OGH 5Ob21/16y

OGH5Ob21/16y22.3.2016

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Hradil als Vorsitzenden, den Hofrat Dr. Höllwerth, die Hofrätin Dr. Grohmann sowie die Hofräte Mag. Wurzer und Mag. Painsi als weitere Richter in der wohnrechtlichen Außerstreitsache der Antragstellerin D***** C*****, vertreten durch Mag. Klaus P. Pichler, Rechtsanwalt in Dornbirn, gegen die übrigen Mit‑ und Wohnungseigentümer des Hauses *****, als Antragsgegner, wegen § 24 Abs 5, § 29 iVm § 52 Abs 1 Z 4 und 5 WEG, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Antragstellerin gegen den Sachbeschluss des Landesgerichts Innsbruck als Rekursgericht vom 10. November 2015, GZ 1 R 233/15v‑17, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0050OB00021.16Y.0322.000

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 52 Abs 2 WEG iVm § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen (§ 71 Abs 3 AußStrG).

 

Begründung:

1. Der Gebäudeversicherer und Vertragspartner der Eigentümergemeinschaft lehnte nach einem Brand die Versicherungsdeckung ab. Drei (Minderheits‑)Mit‑ und Wohnungseigentümer beauftragten einen Rechtsanwalt mit der Überprüfung der Rechtslage. Die Mehrheit der Wohnungseigentümer beauftragte in der Folge mit Umlaufbeschluss diesen Rechtsanwalt mit der rechtlichen Vertretung der Eigentümergemeinschaft und stimmte für den Fall einer künftigen, noch separat zu genehmigenden außergerichtlichen Einigung mit dem Versicherer zu, die bis zur Beauftragung entstandenen Kosten zu tragen. Andernfalls sollten diese Kosten unter den drei Wohnungseigentümern aufgeteilt werden, die den Rechtsanwalt ursprünglich beauftragt hatten.

2. Ausschließlich diese Kostentragungsregelung ist Gegenstand der Beschlussanfechtung durch die Antragstellerin, die solche Regelungen nicht zu den Angelegenheiten der Verwaltung zählt.

Rechtliche Beurteilung

3. Mehrheitsbeschlüsse können und dürfen nur über Maßnahmen der Liegenschaftsverwaltung ergehen (5 Ob 226/14t mwN). Verwaltungshandlungen zeichnen sich nach der Rechtsprechung dadurch aus, dass sie ein gemeinschaftliches Vorgehen erfordern, weil es um die Interessen aller Gemeinschafter geht (RIS‑Justiz RS0109188 [T3]). Maßnahmen der ordentlichen Verwaltung sind solche, die der Erhaltung und Verwaltung des gemeinsamen Guts dienen, sich im gewöhnlichen Verlauf der Dinge als notwendig und zweckmäßig erweisen und im Interesse aller Miteigentümer liegen (RIS‑Justiz RS0013573 [T3]).

4. Der Abschluss von Versicherungsverträgen gehört zu den Angelegenheiten der ordentlichen Verwaltung. Die Eigentümergemeinschaft ist Versicherungsnehmerin, die einzelnen Wohnungseigentümer sind Versicherte (7 Ob 38/12g). Nur die Eigentümergemeinschaft ist als Versicherungsnehmerin berechtigt, Ansprüche auf Versicherungsleistung (gerichtlich) geltend zu machen (7 Ob 192/13f; RIS‑Justiz RS0108020 [T17]; vgl RS0035281 [T3]; vgl RS0080792).

5. Nach diesen Kriterien gehören sowohl die Bevollmächtigung und Beauftragung eines Rechtsanwalts mit der Durchsetzung von Versicherungsleistungen als auch die nachträgliche Genehmigung seines bisherigen ‑ zwar ohne Vollmacht und Auftrag, aber auch im Interesse der Eigentümergemeinschaft, erfolgten ‑ Einschreitens zu den Maßnahmen der Verwaltung. Daraus folgt die (hier von der künftigen Genehmigung eines allfälligen außergerichtlichen Vergleichs abhängige) aus § 32 Abs 1 WEG 2002 abzuleitende Verpflichtung der Wohnungseigentümer, die bisher entstandenen Rechtsanwaltskosten anteilig zu tragen. Die nachfolgende Einschränkung dieser Kostentragungsregelung ist nicht als ‑ einstimmig zu fassender (§ 32 Abs 2 WEG 2002; RIS‑Justiz RS0109840), die ursprünglichen Auftraggeber belastender ‑ Beschluss über das Abweichen vom gesetzlichen Verteilungsschlüssel anzusehen. Sie hält nur eine Rechtsfolge fest, wenn die zunächst geregelte Bedingung nicht eintritt. In diesem Fall wird das vorangegangene Einschreiten des Rechtsanwalts nicht genehmigt: Nur die den Auftrag erteilenden Wohnungseigentümer haben dann als Parteien des Bevollmächtigungsvertrags die Rechtsanwaltskosten zu tragen.

6. Einer weiteren Begründung bedarf es nicht (§ 71 Abs 3 AußStrG).

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