Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung
Der Antragsteller beantragte die Bestellung eines Kurators gemäß § 276 ABGB für den Personenkreis "Jedermann" zwecks Einbringung einer Klage gegen die Eigentümer einer bestimmten Liegenschaft. Seit Generationen verlaufe unter anderem über deren Grundstück ein Fußweg zu einer Kapelle. Der Weg sei seit mehreren Jahrzehnten als Wanderweg markiert. Über ihn werde seit Menschengedenken unter anderem auch die alljährliche Prozession zu den Bittagen geführt. Es sei offenkundig, daß der unbestimmte Personenkreis "Jedermann" an diesem Weg die Dienstbarkeit des Fußweges ersessen habe. Im Frühjahr 1995 hätten die grundbücherlichen Liegenschaftseigentümer den Fußweg auf einer Länge von 40 m ab seinem Eintritt in ihre Parzelle umgeackert.
Das Erstgericht bestellte den Antragsteller zum Kurator für den unbegrenzten Personenkreis "Jedermann" mit dem Wirkungskreis der Einbringung einer Klage auf Feststellung und Einverleibung der Dienstbarkeit des Fußweges über die betreffende Parzelle.
Das Rekursgericht gab dem Rekurs der im Servitutsprozeß beklagten Liegenschaftseigentümer Folge, änderte den erstgerichtlichen Beschluß dahin ab, daß der Antrag auf Kuratorbestellung zurückgewiesen wurde, sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000 übersteigt, und erklärte den ordentlichen Revisionsrekurs für zulässig. Es führte folgendes aus:
Nach § 276 ABGB finde die Bestellung eines Kurators für Abwesende oder für die dem Gericht zur Zeit noch unbekannten Teilnehmer an einem Geschäfte dann statt, wenn sie keinen ordentlichen Sachwalter zurückgelassen haben, ohne solchen aber ihre Rechte durch Verzug gefährdet oder die Rechte eines anderen in ihrem Gang gehemmt würden. Von unbekannten Teilnehmern an einem Geschäft spreche man bei namentlich nicht bestimmten, aber existierenden oder doch noch lebenden Personen, die Geschäfte - nicht nur Rechtsgeschäfte, sondern auch Rechtsverhältnisse wie Miteigentum - zu führen hätten, wären sie bekannt, um Rechtsgefährdung zu vermeiden. Die Hemmung der Rechte in ihrem Gang bestehe in der Unmöglichkeit der Rechtsdurchsetzung mangels Anwesenheit des Gegners. Der Kurator habe den Abwesenden und nicht den Antragsteller zu vertreten. Unter unbekannten Teilnehmern an einem Geschäft seien die Teilnehmer an einem Rechtsgeschäft zu verstehen, wenn das Gericht nicht wisse, ob solche Teilnehmer noch vorhanden oder welche dieselben seien oder wo sie sich aufhalten. Sei der Name des Teilnehmers am Geschäft bekannt, so komme eine Kuratel nicht in Betracht. Daraus und aus dem Umstand, daß der Antragsteller selbst den in Frage stehenden Kirchenweg benütze, ergebe sich, daß ihm die Sachlegitimation fehle. Nur die Hemmung eigener Rechte, nicht aber die Hemmung der Rechte dritter Personen berechtige zur Antragstellung nach § 276 ABGB. Unter dem Begriff "Jedermann" sei im Gegensatz zum zusammenfassenden "Alle" eine Vereinzelung einer Gesamtheit zu verstehen. Es seien also darunter sowohl der Antragsteller als auch die nunmehrigen Rekurswerber zu verstehen. Da aber konkrete Personen bekannt seien, handle es sich nicht mehr um unbekannte Teilnehmer an einem Geschäft. Es fehle daher dem Antragsteller die Legitimation.
Der ordentliche Revisionsrekurs sei zuzulassen gewesen, da eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Antragslegitimation für die Kuratorenbestellung für den unbestimmten Personenkreis "Jedermann" fehle. Wohl befasse sich die vom Antragsteller zitierte Entscheidung SZ 41/29 mit der Rechts- und Parteifähigkeit des Personenkreises "Jedermann". Dort sei aber im Grundbuch bereits eine Dienstbarkeit des Wasserschöpfrechts für "Jedermann" einverleibt gewesen.
Gegen diese Rekursentscheidung richtet sich der Revisionsrekurs des Antragstellers mit dem Antrag, den erstgerichtlichen Beschluß wiederherzustellen.
Der Revisionsrekurs ist aus dem vom Rekursgericht genannten Grund zulässig; er ist aber nicht berechtigt.
Der Rechtsmittelwerber macht im wesentlichen geltend, wenn seit Generationen über eine Liegenschaft ein von jedermann benützter Fußweg führe, dann lege dies nahe, daß der unbestimmte Personenkreis "Jedermann" eine Dienstbarkeit des Fußweges ersessen habe. Wenn dieser unbestimmte Personenkreis rechtsfähig sei, dann müsse es auch zulässig sein, zur Wahrung seiner Rechte einen Kurator zu bestellen, wenn in diese Rechte eingegriffen werde. Vor dem Hintergrund der Entscheidung SZ 41/29 sei die Frage zu prüfen, ob der unbestimmte Personenkreis "Jedermann" nur in Ansehung einer im Grundbuch schon einverleibten Dienstbarkeit rechtsfähig sei, was dort bejaht worden sei und zur Bestellung eines Kurators nach § 276 ABGB geführt habe, oder ob nicht die Rechtsfähigkeit dieses Personenkreises auf der Existenz einer Dienstbarkeit für den Personenkreis schlechthin beruhe, also auch dann gegeben sei, wenn es sich nicht um eine grundbücherlich schon einverleibte Dienstbarkeit handle. Aus der Tatsache, daß jede physische Person rechtsfähig sei, leite sich zwanglos ab, daß auch eine Gesamtheit physischer Personen eines bestimmten Rechtskreises, also "Jedermann", rechts- und parteifähig sein könne.
Hiezu wurde erwogen:
Rechtliche Beurteilung
In der vom Rechtsmittelwerber zitierten Entscheidung SZ 41/29 = EvBl 1968/318 (vgl auch SZ 60/216) war dem Personenkreis "Jedermann" Rechts- und Parteifähigkeit in einem Fall zugebilligt worden, in welchem zu seinen Gunsten im Grundbuch seit 1834 eine Dienstbarkeit einverleibt war, wonach "jedermann" berechtigt ist, aus einer Quelle Wasser zum eigenen Bedarf in unverkorkten Gefäßen zu holen; zur Wahrung der Rechte des bereits bücherlich berechtigten unbegrenzten Personenkreises war die Bestellung eines Kurators gemäß § 276 ABGB als zulässig angesehen worden. Im vorliegenden Fall soll hingegen die Ersitzung einer Dienstbarkeit durch einen solchen Personenkreis klageweise geltend gemacht werden.
Es ist aber nunmehr ständige Rechtsprechung, daß im Falle der Benützung eines Weges durch die Allgemeinheit die Ersitzung eines Wegerechtes zugunsten der Gemeinde möglich ist (SZ 54/154; SZ 59/50 uva; Schubert in Rummel2 § 1460 ABGB Rz 5 mwN, vgl zu Schiabfahrten Rz 6 mwN; Koziol/Welser II10 167 mwN). Es wäre daher im vorliegenden Fall Sache der Gemeinde, die behauptete Ersitzung des Wegerechtes geltend zu machen, was auch Wanderern, Prozessionsteilnehmern, dem Antragsteller als fallweisem Wegbenützer und überhaupt jedermann zugute käme. Daneben ist für das Auftreten eines selbständigen Personenkreises "Jedermann" - der offenbar ohne Kostenrisiko prozessieren soll - kein Raum. Es kommt daher auch die Bestellung eines Kurators zur Prozeßführung für einen solchen Personenkreis nicht in Frage, während die durch ihre Organe vertretene Gemeinde eines Kurators nicht bedarf.
Dem Revisionsrekurs war somit ein Erfolg zu versagen.
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