Spruch:
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Text
Begründung
Die Antragstellerin ist Mit- und Wohnungseigentümerin der Wohnanlage *****, die von der Antragsgegnerin verwaltet wird.
Im Dezember 1997 legte die Antragsgegnerin eine Vorausschau für das Jahr 1998 folgenden Inhalts:
Sehr geehrte Wohnungseigentümer!
Gemäß § 17 WEG 1975 geben wir die im Jahr 1998 für ihre Wohnhausanlage veranschlagten bzw. voraussichtlich auflaufenden Kosten wie folgt bekannt:
1997 1998
ATS ATS
1.) Betriebskosten mtl. aconto netto 175.000,-- 173.000,--
davon Verwaltungshonorar netto 19.267,-- 19.917,--
2.) Heizkosten mtl. aconto netto 52.000,-- 56.000,--
3.) Instandhaltung und Verbesserung
A.) Rücklage: Monatl. Dotierung 120.000,-- 120.000,--
Stand per 31. 12. 1997 ca. 2,434.000,--.
Nachstehende Arbeiten sind notwendig bzw werden voraussichtlich durchzuführen sein:
1. Blechdachinstandsetzung/Haus 280.000,--
mit freundlichen Grüßen
Vorausgegangen ist dieser Vorausschau eine ordnungsgemäße Abrechnung der Liegenschaftsaufwendungen für das Jahr 1996; auch für 1997 wurde ordnungsgemäß Rechnung gelegt.
Die Antragstellerin hält die Vorausschau für mangelhaft, weil "insbesondere die Detaillierung der geschätzten Betriebskosten fehlt", und hat deshalb am 12. 3. 1998 im außerstreitigen Verfahren nach § 26 Abs 1 Z 5 WEG den Antrag gestellt, der Antragsgegnerin aufzutragen, eine Vorausschau für das Kalenderjahr 1998 iSd § 17 Abs 1 Z 2 WEG zu erstellen und dem Gesetz entsprechend aufzulegen. Die Antragsgegnerin meint jedoch, bereits eine ausreichend klare und detaillierte Vorausschau gelegt zu haben, und hat deshalb die Abweisung des Sachantrages verlangt. Ungeachtet dessen legte sie im Zuge des Verfahrens eine Urkunde vor, die die voraussichtlichen Betriebskosten für das Jahr 1998 noch in die Positionen Grundbesitzabgaben, verbrauchsabhängige Aufwendungen, Hausbetreuung, Versicherung, Lift, Reparaturen, sonstige Aufwendungen und Einnahmen aufschlüsselt. Die Ansätze folgen im Großen und Ganzen den für die Jahre 1996 und 1997 abgerechneten Liegenschaftsaufwendungen.
Das Erstgericht wies den Sachantrag ab. Es vertrat im Wesentlichen den Standpunkt, dass mit der gelegten Vorausschau dem Informationsbedürfnis der Mit- und Wohnungseigentümer ausreichend entsprochen worden sei. Die bloß pauschale Schätzung der erwarteten Betriebskosten sei angesichts der Fortschreibung des detailliert abgerechneten Aufwandes des Vorjahres nicht zu beanstanden.
Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung aus folgenden Erwägungen:
Die nach § 17 Abs 1 Z 2 WEG zu legende Vorausschau verfolge den Zweck, den Wohnungseigentümern aufzuzeigen, mit welchen Aufwendungen (und Erträgnissen) sie zu rechnen haben, und bietet ihnen damit eine Entscheidungshilfe bei der Beschlussfassung und ihren finanziellen Dispositionen. Soll die Vorausschau diese Funktion erfüllen, so ergebe sich zwangsläufig, dass sie in ihrer inhaltlichen Gliederung jene Ausgaben zu enthalten hat, mit welchen im nächsten Jahr voraussichtlich zu rechnen sein wird, wobei diese nach ihrer Art mit den auf sie schätzungsweise entfallenden Beträge anzugeben sind und weiters darzulegen ist, auf welche Weise die aller Voraussicht nach anfallenden Ausgaben abzudecken sein werden. Der Verwalter werde sich dabei wohl an der Gliederung der letzten Jahresabrechnung orientieren können. Die in der Vorausschau aufzunehmenden Rechnungsposten seien in § 17 Abs 1 Z 2 WEG nur demonstrativ aufgezählt (MietSlg 46/7 mwN).
Als Mindestinhalt der Vorausschau seien die Bewirtschaftungskosten anzugeben. Eine über die gelegte Vorausschau hinausgehende Aufschlüsselung der Bewirtschaftungskosten sei dann nicht notwendig, wenn sie wie im gegenständlichen Fall keine ins Gewicht fallenden Abweichungen von der Vorausschau und Abrechnung der Vorperioden aufweist. Nur bei einer Änderung der zu erwartenden Kosten sei in der Vorausschau konkret anzugeben, aus welchen Gründen sich die Änderung ergibt. Im Übrigen erfülle die während des Verfahrens gelegte Beilage zur Vorausschau jedenfalls die Kriterien des § 17 Abs 1 Z 2 WEG im Hinblick auf die Bewirtschaftungskosten, weil darin die wesentlichen Ausgabenpositionen dargestellt seien. Es schade dabei nicht, wenn kleinere Ausgabenpositionen unter der Rubrik sonstige Aufwendungen zusammengefasst werden. Da es sich bei der Vorausschau nur um geschätzte Beträge handelt, sei eine Detaillierung der einzelnen Positionen, wie sie bei einer ordnungsgemäßen Abrechnung notwendig ist, nicht erforderlich, weil sie keine wesentliche Entscheidungshilfe bei der Beschlussfassung und den finanziellen Dispositionen der Wohnungseigentümer biete. Dies gelte jedenfalls dann, wenn die geschätzten Beträge nicht wesentlich von den Ausgaben der Vorperioden abweichen.
Soweit die Antragstellerin rüge, dass die Vorausschau im Punkt Blechdachinstandsetzung nicht wie erforderlich die gesamte Liegenschaft umfasse, sei ihr zu erwidern, dass sich die richterliche Kontrolltätigkeit auf die vom Antragsteller geltend gemachten Mängel beschränke, sofern überhaupt eine Vorausschau erstattet wurde (vgl 5 Ob 108/93). Die Antragstellerin habe in erster Instanz nur bemängelt, dass die Betriebskosten nicht detailliert aufgeschlüsselt seien. Wenn sie jetzt die Position Blechdachinstandsetzung bemängle, verstoße sie gegen das Neuerungsverbot, weshalb darauf nicht inhaltlich einzugehen sei.
Diese Entscheidung enthält den Ausspruch, dass der Revisionsrekurs gemäß § 528 Abs 1 ZPO iVm § 37 Abs 3 Z 18 MRG zulässig sei, weil es - soweit überblickbar - keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Frage gebe, wie detailliert die in die Vorausschau aufzunehmenden Bewirtschaftungskosten anzugeben sind.
In ihrem Revisionsrekurs widerspricht die Antragstellerin der Rechtsmeinung der Vorinstanzen, dass sich eine Detaillierung der vorausschauend geschätzten Liegenschaftsaufwendungen erübrige, wenn sie nicht wesentlich von den Ausgaben der vergangenen Jahre abweichen. Auch unwesentliche Veränderungen der geschätzten Summe könnten nämlich wesentliche Veränderungen innerhalb der Struktur der Bewirtschaftungskosten verdecken, wenn man etwa an einmalige, aber kostenintensive Aufwendungen für "Entrümpelung" oder "Schabenbekämpfung" denke. Die sich beim Wegfall derartiger Positionen ergebende Differenz könnte ein Hausverwalter zB durch zusätzlich abgeschlossene Versicherungsverträge, Wartungsverträge für Gemeinschaftsanlagen, durch verdeckte Erhöhungen des Verwalterhonorars oder durch Steuerberatungskosten "ausgleichen". Damit würden den Wohnungseigentümern wertvolle Informationen vorenthalten. Was die für die Blechdachsanierung angesetzten Kosten betreffe, sei der Vorwurf einer Verletzung des Neuerungsverbots nicht aufrecht zu erhalten, weil diesbezügliche Mängel der Vorausschau in der mündlichen Verhandlung am 12. 8. 1998 geltend gemacht worden seien. Die schlichte Angabe "Blechdachsanierung/Haus S 280.000,--" reiche nicht aus, um die Mit- und Wohnungseigentümer davon in Kenntnis zu setzen, dass die Dächer mehrerer Häuser instand gesetzt werden sollen. Dieser Informationsmangel werde dadurch noch deutlicher, dass die Antragsgegnerin in ihrer Rekursbeantwortung die Reparatur von sechs Dächern in Aussicht stellte, obwohl sieben Häuser vorhanden seien. Ebenso unklar habe der Geschäftsführer der Antragsgegnerin vor Gericht argumentiert, wenn er aussagte, er habe 6 Häuser und man komme ungefähr auf die Ziffern der für die Dachsanierung gelegten Angebote (Kostenvoranschläge), wenn man den in der Vorausschau angegebenen Betrag von S 280.000,-- mit 6 multipliziere.
Der Revisionsrekursantrag geht dahin, die zweitinstanzliche Entscheidung entweder so abzuändern, dass der Antragsgegnerin schuldig erkannt wird, eine dem § 17 Abs 1 Z 2 WEG entsprechende Vorausschau für das Kalenderjahr 1998 zu legen, oder aber sie aufzuheben und die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung (an das Rekursgericht) zurückzuverweisen.
Von der Antragstellerin liegt dazu eine fristgerecht erstattete Revisionsrekursbeantwortung mit dem Antrag vor, die angefochtene Entscheidung zu bestätigen.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs erweist sich als unzulässig.
Mit dem gegenständlichen Rechtsmittelbegehren will die Antragstellerin gemäß § 26 Abs 1 Z 5 WEG die Antragsgegnerin dazu zwingen, eine ordnungsgemäße Vorausschau für das Jahr 1998 zu erstellen. Anspruchsgrundlage ihres Antrags ist die Bestimmung des § 17 Abs 1 Z 2 WEG, die den Wohnungseigentumsverwalter dazu verpflichtet, spätestens vor Ablauf des laufenden Kalenderjahres (einer Abrechnungsperiode) im Haus eine Vorausschau aufzulegen, in der für das folgende Kalenderjahr (die folgende Abrechnungsperiode) in Aussicht genommene Erhaltungs- und Verbesserungsarbeiten, die erforderlichen Beiträge zur Rücklage und die sonst vorhersehbaren Aufwendungen, vor allem die Bewirtschaftungskosten bekanntzugeben sind. Der Zweck einer solchen Vorausschau liegt darin, die Mit- und Wohnungseigentümer über den voraussichtlichen Ablauf der Verwaltung im Folgejahr zu informieren. Sie sollen Entscheidungsgrundlagen für allfällige Weisungen an den Verwalter erhalten; dem Verwalter selbst wird eine bindende, ihn aber zugleich auch ermächtigende Vorgabe für seine Tätigkeit gegeben (vgl MietSlg 39/30 und 46/7; Löcker, Die Wohnungseigentümergemeinschaft, 296 ff; Feil, Wohnungseigentum3, Rz 48). Dieser Gesetzeszweck lässt sich für eine bereits abgelaufene Abrechnungs- bzw Verwaltungsperiode nicht erfüllen. Eine "Vorausschau" auf die Vergangenheit ist unmöglich, ihre Nachholung sinnlos. Soweit dazu in 5 Ob 72/93 (MietSlg 46/7 ua) ein gegenteiliger Standpunkt vertreten wurde, wird dieser nicht aufrecht erhalten. Damit fehlt es der Antragstellerin spätestens seit dem Ablauf des Kalenderjahres 1998 an jeglichem Rechtsschutzinteresse an der Weiterverfolgung ihres Sachantrags. Ob die Antragsgegnerin ihrer Verpflichtung zur Legung einer Vorausschau nachkam, wäre (im Rahmen des § 26 Abs 1 WEG) nur für ihre Abberufung als Verwalterin nach § 18 Abs 1 Z 3 WEG von Bedeutung, was jedoch nicht Gegenstand des Verfahrens ist.
Da der Antragstellerin das angesprochene Rechtsschutzinteresse schon bei Erhebung des Revisionsrekurses fehlte und überdies im Revisionsrekursverfahren zufolge § 26 Abs 2 WEG iVm § 37 Abs 3 Z 19 erster Halbsatz MRG gar keine ersatzfähigen Kosten aufgelaufen sind, bietet auch die Bestimmung des § 50 Abs 2 ZPO keine Handhabe, zum Rechtsmittel (seinen Erfolgsaussichten) inhaltlich Stellung zu nehmen (vgl 4 Ob 47/92; JBl 1993, 255 ua; zuletzt 6 Ob 2171/96z = ÖJZ-LSK).
Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.
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