OGH 5Ob2323/96w

OGH5Ob2323/96w10.12.1996

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Zehetner als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schwarz, Dr.Floßmann, Dr.Adamovic und Dr.Baumann als weitere Richter in der Grundbuchssache des Antragstellers Alexander J*****, Schlossermeister, ***** vertreten durch Dr.Gerhard Naderer, öffentlicher Notar in Gutenstein, wegen Urkundenhinterlegung und Eintragungen ob der Liegenschaft EZ ***** des Grundbuches *****, infolge Revisionsrekurses des Antragstellers gegen den Beschluß des Landesgerichtes Wiener Neustadt als Rekursgerichtes vom 7.Mai 1996, AZ 18 R 36/96i, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Wiener Neustadt vom 16.Jänner 1996, AZ Uh 23/95 und TZ 9208/95, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Johann W***** und der Antragsteller schlossen am 7.6.1995 einen "Kauf- und Dienstbarkeitsbestellungsvertrag", der auszugsweise folgenden Inhalt hat:

"1.

Herr Johann W***** ist Alleineigentümer der zum Gutsbestand der EZ ***** Grundbuch ***** gehörenden Grundstücke 639 LN, .135 Baufläche Gegend 76, Gegend 76a und .237 Baufläche.

Auf den vorstehend angeführten Grundstücken wurde eine Wasserkraftanlage mit Werkskanal errichtet. Das entsprechende Wasserrecht ist bei der Bezirkshauptmannschaft Wr.Neustadt in der Wasserbucheinlage zu PZ ***** eingetragen.

.........

2.

Herr Johann W***** verkauft und übergibt an Herrn Alexander J*****

und dieser kauft und übernimmt von Ersterem die unter Punkt 1. dieses

Vertrages näher bezeichnete Wasserkraftanlage mit allen ihren

Bestandteilen, welche somit als Superädifikat in das Eigentum des

Käufers übergeht, um den Kaufpreis von ........... S 175.000,-

(Schilling einhundertfünfundsiebzigtausend).

.........

4.

Die Übergabe und Übernahme des Kaufgegenstandes, verbunden mit dem Recht der Ausübung des angeführten Wasserrechtes, in den Besitz und Genuß des Käufers erfolgte bereits mit 1.1.1994, von diesem Zeitpunkt an trägt der Käufer Gefahr und Zufall sowie allenfalls zur Vorschreibung gelangende Steuern und Abgaben.

6.

Weiters, wird zwischen den beiden Vertragsseiten vereinbart, ohne daß von irgendeiner Seite hiefür ein Entgelt zu leisten ist, und zwar

a) räumt Herr Johann W***** für sich und seine Rechtsnachfolger im

Eigentum des oben angeführten Grundstückes 639 dem Käufer ohne

zeitliche Beschränkung das Recht des Zuganges und der Zufahrt mit den

zum Betrieb und zur Wartung der Wasserkraftanlage erforderlichen

Fahrzeugen ........... ein,

b) räumt Herr Johann W***** für sich und seine Rechtsnachfolger im

Eigentum der oben angeführten Grundstücke 639, .135 und .237 dem

Käufer ohne zeitliche Beschränkung das Recht der Führung und

Erhaltung eines Werkskanals in Ansehung der genannten Grundstücke

ein,

c) räumt Herr Johann W***** dem Käufer auf dessen fernere Lebensdauer

das Vorkaufsrecht gemäß § 1072 ff ABGB in Ansehung der oben

angeführten Grundstücke 639, .135 und .237 ein ......."

Das Erstgericht wies den Antrag des Antragstellers, ihm zwecks Erwerb des Eigentumsrechtes an der Wasserkraftanlage die Hinterlegung der Urkunde (Kauf- und Dienstbarkeitsbestellungsvertrag) sowie die Einverleibung der vorhin genannten Dienstbarkeiten und des Vorkaufsrechtes zu bewilligen, ab.

Die Absicht des nicht dauernden Belassens des Bauwerkes müsse schon bei Errichtung des Gebäudes bestanden haben und durch ein beschränktes Grundbenützungsrecht oder durch eine besondere Beschaffenheit des Gebäudes konkretisiert sein. Sei ein Gebäude vom Grundeigentümer auf eigenem Grund errichtet worden und verkaufe dieser in der Folge dieses Gebäude ohne das Grundstück, so entstehe dadurch kein Bauwerk im Sinne des § 435 ABGB. Wegen der Abweisung des Antrages auf Urkundenhinterlegung sei auch das weitere Begehren (auf Einverleibung von Dienstbarkeiten und Vorkaufsrecht) abzuweisen gewesen.

Das Rekursgericht bestätigte den Beschluß des Erstgerichtes und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000,-

übersteigt und daß der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei.

Das Rekursgericht begründete seine Entscheidung unter anderem mit folgenden Argumenten:

Wenn auch im Urkundenhinterlegungsverfahren nach einem Teil der Lehre und Rechtsprechung eine Prüfung der Überbaueigenschaften nicht zu erfolgen habe, so hätte das Grundbuchsgericht doch zu beurteilen, ob der begehrten Hinterlegung ein Bauwerk auf fremdem Grund im Sinne des § 435 ABGB zugrunde liege, weil nur diesbezügliche Urkunden hinterlegt werden könnten. Nach dem vorgelegten Kauf- und Dienstbarkeitsbestellungsvertrag solle die Wasserkraftanlage mit all ihren Bestandteilen als Superädifikat in das Eigentum des Käufers übergehen. Es möge auch zutreffen, daß die rechtliche Möglichkeit der Schaffung eines Superädifikates auf eigenen Grund bestehe, so widerspräche es hier, weil die Kraftwerksanlage einmal Bestandteil der Liegenschaft geworden ist, doch dem Publizitätsgedanken und dem Gläubigerschutz, wenn der Liegenschafts- und Kraftwerkseigentümer durch bloße (nach außen nicht erkennbare) Änderung seiner Absicht das nachträgliche Entstehen eines Superädifikates bewirken könnte. Durch die Urkundenhinterlegung solle nämlich das Eigentumsrecht an rechtlich selbständigen Bauwerken übertragen, nicht jedoch die rechtliche Selbständigkeit des Bauwerkes erst geschaffen werden.

Da der vorliegende Kauf- und Dienstbarkeitsbestellungsvertrag ein einheitliches Ganzes darstelle, komme eine teilweise Stattgebung des Antrages, nämlich bezüglich der begehrten Einverleibung der Dienstbarkeiten und des Vorkaufsrechtes, nicht in Betracht.

Der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig, weil in der von der Rechtsprechung bisher nicht abschließend beantworteten Frage der rechtlichen Möglichkeit von Superädifikaten auf eigenem Grund und der analogen Anwendung des § 435 ABGB auf diese Fälle eine erhebliche Rechtsfrage liege.

Gegen den Beschluß des Rekursgerichtes richtet sich der Revisionsrekurs des Antragstellers mit dem Antrag, die Entscheidungen der Vorinstanzen in antragsstattgebendem Sinn abzuändern.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist unzulässig.

Gemäß § 126 Abs 1 GBG iVm § 13 und § 16 Abs 3 AußStrG sowie § 508a Abs 1 ZPO ist der Oberste Gerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit des Revisionsrekurses an den diesbezüglichen Ausspruch des Gerichtes zweiter Instanz nicht gebunden.

In der hier zu beurteilenden Rechtssache sind die entscheidungswesentlichen Fragen bereits geklärt:

Die für das Rekursgericht die Zulässigkeit des Revisionsrekurses begründende Frage, ob der Grundeigentümer selbst auf seinem Grund ein als Superädifikat beurteilendes Bauwerk errichten kann, stellt sich hier in Wahrheit nicht. Selbst wenn man nämlich von dieser Möglichkeit ausgeht (siehe Überblick über Lehre und Rechtsprechung bei Ostheim, Superädifikate auf eigenem Grund, ÖJZ 1975, 202 [209] und Bydlinski, Das Recht der Superädifikate, 28 ff), kann in der hier zu beurteilenden Rechtssache nicht mit der für das Grundbuchsverfahren erforderlichen Unbedenklichkeit vom Bestehen eines solchen Superädifikates ausgegangen werden. Zwar hat im Verfahren nach dem UHG zunächst ungeprüft zu bleiben, ob das Bauwerk, auf das in der zu hinterlegenden Urkunde Bezug genommen wird, überhaupt rechtlich existent ist (NZ 1986, 93 und NZ 1988, 47).

Dennoch ist der Antrag auf Urkundenhinterlegung als durch den Inhalt

der beigebrachten Urkunden nicht begründet (§ 9 Abs 1 Z 2 UHG)

abzuweisen, wenn aus den vorgelegten Urkunden selbst unzweifelhaft

die Nichtexistenz des Bauwerkes hervorgeht (5 Ob 116/91 unter Hinweis

auf 5 Ob 98/90). Die Qualifikation eines Bauwerkes als Superädifikat

würde aber das Fehlen der dauernden Belassungsabsicht spätestens zum

Zeitpunkt des Beginnes der Arbeiten am Bauwerk voraussetzen; dies müßte sich entweder aus dem äußeren Erscheinungsbild des Bauwerkes oder aus dem zwischen dem Grundeigentümer und dem Errichter des Bauwerkes bestehenden Rechtsverhältnis ergeben (3 Ob 119/93 = ecolex 1994, 755). Die Qualifikation als Superädifikat im Eigentum des Grundeigentümers könnte sich - mangels Rechtsverhältnisses zwischen dem Grundeigentümer und Errichter des Bauwerkes - in einem solchen Fall nur aus dem äußeren Erscheinungsbild des Bauwerkes ergeben. Die vorgelegte Vertragsurkunde bietet nicht nur keine Anhaltspunkte für das aus dem äußeren Erscheinungsbild des Bauwerkes ableitbare Fehlen der dauernden Belassungsabsicht im Zeitpunkt der Errichtung der Kraftwerksanlage, sondern deutet ganz im Gegenteil darauf hin, daß erst durch die mit dem vorgelegten Vertrag beabsichtigte Übereignung die Superädifikatseigenschaft nachträglich begründet werden soll. Demnach steht auf Grund der vorgelegten Urkunde der Mangel des Bestehen eines Superädifikates fest, der nach dem Vorgesagten einen Abweisungsgrund darstellt.

Urkundenhinterlegungs- und Einverleibungsbegehren stehen nicht in dem

in § 97 GBG behandelten Gegenseitigkeitsverhältnis. Maßgebend für die

Beurteilung, ob die begehrte grundbücherliche Eintragung der in der

vorgelegten Urkunde vereinbarten Dienstbarkeiten und des

Vorkaufsrechtes unabhängig von der Eigentumsübertragung an der

Kraftwerksanlage als Superädifikat erfolgen soll, ist vielmehr der

Wortlaut des vorgelegten Vertrages. Der insoweit von den Vorinstanzen

angenommene enge Zusammenhang zwischen Urkundenhinterlegungs- und

Eintragungsbegehren in der Weise, daß die Letzteren von der

Bewilligung des Erstgenannten abhängig sind, ist mit den Sprach- und

Denkgesetzen vereinbar. Die bloße Möglichkeit einer allenfalls

anderen Sicht dieses Zusammenhanges stellt keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 14 Abs 1 AußStrG dar.

Der Revisionsrekurs war daher mangels Vorliegens einer zu lösenden erheblichen Rechtsfrage als unzulässig zurückzuweisen.

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