Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben.
Die Urteile der Vorinstanzen werden im Umfang der Anfechtung (S 239.710,58 sA = EUR 17.420,45 sA) aufgehoben.
Die Rechtssache wird insoweit zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Gericht erster Instanz zurückverwiesen. Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind als weitere Verfahrenskosten zu behandeln.
Text
Begründung
Der Kläger hat am 9. 10. 1997 in dem nach seiner verstorbenen Gattin Ingeborg F***** durchgeführten Abhandlungsverfahren vor dem Nebenintervenienten Dr. G***** als Gerichtskommissär eine unbedingte Erbserklärung zu zwei Dritteln des Nachlasses abgegeben. In diesem Umfang wurde ihm auch der Nachlass rechtskräftig eingeantwortet. Am 12. 11. 1997 überwies der Gerichtskommissär das dem Erbteil des Klägers entsprechende Verlassenschaftsrealisat von S 264.869,24 auf das vom Kläger bei der Beklagten errichtete Girokonto Nr 74.368.840. Am 20. 11., 4. 12., 23. 12. und 30. 12. 1997 behob der Kläger von diesem Konto S 30.000,--, S 50.000,--, S 15.000,-- und S 160.264,--, insgesamt sohin S 255.264,--.
Am 4. 8. 1997 regte der Schwager des Klägers Walter S***** beim Bezirksgericht Innsbruck die Bestellung eines Sachwalters für den Kläger an. Mit Beschluss des genannten Gerichtes vom 7. 4. 1999 wurde gemäß § 273 Abs 2 Z 2 ABGB Mag. L***** zum Sachwalter des Klägers bestellt, und zwar mit dem Wirkungskreis "Einkommens- und Vermögensverwaltung, Vertretung vor Ämtern, Behörden und Gerichten". Der Kläger begehrt von der Beklagten die Zahlung von S 255.264 sA. Er brachte dazu im Wesentlichen vor, dass die genannten vier Barbehebungen nach Einleitung des Sachwalterschaftsverfahrens erfolgt seien. Bereits damals sei er geschäftsunfähig gewesen. Die behobenen Bargeldbeträge seien nicht mehr vorhanden und auch nicht zu seinem Vorteil verwendet worden. Ungeachtet der allfälligen Kenntnis der Beklagten von der Geschäftsunfähigkeit habe diese dem Kläger nach § 1424 zweiter Satz ABGB den Klagsbetrag nochmals zu leisten. Auf Punkt 30 der Allgemeinen Kreditbedingungen der Beklagten könne sie sich deshalb nicht gültig berufen, weil es sich hiebei um eine die Bankkunden gröblich benachteiligende und damit sittenwidrige Klausel handle.
Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und wendete zusammengefasst ein, dass zur Zeit der Barbehebungen noch kein Sachwalter für den Kläger bestellt gewesen sei. Ihr sei die Einleitung des Sachwalterschaftsverfahrens nicht bekannt gewesen. Auch sei eine allfällige Geschäftsunfähigkeit des Klägers jedenfalls nicht in einer für Dritte erkennbaren Weise vorgelegen. Andernfalls wäre die Geschäftsunfähigkeit bereits zum Zeitpunkt der Eröffnung des Girokontos (25. 9. 1997) und auch im Zeitpunkt der Abgabe der Erbserklärung gegeben gewesen. Damit hätte der Kläger weder gültig erben noch rechtswirksam ein Girokonto bei der Beklagten eröffnen können.
Es werde bestritten, dass die dem Kläger ausgezahlten Bargeldbeträge nicht mehr vorhanden bzw nicht zu seinem Nutzen verwendet worden seien. Gemäß Punkt 30 der Allgemeinen Kreditbedingungen habe der Kläger seinen Schaden selbst zu tragen. Einer allenfalls dennoch zu Recht bestehenden Klagsforderung würden die den Klagsbetrag jedenfalls übersteigenden "Kontoabdeckungsansprüche" der Beklagten aufrechnungsweise entgegengehalten.
Der Nebenintervenient Dr. G***** brachte vor, dass der Kläger listigerweise vorgegeben habe, dass er Verträge zu schließen fähig sei. Er sei daher insbesondere nach § 866 ABGB zur Genugtuung verpflichtet. Im Übrigen würde der Beklagten eine gleich hohe Gegenforderung zustehen. Weiters treffe den Kläger das Allein- bzw weitaus überwiegende Mitverschulden am Zustandekommen eines Schadens in Höhe der Klagsforderung. Selbst wenn der Kläger deliktsunfähig gewesen sein sollte, hafte er nach § 1310 ABGB.
Die Nebenintervenientin Christine L***** brachte vor, dass sie vom Kläger lediglich S 40.000,-- erhalten und diesen Betrag zur Gänze wieder auf ein Konto des Klägers bei der Tiroler Sparkasse zurückgezahlt habe. Es hätten viele Leute die Gelegenheit gehabt, das offen in der Wohnung des Klägers herumliegende Geld an sich zu nehmen.
Das Erstgericht erkannte mit dem angefochtenen Urteil die Beklagte schuldig, dem Kläger S 239.710,58 sA zu zahlen, während es das Mehrbegehren von S 15.553,42 sA abwies. Dabei ging es vom eingangs wiedergegebenen Sachverhalt und den nachfolgend zusammengefasst dargestellten Feststellungen aus:
Auf Grund langjährigen Alkoholmissbrauchs wurde ua das zentrale Nervensystem des Klägers ausgeprägt und sein peripheres Nervensystem mittelgradig geschädigt. In psychiatrischer Hinsicht bedingte die massive chronische Alkoholzufuhr ein dementielles Zustandsbild. Auf Grund der insgesamt schweren erworbenen Störung der geistigen Funktionen, vornehmlich hervorgerufen durch die deutlichen hirnorganischen Veränderungen, war der Kläger betreffend den Zeitraum 20. 11. 1997 bis 30. 12. 1997 (und fortlaufend) in seiner Willensfreiheit massiv eingeschränkt. Insbesondere konnte er anlässlich der in diesem Zeitraum getätigten, obbeschriebenen vier Barabhebungen nicht abschätzen;
- a) den Wert des tatsächlich Behobenen;
- b) was er damit planen bzw tun würde;
- c) schließlich konnte er sich bereits kurzfristig danach überhaupt nicht mehr an den entsprechenden Abhebungsvorgang erinnern. Betreffend den Zeitraum davor, insbesondere am 25. 9. 1997 (Tag der Eröffnung des Girokontos Nr 74.368.840) bzw am 9. 10. 1997 (Tag der Abgabe der unbedingten Erbserklärung durch den Kläger) ist eine gesicherte Prognose in Richtung einer solcherart eingeschränkten Willensfreiheit nicht mehr möglich.
Selbst im November 1998 wurde der Kläger anlässlich der Befundaufnahme durch die im Sachwalterschaftsverfahren bestellt gewesene Sachverständige Dr. Gesine P***** andererseits noch als "jovial" und "vertrauensseelig" beschrieben; sein gesamtes äußeres Zustandsbild konnte sich für einen Laien in diesem Zeitraum noch durchaus als weitgehend unauffällig darstellen.
Der Kläger bewohnt eine Mitwohnung in *****, und wird dort vom Sozial- und Gesundheitssprengel bzw von der Volkshilfe betreut. Von der PVA der Angestellten bezieht er seit dem Tod seiner Gattin eine Witwerpension in Höhe von S 7.776,50 netto zuzüglich einer "Witwerbankleistung" in Höhe von S 1.926,20 netto (jeweils 14 x jährlich). Ab 1. 6. 1999 wurde ihm seitens der PVArb überdies eine eigene Invaliditätspension zuerkannt.
Nach dem Tod seiner Frau wurde der Kläger von der Nebenintervenientin L***** und deren Sohn Mag. Manfred L***** betreut. Mag. L***** ging zwei- bis dreimal pro Woche für den Kläger einkaufen, wobei er von diesem zwar das Einkaufsgeld zur Verfügung gestellt, jedoch keine Entlohnung erhielt. Der Nebenintervenient L***** übergab dem Kläger - aus unerhoben gebliebenem Grund - im Jänner 1998 einen Bargeldbetrag in Höhe von S 40.000,--, wollte das Geld jedoch bald wieder zurück haben. Über Anraten ihres Sohnes überwies die Nebenintervenientin am 23. 5. 1998 eben diesen Betrag auf das vom Kläger bei der T***** AG unterhaltene Konto Nr 7801-010161, auf welches auch die Pensionszahlungen der PVA der Angestellten eingingen. Per 28. 4. 1999 (das ist der Tag des Eintrittes der Rechtskraft des Sachwalterbestellungsbeschlusses) wies dieses Konto einen Habenstand in Höhe von S 15.553,42 auf, welcher Betrag in der Folge sukzessive zum Nutzen des Klägers Verwendung fand.
Ein weiteres vom Kläger bei der Beklagten unterhaltenes Konto wies zur Zeit der Übernahme der Sachwalterschaft durch den Sachwalter Mag. L***** einen Debetsaldo auf. Sonstige Konten existierten offenbar nicht; es fanden sich in der klägerischen Wohnung bei der ersten Nachschau des Sachwalters auch keinerlei Bargeldbeträge. Auf welche Art und Weise der Kläger die im Zeitraum 20. 11. 1997 bis 30. 12. 1997 vom Konto Nr 74.568.840 behobenen S 255.264,-- ausgegeben hat, ist nicht feststellbar, insbesondere nicht, dass er damit größere Anschaffungen zu seinen eigenen Gunsten getätigt, ins Gewicht fallende Verbindlichkeiten getilgt oder aufgelaufene Bestandzinsrückstände bezahlt hätte. Der Kläger hatte jedenfalls bündelweise Fünftausend-Schilling-Scheine (insgesamt rund S 75.000,--) frei zugänglich in seiner Wohnung herumliegen lassen, insbesondere im räumlichen Nahbereich des Videorecorders. Er ließ sich teilweise Lebensmittel und Getränke durch Lieferanten der Lebensmittelkette M-Preis anliefern oder gar mit dem Taxi kommen, wenn er in den Abend- oder Nachtstunden fernmündlichen Lebens- und Genussmittel beim Innsbrucker Restaurant- und Diskothekenbetrieb "Kaisermühle" bestellte.
In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht zusammengefasst aus, dass die Geschäftsfähigkeit des Klägers in den fraglichen Zeiträumen nicht mehr gegeben gewesen sei. In der klagsweisen Inanspruchnahme der Beklagten durch den Sachwalter sei zumindest konkludent die nachträgliche Genehmigung der früheren rechtsgeschäftlichen Handlungen des Klägers wie Abgabe der Erbserklärung und Kontoeröffnung genehmigt und damit letztlich diese geheilt worden. Bezüglich des Betrages von S 255.264,-- stehe nicht fest, dass dieser zum Nutzen des Klägers verwendet worden wäre, wofür die Beklagte beweispflichtig gewesen wäre. Ein Betrag von S 15.543,42 sei jedoch als "noch vorhanden" im Sinne des § 1424 ABGB anzusehen gewesen. Der klagsabweisende Teil der erstinstanzlichen Entscheidung ist unbekämpft in Rechtskraft erwachsen. Das Berufungsgericht wies dann in Stattgebung einer Berufung der beklagten Partei auch das restliche Klagebegehren ab. Dies aus folgenden Gründen:
Soweit die Beklagte geltend mache, dass der Kläger schon bei der Bekanntgabe der Zahlstelle an den Notar geschäftsunfähig gewesen sei, sodass dem Kläger gar kein Anspruch auf Auszahlung des Guthabens zustand und er der Beklagten den compensando eingewendeten Rückerstattungsanspruch schulde, entferne sie sich von den getroffenen Feststellungen. Demnach sei nämlich der Kläger jedenfalls im Zeitraum vom 20. 11. 1997 bis 30. 12. 1997 als geschäftsunfähig zu betrachten, während für die Zeit vorher eine gesicherte Prognose in Richtung einer eingeschränkten Willensfreiheit nicht möglich sei. Für den Zeitraum 25. 9. 1997 bis 20. 11. 1997 stehe also nicht fest, ob der Kläger geschäftsunfähig war. Ob der Kläger dem Nebenintervenienten Dr. G***** die Zahlstelle bei der Beklagten zwei oder mehr Wochen vorher nannte, sei nicht relevant, da im Hinblick auf den Tag der Eröffnung des Kontos davon auszugehen sei, dass dies jedenfalls nicht vor dem 25. 9. 1997 geschah. Die erwähnte Negativfeststellung gehe zu Lasten der Beklagten, soweit sich diese auf die fehlende Geschäftsfähigkeit des Klägers beruft und darauf aufbauend ihre compensando eingewendete Gegenforderung stützt. Das Vorliegen einer Bereicherung als rechtsbegründende Tatsache sei nämlich vom Anspruchsteller zu beweisen (SZ 60/119; JBl 1992, 39). Im erstgerichtlichen Verfahren habe sich die Beklagte in diesem Zusammenhang konkret auf Punkt 30 der Allgemeinen Kreditbedingungen berufen, die zwischen den Streitteilen im Zuge der Begründung vertraglicher Beziehungen vereinbart worden seien. Ob dies tatsächlich der Fall war, sei im Hinblick auf die getroffene Negativfeststellung nicht aufklärbar, sodass auch nicht feststehe, ob die Allgemeinen Kreditbedingungen zwischen den Parteien überhaupt zum Tragen kommen. Es könne daher auch dahingestellt bleiben, ob diese wegen ihrer Benachteiligung für den Kunden auch im Falle der Geschäftsfähigkeit des Klägers überhaupt wirksam vereinbart werden hätten können, was von beachtenswerten Lehrmeinungen unter Bezugnahme auf § 879 Abs 3 ABGB verneint werde (Iro in Avancini/Iro/Koziol, Österreichisches Bankvertragsrecht I Rz 1/129 f; Iro, Verfügungen über Girokonten nicht voll Geschäftsfähiger, ÖBA 1986, 503 f). Im Übrigen sei auf die Gegenforderung der Beklagten auch deshalb nicht einzugehen, weil das Erstgericht über diesen Sachantrag nicht abesprochen habe. Darin sei eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens im Sinne des § 496 Abs 1 Z 1 ZPO zu erblicken, die in der Berufung nicht gerügt worden sei und daher vom Berufungsgericht auch nicht aufgegriffen werden könne (1 Ob 599/80; vgl 10 ObS 127/97t ua). Unbeachtlich sei auch die von der Beklagten behauptete Gutgläubigkeit. Nach den vom Erstgericht getroffenen Feststellungen sei zwar tatsächlich davon auszugehen, dass die Geschäftsunfähigkeit des Klägers bei den Bargeldabhebungen für Mitarbeiter der Beklagten nicht erkennbar war, doch sei dem Text des § 1424 zweiter Satz ABGB eine derartige Einschränkung nicht zu entnehmen. Auf die Redlichkeit des Leistenden werde hier offenbar überhaupt nicht abgestellt. Dies scheine auch gerechtfertigt und eine gegenteilige Auslegung daher unzulässig, da den besonderen Schutz der Gesetze diejenigen Personen genießen, die in ihrer Geschäftsfähigkeit beeinträchtigt sind (§ 21 Abs 1 ABGB) und dieser Schutz jenem des Redlichen vorgehe (vgl Dullinger, Die Geschäftsfähigkeit Minderjähriger, ÖJZ 1987, 33 [40]). Der hier vom Kläger gegen die Beklagte geltend gemachte Anspruch könne aber nur insoweit bestehen, als das Bezahlte nicht wirklich vorhanden oder zum Nutzen des Empfängers (Klägers) verwendet worden ist (§ 1424 Satz 2 ABGB). Nach den vom Erstgericht getroffenen Feststellungen stehe nicht fest, wofür der Kläger die von seinem bei der Beklagten eingerichteten Konto behobenen Beträge wieder ausgegeben hat und ob damit diese Voraussetzungen erfüllt sind. Es stelle sich die Frage, zu wessen Lasten diese Negativfeststellung geht. Der Oberste Gerichtshof habe zu SZ 60/119 und JBl 1992, 39 ausgesprochen, dass die Bereicherung der Bereicherungskläger, den Wegfall der Bereicherung aber der Beklagte zu beweisen hat, auch wenn er im maßgeblichen Zeitpunkt geschäftsunfähig oder in der Geschäftsfähigkeit beschränkt war. Diese Entscheidungen habe Fälle betroffen, in denen § 1424 Satz 2 ABGB analog auf solche Fälle angewendet wurde, in denen jemand eine Leistung an einen Geschäftsunfähigen erbracht hatte und diese wegen Nichtigkeit des Rechtsgeschäftes wieder zurückforderte. Hier sei der Sachverhalt insofern anders gelagert, als § 1424 Satz 2 ABGB nicht analog anzuwenden sei, sondern sich der vom Kläger geltend gemachte Anspruch unmittelbar auf diese Bestimmung beziehe und damit der Kläger als Geschäftsunfähiger derjenige sei, der einen Anspruch durchsetzen will. Damit habe er auch die Voraussetzungen für die Anwendung der ihm günstigen Norm und damit die rechtsbegründenden Tatsachen zu behaupten und zu beweisen, während den Anspruchsgegner (hier die Beklagte) die Beweislast für rechtsvernichtende und rechtshemmende Tatsachen treffe (vgl dazu SZ 60/119 mwN).
Eine der Anspruchsvoraussetzungen stehe insofern unstrittig fest, als die Beklagte an den Kläger Zahlungen leistete, obwohl er geschäftsunfähig war. Fest stehe weiters, dass das ausbezahlte Geld (zum größten Teil) nicht mehr vorhanden ist. Offen bleibe die Frage, ob das Geld zum Nutzen des Klägers verwendet worden ist oder nicht. Der Umstand, dass das Bezahlte nicht mehr vorhanden ist, rechtfertige für sich allein den vom Kläger geltend gemachten Anspruch noch nicht, da der Grund hiefür auch darin gelegen sein kann, dass das Geld zu seinem Nutzen verwendet wurde. Diesfalls würde der Anspruch des Klägers nicht bestehen, sodass die Unklarheit zu Lasten des Klägers gehe, der wie erwähnt alle anspruchsbegründenden Tatsachen zu behaupten und zu beweisen habe.
Dazu komme, dass im Allgemeinen eine Verbindlichkeit durch die Zahlung (also durch die Leistung dessen, was man zu leisten schuldig ist) aufgelöst wird (§ 1412 ABGB). § 1424 Satz 2 ABGB schaffe hier insofern eine Ausnahme, als der Schuldner unter gewissen Umständen verpflichtet ist, die bereits geleistete Zahlung, die ausnahmsweise nicht zur Schuldtilgung geführt hat, nochmals zu leisten. Nach den anerkannten Behauptungs- und Beweislastregeln gelte, dass die Regel vom Anspruchswerber, die Ausnahme aber vom Anspruchsgegner zu behaupten und zu beweisen ist (2 Ob 86/98f ua). Es habe also mit anderen Worten derjenige, der einen Ausnahmetatbestand behauptet, die Voraussetzungen hiefür auch zu beweisen (EvBl 1994/134; ÖBA 1986, 75; 3 Ob 313/97v ua).
Dieser Umstand führe dazu, dass dem Kläger der Beweis für alle anspruchsbegründenden Tatsachen nicht gelungen ist, was zur Klagsabweisung führe.
Der Durchführung eines Verfahrens nach § 473a ZPO habe es im Hinblick auf das Vorliegen einer gesetzmäßig ausgeführten Rechtsrüge, die sich stets zwingend auf die im so bezeichneten Teil des Ersturteils getroffenen Feststellungen stütze, sodass der Berufungsgegner die für ihn nachteiligen Feststellungen oder Verfahrensmängel gemäß § 468 Abs 2 ZPO schon in der Berufungsbeantwortung bekämpfen müsse, nicht bedurft (OLG Innsbruck 4 R 181/01a unter Hinweis auf RIS-Justiz RS0112020 ua).
Diese Entscheidung enthält den Ausspruch, dass die ordentliche Revision zulässig sei. Soweit überblickbar habe sich nämlich der Oberste Gerichtshof zur Frage der Beweislast nach § 1424 Satz 2 ABGB nur in den bereits zitierten Entscheidungen JBl 1992, 39 und SZ 60/119 geäußert. Der gegenständliche Sachverhalt sei mit jenen der seinerzeitigen Entscheidungen nicht vergleichbar, weil damals der jeweilige geschäftsunfähige Vertragspartner bei analoger Anwendung des § 1424 Satz 2 ABGB mit einem Bereicherungsanspruch konfrontiert worden sei, während hier der Kläger als Geschäftsunfähiger seinen Anspruch unmittelbar aus § 1424 Satz 2 ABGB ableite. Der aufgeworfenen Frage über die Beweislast komme auch über den Einzelfall hinaus Bedeutung zu.
Mit der jetzt vorliegenden Revision strebt der Kläger die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung an. Hilfsweise soll das Berufungsurteil aufgehoben und die Rechtssache zu Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung an das Gericht erster Instanz zurückverwiesen werden.
Die beklagte Partei und der Nebenintervenient Dr. G***** haben sich dazu in Revisionsbeantwortungen geäußert und übereinstimmend primär die Zurückweisung der Revision mangels Erfüllung der Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO, hilfsweise die Bestätigung des Berufungsurteils beantragt.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist zulässig und im Sinn ihres Aufhebungsantrages auch berechtigt.
Vorauszuschicken ist, dass der vom Kläger auf § 1424 Satz 2 ABGB gestützte Anspruch, ihm sein Bankguthaben "ein zweites Mal" auszuzahlen, seine volle Geschäftsunfähigkeit bei den vier Barabhebungen im November und Dezember 1997 voraussetzt. Ihm muss also die Fähigkeit zu einem vernünftigen Willensentschluss gänzlich oder zumindest insoweit gefehlt haben, dass er auf Grund seines beeinträchtigten Geisteszustandes die Bedeutung seines rechtsgeschäftlichen Handelns nicht erkennen konnte (vgl Iro, Verfügungen über Girokonten nicht voll Geschäftsfähiger, 503 ff [511]; Dullinger zu RdA 1996/18). Die Feststellung, dass er - bedingt durch seinen Alkoholmissbrauch und dadurch verursachte schwere Funktionsstörungen des Gehirns - im fraglichen Zeitraum in seiner Willensfreiheit massiv eingeschränkt war und den Wert der behobenen Geldbeträge nicht abschätzen konnte, lässt einen solchen Schluss zu. Die von den Vorinstanzen angenommene partielle Geschäftsunfähigkeit des Klägers wird von der beklagten Partei und ihren Nebenintervenienten auch gar nicht mehr ernsthaft in Frage gestellt. Da von den behobenen Geldbeträgen nichts mehr vorhanden ist, hat sich demnach die beklagte Partei durch die festgestellten Zahlungen nur insoweit von ihrer Schuld aus dem Einlagegeschäft befreit, als das Geld zum Nutzen des Klägers verwendet wurde (Iro aaO; Dullinger, Die Geschäftsfähigkeit Minderjähriger, ÖJZ 1987, 33 ff [40 ff]). Es ist dies die einzige noch offene Frage. Alle sonst von der beklagten Partei und ihren Nebenintervenienten gegen den Klagsanspruch erhobenen Einwendungen wurden nämlich schon vom Berufungsgericht mit überzeugenden Argumenten ausgeräumt. Das trifft auch auf die einzige im Revisionsverfahren noch relevierte Einwendung zu, die beklagte Partei habe dem Kläger gar nichts geschuldet, weil schon der Girovertrag - mangels Geschäftsfähigkeit des Klägers - gar nicht wirksam zustande gekommen sei. Bei dieser Argumentation entfernt sich nämlich die beklagte Partei vom festgestellten Sachverhalt; die in diesem Zusammenhang schon dem Berufungsgericht vorgetragene und von diesem abschlägig beschiedene Rüge von Verfahrensmängeln kann in dritter Instanz nicht wiederholt werden (Stohanzl JN-ZPO15, E 36 zu § 503 ZPO).
Über die Verwendung der behobenen Geldbeträge wurden mit Ausnahme der Tatsache, dass der Kläger bündelweise Fünftausend-Schilling-Scheine (insgesamt rund S 75.000,--) frei herumliegen und sich Lebensmittel und Getränke in die Wohnung bringen ließ, nur Negativfeststellungen getroffen. Es sei nicht feststellbar, wie der Kläger das Geld ausgegeben hat; für größere Anschaffungen zu seinen Gunsten oder für die Tilgung ins Gewicht fallender Verbindlichkeiten (etwa von Mietzinsrückständen) hätten sich keine Anhaltspunkte ergeben. Daran knüpfte sich die zur gänzlichen Abweisung des Klagebegehrens führende Überlegung des Berufungsgerichtes, dass der Kläger den ihm obliegenden Nachweis schuldig geblieben sei, das Geld sei nicht zu seinem Vorteil verwendet worden, während das Erstgericht - von einer Beweislast der beklagten Partei ausgehend - zu einer (weitgehenden) Klagsstattgebung gelangt war.
An sich stellt auch der Kläger nicht mehr in Frage, dass er nachzuweisen hat, die behobenen Geldbeträge seien nicht zu seinem Nutzen verwendet worden. Das entspricht der Judikatur zur analogen Anwendung des § 1424 Satz 2 ABGB bei der Geltendmachung von Ansprüchen aus der Rückabwicklung von Rechtsgeschäften, die wegen Geschäftsunfähigkeit eines Teils nicht wirksam zustandegekommen sind (SZ 60/119; siehe im Übrigen RIS-Justiz RS0048088), und hat folglich auch in Fällen zu gelten, in denen § 1424 Satz 2 ABGB unmittelbar gilt (vgl Mader in Schwimann2, Rz 2 zu § 1424 ABGB; Rummel in Rummel2, Rz 9 zu § 1434 ABGB). Ein überzeugendes Argument für diese Lösung ist auch die größere Nähe des Geldempfängers zum Beweis. Außerdem stellt die Regelung des § 1424 Satz 2 ABGB eine Ausnahme vom Grundsatz dar, dass im Bereicherungsrecht der spätere Wegfall des Nutzens unerheblich ist (vgl SZ 58/105; Apathy in Schwimann2, Rz 16 und 17 zu § 877 ABGB; Welser in Koziol/Welser II12, 279). Es sprechen daher gewichtige Argumente für die vom Berufungsgericht angenommene Beweislastverteilung.
Der Kläger meint allerdings, diese Beweislast dürfe nicht überspannt werden. Wegen der oft unüberwindlichen Schwierigkeit, die Erfüllung einer negativen Tatbestandsvoraussetzung zu beweisen, müsse es genügen, den Richter von der Wahrscheinlichkeit des Gegenteils zu überzeugen. So gesehen sei ihm der Nachweis, die behobenen Geldbeträge seien nicht zu seinem Nutzen verwendet worden, geglückt; da feststehe, dass er keine großen Anschaffungen tätigte oder Verbindlichkeiten tilgte, sei nicht zu erkennen, welche für den Kläger nutzbringende Verwendung des Geldes sonst noch in Frage käme. Dieser Argumentation ist insofern beizupflichten, als von einem Geschäftsunfähigen nicht verlangt werden kann, im Detail nachzuweisen, wie er einen ihm zugekommenen Geldbetrag verwendete. Das wäre lebensfremd und widerspräche auch dem Schutzzweck des § 1424 Satz 2 ABGB, einen Geschäftsunfähigen vor Nachteilen zu bewahren, die ihm aus der Aushändigung eines Geldbetrages drohen, über den er nicht vernünftig disponieren kann. Er hat sich als Nutzen das anrechnen zu lassen, was seine Vermögenssituation nachhaltig verbesserte, indem er Anschaffungen von bleibendem Wert tätigte, richtige und fällige Schulden tilgte (§ 1421 ABGB; vgl SZ 60/119) oder sich einen Aufwand ersparte, der ihm unter seinen Lebensumständen auch sonst erwachsen wäre. Alle Ausgaben, die sich den geringfügigen Angelegenheiten des täglichen Lebens iSd § 273a Abs 2 ABGB unterstellen lassen, sind demnach zum Nutzen des Geschäftsunfähigen verwendet, darüber hinaus aber auch solche, die er nicht zurückfordern könnte, hätte ihm das Gericht bereits einen Sachwalter bestellt und ihm gemäß § 273a Abs 1 ABGB unter Berücksichtigung seiner Situation Teile seines Einkommens oder Vermögens zur freien Verfügung überlassen. Im Zweifel kann Maß an einer vernünftigen Lebensgebarung genommen werden, wie also ein voll Geschäftsfähiger in einer vergleichbaren Situation disponiert hätte.
Die bereits angesprochene Schwierigkeit, die Erfüllung negativer Tatbestandsvoraussetzungen nachzuweisen, verbietet es, vom Geschäftsunfähigen bei der Geltendmachung eines Anspruchs nach § 1424 Satz 2 ABGB den strikten Nachweis zu fordern, was vom Empfangenen nicht zu seinem Nutzen verwendet wurde. Es genügt die Widerlegung jener Umstände, die für die Erzielung eines Nutzens iSd § 1424 Satz 2 ABGB sprechen (vgl Rechberger in Rechberger2, Rz 11 vor § 266 ZPO). So könnte etwa der Beweispflicht dadurch genügt werden, dass ein großer Geldbetrag innerhalb eines kurzen Zeitraums ausgegeben wurde, ohne sich in Vermögenswerten oder einer erkennbaren Verbesserung der Lebensumstände des Betroffenen niedergeschlagen zu haben. Es kommt auch die analoge Anwendung des § 273 Abs 1 ZPO, also die Festsetzung nach richterlichem Ermessen in Betracht, wie das bereits zum Verwendungsanspruch nach § 1041 ABGB judiziert wurde (SZ 55/37; ecolex 1993, 239).
Im gegenständlichen Fall ist eine ausreichende Erörterung des dargestellten Beweisproblems unterblieben, weil das Erstgericht unrichtiger Weise von einer Beweispflicht der beklagten Partei ausging und das Berufungsgericht die den Kläger treffende Beweispflicht zu streng auslegte. Zu Recht hat dies der Kläger als (sekundären) Mangel des Berufungsverfahrens gerügt, der jedoch eine Verfahrensergänzung durch das Erstgericht angezeigt erscheinen lässt, weil zur Frage, inwieweit die dem Kläger von der beklagten Partei ausgefolgten Geldbeträge zu seinem Nutzen verwendet wurde, neue Beweisaufnahmen erforderlich werden könnten.
Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 52 ZPO.
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