Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Der Beschluß des Rekursgerichtes wird aufgehoben und dem Rekursgericht aufgetragen, die Antragsteller zur Verbesserung des Formmangels der fehlenden Unterfertigung des Rekurses durch ihren Vertreter aufzufordern und neuerlich über den Rekurs zu entscheiden, wobei für den Fall der Behebung des Formmangels vom bisherigen Zurückweisungsgrund Abstand zu nehmen ist.
Text
Begründung
Das Erstgericht hat das Einverleibungsbegehren der Antragsteller mit der Begründung abgewiesen, daß sich aus dem Verzeichnis der gelöschten Eintragungen ein der Liegenschaftsverkäuferin bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres auferlegtes Veräußerungs- und Belastungsverbot ergebe. Mittlerweile sei dieses Verbot zwar gelöscht, weil die Verkäuferin das 25. Lebensjahr vollendete; zur Verbücherung des schon vorher abgeschlossenen Kaufvertrages reiche jedoch die nochmalige (beglaubigte) Unterfertigung des Kaufvertrages durch die Verkäuferin nicht aus.
Den dagegen erhobenen Rekurs der Antragsteller wies das Rekursgericht mit der Begründung zurück, daß dem Schriftsatz ein Formmangel, nämlich das Fehlen der Unterschrift ihres Vertreters, anhafte. Nach ständiger Rechtsprechung lasse das Zwischenerledigungsverbot des § 95 Abs 1 GBG ein Verbesserungsverfahren zur Nachholung der Unterschrift nicht zu. Diese Entscheidung enthält den Ausspruch, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 260.000,-- übersteigt, der ordentliche Revisionsrekurs jedoch im Hinblick auf die von der Judikatur des Obersten Gerichtshofes gedeckte Rechtsauffassung nicht zulässig sei.
Gegen diese Entscheidung haben die Antragsteller fristgerecht außerordentlichen Revisionsrekurs mit dem Antrag erhoben, die Entscheidung des Rekursgerichtes in eine vollinhaltliche Stattgebung des Eintragungsbegehrens abzuändern oder aber aufzuheben und die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung an das Gericht zweiter Instanz zurückzuverweisen. Begründet wird dieses Rechtsmittel, soweit es sich mit dem vom Rekursgericht aufgegriffenen Formmangel befaßt, vor allem mit dem Argument, daß mit der Unterfertigung eines Rechtsmittels doch nur sichergestellt werden soll, daß sein Inhalt dem Willen der Partei entspricht. Das könne im gegenständlichen Fall nicht zweifelhaft sein, hätten sich doch die Antragsteller schon in erster Instanz von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt vertreten lassen und dann - mit einem von diesem Anwalt unterfertigten Schriftsatz - der Aufforderung des Rekursgerichtes entsprochen, die dem Eintragungsgesuch angeschlossenen Urkunden wieder vorzulegen. Die Judikatur, die im Rechtsmittelverfahren einerseits zu Recht die Verbesserung einer unterlassenen Urkundenvorlage zulasse, andererseits aber mit dem Hinweis auf das Zwischenerledigungsverbot des § 95 Abs 1 GBG die Nachholung einer offenbar irrtümlich vergessenen Unterschrift ablehne, sei wegen des rechtsschutzverweigernden Effekts bedenklich und zu korrigieren.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist, wie sich zeigen wird, zulässig; er ist im Sinn seines Aufhebungsbegehrens auch berechtigt.
Richtig ist, daß der Oberste Gerichtshof bereits wiederholt den Rechtsstandpunkt vertreten hat, das in § 95 Abs 1 GBG normierte Verbot der Zwischenerledigung schließe die Verbesserung eines mit Formmängeln behafteten Rekurses, insbesondere die Nachholung einer fehlenden Unterschrift, aus (SZ 36/90; EvBl 1963/347; 5 Ob 14/78; NZ 1984, 115/14 ua). Die Praxis der Einforderung bereits einmal vorgelegter und dann zurückgestellter Urkunden stehe damit nicht in Widerspruch, weil es sich dabei um keine Zwischenerledigung iSd § 95 Abs 1 GBG handle (vgl zuletzt NZ 1998, 222/418 mwN).
Diese Auffassung ist auf breite und fundierte Kritik der Lehre gestoßen (Hofmeister, Anm zu NZ 1984, 115/14; derselbe Anm zu NZ 1985, 112/43; derselbe, Anm zu NZ 1993, 20/252; Petrasch, Die Zivilverfahrens-Novelle 1983 in der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes, ÖJZ 1985, 260 f; Rechberger, Möglichkeiten und Grenzen der analogen Anwendung von Vorschriften der Zivilprozeßordnung im Grundbuchsverfahren, NZ 1985, 127 f; Hoyer, Anm zu ZfRV 1989, 215;
derselbe, Grundbuchsrecht und Grundbuchspraxis II, NZ 1996, 79 f;
derselbe, Exekutionsanträge mit Grundbuchsbezug verbesserungsfähig, ecolex 1996, 902 ff). Eine am Regelungszweck orientierte Auslegung des Zwischenerledigungsverbotes ermögliche durchaus die Verbesserung mangelhafter Rekurse, weil es nur um die Vermeidung ungerechtfertigter Rangverschiebungen gehe, die im Rechtsmittelverfahren nicht zu befürchten seien. Das Zwischenerledigungsverbot wende sich an das Grundbuchsgericht, also die erste Instanz, die es zur Wahrung des einer Eintragung nach § 29 Abs 1 GBG iVm § 93 GBG zukommenden Ranges strikt zu beachten habe, nicht aber an das Rekursgericht.
Daß der Regelungszweck des in § 95 Abs 1 normierten Zwischenerledigungsverbotes in der Wahrung des Ranges besteht, der mit der Überreichung einer formal und inhaltlich korrekten Eingabe zu erlangen ist, wird auch von der Judikatur anerkannt. Deshalb hat der Oberste Gerichtshof auch jüngst den Rechtsstandpunkt aufgegeben, daß Zwischenerledigungen bei der zwangsweisen Pfandrechtsbegründung unabhängig davon unzulässig seien, ob eine Rangverschiebung droht (vgl SZ 69/151 versus ZfRV 1986, 133 und ZfRV 1989, 215). Das Festhalten an der Judikatur der mangelnden Verbesserungsfähigkeit eines Rekurses in Grundbuchssachen wurde denn auch in letzter Zeit nur mehr damit gerechtfertigt, daß § 95 Abs 1 GBG ein generelles Zwischenerledigungsverbot festlege und Änderungen des Grundbuchsstandes vermeiden soll, die sich durch eine um die Dauer des Verbesserungsverfahrens verlängerte Rechtsmittelfrist ergeben (NZ 1993, 20/252).
Dazu wurde erwogen:
Mehr noch als der Streitrichter, für den die Verbesserungsmöglichkeiten in §§ 84, 85 ZPO vorgegeben sind, ist der Außerstreitrichter gehalten, vor Erlassung einer den Rechtsschutz verweigernden Formalentscheidung die Behebung eines Formmangels zu versuchen (vgl EvBl 1965/348). Das ergibt sich aus der Anordnung des § 2 Abs 3 Z 10 AußStrG, die in allen außerstreitigen Verfahren, grundsätzlich also auch in Grundbuchssachen zu befolgen ist (vgl zuletzt 5 Ob 220/98h mwN). Das Zwischenerledigungsverbot des § 95 Abs 1 GBG ist daher, wie von der zitierten Lehre gefordert, auf den Anwendungszweck zu reduzieren, ungerechtfertigte Rangverschiebungen hintanzuhalten. Bei der Überprüfung der Ablehnung eines Eintragungsgesuches im Instanzenzug kommt eine solche Rangverschiebung nicht in Betracht.
Daß das Zwischenerledigungsverbot des § 95 Abs 1 GBG im Grundbuchsverfahren generell oder jedenfalls im Zweifel gilt, mangels ausdrücklicher gesetzlicher Einschränkung also auch im Rechtsmittelverfahren, läßt sich bei nochmaliger Überprüfung der Rechtslage nicht aufrechterhalten. Es gibt einige unumgängliche Zwischenerledigungen, die die Vollständigkeit der Entscheidungsgrundlagen des Rekursgerichtes sicherstellen sollen, und daher trotz ihres verfahrensverzögernden Effekts im Gesetz als selbstverständlich zulässig vorausgesetzt werden (vgl etwa § 124 Abs 1 GBG), weshalb nicht einzusehen ist, warum nicht auch eine Zwischenerledigung möglich sein soll, die die Möglichkeit gibt, ein Rechtsschutzanliegen nicht an Formfehlern scheitern zu lassen. Versteht man das Zwischenerledigungsverbot richtig als Garant für die Einhaltung des Rangprinzips, dann kommt ihm eben nicht die Bedeutung einer generellen, das gesamte Grundbuchsverfahren durchziehenden Ordnungsvorschrift zu (vgl Hoyer aaO, NZ 1996, 79 f). Bezeichnenderweise findet sich das Zwischenerledigungsverbot bei den Vorschriften des dritten Abschnitts des GBG über die Erledigung der Gesuche und nicht im siebenten Abschnitt über den Rekurs, worauf vor allem Petrasch aaO und Rechberger aaO hingewiesen haben.
Auch das Argument, das Zwischenerledigungsverbot fördere die rasche Erledigung des Rekurses und verhindere Schwierigkeiten, die sich bei einem Erfolg des Rechtsmittels aus der mittlerweiligen Änderung des Grundbuchsstandes ergeben könnten (so offenbar die zitierte Entscheidung NZ 1993, 20/252), hält einer Nachprüfung nicht stand. Gibt das Rekursgericht dem Rekursbegehren statt, so bedeutet dies, daß eigentlich schon das Grundbuchsgericht, die erste Instanz, dem Antrag hätte stattgeben müssen und letzterem daher ohnehin der Rang der Überreichung des Eintragungsgesuches gebührt. Für konkurrierende Antragsteller kann es daher nur darauf ankommen, ob das vorrangige Gesuch zulässig bzw bewilligungsfähig war, und nicht darauf, wie lange es dauert, bis sich dies in zweiter oder dritter Instanz herausstellt (vgl Hofmeister aaO, NZ 1993, 23).
Die Judikatur, wonach der Mangel der fehlenden Unterschrift auf einem Rekurs in Grundbuchssachen nicht behoben werden kann und wegen des Zwischenerledigungsverbotes des § 95 Abs 1 GBG zur Zurückweisung des Rechtsmittels zu führen hat, ist daher nicht aufrecht zu erhalten.
Das erzwingt die Aufhebung des rekursgerichtlichen Zurückweisungsbeschlusses. Da es dem Obersten Gerichtshof verwehrt ist, nach einer solchen Aufhebung selbst eine Sachentscheidung über den Rekurs gegen den erstinstanzlichen Beschluß zu fällen (vgl EvBl 1979/143 ua), war wie im Spruch zu entscheiden.
Die noch ausstehende Zwischenerledigung sollte zweckmäßigerweise auch zur Beschaffung der dem Eintragungsgesuch angeschlossenen Rechtskraftbestätigung genutzt werden, da nur so vollständige Entscheidungsgrundlagen geschaffen werden können (die Antragsteller haben mit dem Revisionsrekurs offenbar nur den Kaufvertrag und die Unbedenklichkeitsbescheinigung vorgelegt).
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