OGH 5Ob25/78

OGH5Ob25/7816.1.1979

SZ 52/7

Normen

Wohnungseigentumsgesetz 1975 §17 Abs2 Z1
Wohnungseigentumsgesetz 1975 §26 Abs2 Z1
Wohnungseigentumsgesetz 1975 §17 Abs2 Z1
Wohnungseigentumsgesetz 1975 §26 Abs2 Z1

 

Spruch:

Wenn zwischen dem Verwalter und dem Miteigentümer nur strittig ist, ob der Verwalter seiner im § 17 Abs. 2 Z. 1 WEG 1975 normierten Rechnungslegungspflicht gehörig nachkommt, werden die rechtlichen Interessen der übrigen Miteigentümer nicht berührt. Sie sind daher auch nicht nach § 26 Abs. 2 Z. 1 WEG 1975 an dem Verfahren zu beteiligen

OGH 16. Jänner 1979, 5 Ob 25/78 (LGZRS Wien 41 R 165/78; BG Favoriten 5 Nc 141/77. Vgl. dazu auch die unter Nr. 85.)

Text

Am 30. November 1977 gab der Antragsteller als Wohnungseigentümer im Hause ... vor dem Erstgericht den Antrag zu Protokoll, die Antragsgegnerin als Verwalterin dieses Hauses dazu zu verhalten, ihm für die Jahre 1975 und 1976 ordentliche Rechnung zu legen.

Die Antragsgegnerin beantragte die Abweisung des Antrages, weil sie ohnehin halbjährlich Rechnung lege, sämtliche Originalbelege samt den dazugehörigen Verrechnungsunterlagen in der Hausbesorgerwohnung des Hauses zur Einsicht auflege und dies stets durch Anschlag auf den schwarzen Brettern der einzelnen Stiegen kundmache.

Das Erstgericht wies den Antrag - ohne die übrigen Miteigentümer der Liegenschaft dem Verfahren beizuziehen - mit der Begründung ab, daß dem Gebot des § 17 Abs. 2 Z. 1 WEG entgegen der Meinung des Antragstellers durch die Vorgangsweise der Antragsgegnerin sehr wohl entsprochen werde.

Das Rekursgericht hob den Beschluß des Erstgerichtes und das diesem vorausgegangene Verfahren aus Anlaß des Rekurses des Antragstellers als nichtig auf, trug dem Erstgericht die Einleitung des gesetzlichen Verfahrens über den Antrag in Ansehung aller Miteigentümer der Liegenschaft auf und sprach aus, daß das erstinstanzliche Verfahren erst nach Rechtskraft seines Beschlusses fortzusetzen sei. Es führte aus:

Nach der zwingenden Vorschrift des § 26 Abs. 2 Z. 1 WEG komme in den im § 26 Abs. 1 WEG genannten Verfahren - dazu zählten nach § 26 Abs. 1 Z. 4 lit. a WEG auch Streitigkeiten mit dem Verwalter über die Legung der Rechnung oder der Vorausschau (§ 17 Abs. 2 Z. 1 und 2 WEG) - allen Miteigentümern der Liegenschaft Parteistellung zu. Der Gesetzgeber gehe offenbar davon aus, daß jede der im § 26 Abs. 1 WEG angeführten Angelegenheiten die Interessen aller Miteigentümer berühre. Möge es auch im konkreten Fall nur schwer vorstellbar sein, in welcher Weise durch eine Streitigkeit zwischen einem Wohnungseigentümer und dem Verwalter über die gegenüber diesem Wohnungseigentümer einzuhaltende Form der Rechnungslegung die Interessen der anderen Wohnungseigentümer betroffen sein könnten, so ändere dies nach dem klaren Wortlaut des Gesetzes nichts daran, daß dem Verfahren veröffentlichte Entscheidung vom 28. Mai 1979, 5 Ob 17/79. auch in diesem Falle alle Miteigentümer als Parteien beizuziehen seien. Die Unterlassung der Beiziehung der übrigen Miteigentümer begrunde aber Nichtigkeit nach § 477 Abs. 1 Z. 4 ZPO, die von Amts wegen wahrzunehmen gewesen sei.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Rekurs der Antragsgegnerin Folge und trug dem Rekursgericht die Entscheidung über den Rekurs des Antragstellers gegen den Beschluß des Erstgerichtes auf.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Zunächst ist festzuhalten, daß die - zwingendes materielles Recht enthaltenden (Meinhart, Wohnungseigentumsgesetz 1975, 161;, Faistenberger - Barta - Call, Kommentar zum Wohnungseigentumsgesetz 1975, 434) - Bestimmungen des § 17 WEG und die Verfahrensbestimmungen des § 26 WEG gemäß § 29 WEG auch dann anzuwenden sind, wenn das Wohnungseigentum vor dem Inkrafttreten des Wohnungseigentumsgesetzes 1975 am 1. September 1975 begrundet worden ist (Faistenberger - Barta - Call, 434 und 804; hinsichtlich der Verfahrensbestimmungen des § 26 WEG auch Meinhart, 206).

Über Anträge in Streitigkeiten mit dem Verwalter betreffend die Rechnungslegung (§ 17 Abs. 2 Z. 1 WEG) hat gemäß § 26 Abs. 1 Z. 4 lit. a WEG das für Zivilrechtssachen zuständige Bezirksgericht, in dessen Sprengel die Liegenschaft gelegen ist, zu entscheiden und gemäß § 26 Abs. 2 WEG die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren außer Streitsachen mit den im § 26 Abs. 2 WEG normierten Besonderheiten anzuwenden. Gemäß § 26 Abs. 2 Z. 1 WEG kommt allen Miteigentümern der Liegenschaft und den Wohnungseigentumsbewerbern, die dem Gericht vom Antragsteller bekanntgegeben oder sonst bekannt geworden sind, und im Verfahren nach § 26 Abs. 1 Z. 4 WEG auch dem Verwalter Parteistellung zu. Es müssen daher an jedem derartigen Verfahren, in dem Gemeinschaftsinteressen berührt sind, sämtliche Miteigentümer beteiligt sein (MietSlg. 29 535 mit weiteren Judikaturhinweisen; Meinhart, 209; Faistenberger - Barta - Call, 808). Die Beteiligung sämtlicher Miteigentümer der Liegenschaft an den im § 26 Abs. 1 WEG genannten Verfahren ist mithin nicht schlechthin und ohne Rücksicht darauf, ob deren rechtliche Interessen durch ein solches Verfahren überhaupt berührt werden können, sondern nur dann zu fordern, wenn letzteres der Fall ist (vgl. hiezu Meinhart, 209, der die Berührung von Gemeinschaftsinteressen bei Streitigkeiten nach § 26 Abs. 1 Z. 2 in Verbindung mit § 13 Abs. 2 Z. 3 WEG verneint). Die Antragslegitimation richtet sich nicht nach den verfahrensrechtlichen Bestimmungen des § 26 WEG, sondern nach den jeweiligen materiellrechtlichen Bestimmungen des Wohnungseigentumsgesetzes MietSlg. 29 528; 5 Ob 22/78; Meinhart, 209; Faistenberger - Barta - Call, 807).

Geht man von diesen Grundsätzen aus, dann kann im gegenständlichen Verfahren die aktive Antragslegitimation des Antragstellers und die passive Antragslegitimation der Antragsgegnerin auf Grund der Bestimmung des § 17 Abs. 2 Z. 1 WEG nicht zweifelhaft sein. Die Beantwortung der Frage aber, ob an dem gegenständlichen Verfahren auch alle übrigen Miteigentümer der Liegenschaft im Sinne des § 26 Abs. 2 Z. 1 WEG zu beteiligen sind, hängt davon ab, ob durch dieses Verfahren ihre rechtlichen Interessen berührt werden können. Das ist zu verneinen, wenn - wie hier - bloß strittig ist, ob der Verwalter seiner im § 17 Abs. 2 Z. 1 WEG normierten Rechnungslegungspflicht durch die Auflage der Abrechnung zur Einsicht für alle Miteigentümer in der Hausbesorgerwohnung nachkommt oder ob er verpflichtet ist, je ein Exemplar der Abrechnung jedem Miteigentümer zu übermitteln. Durch die Entscheidung über den vorliegenden Antrag des Antragstellers wird in die Rechtsstellung der übrigen Miteigentümer in keiner Weise eingegriffen. Es bleibt ihnen insbesondere unbenommen, jederzeit ihrerseits einen solchen Antrag zu stellen, ohne daß ihre Rechtsstellung durch die im gegenständlichen Verfahren zu fällende Entscheidung berührt würde. Daraus folgt, daß die übrigen Miteigentümer der Liegenschaft an dem gegenständlichen Verfahren entgegen der Meinung des Rekursgerichtes nicht zu beteiligen waren, so daß der vom Rekursgericht angenommene Nichtigkeitsgrund nicht gegeben ist.

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