberschreitende Verbindung von Verfahren wird damit aber nicht ermöglicht (RIS‑Justiz RS0126868).Der erkennende Senat hat daher in der – vom Rekursgericht dargestellten und zur Rechts‑lage vor der Neuregelung des Außerstreitver‑fahrens durch das Außerstreitgesetz 2003 (BGBl I Nr 111/2003) ergangenen – Entscheidung 5 Ob 122/02f im Fall der sukzessiven Zuständigkeit in Mietrechtsangelegenheiten außer Streitsachen ein spezifisches Prozesshindernis der Streitanhängigkeit bejaht, um eine parallele Verfahrensführung über idente Ansprüche zu verhindern. Im Fall der sukzessiven Zuständigkeit gebiete die Identität der „Sache“ ein Verständnis des Begriffs der Streitanhängigkeit, das es unmöglich mache, das Gericht zur Entscheidung in einer Rechtssache nach § 37 Abs 1 MRG anzurufen, solange über denselben Sachantrag ein Verfahren vor der Schlichtungsstelle anhängig sei. Anders könne auch der Zielsetzung des § 40 Abs 1 und 2 MRG nicht entsprochen werden, womit ganz deutlich eine Verfahrenseinstellung oder ein Außerkrafttreten der Entscheidung der Schlichtungsstelle für den Fall der Anrufung des Gerichts vorgesehen sei, also jedenfalls verhindert werden solle, dass ein und dasselbe Verfahren vor Gericht und Behörde anhängig ist (vgl auch RIS‑Justiz RS0116912).
3.3 Im Fall der Anrufung des Gerichts in nur einem von zwei von der Schlichtungsstelle gesondert geführten Verfahren stellt sich die Frage des Prozesshindernisses der Streitanhängigkeit allerdings nur dann, wenn infolge dieser Anrufung die Zuständigkeit des Gerichts nach § 40 MRG nicht ohnedies für beide vom Antragsteller bei der Schlichtungsstelle formal gesondert eingebrachten Sachanträge gegeben ist. § 40 Abs 1 MRG stellt nämlich nicht auf den Antrag, sondern auf die „Sache“ ab. Demnach kann „die Sache“ innerhalb von vier Wochen ab Zustellung der Entscheidung der Schlichtungsstelle bei Gericht anhängig gemacht werden, wenn sich eine Partei mit dieser Entscheidung nicht zufrieden gibt. § 40 Abs 2 MRG ermöglicht die Anrufung des Gerichts, wenn das Verfahren vor der Schlichtungsstelle nicht binnen drei Monaten zum Abschluss gelangt ist und meint damit das Verfahren über die „Sache“ (5 Ob 73/11p). Dementsprechend muss gemäß § 39 Abs 1 MRG auch nur die „Sache“ vorher bei der Schlichtungsstelle anhängig gemacht werden und nicht jeder einzelne der „Sache“ zuzuordnende Antrag (5 Ob 103/14d, 5 Ob 144/02s). Die „Sache“ im Sinne des § 39 Abs 1 MRG ist zwar grundsätzlich durch den das Verfahren vor der Schlichtungsstelle einleitenden Sachantrag definiert (5 Ob 62/06p, vgl auch RIS‑Justiz RS0070055), umfasst aber auch mehrere ins außerstreitige Verfahren verwiesene Begehren, wenn ein innerer Zusammenhang besteht. Ein solcher Zusammenhang mehrerer Begehren liegt vor, wenn sie der Gesetzgeber gemeinsam in eines der Verfahren nach § 37 Abs 1 MRG verweist oder die Verbindung verschiedener Verfahren anordnet (RIS‑Justiz RS0116942). Für Anträge mit demselben Verfahrensgegenstand sieht nun § 12 Abs 2 AußStrG 2003 eine solche Verbindung generell vor, um die Einheitlichkeit des Verfahrens zu bewirken.
3.4 Vor diesem Hintergrund ist auch die durch die Anrufung nach § 40 Abs 1 oder Abs 2 MRG begründete Zuständigkeit des Gerichts für die „Sache“ umfassend zu verstehen und nicht auf einzelne der „Sache“ zuzuordnende Anträge zu beschränken. Nur bei ihrem Wesen nach voneinander unabhängigen Anträgen kommt eine Teilabziehung in Betracht (RIS‑Justiz RS0111174). Der Umfang der gerichtlichen Zuständigkeit richtet sich demnach nach der „Sache“ im Sinne der Judikatur zu den §§ 39 und 40 MRG (vgl 5 Ob 103/14d für den Umfang der [unmittelbaren] gerichtlichen Zuständigkeit nach § 37 Abs 3 Z 20 MRG). Der Umstand, dass im vorgeschalteten Verwaltungsverfahren bei der Schlichtungsstelle für die beiden vom Antragsteller formal gesondert eingebrachten Sachanträge auch formal gesonderte Verfahren geführt wurden, schlägt in diesem Sinne nicht durch (vgl 5 Ob 87/08t). Die Schlichtungsstelle hat in der Begründung ihrer Entscheidung im Übrigen auch klar zum Ausdruck gebracht, mit dieser nicht eines der zwei anhängigen Verfahren zu beenden, sondern in der Sache abschließend zu entscheiden.
4.1 Im Ergebnis ist daher dem Rekursgericht darin zuzustimmen, dass die Anrufung nach § 40 MRG die Zuständigkeit des Gerichts für die „Sache“ iSd §§ 39 und 40 MRG und alle dieser zuzuordnenden Anträge bewirkt und die Schlichtungsstelle in dieser Sache kein Verfahren mehr (fort‑)führen und keine Entscheidung mehr treffen kann. Dem Revisionsrekurs kommt somit keine Berechtigung zu.
4.2 Der Kostenvorbehalt beruht auf § 37 Abs 3 Z 17 MRG iVm § 25 Abs 2 HeizKG. Erst mit der endgültigen Sachentscheidung können die gebotenen Billigkeitserwägungen angestellt werden (RIS‑Justiz RS0123011 [T1]).
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